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36_Gestiefelter Kater

Dreist kommt weiter

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Bis Wilhelm Grimm das Märchen in seine Hausmärchensammlung schreiben konnte, hatte es bereits einen langen Weg hinter sich. Ältere Versionen der Geschichte finden sich in Frankreich und Italien. Grimm bearbeitete den Text, der ihm selbst nur aus einer mündlichen Überlieferung bekannt war, hin zu der heute bekannten Volkserzählung:

Für den dritten Sohn eines Müllers ist, als es ans Erben geht, nichts mehr übrig als der Hofkater. Er will dem Tier den Hals umdrehen und sich warme Handschuhe aus dem Fell nähen, da offenbart sich der Kater als pfiffiger Geselle. Er verspricht Hilfe, wenn der Müllerssohn ihm ein Paar Stiefel kauft. Damit geht er los, fängt einige Rebhühner und bringt sie dem König als ein Geschenk seines Herrn, des Grafen. Der König belohnt ihn mit Gold. Der Kater kehrt mit dem Gold des Königs heim, dessen Vertrauen er sich mit weiteren Geschenken erschleicht. Eines Tages erfährt er von einem geplanten Ausflug der Prinzessin. Er sorgt dafür, dass sein Herr in einem See am Wegesrand badet, versteckt die Kleider und behauptet, sein Herr, der Graf, sei bestohlen worden. Die Prinzessin findet Gefallen an dem Müllerssohn, den sie für einen Grafen hält. Sie lässt ihn in die Kutsche und in ihr Herz. Vorauseilend besorgt der Kater mit List und Tücke seinem Herrn noch Ländereien, Reichtümer und schließlich das Schloss des Zauberers.

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Der Zauberer ward ganz freundlich von den süßen Worten und sagte: »O ja, liebes Kätzchen, das kann ich auch«, und sprang als eine Maus im Zimmer herum. Der Kater war hinter ihm her, fing die Maus mit einem Satz und fraß sie auf.

Die Interpretationen des Märchens sind vielfältig. Sie reichen von der Darstellung als »Hybris der Hoffnungslosigkeit« bei Eugen Drewermann über die Auslegung, jede der Märchenfiguren stelle einen Aspekt der Persönlichkeit des Müllerssohnes dar, bis hin zu der Botschaft, dass es gut ist, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen.

Aber egal, wie man es auslegt – für die Beteiligten hat sich die Sache gelohnt: Dank der Lügen seines Katers heiratet der Müllerssohn die Prinzessin, und alle leben glücklich bis an ihr Lebensende.

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