Die fünfte Hofdame des Kaisers
In Japan, wohin die Katze als Haustier von China aus gelangte, konnten sich einige auserwählte Katzen besonderer Zuwendung erfreuen. Kaiser Ichijõ, dessen Regierungszeit von 986 bis 1011 dauerte, liebte Katzen sehr und besaß selbst einige Tiere, wie die Schriften aus der Hochzeit der japanischen Literatur berichten. Besonders unter den Hofdamen am kaiserlichen Hof in Kyôtô war das Schreiben der erbaulichen Geschichten sehr beliebt. Von einer von ihnen, Sei Shonagon, der Hofdame der Gemahlin Ichijõs, wissen wir von Myõbu Omoto. Sie war die Lieblingskatze des Kaisers. Er hatte ihr den Rang einer Hofdame fünften Ranges zugesprochen, den niedrigsten der oberen Ränge. Damit stand sie über den gewöhnlichen Höflingen und den Hofbeamten auf den Rängen sechs bis zwölf. Das bedeutete ebenfalls, dass sie berechtigt war, dem Herrscher vor das Antlitz zu treten. Myõbu Omoto verfügte über eine eigene Amme, wie es ihrem Stand entsprach.
Als Myõbu Omoto eines Tages nicht gehorchte, wollte die Amme sie erschrecken und jagte einen Hund auf sie. Der führte sich aber wilder auf, als die Amme es erwartet hatte, und stürzte sich auf Myõbu Omoto. Die floh blindlings, geriet in die Gemächer des Kaisers und versteckte sich in seinem weiten Ärmel. Damit verstieß sie gegen das Hofprotokoll. Niemand durfte den Kaiser ohne ausdrückliche Erlaubnis sehen und erst recht nicht berühren. Der Kaiser verstand aber die Situation sofort und beschützte Myõbu Omoto vor ihrem Verfolger. Die schuldige Hofdame wurde auf der Stelle entlassen, der Hund verjagt.
Eine weitere Geschichte berichtet von einem Wurf junger Katzen, deren Geburt mit einer Festzeremonie an vier Abenden hintereinander gefeiert wurde, wie sie sonst nur bei der Geburt eines hochrangigen Kindes üblich war.
Ob es sich bei dem Wurf um Junge von Myõbu Omoto gehandelt hat oder ob sie selbst eines der Kätzchen war, ist nicht überliefert.