„Der Mond hält nicht eine Phase für besser als die andere; er leuchtet einfach und ist in jeder Phase gleichermaßen atemberaubend. Warum sollten wir anders sein?“
CRISTEN RODGERS
Als Quelle der weiblichen Energien, Zentrum von Schöpferkraft und Sitz ewiger Weisheit der Zyklen um Entstehen, Werden, Wachsen und Vergehen gilt der Gebärmutterraum der Frau. Unser Schoßzentrum beeinflusst uns mit seinem Energiekreislauf auf allen Ebenen und ist ein wahres Kraftzentrum.10
Die erste Menstruation einer Frau setzt häufig rund um das Alter von 12 Jahren ein, wenn die Teenagerzeit beginnt, und begleitet sie dann bis zur Menopause. Die Zykluslänge kann stark variieren (ab ca. 14 bis über 30 Tage), pendelt sich jedoch recht oft in etwa bei 28 Tagen ein und steht damit zeitlich stark im Einklang mit dem Zyklus des Mondes. In dieser Zeit durchläuft der Körper einer Frau zahlreiche Veränderungen, die teils recht unbewusst ablaufen können und die vom Körperlichen abgesehen auch großen Einfluss auf ihre Sinneswahrnehmungen, Emotionen, Konzentrations- und „Leistungs“-Fähigkeit, Schöpferkraft-Energie und auch ihre Schmerzgrenze (auf allen Ebenen) haben.
Auch der weibliche Mondzyklus lässt sich in vier Phasen aufteilen:
•die Menstruation,
•die Präovulationsphase (oder Follikelphase) der noch unreifen Eier bzw. Zellversammlungen in den Eierstöcken,
•die Ovulationsphase, d. h. die Phase des Eisprungs, in der das reife Ei freigesetzt wird. Die Gebärmutter wird hormonell auf die Einnistung des Eis vorbereitet und der Follikel wird in einen Gelbkörper verwandelt.
•Die prämenstruelle Phase (oder luteale Phase), während der die Gebärmutterschleimhaut langsam abgebaut wird und der Gelbkörper bzw. das (unbefruchtete) Ei zerfällt. Diese Phase mündet dann erneut in die Menstruation; ein neuer Zyklus beginnt.
Da die Mondphasen eng mit der Mondzeit der Frau verknüpft sind, reagiert der weibliche Körper stark darauf und synchronisiert sich häufig mit den Zyklen dieses Gestirns. Wir sind alle Individuen, haben also jeweils unsere eigenen Rhythmen, und doch scheinen die allermeisten Frauen entweder zu Neumond oder zu Vollmond zu menstruieren bzw. leicht verkürzt oder verlängert rund um dieses Ereignis.
Miranda Gray, Begründerin der Bewegung „Roter Mond“ und Bestsellerautorin, beschreibt in ihrem Buch dazu den „weißen Mondzyklus“ und den „roten Mondzyklus“ und ordnet diesen Zyklen jeweils etwas andere Begriffe zu. Mein Verständnis von diesen beiden Varianten möchte ich gern mit dir stark zusammengefasst – und um meine Ansichten bzw. Erfahrungen hierzu ergänzt – teilen.
Neumond – Menstruation – Phase der weisen Alten Zunehmender Mond – Follikelphase – Phase der Jungfrau Vollmond – Eisprung – Phase der Mutter Abnehmender Mond – prämenstruelle Phase – Phase der Zauberin
Den energetischen Verlauf können wir uns hierbei so vorstellen, dass am Dreh- und-Angelpunkt, dem Energietor des Neumondes, die bewahrenden Energien wirken. Diese gehen dann über in die Dynamik der Veränderung und des Wachstums, von dort aus zum Energietor des Vollmondes, welches die erhaltenden Energien einer Mutter repräsentiert, und schließlich weiter zur Dynamik der Veränderung und zur Kraft der Zauberin oder Schöpferin, die die Energien kreativ nutzt (zur Erschaffung eines menschlichen Kindes bzw. zur Kreation eines „geistigen/kreativen Kindes“, also eines Projektes, einer verwirklichten Idee).
Es heißt, dass Frauen in früheren Zeiten, als es noch kein künstliches Licht gab, zu Neumond bluteten. Sie kamen dann traditionell zusammen, bildeten heilige Kreise und teilten Reinigungsrituale und die Magie weiblicher Urkraft miteinander. Ruhe, Loslassen, tiefe Innenschau und Öffnung für das Göttliche und für Visionen, Lauschen auf die Stimme der Intuition und damit einhergehende Neuausrichtung sind in dieser Phase die vorherrschenden Praktiken, weswegen diese Zeit energetisch oft mit dem Winter assoziiert wird.
In der Follikelphase, in der sich die Zellen sammeln, regen sich die Impulse, sich auch wieder aktiver mit anderen versammeln zu wollen. Frauen packen Neues nun konkret an, haben wieder mehr Energie und Bewegungsdrang, Lust auf neue Erlebnisse oder Begegnungen, leben ihre Kreativität tatkräftig aus und entfalten sich immer mehr – in Einklang damit, dass auch der zunehmende Mond anwächst. Dies erinnert an die Jahreszeit des Frühlings.
Zu Vollmond, also zum Zeitpunkt seiner höchsten Leuchtkraft in der Nacht, ist auch die höchste Fruchtbarkeit gegenwärtig, der Eisprung geschieht, womit dann auch oft das Verlangen nach Verschmelzung einhergeht. Sexuelle Anziehungskraft, Lust und stärkere, wilde Ausdruckskraft liegen in der Luft. Insgesamt wird es geselliger und feuriger, weshalb man diese Phase gern dem Sommer zuordnet.
In der prämenstruellen Phase zum abnehmenden Mond stellt sich dann langsam wieder ein Rückzug und erhöhtes Ruhebedürfnis ein, die Lebenskraft und Aktivität sinken (nach dem Einholen der Ernte oder der innigen Verschmelzung). Dies ist für Frauen eine Phase des Loslassens, in der sie sich wieder eher von Menschen und Unternehmungen zurückziehen und sich im kuscheligen Heim versorgen. Dies gleicht all den Vorbereitungen auf den Winter in der Jahreszeit des Herbstes.
„Die fruchtbaren Kräfte der Frau und des Vollmondes treffen hier zusammen und bilden die besten Bedingungen, um den schöpferischen Energien der Empfängnis Ausdruck zu verleihen. Der weiße Mondzyklus wurde zu dem der ‚guten Mutter‘, der einzige akzeptable Aspekt des Fräuleins in der patriarchalen Gesellschaft.“11
MIRANDA GRAY
Vollmond – Menstruation – Phase der weisen Alten Abnehmender Mond – Follikelphase – Phase der Jungfrau Neumond – Eisprung – Phase der Mutter Zunehmender Mond – Prämenstruelle Phase – Phase der Zauberin
Auch in diesem Zyklus durchläuft die Frau alle Phasen der weiblichen archetypischen Kräfte, beginnt jedoch an anderer Stelle diesen zuvor beschriebenen Kreislauf, wodurch sich alles entsprechend verschiebt. Der Eisprung findet in der dunklen Zeit statt, und während das Licht des Mondes zunimmt, entfalten sich auch die schöpferischen, kreativen, magischen Kräfte der Frau zunehmend. Die Phase der Innenschau, der göttlichen Anbindung und Vision findet hier im Licht des Vollmondes statt und zeigt die intensive Hinwendung an die eigene schöpferische Ausdruckskraft, an die Spirits und deren Botschaften sowie die Integration im eigenen Inneren und die Entfaltung des eigenen Selbstausdrucks – anstelle der Zeugung (eines Kindes) und damit dem Erschaffen von etwas Materiellem. Die sexuellen Energien wurden in früheren Zeiten dann eher rituell/magisch genutzt und galten so der Eigenentwicklung statt der Erschaffung von etwas „im Außen“.
„Die Männer betrachteten diesen Zyklus als machtvoller und weniger kontrollierbar, und so wurde er zum Zyklus des ‚bösen Weibes‘, der Verführerin, der weisen Frau oder hässlichen Hexe, die ihre sexuellen Energien zu etwas anderem nutzte als zur Hervorbringung der nächsten Generation.“12 — MIRANDA GRAY
Dies alles erinnert mich daran, dass man über die nordische Göttin Freyja sagte, sie lehre die Frauen (die sie umgebenden Völvas, Stabträgerinnen, Seidkonas13 und Zaunreiterinnen), in die Umarmung der Nacht hineinzuschmelzen und dann frei zu fliegen. Auch hier wurden die Rituale als verrucht, wild, sexuell, „teuflisch“, wollüstig beschrieben, und die Nacht nimmt eine große Rolle in diesem ganzen Geschehen ein. Womöglich findet sich auch hier schon ein Hinweis auf den „roten Mondzyklus“.
Es gibt wundervolle Anregungen, Kalender und Tagebücher oder Übersichten aus aller Welt für den weiblichen Zyklus, und ich ermutige dich hiermit, dass du deinen ureigenen Zyklus über einen längeren Zeitraum aufzeichnest, ihn damit besser kennenlernst und deine Hingabe an deinen eigenen Körper und an den Mond vertiefst und geschehen lässt. So kannst du im Laufe der Zeit all das Erlebte, Fühlbare, Visionäre, Leidenschaftliche, Sexuelle, Kreative, Zurückgezogene, Stille, innig Verbundene sammeln und in all seinen Farben und Facetten erfahren. Vielleicht wirst du feststellen, dass keine der beiden Zyklusbeschreibungen ganz zu dir passt. Dann könntest du deinen eigenen Zyklus auf der Schwelle dazwischen kreieren, den „Zaunreiterinnen-Zyklus“ zum Beispiel.
Nutze dafür gern die obigen Beschreibungen als Orientierungsimpulse oder Modelle für deine Beobachtungen und schaue, wann diese „Jahreszeiten“ jeweils in dir auftreten und wie genau sie sich bei dir äußern.
Denn – und damit will ich dich nicht verwirren, sondern von Herzen Raum für freie Entfaltung schaffen – möglicherweise ist deine kreativste und strahlendste Zeit ja der bunte Herbst (weil du wie die Herbstzeitlose jetzt erblühst) und analog dazu zeigt sich dann etwas in deinem weiblichen Mondzyklus synchron mit dem des Mondes.
Da der Mond die Kraft hat, ganze Ozeane zu bewegen und Gezeiten zu erschaffen, ist es sehr wahrscheinlich, dass auch wir Menschen, deren Organismus als Säugling zu 80 bis 85 Prozent und als Erwachsene noch immer zu etwa 70 Prozent aus Wasser besteht, unsere Gezeiten erleben – körperlich, geistig, seelisch und energetisch. Und selbstverständlich steht auch die weibliche Mondzeit mit Flüssigkeiten in Verbindung, die bewegt werden. Wir sind daher immer wieder eingeladen, sozusagen symbolisch an diesem Meer zu sitzen und der Brandung zu lauschen, die uns Welle um Welle mit Urkraft und Urwissen versorgt.
Je nachdem, in welcher Lebensphase wir uns gerade befinden und welche persönlichen Themen uns umtreiben, können wir durchaus zwischen dem weißen und roten Mondzyklus wechseln oder einen völlig anderen Zyklus leben, der sich nach unserem persönlichen Wesen, unserer Seele und den Umständen unseres Lebens richtet. Vielleicht bist du bei Nacht geboren und hattest eine wundervolle „sanfte“ Geburt – und liebst deshalb bis heute die Nacht und die Dunkelheit, bist dann aktiv wie eine „Nachteule“. Oder du bist in der Nacht geboren und es gab bei deiner Geburt starke Komplikationen und brachte dich in eine Trennung (Brutkasten o. Ä.). Dann kann es gut sein, dass du dich nachts insbesondere nach Rückzug und Einkuscheln oder inniger Verbindung sehnst.14 Ebenso wie dich möglicherweise die Umstände während deiner Geburt und die Tageszeit beeinflussen bzw. deine Seelenenergie widerspiegeln, kann selbstverständlich auch die Jahreszeit eine große Rolle spielen, da die Energien, Farben, Lichtverhältnisse etc. grundverschieden sind und dich ab deinem Eintritt in dieses Erdenleben sicher begleiten. Ich habe bewusst darauf verzichtet, bei den einzelnen Ritualen auf die zwölf Tierkreiszeichen einzugehen, in denen der Mond jeweils steht, und verzichte auch an dieser Stelle darauf, diese einzeln zu benennen, da dich so viel mehr ausmacht als die Sonne oder der Mond in einem bestimmten Tierkreiszeichen zum Zeitpunkt deiner Geburt.15
Für mich steht bei der „Urkraft des Mondes“ eine Hinwendung an die weibliche Urkraft, die große Wandelkraft des Mondes und der Frau, die Schöpferinnenkraft, ein Leben in tiefer Verbundenheit mit dem Jahreskreislauf der Natur und der eigenen innewohnenden Natur im Vordergrund – möglichst ursprünglich und archaisch weise. Die Rituale und Monatsbeschreibungen zu den zwölf Monden/Monaten sind eine Einladung an dich, die Hingabe an die zyklische Natur ganzheitlich zu leben. Sie mögen Impulse und Türöffner für dich sein, und es liegt ganz bei dir, wie und auf welche Weise du diese Türen durchschreiten wirst.
2 Auch wenn hier vorrangig die Frauen angesprochen sind, haben selbstverständlich auch Männer bzw. Menschen jeden Geschlechts ihre ganz eigene Beziehung zum Mond und können aus dem hier vorgestellten Wissen Nutzen ziehen. Und hier gilt genauso: Nimm die Anregungen auf, aber lass dir nichts überstülpen und spüre selbst.
3 Und selbst in dem uralten sogenannten „Sonnenrad“ (ein Kreis mit einem gleichschenkligen Kreuz darin), welches sich symbolisch auch im nordamerikanisch-indigenen Medizinrad findet, könnte (zugleich) ein vier Phasen zeigendes Mondsymbol verborgen sein.
4 Der islamische Kalender ist hingegen bis heute ein reiner Mondkalender.
5 Diese Festlegung vollzog Cäsar, nachdem er zwei Jahre zuvor (47 v. Chr.) von Astronomen in Ägypten unterwiesen worden war, die einem bis ins 14. Jahrhundert v. Chr. zurückreichenden Sonnenkult folgten.
6 Begriff des griechischen Tragödiendichters Aischylos
7 Reflexionskraft wäre wohl korrekter, denn hier steht der Mond der Sonne direkt gegenüber und sie beleuchtet die der Erde zugewandte Mondoberfläche.
8 Perigäum nennt man den Punkt auf der elliptischen Mondbahn, an dem der Mond der Erde am nächsten und so der Mondeinfluss am stärksten ist. Als Apogäum bezeichnet man den am weitesten entfernten Punkt auf dieser Umlaufbahn.
9 Einen ähnlichen Schattentanz erlebte ich erstmals mit Anfang 20 in einer spirituellen Ausbildung. Er bewegte damals unglaublich viel in mir, weswegen ich ihn als eine recht regelmäßige Praxis immer beibehalten und für mich mit den Jahren angepasst habe.
10 In jeder Frau bleibt die energetische Spur/Signatur der Gebärmutter bestehen, auch wenn sie in die Menopause eintritt, diese hinter sich lässt und ganz aufhört zu bluten und auch wenn die Gebärmutter entfernt werden musste. All das kann schmerzhaft sein und sich anfühlen, als ginge Schöpferkraft und energetische Empfänglichkeit verloren, doch die kraftvolle Weisheit bleibt bestehen, während sich unsere Anbindung verändert.
11 Aus: Miranda Gray, „Roter Mond – Von der Kraft des weiblichen Zyklus“, Stadelmann Verlag 2015, S. 107.
12 Dies., S. 108.
13 Seidr-Kundige, Kennerin und Praktizierende der nordischen Magie im Kontext dieses Weltbildes
14 Hier kann eine intensive Auseinandersetzung mit der sogenannten Mutterwunde sehr heilsam für deine Seele sein; siehe dazu ab Seite 166 ff., den Zyklus beeinflussend oder nicht.
15 Wenn du die Vielschichtigkeit und Tiefe deines eigenen Horoskops fundiert erlernen magst und dabei zugleich lernen möchtest, wie du damit jederzeit auch anderen hilfreich zur Seite stehen kannst, empfehle ich dir von ganzem Herzen den umfassenden und wunderbar leidenschaftlichen zehnteiligen Astrologiekurs „Fall In Love With Your Stars“ von Luisa Carla Hartmann (https://inlovewiththestars.de/online-kurs/).