November

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NeumondritualS. 235

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VollmondritualS. 235

Die goldene und bunte Leuchtkraft des Oktobers hat sich nun in ein kahles, gedämpftes Grau gewandelt und auch die Geräusche der Welt scheinen gedämpfter zu sein. Nur noch Geheimnisse wispern durch die Luft. Der Geruch von feuchtem Laub und modrigem Holz lädt uns ein, das Schwere und Überflüssige an die Erde abzugeben, um daraus im nächsten Frühjahr Neues erwachsen zu lassen. Dieser Zyklus von Werden, Wachsen, Reifen und nun der Übergang zum Vergehen ist ganz deutlich zu spüren und ermutigt uns, uns ganz und gar in aller Ruhe dem heiligen Rhythmus der Natur hinzugeben – einem Rhythmus, der auch in uns lebendig ist.

Die Zeit von Samhain bis zur Wiedergeburt des Lichts zur Wintersonnenwende galt als ein Portal, eine Schwellenzeit. Nie sind die Schleier zwischen den Welten so dünn und die sinnbildlichen Vorhänge zwischen den Welten so geöffnet wie in dieser Zeit im Jahreskreis. Die Seherinnen nutzten diese Zeit seit jeher, um sich auf weite Seelenflüge zu begeben. Häufig fanden die dazugehörigen Rituale auf Grabhügeln statt, und mit ihren Rasseln, Glöckchen und Trommeln, klopfenden Stäben und Knochen verbanden sie sich mit den klingenden Knochen der Verstorbenen, die von der anderen Seite herannahten. So erlangten sie Visionen und Prophezeiungen.

Der November ist eine Zeit der wolkenverhangenen, kühlen und feuchten Tage. Die Nebel ziehen übers Land und tauchen die Welt in eine mystische Stimmung. Man nennt es auch die „Nicht-Zeit“, und dieser Mond wird im Volksmund unter anderem auch „Nebelung, Nebelmonat, dunkler Mond, Schneemond, Trauermond und Ahnenmond“ genannt. Heutzutage findet man auch die Bezeichnung „Transformationsmond“.

Unsere Ahnen scheinen uns nie so nah zu sein wie in dieser Zeit, und früher starben tatsächlich viele in den oft nasskalten Monaten Oktober und November, sodass die meisten (auch persönlichen) Totengedenktage hier angesiedelt sind. Wir können diese Zeit nutzen, um noch weiter in eine tiefe Verbindung zu gehen – z. B. zu allen Elementen, aus denen wir bestehen, und zu unseren Ahnen, den Wurzeln also, aus denen wir erwachsen sind – als eine neue Knospe am Lebensbaum. So lädt der November uns insgesamt zu einer Rückverbindung mit unseren Wurzeln ein, um mit offenem Herzen und Geist auf dem ureigenen Weg weiterzugehen. Auch Pflanzen haben ihre Säfte nun in sich zurückgezogen, und die meisten Tiere sind ebenfalls im Rückzug, tief in den Schichten der Erde, in Höhlen und Bauten.

Überlieferungen zufolge fand Samhain, eines der großen keltischen Mondfeste, zu Ehren der Ahnen in der Nacht des elften Neumondes nach der Wintersonnenwende statt. Diese Berechnung wurde dann in den solaren Kalender übertragen und auf die Nacht auf den 1. November festgelegt. Spüre somit gern jedes Jahr erneut, wann du selbst Samhain zelebrieren magst. Im Zeitraum von Ende Oktober bis Mitte November befinden wir uns stets unter dem Einfluss von Mystik, dem Mysterium des Lebens, Tod und Abschied, Emotionen und dem Element Wasser. Wir tun gut daran, diesen Fluten an Emotionen erdige Rituale an die Seite zu stellen, die Halt geben und uns nähren, damit wir nicht in Melancholie oder Schmerz „ertrinken“. Nutze gern dazu die folgenden Inspirationen, verändere sie nach deinen jeweils vorherrschenden Bedürfnissen und setze sie gezielt in diesem Monat mehrmals ein. (Wenn dir bei der Beschäftigung mit all diesen Themen danach ist, zu räuchern und in deiner Ahnenlinie etwas zu klären, schau gern auch noch einmal nach bei der Ritualbeschreibung im Januar ab Seite 76. Das ist energetisch jetzt gerade auch sehr passend.)

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NEUMOND

Die Kraft der Elemente für deine Vision

Gern möchte ich hier für dieses etwas andere Wunschritual beispielhaft mit dir meine Geschichte67 teilen, um dir zu zeigen, wie auch du in solchen „Nicht-Zeiten“ durch das hingebungsvolle Sein im Einklang mit (deiner) Natur Rituale empfangen und erschaffen kannst.

Zur Entstehung dieses Rituals

Im Morgennebel tauchten sie auf, fünf Rehe, vier Ricken und ein Bock. Sie blieben vor den Bäumen stehen und schauten uns an. Ganz lange schauten unsere schwarze Mischlings-Hütehündin Runa und ich einfach still zurück.

Ich nahm Kontakt auf, fragte, ob es etwas gebe, was ich wissen sollte – ein Ritual, das an diesem Tag für mich wichtig sein könnte. Während wir alle uns anschauten, sah ich zugleich visionäre Bilder vor mir, worin mir die einzelnen Ritual-Zutaten und -Schritte gezeigt wurden. Dann löste sich die Rehgruppe langsam auf, sie trippelten etwas umher und verschwanden schließlich ganz. Runa und ich gingen die Morgenrunde zu Ende und ich beschloss: „Zu Hause hole ich gleich alles, was ich brauche.“ Die ersten Sonnenstrahlen durchdrangen mit ihrer Kraft den Nebel, die Wolken lösten sich auf, das Licht zauberte helle Flecken auf meine liebsten nahe gelegenen Ritual-Stellen. Es war ein Freitag, der 13., und damit für mich ein wunderbar weiblich-magischer Tag.

Der Name für unseren Freitag geht auf die Göttin Freyja/Frija/Freya zurück, und ihr Name bedeutet wiederum „freie Frau“. Dies erinnert uns Woche für Woche an unsere Freiheit! In Verbindung mit der 13 wird es dann noch weiblicher, denn diese Zahl ist zyklisch, rhythmisch, und bringt die 13 Monde eines Jahres mit ein. Freyja ist u. a. die Göttin der Schönheit, der Liebe und der Zauberkunst und bringt auch einen kämpferischen Aspekt mit sich, der uns hilfreich ist, um für das aufzustehen und sich stark zu machen, was uns wichtig ist.68

Es geht für uns jetzt darum, die große Manifestationskraft zu nutzen, die gerade da ist. Dies beinhaltet: hinter sich zu lassen, was einen viel zu lange begrenzt, behindert, zurückgehalten oder kleingemacht hat (egal, ob dies Eigenschaften im Inneren/an uns selbst sind oder Dinge im Außen). Uns ganz konkret um das zu kümmern, was förmlich danach dürstet, genährt und gesehen zu werden. Dies wirklich auch ganz konkret zu nähren.

Tiefe Erkenntnisse sehnen sich nach Umsetzung, Visionen weben sich spielerisch im Geist und zaubern ein Lächeln ins Gesicht bei der Vorstellung daran, dass neue Wege beschritten werden mögen. So vieles formt sich …

Bei uns allen ist derzeit vieles „aus der Form“ geraten, gestaltet sich um und sucht noch den konkreten Neuausdruck in dieser Welt. Manchmal wissen wir auch schon, wie wir unsere Vision ausdrücken möchten, nur ist es im Außen gerade noch nicht möglich. Es ist eine Zeit, in der wir vertrauensvoll formlos fliegen oder etwas in neue Formen gießen können.

Als ich draußen auf dem Feld nach einem Ritual fragte, kam ganz direkt die Antwort: „Nutze die Kraft aller Elemente! Sie helfen, alles zu manifestieren, was nun wichtig ist.“ Eines der Bilder, die vor mir auftauchten, war ein Sonnenrad aus Haferflocken. Ein Viertel davon war gefüllt mit Nüssen und Samen, ein weiteres Viertel mit einer brennenden Kerze, eines mit Räucherwerk und eines mit einer mit Wasser gefüllten Nussschale.

Zu Hause suchte ich alles zusammen, was ich davon finden konnte (Alternativen gibt es immer; sei in solchen Momenten einfach kreativ!) und ging zu meiner Ritualstelle im Wald. Dort führte ich alles so aus, wie ich es vor mir gesehen hatte, und folgte dem, was aus dem Moment heraus noch entstehen wollte.

Das Ritual hat mir an jenem Morgen ganz viel Kraft für den Tag gegeben und zudem immer wieder ein Lächeln aufs Gesicht gezaubert. Das Urvertrauen „Für mich ist gesorgt“ wuchs über den Tag mehr und mehr an, und die Zuversicht, dass ich meine Visionen wirklich umsetzen werde, ebenso. So teilte ich es damals online mit allen Menschen, und wundervolle Videos, Fotos und Berichte dazu erreichen mich dazu seither.

Vielleicht hast du Lust bekommen, dies auch einmal für dich auszuprobieren und so Kraft für diesen eher tristen grauen Monat zu sammeln bzw. die mystisch-magische Energie tatkräftig zu leben?

Die Details meines Rituals stelle ich dir als kurze Anleitung in Wort und Bild hier zur Verfügung, sodass du eine klare Vorstellung davon bekommst und doch genug Raum für deine kreative Umsetzung behältst.

Vorbereitung

Gerne kannst du ein Journaling zu deinen Themen machen, um damit das für dich Wichtigste thematisch einzukreisen und dann mithilfe der folgenden Fragen in Bezug zu den Elementen zu setzen. (Dies alles sind Beispiele und sie können beliebig erweitert und vertieft werden.)

Wasser

Wo wünschst du dir mehr Klarheit?

Was darf ins Fließen kommen?

Sehnst du dich nach einem reinigenden Neuanfang?

Feuer

Welche Leidenschaft darf neu entflammen?

Wo brennst du aus?

Gibt es ein Feuer, das du weitergeben möchtest?

Wofür begeisterst du dich?

Erde

Bist du in dir sicher und gefestigt?

Fühlst du dich genährt?

Spürst du Verwurzelung und Halt, was auch immer kommen mag?

Was möchtest du „zur Welt bringen“?

Luft

Welche deiner Ideen liegt schon zu lange brach?

Fühlst du dich frei?

Bist du inspiriert?

Kannst du andere inspirieren?

Wenn du deinen Antworten, auf die die Elemente dich durch die Fragen bringen, nachgehst, wirst du auch Eigenschaften erkennen, die das jeweilige Element in dir stärken kann, wenn du dich damit verbindest. Und genau um diese Anbindung an eine Elementekraft, die niemals ausgelöscht werden kann, geht es im folgenden Ritual. Du verbindest dich mit etwas so Starkem, dass du deine Ideen, Pläne und Veränderungswünsche kraftvoll umsetzen kannst.

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DEIN RITUAL
ZU DEN ELEMENTEN

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Suche dir einen für dich stimmigen Platz in der Natur.

Bereite dort zuerst den heiligen Raum (siehe ab Seite 63 ff.) bzw. erschaffe eine rituelle Atmosphäre durch das, was du bist und tust; sei es stille Meditation, um ganz an dem Ort anzukommen, Gesang, Gebet, Trommeln oder Rasseln, ein schützender Kreis aus Mehl um deinen ganzen Platz usw.

Besinne dich nun auf dein Anliegen:

Was möchtest du manifestieren?

In welche Richtung soll es ab jetzt kraftvoll weitergehen?

Wobei wünschst du dir einen Neubeginn, der dich lange und nachhaltig tragen wird?

Lege einen Kreis aus Kernen, Samen, Haferflocken (also aus lauter Dingen, die natürlich, essbar oder abbaubar sind).

Bilde in einem Kreis mit eben diesen Zutaten ein gleichschenkliges Kreuz, sodass vier gleich große Teile entstehen.

Widme nun jedes Viertel einer Elementekraft, die du mit deinen Worten anrufst, dich zu unterstützen, z. B. so:

„Ich schenke den Mäusen und allen anderen Waldbewohnern diesen Haufen Samen, damit sie sich ganz entspannt satt essen können. Kraft der Erde, versorge du auch mich mit Nahrung in Fülle und Leichtigkeit. Ich danke dir!“

Du kannst auch darum bitten, dass deine Gaben angenommen werden, und sagen, dass du ebenfalls offen für die Gaben des Elementes bist, falls du kein konkretes Anliegen hast. Hier ein Beispiel für das Element Feuer:

„Ich entzünde diese Bienenwachskerze und danke allen Bienen für ihr eifriges Tun! Möge diese Flamme auch in mir brennen, ohne mich auszubrennen, möge ich (wieder) leidenschaftlich für meine Sache einstehen, ohne deshalb etwas niederzubrennen, möge ich achtsam mit meiner Leidenschaft umgehen und sie nie verlöschen lassen.“

Oder für das Element Wasser:

„In diese Nussschale gebe ich Wasser für die Kleinsten, die Insekten, die immer weniger werden. Möge das Wasser mir helfen, alles in angenehmem Fluss zu halten, sodass ich leicht und flexibel mit allen Veränderungen umgehen kann.“

Oder für die Elemente Feuer und Luft zusammen:

„Ich bitte das Feuer, sich mit der Luft zu vereinen, auf dass ich meine Leidenschaft und Inspiration frei fliegen lassen kann und diese sanft auf die Erde bringe. Dazu entzünde ich dieses Räucherwerk und lege es ab. Ich danke damit zugleich den hilfreichen Spirits in allen Welten.“

Die fünf Rehe, denen ich begegnete, erinnerten mich an das so wichtige fünfte Element: Spirit, den Geist. Vielleicht möchtest du dich, genau wie ich, auch diesem Element zuwenden …

Es reicht hier, wenn du darum weißt, dass du ebenfalls über Geist/Spirit verfügst und somit ein wichtiges Element unserer Welt bist!

Gib dich und deinen Spirit nun ebenfalls mit in den Kreis, denn dein ureigenes Wesen ist eine so wichtige „Zutat“!

Wenn du magst, dann sage gern genau wie bei den Elementen etwas zu dir und deinem Spirit, wenn du etwas ablegst. Wer bist du? Welche besondere Kraft gibst du selbst in den Kreis hinein? Was wünschst du dir für dich und/oder die Spirits im Allgemeinen? Wes Geistes Kind sollen deine Unternehmungen sein?

Ich nehme z. B. gern einen für mich besonderen Stein und bitte die Spirits, weiterhin vereint mit meinem Spirit zum Wohle aller zu wirken. Dann gebe ich mich und meinen Spirit mit einem kraftvollen Ausatmen in den Stein hinein und lege ihn ebenfalls in den Kreis.

Spüre dem Kreis mit all seinen Anteilen noch eine Weile nach.

Vielleicht tut sich etwas auf, das dir direkt eine Botschaft sendet …

Wenn alles gesagt und getan ist, beende das Ritual auf eine für dich stimmige Weise. Schließe den heiligen Raum, den du geöffnet hast, bedanke und verabschiede dich.

Möge die Kraft aller Elemente dich unterstützen. Mögest du an dich und deine Visionen, Träume und Ziele glauben, und mögest du dich Schritt für Schritt auf ihre Erfüllung zubewegen.

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VOLLMOND

Backe ein traditionelles Ahnenbrot (Seelenbrot)

Rituelle Vorbereitung und Einstimmung

Für unsere Ahnen war der Tod genau wie für uns das Ende in dieser Welt, jedoch der Neubeginn in der Welt jenseits des Schleiers. Werden, Wachsen, Vergehen und Neu-Werden – ein ewiger Kreislauf. Sich dies am Anfang oder gegen Ende des Novembermonats in einem Heilkräuter-Kranz z. B. aus Beifuß, Immergrün und Efeu oder in einem Lebensbaum-Kranz aus immergrünen Elementen, wie z. B. Thuja, Tanne, Ilex o. Ä., zu vergegenwärtigen ist eine wundervolle Tradition und kann natürlich auch in einen Adventskranz für den Dezember münden. Beim Kränzebinden wird stets das heilige Element des Kreises (Symbol für Verbundenheit, Vollkommenheit und auch Weiblichkeit) und damit der Jahreslauf, der Kreislauf des Lebens und auch der Kreislauf der eigenen Familie im Tun spürbar und schließlich sichtbar. Wir symbolisieren damit Uraltes und zugleich Zeitloses. Je inniger wir uns hierbei mit unserer Intention verbinden, desto spürbarer wird es am Ende für die, die das Resultat sehen.

Schmücke gern mit dem Kranz deine Tür oder dein Fenster, und verbinde dies mit einer Laterne oder einer Kerze, die den Ahnen den Weg zu dir nach Hause weist und sie einlädt, dich zu besuchen und mit dir zu kommunizieren. Damit sie sich willkommen fühlten, backte man den Ahnen u. a. auch Brote, deren leckerer Duft heimelig war und daher anziehend wirken sollte.

Hintergrundwissen zur Tradition des Seelenbrotes

Die Tradition des (Aller-)Seelenbrotes zieht sich durch viele Länder und Kulturen. Ein solches Brot wurde u. a. an Samhain in Irland gebacken, um es dann an die Armen zu verschenken („Nahrung für alle armen Seelen“). Es wurde den Feen als Opfergabe dargeboten und an Menschen verteilt, die in der alten irischen Geschichtenerzähler-Tradition von Haus zu Haus gingen und Gedichte rezitierten, Lieder sangen, musizierten oder Geschichten erzählten, um die alten Sagen lebendig zu erhalten (heute nur noch in rudimentären Überbleibseln im „trick or treat“ bzw. „rat oder gib“ der Kinder erhalten, die verkleidet von Tür zu Tür gehen, um Süßigkeiten zu bekommen). Und oft wurde auch den Ahnen symbolisch eine Scheibe des Brotes übergeben. In den britischen Grafschaften kannte man außerdem, jeweils regional eingefärbte, Traditionen der sogenannten „Ancestor Cakes“ oder „Ancestor Breads“ (Ahnenkuchen oder Ahnenbrote).

Auch in Deutschland war es üblich, rituelle/gesegnete Backwaren zu Allerseelen herzustellen (z. B. die „schwäbische Seele“, eine Art längliches Weißbrot, meist aus Dinkelmehl, innen weich und außen knusprig). Es wird vermutet, dass der Brauch in der Weise mit Allerseelen zusammenhängt, dass diejenigen, die in der Schwellenzeit vom Herbst zum Winter die „armen Seelen“ verköstigten, der Sage nach im folgenden Jahr mit einer reichen Ernte belohnt werden sollten. Andere Sagen berichten davon, dass diese Opfergaben in Brotform ganze Städte oder Landstriche vor Krankheiten beschützten. Traditionelle Überlieferungen und Rezepte dazu gibt es ebenfalls aus Österreich, Italien, Polen und anderen europäischen Ländern.

Aber auch außerhalb Europas findet man ähnliche Bräuche. In Mexiko gibt es z. B. zum Fest der Toten, dem „Dia de Los Muertos“ (vom 31. Oktober bis 2. November stattfindend), das „Pan de muerto“ („Brot der Toten“). Dies ist ein sogenanntes Gebildebrot aus Hefeteig, welches mit Mustern und Formen gestaltet wird, die die Gebeine der Toten darstellen sollen, sowie mit kleinen bunten Totenköpfen aus Zucker („Calaveras de dulce“) verziert.

Der November ist also reich an rituellen Backtraditionen und Opfergaben zu ganz verschiedenen Ahnengedenktagen, in die während des bodenständigen Wirkens Bedeutung, Intention und damit auch (geistig) Nährendes eingebunden wurde. Bildgebäck entstand oft in geselliger Runde, jedoch stets in innigem Rückverbinden, und die daraus geformten Symbole ließen all das Erinnerte sichtbar werden (Herzen, Spiralen, Sonnen, Kreise, Sonnenräder, Lebensbäume u. v. a. m.). Für unser Ritual nutzen wir dazu die Kunst des Flechtens und die Kraft der heiligen Drei.

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DEIN RITUAL
ZUR RÜCKVERBINDUNG

Dieses Ritual kann dir zum einen helfen, dich wieder mit dir selbst zu verbinden und geistig-seelisch ganz in deinem Körper anzukommen und zum anderen auch jene zu ehren, die vor dir kamen und dieses körperliche „Zuhause“ deiner Seele mitgestaltet haben. Du kannst ganz allein für dich diese Rückverbindung in Stille spüren oder deine Kinder miteinbeziehen – und alle Varianten dazwischen. Bitte spüre nach, was dich hierbei am meisten nährt.

Öffne einen heiligen Raum in deiner Küche – und sei es nur durch das Entzünden einer Kerze, die dich während des Backprozesses leitet (natürlich gern auch so, wie du dies am liebsten gestaltest, bzw. siehe auf den Seiten 63 ff.).

Das Rezept

Zutaten69

250 ml (Pflanzen-)Milch

375 g Weizenmehl (Type 405)

60 g Zucker

½ Würfel frische Hefe (ca. 21 g) oder 1 Päckchen Trockenhefe

50 g weiche (vegane) Butter (Zimmertemperatur)

1 Prise Salz

wahlweise 1 Ei (Gr. M)

etwas Mehl zur Teigverarbeitung

wahlweise etwas Milch zum Bestreichen, etwas Hagelzucker, Sesam oder anderes nach Geschmack zum Bestreuen

Zubereitung

Für den sogenannten „Vorteig“ die Milch erwärmen, bis sie lauwarm ist. Das Mehl in eine Schüssel sieben. Eine Mulde darin bilden und die Hefe in die Mulde bröseln. Drei Esslöffel der lauwarmen Milch und eine Prise Zucker über die Hefe in der Mulde gießen. Mit einem Löffel die Hefe-Milch-Mischung etwas vermengen (das Mehl noch nicht komplett mit hineinmischen). Die Schüssel mit einem Geschirrhandtuch abdecken und den Teig an einem warmen Ort ca. 15 Min. gehen lassen.

Dann ein Ei, die restliche (Pflanzen-)Milch, den Zucker und eine Prise Salz in die Schüssel geben und zusammen mit der Hefemischung und dem Mehl zunächst auf niedriger Stufe, dann auf hoher Stufe mit den Knethaken des Rührgeräts verkneten. Butter in Stücke geschnitten nach und nach unterkneten. Damit der Teig später gut aufgeht, sollte er mindestens 5 Min. kräftig weitergeknetet werden (gern mit deinen Händen). Sonst kann der Teig später zusammenfallen oder klebrig sein.

Durch das Kneten des Teigs wirst du mit deinen Händen in Verbindung kommen und damit ebenso mit deiner Tatkraft und der Fähigkeit zu geben sowie mit deiner Fähigkeit zu empfangen.

Schüssel mit dem Teig erneut mit einem Geschirrhandtuch abdecken und den Teig weitere 60 Min. an einem warmen Ort gehen lassen.

Den Teig auf eine bemehlte Arbeitsfläche geben und in drei Teile teilen. Die Teile jeweils zu einem langen Teigstrang von ca. 40 cm Länge rollen. Diese gleich langen und gleich dicken Teigstränge dann zu einem Zopf flechten.

Das Flechten dieser drei Stränge hat eine symbolische Bedeutung: ein Teil für deine Mutterlinie, einer für deine Vaterlinie und einer für dich, denn in dir fließt alles zusammen (oder von dir ausgehend noch weiter). Inwieweit du dich bei jedem Teil in diese Thematik und die dazugehörigen Gefühle einstimmst und wie viel Zeit du dem geben möchtest, entscheide bitte ganz nach deinem Gespür. Du kannst jeden Teigstrang eine Weile in deiner Hand halten, nachsinnen und deine Erinnerungen hineinkneten oder auch einfach jeden Strang kurz benennen und loslegen. Es gibt da keine festen Regeln, dein Gespür darf dich leiten. Daher gebe ich dir hier auch keine Impulsfragen mit auf den Weg. Mögen die Erinnerungen und Themen dich finden, die jetzt gerade für dich wichtig sind.

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Möge die Kraft all jener, die hinter dir stehen, dich stärken und nähren, und mögest du für all jene zum Segen werden, die nach dir kommen. Mögest du spüren: Für dich und die deinen ist gesorgt.

Wenn du magst, kannst du dich dabei rückverbinden und bei jedem Übereinanderlegen der Teigstränge intuitiv etwas zur jeweiligen Ahnenlinie sagen – seien es persönliche Wünsche, liebevolle Worte der Dankbarkeit oder Erinnerung oder ganz generell etwas wie: „Möge dieses Brot die Lebenden nähren und zum Gedenken an die Verstorbenen sein“, oder: „Möge dieses Brot mich nähren, so wie die Ahnen, die hinter mir stehen“.

Dann verdrehe die Enden miteinander und lege sie unter den Zopf, damit sie einen schönen Abschluss bilden. Zuletzt bestreiche den Zopf gern mit etwas Milch und bestreue ihn mit Hagelzucker oder Sesam – für die Süße des Lebens.

Lege den Zopf auf ein mit Backpapier belegtes Blech und backe ihn im auf 200 Grad Ober- und Unterhitze (Umluft 180 Grad) vorgeheizten Backofen für ca. 15 bis 20 Minuten bzw. bis er leicht bräunlich ist.

Vor dem Verzehren am besten vollständig auskühlen lassen. Gedenke gern den Ahnen direkt vor dem Verzehr mit einer Art kurzem „Trinkspruch“ bzw. Segen.

Ein Ahnenbrot oder eine Scheibe davon kannst du auch als kleine Opfergabe an deine Ahnen an deinen Ahnenplatz im Garten oder Wald bringen oder zu einem nahe gelegenen Holunder oder Haselbusch, da diese als Tore zu den Ahnen gelten. Man ging davon aus, dass die Reise aus der Anderswelt in unsere Welt hungrig und durstig macht, und daher stellte man oft auch etwas Bier, Milch oder andere regional bedeutsame Getränke dazu bzw. das Lieblingsgetränk eines speziellen Ahnen.