Selbstverständlich darf man mit Diabetes verreisen – auch ins Ausland. Und mit einer guten Vorbereitung können Sie Ihren Urlaub auch genießen.
Ob ein Wochenendausflug in die Berge oder eine mehrwöchige Auslandsreise – trotz Diabetes steht Ihnen die Welt offen. Sie müssen sich hier nicht einschränken.
Im Vorfeld ist es aber wichtig, sich über die Bedingungen vor Ort zu erkundigen. Planen Sie einen Strandurlaub mit 35 Grad im Schatten oder einen Trip an die Ostsee? Hier sollten Sie beachten: Insulin darf beispielsweise nicht über 40 Grad erhitzt oder unter 2 Grad abgekühlt werden. Sie sollten sich also vorher Gedanken über Ihre Reise machen.
Das Klima in ganz Deutschland unterscheidet sich nicht gravierend. Sie durchreisen weder Zeit- noch Klimazonen. Die meisten Menschen sprechen Ihre Sprache, es gibt selten unbekannte Speisen und spätestens innerhalb von 24 Stunden sind Sie wieder daheim. Und falls doch mal Medikamente, Teststreifen oder Ähnliches zur Neige gehen, können Sie jederzeit einen Arzt am Urlaubsort für ein Rezept aufsuchen. Also keine Scheu, der Urlaub kann kommen. Genießen Sie ihn. Die Vorfreude auf den Urlaub beginnt schon mit den Vorbereitungen. Damit die Reise möglichst stressfrei abläuft, sollten Sie
alle Utensilien, die Sie für eine gute Blutzuckereinstellung brauchen, in doppelter Menge einpacken,
Ihre Diabetessachen nicht mitschicken, falls Ihr Gepäck schon Tage vorher bei Ihnen daheim abgeholt wird,
während der Fahrt Mahlzeiten und Medikamente so einnehmen, als wären Sie daheim.
Wenn Sie Insulin spritzen und mit dem Auto reisen, müssen Sie einige Dinge vor und während der Fahrt beachten. Dazu lesen Sie bitte auf S. 171 mehr.
Am Urlaubsort angekommen, können alle Diabetes-Utensilien in der Tasche bleiben. Wichtig ist nur, dass das Insulin vor Sonnenstrahlen und Frost geschützt ist. Sollte ein Kühlschrank im Zimmer vorhanden sein, legen Sie es ins Gemüsefach bzw. in die Innenseite der Tür. Falls Sie keine Möglichkeit zur kühlen Lagerung haben, ist dies auch nicht schlimm. Insulin lässt sich für 30 Tage auch bei Zimmertemperaturen aufbewahren.
Auf Ausflügen müssen Sie Ihr Insulin vor der prallen Sonne schützen, aber auch vor Minustemperaturen während einer Schneewanderung. Kaufen Sie sich schon vor der Reise spezielle Isoliertaschen für den Insulinpen oder bewahren Sie Ihr Insulin in einer Thermosflasche auf. So sichern Sie Ihr Insulinpen vor extremen Temperaturunterschieden.
Wenn Sie im Urlaub sportlich aktiv sind, etwa eine lange Bergwanderung mit anstregenden Routen planen, sollten Sie nochmals im Kapitel „Den ganzen Tag bewegen“ auf S. 114 nachschlagen. Hier erhalten Sie wichtige Tipps, um Ihre Diabetesmedikamente richtig zu reduzieren.
Die Verpflegung am Urlaubsort kann sehr unterschiedlich ausfallen. Bei Selbstverpflegung essen Sie wahrscheinlich ähnlich wie zu Hause. Anders bei einem reichhaltigen Buffet im Hotel – die Insulinanpassung kann bei all den leckeren Speisen etwas aufwendiger werden. Bei einer Insulintherapie müssen Sie folgende Dinge beachten:
Kurzzeitinsulin. Vor den Mahlzeiten die Kohlenhydratmenge so genau wie möglich einschätzen (siehe „Aus dem Vollen schöpfen“, S. 71) und die Insulindosis dementsprechend anpassen.
Mischinsulin. Hier sind Sie in etwa an Ihrer KE-Menge gebunden. Falls Sie doch mal mehr Kohlenhydrate essen oder trinken, spritzen Sie ein paar Insulineinheiten mehr. Wichtig: Planen Sie unbedingt ein Mittagessen mit Kohlenhydraten in Ihren Tagesablauf ein, da der Basalinsulinanteil Ihres Mischinsulins am Mittag die stärkste Wirkung hat. Auch bei der Einnahme von Sulfonylharnstoffen ist das wichtig.
Während eines Urlaubs im benachbarten Ausland könnten Sie im Notfall schnell wieder nach Deutschland zurückkommen.
Anders sieht es bei Fernreisen aus. Die Anreise wird meistens mit dem Flugzeug erfolgen. Ohne eine gründliche Vorbereitung könnten Sie schon bei der Zollkontrolle am Abflughafen in Deutschland Schwierigkeiten bekommen. Sie sind zwar nicht die erste Person mit einem Insulinpen oder mit Nadeln im Gepäck, Sie sollten aber für das Mitführen dieser Utensilien dem Persoanl am Sicherheitscheck ein ärztliches Schreiben zeigen können. Fragen Sie dazu bitte Ihr Diabetesteam.
Während des Flugs sollten Sie alles, was Sie für Ihre Therapie benötigen, im Handgepäck mitführen. Am besten nehmen Sie die doppelte Menge an Medikamenten, Teststreifen und Nadeln mit. Wenn Sie nicht allein verreisen, empfiehlt es sich, die Hälfte Ihrer Materialien in das Handgepäck Ihres Reisepartners zu geben. Falls doch ein Handgepäck verloren geht, müssen Sie sich nicht sorgen. Sie hatten ja sowieso das Doppelte eingeplant.
Die KE-Menge von Mahlzeiten müssen Sie schätzen (siehe S. 86), falls Sie Kurzzeitinsulin vor dem Essen oder Mischinsulin spritzen. Dabei ist es nicht immer leicht, die Kohlenhydrate unbekannter Speisen, Früchte und Getränke richtig zu bewerten. Wenn Sie sich nicht sicher sind: lieber weniger KEs schätzen und bei der nächsten Injektion den erhöhten Blutzuckerwert wieder korrigieren.
Erkrankungen im Urlaub sind per se unangenehm. Bei einer Magen-Darm-Erkrankung droht Ihnen außerdem noch eine Unterzuckerung. Das trifft aber nur zu, wenn Sie Tabletten mit dem Wirkstoff Sulfonylharnstoff/Glinide nehmen oder Insulin spritzen. Ganz besonders kritisch wird es, wenn Sie die Medikamente bereits eingenommen oder gespritzt haben und dann Erbrechen und Durchfall bekommen. Die Gefahr einer Unterzuckerung besteht, solange die Wirkung der Medikamente anhält.
Diese Tipps helfen bei Magen-Darm-Erkrankungen:
vermehrte Blutzuckerkontrollen durchführen
Kohlenhydrate in Form von Zwieback, Weizen-Knäckebrot, Weißbrot, Banane, Salzgebäck oder Traubenzucker verzehren
geriebener Apfel
Checkliste
Reisevorbereitungen
Vor einer Reise können Sie einige Dinge prüfen:
medizinische Versorgung am Reiseort prüfen
eventuell Zimmer mit Kühlmöglichkeit reservieren
doppelten Bedarf an Medikamenten, Messstreifen, Pen- und Lanzettennadeln mitnehmen
Ersatzmessgerät und Ersatzpen verordnen lassen
Ersatzbatterien kaufen
kleine Kühltasche und Kühlgel zur Aufbewahrung des Insulins organisieren
Diabetesausweis oder internationaler Notfallausweis sowie ärztliche Bescheinigung für Flugreisen und Grenzkontrollen ausstellen lassen
ausreichend Proviant (wegen Unterzuckerungen) einpacken
Reisekrankenversicherung kontrollieren
Gut gepackt
Wenn Sie Medikamente nehmen oder Insulin spritzen, sollten Sie bei einem Urlaub einiges beachten.
Flüssigkeits- und Salzzufuhr mit Schwarztee und einer Prise Salz und Traubenzucker
gesalzene Bouillon
stilles Mineralwasser
Essen Sie nur gekochte statt naturbelassene Lebensmittel, um Infektionen mit Erregern zu verhindern. Und verzichten Sie auf Leitungswasser und Eiswürfel, die ebenfalls aus Leitungswasser hergestellt sind.
Bei einem Flug in den Norden Europas oder nach Afrika verschieben sich die Zeitzonen maximal um drei Stunden. Somit nehmen Sie Ihre Medikamente zeitlich in etwa so ein, wie Sie es gewohnt sind.
Liegt Ihr Urlaubsort allerdings auf einem anderen Kontinent, reisen Sie in eine andere Zeitzone – mit bis zu zwölf Stunden Unterschied zur mitteleuropäischen Zeit. Das kann Ihre Routine ganz schön durcheinanderbringen.
Einfach ist es bei Tabletten – ausgenommen Sulfonylharnstoffe – und bei GLP1-Analoga. Sie nehmen sie am Urlaubsort nach dortiger Ortszeit ein. Auch kurzwirksames Insulin spritzen Sie wie gewohnt vor Ihren Mahlzeiten.
Ihre Therapie müssen Sie jedoch anpassen, wenn Sie mit Sulfonylharnstoffen, einem langwirksamen Insulin oder Mischinsulin behandelt werden und am Urlaubsort mindestens vier Stunden Zeitverschiebung besteht. Ihr Insulin spritzen Sie am Abflugtag wie immer. Auch Ihren Sulfonylharnstoff nehmen Sie unverändert ein. Erst bei Ankunft am Reiseziel stellen Sie Ihre Uhr auf die dortige Ortszeit um. Kontrollieren Sie Ihren Blutzucker und essen Sie während des Fluges wie zu Hause. Wenn Sie über Nacht fliegen, sollten Sie nur so viele Mahlzeiten verzehren, als wenn Sie zu Hause wären. Zusätzliche zuckerhaltige Getränke oder eine Mitternachtsmahlzeit erhöhen den Blutzucker.
Diabetes und Zeitverschiebung. Reist man von Deutschland aus Richtung Osten, werden die Tage kürzer. Dadurch sinkt der Medikamentenbedarf. Bei einem Flug nach Westen werden die Tage länger und der Bedarf an Medikamenten steigt.
Sie fliegen ins warme Thailand, also der Sonne entgegen. Abflug in Frankfurt ist 18 Uhr, in Thailand ist es zur gleichen Zeit schon 1 Uhr des darauffolgenden Tages. Sie dosieren Ihre Medikamente (Basalinsulin, Mischinsulin, Tabletten) an diesem Tag wie immer. Ihre Flugzeit beträgt sieben Stunden und Sie kommen in Bangkok 8 Uhr morgens an, in Deutschland ist es erst 1 Uhr nachts. Sie würden erst in sieben Stunden wieder etwas essen und Ihre Morgendosis Mischinsulin oder Ihre Tabletten einnehmen.
Was tun Sie? Wenn Sie gegen mittags in Bangkok essen, spritzen Sie jetzt nur die Hälfte der gewohnten Frühdosis an Mischinsulin, da Sie nur ein Mittagessen zu sich nehmen. Auch Ihre Tabletten halbieren Sie. Am Abend verwenden Sie wieder Ihre gewohnte Dosis. Spritzen Sie Basalinsulin am Morgen, dann verwenden Sie auch nur die Hälfte der Dosis am Mittag und spritzen erst am folgenden Tag wieder Ihr Insulin. Das Basalinsulin am Abend kann ganz normal gespritzt werden.
Nach einem tollen Urlaub in Thailand müssen Sie wieder nach Deutschland zurück. Abflug in Bangkok ist 10 Uhr, in Deutschland ist es zur gleichen Zeit erst 3 Uhr morgens. Sie haben zum Frühstück im Hotel in Bangkok Ihr Mischinsulin oder den Sulfonylharnstoff gegen 7 Uhr wie immer dosiert. Während des Flugs müssen Sie noch nichts beachten. Ihre Mittags- und Kaffeemahlzeit können Sie so zu sich nehmen, als wären Sie noch im Hotel. Nach einer Flugzeit von sieben Stunden kommen Sie in Frankfurt 10 Uhr mittags an (in Bangkok wäre es schon 17 Uhr). Ihr Mischinsulin vom Morgen wirkt nicht mehr.
Was tun Sie? Entweder Sie essen jetzt bis zum Abendessen nichts mehr oder Sie nehmen wieder nur die Hälfte Ihrer Frühdosis an Medikamenten ein. Am Abend können Sie wie immer Ihre Medikamente einnehmen. Das Basalinsulin brauchen Sie nicht anzupassen.
Es stimmt schon: Urlaub mit Diabetes bedeutet einen gewissen Mehraufwand. Aber im Gegensatz zu früheren Zeiten ist eine Reise heutzutage kein Problem mehr. Dank moderner Therapien und natürlich auch, weil Sie gut vorbereitet sind.