Kapitel 15

Verbunden und doch einsam: Narzissmus und der Medieneffekt

IN DIESEM KAPITEL

  • Trends beim Konsum sozialer Medien untersuchen
  • Ein Blick auf den Nährboden für Narzissmus
  • Die Auswirkungen der sozialen Medien auf junge Leute

Mit der wachsenden Nutzung der sozialen Medien hat auch der Narzissmus zugenommen. Zu Beginn meiner Recherchen für dieses Buch stellte ich fest, dass die Forschung diese Schlussfolgerung unterstützt, und war gespannt darauf, diesen Abschnitt zu schreiben.

Laut verschiedenen Forschungsstudien ist ein steiler Anstieg des Narzissmus auf der ganzen Welt zu verzeichnen. In den Studien wurden Daten untersucht, die ab den späten 1980er-Jahren über mehrere Jahrzehnte gesammelt worden waren. In einigen dieser Studien konnte der Narzissmus mit einem erstaunlichen Anstieg der Nutzung sozialer Medien in Verbindung gebracht werden. Obwohl es sich bei den Untersuchungen hauptsächlich um Korrelationen handelte und kein eindeutiger Kausalzusammenhang hergestellt werden konnte, lässt sich nicht leugnen, dass die Graphen des Narzissmus und der Nutzung sozialer Medien parallel zueinander anstiegen.

In diesem Kapitel werden soziale Medien als webbasierte Netzwerkseiten definiert, die den Austausch von Informationen, Ideen, persönlichen Nachrichten oder Inhalten ermöglichen. Beispiele hierfür sind Plattformen wie Facebook, Instagram und TikTok.

Als ich mich jedoch intensiver mit der Forschung auseinandersetzte, kam ein weiterer beunruhigender Trend ans Licht. Es scheint, dass bei jungen Erwachsenen und Jugendlichen im Laufe der Zeit mehr Angstzustände, Depressionen und eine höhere Suizidrate verzeichnet wurden. Manche glauben, dass die Isolation infolge der Pandemie diese Zunahme negativer Emotionen verursacht hat. Diese Tendenzen traten jedoch bereits vor der Pandemie auf, genauer gesagt in den letzten zehn Jahren, und haben im Laufe der Zeit stetig zugenommen. Der Anstieg der emotionalen Probleme unter Jugendlichen könnte also tatsächlich mit dem Konsum sozialer Medien und einem Anstieg des Narzissmus zusammenhängen.

Dieses Kapitel befasst sich mit dem mutmaßlichen Zusammenhang zwischen Narzissmus und dem Konsum sozialer Medien. Außerdem wird untersucht, wie die mit sozialen Medien verbrachte Zeit zur Selbstabsorption führt und wie der auf sich selbst fokussierte Nutzer sozialer Medien anfällig für die Entwicklung eines fragilen, verletzlichen Narzissmus ist, verbunden mit einem erhöhten Risiko für negative Emotionen wie Angst und Depression. In Kapitel 2 können Sie mehr über den Typ des verletzlichen Narzissten erfahren.

Der Konsum von sozialen Medien

Es besteht kein Zweifel, dass die sozialen Medien die Welt verändert haben. Die sozialen Medien wurden erstmals in den 1990er-Jahren eingeführt, erlebten aber in den 2000er-Jahren eine Blütezeit. Einige der frühen Plattformen existieren nicht mehr, andere haben sich von kleinen Kommunikationsversuchen zu riesigen Netzwerken mit Milliarden von Nutzern entwickelt.

Die meisten Menschen nutzen soziale Medien als Informationsquelle für aktuelle Ereignisse, als Möglichkeit, mit anderen zu kommunizieren – und als Ort der Selbstdarstellung und der Unterhaltung:

  • Immer mehr Menschen beziehen ihre Nachrichten aus sozialen Medien und nicht mehr aus traditionellen Quellen wie Zeitungen oder dem Fernsehen. Untersuchungen haben gezeigt, dass Menschen, die sich online mit Nachrichten versorgen, im Allgemeinen weniger genaue und manchmal sogar offenkundig falsche Informationen erhalten.
  • Soziale Medien ermöglichen es Menschen aus marginalisierten Gruppen, sich zu vernetzen und Online-Gemeinschaften zu bilden. Diese Gemeinschaften sind möglicherweise in der Lage, politischen Einfluss auszuüben und die Politik zu verändern. Das »Liken« einer bestimmten Sache ersetzt jedoch keinen sinnvollen politischen Aktivismus.
  • Soziale Medien haben auch die Wirtschaft und den Handel verändert. Ein Großteil der Werbung findet online statt und Bewerbungen werden überwiegend über Online-Plattformen ausgefüllt. Verbraucher verlassen sich auf Online-Bewertungen von Produkten, Dienstleistungen, Unternehmen, Unterhaltungsangeboten und Reisemöglichkeiten. Ein Nachteil der sozialen Medien für den Handel ist, dass ein paar negative Bewertungen den Ruf eines Unternehmens ruinieren können.
  • Obwohl soziale Medien als Mittel zur Förderung von Kontakten propagiert wurden, führen sie allzu oft zu Isolation und Verzweiflung. Diejenigen, die in ihrem Leben nicht persönlich miteinander kommunizieren können, werden eher die negativen emotionalen Auswirkungen der sozialen Medien zu spüren bekommen.

Die Attraktivität sozialer Medien für Narzissten

Die enorme Zunahme der Nutzung sozialer Medien in den letzten zehn Jahren und die steigenden Narzissmusraten lassen einen Zusammenhang vermuten.

Untersuchungen zeigen, dass Narzissten soziale Medien häufiger nutzen als Menschen ohne narzisstische Züge. Hat die Nutzung sozialer Medien den Narzissmus hervorgebracht oder sind Narzissten einfach in den Bann der sozialen Medien geraten? Es ist die alte Frage: »Was war zuerst da, die Henne oder das Ei?« Und es ist fast unmöglich, diese Frage zu beantworten.

Der beste Weg, die Beziehungen zwischen zwei Variablen, wie zum Beispiel sozialen Medien und Narzissmus, zu untersuchen, ist die Durchführung eines Experiments, bei dem verschiedene Gruppen nach dem Zufallsprinzip einander zugewiesen und die zu erwartenden Ergebnisse gemessen werden. Im nachfolgenden Kasten finden Sie ein Beispiel für ein solches Experiment.

Wie der Kasten Wie Narzissmusforschung aussehen müsste zeigt, kann die Erforschung von Narzissmus und sozialen Medien sehr aufwendig sein. Es bleibt also die klassische Frage nach der Henne oder dem Ei: Verstärken soziale Medien den Narzissmus oder verstärkt Narzissmus die Nutzung sozialer Medien? Eine einfache Antwort gibt es nicht.

Selbstdarstellung

Nie zuvor war es für jeden, der Zugang zu einem Smartphone oder einem anderen digitalen Gerät hat, möglich, sich einem nahezu unbegrenzten Publikum zu präsentieren. Online-Unternehmen sind regelrecht aufgeblüht, vom Kleinunternehmer, der handgefertigte Geschenke verkauft, bis hin zu riesigen E-Commerce-Websites.

Zur Selbstdarstellung gehört in der Regel, sich auf verschiedenen Plattformen zu präsentieren, einen Blog zu starten oder eine Website einzurichten. Personen, die bereits bekannt sind, können sich selbst vermarkten, indem sie häufig in den sozialen Medien posten. Leider gibt es nur wenige Zensoren für Beiträge in sozialen Medien, Blogs oder Websites, und sie können deshalb sowohl wahrheitsgetreu als auch trügerisch sein.

Es ist zum Beispiel unwahrscheinlich, dass man durch das Auftragen einer einfachen Creme die Zeit zurückdrehen und Jahrzehnte in zwei Tagen wegwischen kann oder durch das Einnehmen von ein paar Vitaminen eine erhebliche Menge an Gewicht verliert. Dennoch werden solche Versprechen im Internet massiv beworben.

Narzissten lieben es, für sich selbst zu werben. Sie machen Selfies, die jeder sehen kann, und präsentieren ihr makelloses Leben, um damit anzugeben. Sie haben wenig Interesse daran, anderen zu folgen, achten aber sehr darauf, ob man sie »liked«, kommentiert und ihre Beiträge teilt. Die sozialen Medien bieten Narzissten eine Plattform, um ihre Überlegenheit zur Schau zu stellen, ohne das manchmal unangenehme Feedback von echten Menschen. Aber so wie es falsche Werbung für Produkte gibt, so gibt es auch falsche Darstellungen von Personen, insbesondere von Narzissten.

Obwohl die sozialen Medien viele Möglichkeiten für seriöse Online-Websites, Informationen und den elektronischen Handel eröffnet haben, sollten sich Nutzer in Acht nehmen. Der Grund dafür ist, dass Narzissten und andere Menschen in den sozialen Medien nicht selten lügen. Sie übertreiben, führen in die Irre und verbreiten »Fake News«.

Manipulation

Narzissten sind Meister der Manipulation. Kein Wunder, dass sie soziale Medien nutzen, um ihre Sache voranzutreiben oder ihre Taschen zu füllen. Soziale Medien passen an, was die Nutzer sehen. Wenn Nutzer einen bestimmten Beitrag mögen, teilen oder kommentieren, erhöht der Algorithmus hinter der Quelle den Fluss ähnlicher Inhalte zu diesem Nutzer. Darüber hinaus sorgen Algorithmen dafür, dass sich beliebte oder virale Beiträge verbreiten. Die Popularität kann jedoch in den sozialen Medien manipuliert werden. Gängige Mittel der Manipulation sind unter anderem:

  • Soziale Bots: Automatisierte Programme, die das menschliche Engagement imitieren sollen. Es wird berichtet, dass es in den sozialen Medien mehr Bots als Menschen gibt. Bots manipulieren Meinungen und können irreführend, manipulativ und unehrlich sein.
  • Gefälschte Konten: Konten, die eröffnet werden, um den Anschein von Popularität zu erwecken.
  • Trolle: Personen, die Kommentare posten, um Konflikte anzuzetteln oder Leid zu verursachen. Narzissten haben Spaß daran, andere zu manipulieren; daher eignen sie sich hervorragend als Trolle.
  • Clickbait: Aufmerksamkeit heischende Schlagzeilen, die entweder völlig gefälscht oder übertrieben sind und die Nutzer dazu verleiten oder beeinflussen, sie anzuklicken, um mehr zu erfahren.
  • Astroturfing: Eine Illusion, dass eine Person oder eine Sache erhebliche Unterstützung hat, um die Nutzer dazu zu bringen, an eine falsche Geschichte zu glauben. Wird oft mit Sozialen Bots, gefälschten Konten und Clickbait betrieben.

Die Botschaft ist folgende: Glauben Sie nicht alles, was Sie online lesen. Machen Sie sich klar, dass die sozialen Medien wie Narzissten darauf ausgelegt sind, Ihnen etwas zu verkaufen, Sie zu überzeugen und zu manipulieren. Gehen Sie es langsam an; liken, teilen oder antworten Sie nicht automatisch auf sozialen Medien. Sie könnten auf einen Social Bot oder einen Narzissten hereinfallen.

Soziale Medien können als Spielplatz für Narzissten angesehen werden. Seien Sie vorsichtig und kritisch. Sie könnten verleitet werden, ein Opfer narzisstischer Manipulation zu werden.

Anonymität

Ein weiterer Aspekt der sozialen Medien, der Narzissten anspricht, ist der relative Schutz der Geheimhaltung. Narzissten können schikanieren, prahlen und betrügen. Die Anonymität des World Wide Web erlaubt es den Nutzern, sich ungehemmt auszuleben. Das kann zu Aggressionen wie Cybermobbing und Manipulation führen und andere zu Fehlverhalten anstiften. Siehe Kapitel 11 für weitere Informationen über Narzissten und Online-Aggression.

Die Anonymität ermöglicht es Narzissten auch, sich ohne ein kritisches Publikum austoben zu können. Obwohl Narzissten sich selbst als großartig und anderen überlegen darstellen, lügen und prahlen sie in den sozialen Medien nach Herzenslust. Jede negative Rückmeldung wird schnell gelöscht und heruntergespielt.

Die Auswirkungen sozialer Medien auf Jugendliche und junge Erwachsene

Steigert der Konsum sozialer Medien auch den Narzissmus unter Jugendlichen? Die Forschung ist nicht eindeutig. Wie Erwachsene neigen auch Jugendliche mit narzisstischen Zügen dazu, mehr zu posten, mehr Online-Freunde zu haben und mehr Likes zu sammeln. Es gibt keinen eindeutigen Kausalzusammenhang zwischen der online verbrachten Zeit und Narzissmus. Dennoch legt der gesunde Menschenverstand hier einen kausalen Zusammenhang nahe.

Obwohl beliebte Plattformen kommen und gehen, fühlen sich Jugendliche besonders zu Beiträgen hingezogen, die wieder verschwinden, sowie zu kurzen Videos, die von Menschen aus der ganzen Welt aufgenommen wurden. Auch wenn die Vorteile der Kommunikation, der Unterhaltung und des Ausdrucks beträchtlich sind, hat ein langfristiger, übermäßiger Umgang mit sozialen Medien viele negative Folgen.

Da es Jugendlichen noch an Reife fehlt, sind sie anfälliger für narzisstische Manipulation. Kinder, die Zugang zu sozialen Medien haben, können beunruhigendem Material ausgesetzt sein, darunter sexuell eindeutigen Filmen, Gewalt, Betrug, Beispielen von Selbstverletzung und Cybermobbing. Darüber hinaus können Jugendliche Opfer von sexueller Ausbeutung, Identitätsdiebstahl und einer Vielzahl von Fehlinformationen werden. Während Jugendliche auf soziale Medien zugreifen, verpassen sie außerdem den Kontakt zu anderen Menschen, Schlaf, Bewegung und Hausaufgaben.

Ermutigung zur Selbstabsorption

Filter und Fotobearbeitung erzeugen glamouröse Bilder mit aufgeplusterten Lippen, starkem Make-up und keiner Spur von Makeln, Flecken oder Falten. Diese Bilder werden produziert und in den sozialen Medien veröffentlicht. Teenager fügen oft Hasen- oder Katzenohren oder andere Spezialeffekte hinzu. Die perfekten Gesichter, die auf den Fotos in den sozialen Medien zu sehen sind, führen zu einer überzogenen Darstellung von Schönheit.

Außerdem posten Jugendliche Fotos, die glückliche, lustige Momente mit Freunden und manchmal auch mit der Familie zeigen. Teenager wählen meist die besten Momente, oft durch eine Linse mit Spezialeffekten. Sie zeigen nur selten die Kämpfe, Herausforderungen oder die langweilige Alltagsrealität des Lebens.

Jugendliche teilen möglicherweise auch zu viel und posten Inhalte, die unangemessen persönlich oder stark sexualisiert sind. Die Beiträge werden in der Regel von prahlerischen Kommentaren begleitet. Natürlich zeigen Narzissten gerne freizügige Bilder, die von Angeberei begleitet werden. Gefilterte Bilder und übermäßig positive Beschreibungen von Aktivitäten zeichnen ein verzerrtes Bild der Realität. Diese übermäßig positiven Darstellungen verunsichern Teenager, die vergeblich versuchen, die in den sozialen Medien dargestellten unmöglichen Standards zu erreichen.

Soziale Medien fördern die Selbstabsorption. Wie Narzissten sind Jugendliche, die sich häufig in den sozialen Medien aufhalten, besessen von ihrem Aussehen, positivem Feedback oder der Anzahl ihrer Follower.

Die Angst, etwas zu verpassen

Über die Jahrhunderte hinweg haben sich die Menschen wahrscheinlich schon immer Sorgen gemacht, nicht zu den angesagtesten Festlichkeiten oder Versammlungen eingeladen zu werden. Durch die sozialen Medien hat sich diese Angst jedoch erheblich vergrößert. Wenn Menschen ihre lustigen Erlebnisse, Zusammenkünfte und Partys in lebhaften Farben posten, können diejenigen, die sie sehen und nicht eingeladen wurden, mehr als nur ein bisschen neidisch werden. Sie sehen diese glamourösen, aufregenden Darstellungen und glauben, dass andere mehr Spaß haben, attraktiver sind und ein besseres Leben führen als sie selbst. Teenager und junge Erwachsene sind besonders anfällig für diese Sorge, also die Angst, etwas zu verpassen.

Die Angst, etwas zu verpassen, oder FOMO (englisch: fear of missing out), führt heute zu häufigem Surfen in den sozialen Medien. Diejenigen, die unter FOMO leiden, befürchten, dass andere mehr Spaß haben, und wollen mit diesen Erfahrungen in Verbindung bleiben. So kann es vorkommen, dass junge Menschen mit FOMO ihr Handy benutzen, um während des Unterrichts oder beim Autofahren zwanghaft soziale Medien zu checken, was zu verpassten Lernmöglichkeiten und unaufmerksamem, gefährlichem Fahren führt. Darüber hinaus hat die Forschung gezeigt, dass FOMO zu Folgendem beiträgt:

  • Problematische Smartphonenutzung
  • Geringere Lebenszufriedenheit
  • Schwierigkeiten bei der Bewältigung der täglichen Pflichten
  • Größerer Materialismus

Interessanterweise wurde in einigen Studien ein Zusammenhang zwischen Narzissmus und FOMO erkannt. Es wurde bereits festgestellt, dass Narzissten bekanntermaßen soziale Medien häufiger nutzen als andere. Außerdem halten sie sich für überlegen und haben ein hohes Anspruchsdenken. Sie glauben auch, dass sie nur die besten Erfahrungen im Leben machen sollten. Daher ist es nur logisch, dass sie FOMO verspüren, was zu einer problematischeren Nutzung der sozialen Medien führt. Es ist ein Teufelskreis.

Endstation Einsamkeit

Einsamkeit deutet auf einen Mangel an Verbundenheit hin. Es ist ein Zustand, der mit Gefühlen der Isolation und dem Wunsch nach einer sinnvollen Verbindung mit anderen einhergeht. Menschen können sich selbst dann einsam fühlen, wenn sie von anderen umgeben sind. Wenn die Interaktionen mit anderen oberflächlich sind, kann es zu Einsamkeit in der Gemeinschaft kommen.

Sowohl Einsamkeit als auch Narzissmus sind in den letzten Jahrzehnten unter Teenagern stark angestiegen. Die Zunahme von Einsamkeit und Narzissmus wurde mit dem Anstieg der Zeit in Verbindung gebracht, die mit Smartphones und sozialen Medien verbracht wird. Diese Steigerung, wie auch die Zunahme von Angstzuständen und Depressionen, fand bereits vor der Coronapandemie statt. Während und nach der Pandemie hat die Einsamkeit weiter zugenommen.

Narzissten sammeln viele Online-Freunde und Follower. Mit diesen Freunden haben sie jedoch keine engen, persönlichen Kontakte. Mit anderen Worten: Ihre Interaktionen sind oberflächlich. Fühlen sich Narzissten dennoch einsam? Schwer zu sagen, denn Narzissten geben selten etwas zu, was als Schwäche angesehen werden könnte.

Steigendes Risiko für Angstzustände, Depressionen und Suizid

Die Angst- und Depressionsraten unter Jugendlichen sind in den letzten Jahren deutlich angestiegen. Dieser Zuwachs erfolgte mindestens fünf Jahre vor der Pandemie und nimmt weiter zu. Mehr Jugendliche als je zuvor werden mit Suizidgedanken oder -versuchen in Notaufnahmen eingeliefert.

Manche glauben, dass die mit sozialen Medien verbrachte Zeit die psychischen Probleme verstärkt. Wenn Kinder ihr Handy benutzen, verpassen sie die persönlichen Kontakte, die so wichtig für ihr Glück und ihre gesunde Entwicklung sind. Außerdem bekommen sie weniger Schlaf und weniger Gelegenheit, sich zu bewegen – beides ebenfalls notwendig für eine gute seelische Gesundheit. Darüber hinaus können in den sozialen Medien verletzende Beleidigungen, Beschimpfungen und Kränkungen verbreitet werden, was Angstzustände und Depressionen verstärken kann.

Das Enten-Syndrom ist ein Begriff, der erstmals an der Stanford University definiert wurde und einen verstörten Teenager oder jungen Erwachsenen beschreibt. Das Leben in den sozialen Medien sieht oberflächlich gut aus. Alle Posts sind positiv und zeigen einen reibungslosen Lebensweg: Der Betreffende gleitet durchs Leben wie eine Ente auf dem Wasser. Unter Wasser jedoch paddelt die Ente wild umher, wie ein sehr aufgewühlter Teenager. Der Begriff wurde verwendet, um Schüler zu beschreiben, die in den sozialen Medien ein fantastisches Leben präsentierten, aber schließlich Suizid begingen. Familie und Freunde waren oft fassungslos über die Tat, weil es kaum Anzeichen für Probleme gab.

Grandiose Narzissten scheinen eine gewisse Immunität gegen Ängste und Depressionen zu besitzen. Verletzliche Narzissten mit ihrer dünnen Haut sind jedoch eher von diesen negativen Emotionen betroffen. Vielleicht fördert die Nutzung sozialer Medien den verletzlichen Narzissmus bei Teenagern.

Junge Menschen, die ihr Selbstwertgefühl in den sozialen Medien suchen, haben in der Regel ein zerbrechliches, leicht zu erschütterndes Selbstwertgefühl. Sie sind möglicherweise anfällig für negatives Feedback, das in den sozialen Medien vorherrscht. Natürlich sind zu diesem Thema weitere Untersuchungen erforderlich.