Hinführung oder: Eine Geschichte über die Todesdeutung im Christentum
1 Die hier zusammengestellten Erkenntnisse beruhen an vielen Stellen nicht auf eigenem Quellenstudium, sondern auf intensiver Lektüre der Sekundärliteratur zur Geschichte der christlichen Todesdeutung. Für die Zeit ab dem Beginn des 20. Jahrhunderts habe ich die Entwicklung selbst ausführlich erforscht und dargestellt. Dazu verweise ich auf meine Dissertation. Hier in den Anmerkungen habe ich nur Verweise angegeben, wenn ich mich mehr oder weniger direkt auf bestimmte Ideen anderer Autoren beziehe. Vgl. für die angegebene Stelle: Alexander Fischer, Tod und Jenseits im Alten Orient und im Alten Testament, Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2014.
2 Vgl. Wolfgang Kluxen, Seele und Unsterblichkeit bei Thomas von Aquin, in: Ders., Aspekte und Stationen der mittelalterlichen Philosophie, Ferdinand Schöningh, Paderborn 2014, 213-229.
3 Vgl. Joseph Fischer, Studien zum Todesgedanken in der alten Kirche, M. Hueber Verlag, München 1954.
4 Vgl. Ebd.
5 Vgl. Richard Heinzmann, Anima unica forma corporis, in: Philosophisches Jahrbuch der Görres-Gesellschaft 93 (1986), 236-259.
6 Vgl. Matthias Remenyi, Auferstehung denken, Verlag Herder, Freiburg i. Br. 2016.
7 Vgl. Friedrich Beißer, Hoffnung und Vollendung, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 1993.
8 Vgl. Arnold Snyder, The Life and Thought of Michael Sattler, MennoMedia, Scottdale 1984.
9 Vgl. Bryan W. Ball, The Soul Sleepers. Christian Mortalism from Wycliffe to Priesterley, James Clark & Co., Cambridge 2008.
10 Vgl. Remenyi (wie Anm. 6).
11 Vgl. Ulrich Barth, Symbole des Christentums. Berliner Dogmatikvorlesung (hg. von Friedemann Steck), Mohr Siebeck, Tübingen 2021.
12 Folkart Wittekind, Tod, Auferstehung und Ewiges Leben in der gegenwärtigen Theologie, in: Werner Zager (Hg.), Tod und Ewiges Leben, Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2014, 127-158.
13 Hans von Campenhausen, Tod, Unsterblichkeit und Auferstehung, in: Edmund Schlink (Hg.), Pro Veritate. Ein theologischer Dialog. Festgabe für Erzbischof Lorenz Jaeger und Bischof Wilhelm Stählin, Aschendorffsche Verlagsbuchhandlung, Münster/W. 1963, 295-311.
Zwischen Todesangst und Ewigkeitsgewissheit — Heute christlich vom Tod reden
1 Wolfgang Herrndorf, Arbeit und Struktur, Rowohlt, Berlin 2013, 438f.
2 A. a. O., 438.
3 Z. B.: Werner Thiede, Fegefeuer – Endgericht – Allversöhnung. Der Gerichtsgedanke im Licht des protestantischen Rechtfertigungsglaubens, in: Theologische Literaturzeitung 136/11 (2011), 1129-1144, hier: 1129; Michael Beintker, Gottes Urteil über unser Leben. Das Jüngste Gericht als die Stunde der Wahrheit, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 110 (2013), 219-233, hier: 219-221.
4 Einschlägig sind dafür: Volker Drehsen, Tod – Trauer – Trost. Zur christlich-religiösen Kultur des memento mori zwischen Verdrängung und Vergewisserung, in: Ders., Wie religionsfähig ist die Volkskirche? Sozialisationstheoretische Erkundungen neuzeitlicher Christentumspraxis, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 1994, 199-219; Armin Nassehi, »Worüber man nicht sprechen kann, muss man schweigen« – Über die Geschwätzigkeit des Todes in unserer Zeit, in: Konrad Liessmanng (Hg.), Ruhm, Tod und Unsterblichkeit. Über den Umgang mit der Endlichkeit, Zsolnay Verlag, Wien 2004, 118-145; Thomas Klie, Beschleunigte Kolonisierung. Neuinszenierungen im Reich des Todes, in: Karl-Heinz Fix / Ursula Roth (Hg.), Lebensvergewisserungen. Erkundungsgänge zur gegenwärtigen Bestattungs- und Trauerkultur in Kirche und Gesellschaft, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2014, 61-90.
5 Vgl. z. B. Niklas Luhmann, Soziale Systeme. Grundriß einer allgemeinen Theorie, Suhrkamp, Berlin 182021.
6 Ferdinand von Schirach: Gott, ARD 23.11.2020.
7 Twitteraccount von Thanatos Bestattung, https://twitter.com/_Bestattung, 13-01-2022.
8 Thomas Klie, (wie Anm. 4), 63f.
9 chrismon. Das evangelische Magazin 4/2012, 9.
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Seine Todesdeutung entfaltet Emanuel Hirsch vor allem in: Emanuel Hirsch, Zwiesprache auf dem Wege zu Gott. Ein stilles Buch, Eugen Diederichs, Düsseldorf/Köln 1960; Ders., Christliche Rechenschaft I+II, Katzmann, Berlin u. a. 1978; Ders., Das Wesen des reformatorischen Christentums, De Gruyter, Berlin 1963; Ders., Hauptfragen christlicher Religionsphilosophie, De Gruyter, Berlin 1963.
Hirschs höchst problematische politische Entscheidungen haben auch in seiner Theologie, besonders in seiner Ethik, Niederschlag gefunden. Dennoch hat mich sein theologischer Grundansatz nachhaltig überzeugt: Er fragt auf allen Ebenen nach der existenziellen Relevanz dogmatischer Aussagen, verschreibt sich damit dem Programm einer Umformung des Christentums in die moderne Lebenswirklichkeit und ist darum bemüht, die Ambivalenz und Spannungshaftigkeit menschlichen Lebens ernst zu nehmen.
11 Ausführlich habe ich mich mit der Todesdeutung bei Emanuel Hirsch und den systematisch-theologischen und glaubenspraktischen Konsequenzen für unsere Gegenwart auseinandergesetzt: in: Anna-Maria Herta Klassen, Die theologische Deutung des Todes bei Emanuel Hirsch. Eine systematisch-theologische Analyse mit einem Ausblick auf gegenwärtige glaubenspraktische Fragen, Mohr Siebeck, Tübingen 2018. Diese Untersuchung, besonders die Seiten 319-423, ist grundlegend für den vorliegenden Essay.
12 Hirsch, Zwiesprache (wie Anm. 10), 282; Ders., Christliche Rechenschaft II (wie Anm. 10), 33.45.72.
13 Beintker, (wie Anm. 3), 220.
14 Diese (gerichts-)theologische Perspektive auf das Phänomen der Scham wird hier übernommen von: Notger Slenczka, ›Sich schämen‹. Zum Sinn und theologischen Ertrag einer Phänomenologie negativer emotionaler Selbstverhältnisse, in: Cornelia Richter u. a. (Hg.), Dogmatik im Diskurs. Mit Dietrich Korsch im Gespräch, Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2014, 241-261; Ders., Der endgültige Schrecken. Das Jüngste Gericht und die Angst in der Religion des Mittelalters, in: Das Mittelalter 12/1 (2007), 97-112; Christina-Maria Bammel, Aufgetane Augen – aufgedecktes Angesicht. Theologische Studien zur Scham im interdisziplinären Gespräch, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2005; Kristian Fechtner, Diskretes Christentum. Religion und Scham, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2015.
15 Bammel (wie Anm. 14), 223f.
16 Sigrid Weigel, Genea-Logik. Vom Phantasma des Fort- und Nachlebens im Erbe, in: Liessmann (Hg.) (wie Anm. 4), 224-243.
17 Vgl. Yuval Noah Harari, Homo Deus. Eine Geschichte von Morgen, C.H. Beck, München 2017, 497-537.
18 Klaus Vondung, Die Apokalypse in Deutschland, dtv, München 1988.
19 Bernd U. Schipper, Zwischen apokalyptischen Ängsten und chiliastischen Hoffnungen. Die religiöse Dimension moderner Utopien, in: Reto Sorg / Stefan Bodo Würffel (Hg.), Utopie und Apokalypse in der Moderne, Wilhelm Fink, Paderborn u. a. 2010, 47-61.
20 Die Überlegungen hier knüpfen an Emanuel Hirschs existenzialdialektische Umformung des Gerichtsgedankens (wie dargestellt in Klassen (s. Anm. 11), 136ff) an und an neuere Ansätze bei Christian Danz, »Und sie werden hingehen: diese zur ewigen Strafe, aber die Gerechten in das ewige Leben« (Mt 25,46). Überlegungen zur Funktion und Bedeutung des Letzten Gerichts in der protestantischen Theologie, in: Neue Zeitschrift für Systematische Theologie 53/1 (2011), 71-89; Slenczka, Der endgültige Schrecken (wie Anm. 14) u. ›Sich schämen‹ (wie Anm. 14).
21 Hans-Wolfgang Heidland, Art. ὀψώνιον, in: Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament 5, Kohlhammer, Stuttgart 1954, 591f.
22 Union Evangelischer Kirchen (Hg.): Unsere Hoffnung auf das ewige Leben. Ein Votum des Theologischen Ausschusses der Union Evangelischer Kirchen in der EKD, Neukirchner Verlagshaus, Neukirchen-Vluyn 22008.
23 Hirsch, Hauptfragen (wie Anm. 10), 299.
24 A. a. O., 301.
25 Hirsch, Christliche Rechenschaft II (wie Anm. 10), 38. Bernd Janowski: »Hingabe« oder »Opfer«?, in: Erhard Blum (Hg.), Mincha. Festgabe für Rolf Rendtorff zum 75. Geburtstag, Neukirchner Verlagshaus, Neukirchen-Vluyn 2000, 93-119.
26 Lutz Friedrichs, Die Bestattungspredigt zwischen Einstimmung und Einspruch. Eine rhetorisch-theologische Verortung, in: Praktische Theologie 101/3 (2012), 408-424, hier: 423.
27 Vgl. Martin Luther, Ein Sermon von der Bereitung zum Sterben (November 1519), in: Metzger (Hg.), Martin Luther. Ausgewählte Werke 2, Schriften/Predigten/Zeugnisse für die Gemeinde von heute dargeboten und verdolmetscht, Calwer, Stuttgart 1931, 392-413.
28 Hirsch, Christliche Rechenschaft II (wie Anm. 10), 59.
29 Stephan Schaede, Der Unfasslichkeit des Todes die richtige Fassung geben? Einige Überlegungen zum Tod und der Schwierigkeit, ihm liturgisch zu begegnen, in: Thomas Klie (Hg.), Performanzen des Todes. Neue Bestattungskultur und kirchliche Wahrnehmung, Kohlhammer, Stuttgart 2008, 101-120, hier: 114.
30 Dafür steht neben anderen in neuerer Zeit besonders ein: Hans-Martin Gutmann, Mit den Toten leben – eine evangelische Perspektive, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2002.
31 Traugott Koch, Das ewige Leben und der Tod, Calwer, Stuttgart 2009, 119.
32 Kirchenleitung der VELKD / Kirchenkanzlei der UEK (Hg.), Evangelisches Gottesdienstbuch. Agende für die Evangelische Kirche der Union und für die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands, Luther-Verlag, Berlin 1999, 623.
33 Kerstin Lammer, Fortschritte in der Trauerforschung – Herausforderungen an die kirchliche Praxis der Trauerbegleitung, in: Klaus Grünwaldt / Udo Hahn (Hg.), Vom christlichen Umgang mit dem Tod. Beiträge zur Trauerbegleitung und Bestattungskultur, Lutherisches Kirchenamt, Hannover 22005, 23-53, hier: 34.
34 Kirchenleitung der VELKD, Agende für evangelisch-lutherische Kirchen und Gemeinden III/5. Die Bestattung, Luther-Verlag, Hannover 1996, 54.
35 Vgl. Margarete L. Frettlöh, »Ja den Namen, den wir geben, schreib’ ins Lebensbuch zum Leben.« Zur Bedeutung der biblischen Metapher vom »Buch des Lebens« für eine entdualisierte Eschatologie, in: Ruth Hess / Martin Leiner (Hg.), Alles in allem. Eschatologische Anstöße (J. Christine Janowski zum 60. Geburtstag), Neukirchner Verlagshaus, Neukirchen-Vluyn 2005, 133-165.
36 Vgl. Hirsch, Christliche Rechenschaft II (wie Anm. 10), 110-112.
So, wie es ist, wird es nicht bleiben
1 Vgl. Ulrich Barth, Was ist Religion? Sinndeutung zwischen Erfahrung und Letztbegründung, in: Ders., Religion in der Moderne, Mohr Siebeck, Tübingen 2003, 3-27. Aber auch und besonders die neu erschienene Dogmatik desselben: Ulrich Barth, Symbole des Christentums, Berliner Dogmatikvorlesung (hg. von Friedemann Steck), Mohr Siebeck, Tübingen 2021.
2 Vgl. Rudolf Otto, Das Heilige. Über das Irrationale in der Idee des Göttlichen und sein Verhältnis zum Rationalen, C.H. Beck, München 2014, 8.
3 Vgl. für einen Abdruck des Berichts: Thorsten Diez / Harald Matern (Hg.), Rudolf Otto. Religion und Subjekt, Theologischer Verlag Zürich 2012, 13-48.
4 Wolfgang Herrndorf, Arbeit und Struktur, Rowohlt, Berlin 2013, 84.
5 Ulrich Barth, Symbole (wie Anm. 1), 196ff.
6 S. Henning Luther, Die Lügen der Tröster. Das Beunruhigende des Glaubens als Herausforderung für die Seelsorge, Praktische Theologie 33 (1998), 163–176.
7 Der Eid lautete: »Ego, Konstantin Sacher, promitto ac spondeo me doctrinam evangelii constanter esse secuturum vitamque theologo christiano dignam iuvante Deo acturum«.
8 Vgl. Paul Kalanithi, Bevor ich jetzt gehe. Die letzten Worte eines jungen Arztes an seine Tochter, Penguin, München 2017.
9 A. a. O., 161.
10 Paul Althaus, Der Friedhof unserer Väter, C. Bertelsmann, Gütersloh 1915.
11 Er müsste tatsächlich eigentlich Väter und Mütter schreiben, weil er auch Lieder von Dichterinnen zitiert. Ich denke, dass sich hier tatsächlich einmal zeigt, warum das Gendern sinnvoll sein kann; denn bei dem Titel des Buches und im Bewusstsein seines Erscheinungsjahrs wird wohl niemand behaupten wollen, es sei klar, dass hier auch Dichterinnen gemeint sind.
12 Althaus, Friedhof (wie Anm. 10), 14.
13 A. a. O., 9.
14 A. a. O., 8.
15 Das nimmt natürlich auch wieder Heideggers Gedanken auf.
16 Paul Ludwig Landsberg, Die Erfahrung des Todes, Matthes & Seitz, Berlin 2009.
17 Wenn man Heidegger genau studiert, kann man allerdings zum Schluss kommen, dass auch er das hier Gesagte schon gemeint hat. Vgl. dazu die Auslegung seiner Todesdeutung in meiner Dissertation.
Das Flüstern der Ewigkeit Über die Beziehung der Lebenden und der Toten
1 Helmuth Plessner, Die Frage nach der Conditio Humana (1961), in: ders.: Conditio Humana. Gesammelte Schriften VIII, Frankfurt/M. 2003, 189.