Hier bestaunen wir eine Perle des deutschen Bildungswortschatzes: ein nicht flektierbares Wort, das aus dem Lateinischen übernommen wurde. Verglichen mit der Entlehnung von Substantiven, Verben und Adjektiven ist dies ein eher seltener Vorgang, obwohl außer qua noch ein paar andere Konjunktionen, Adverbien und Präpositionen ins Deutsche gelangt sind: exklusive, inklusive, kontra, minus, per, plus, pro, punkto, respektive,
sic, versus und via.
Bis zum 17. Jahrhundert war qua, der feminine Ablativ von qui, quae, quod, nur in lateinischen Einsprengseln und Zitaten in deutschen Texten zu lesen. Erst eingedeutscht konnte es in einem Satz, der ansonsten nur aus deutschen Stammwörtern besteht, gebraucht werden. Es blieb allerdings selten und war vornehmlich in der immer noch besonders gern latinisierenden philosophischen Sprache zu finden. Beispielhaft ist ein Satz aus der 1827 erschienenen zweiten Auflage von Hegels »Encyclopädie der philosophischen Wissenschaften«: »Der Körper qua Körper heißt nichts anders als das Abstractum des Körpers, was auch existirt, als selbstloser Körper.« Goethe verwendete das Wort ebenfalls, aber eben nicht in der Dichtung, sondern in Gebrauchstexten und theoretischen Schriften.
In seinem Verdeutschungswörterbuch von 1801 erklärt Johann Heinrich Campe: »Dieses Lateinische Umstandwort heißt als oder in sofern. Qua Fürst, d. i. als Fürst, oder in sofern er Fürst ist.« Das aktuelle Goethe-Wörterbuch zum Wortschatz des Autors verzeichnet ähnliche Bedeutungsnuancen wie der Duden: Dieser unterscheidet den Gebrauch von qua als Präposition einerseits im Sinne von ›durch, mittels, auf dem Wege über‹ und ›gemäß, entsprechend‹ in Wendungen wie qua Amt und den Schaden qua Verdienstausfall bemessen, andererseits als modale Konjunktion synonym zu ›in der Eigenschaft als‹ wie in qua Beamter.
Der dritte Band des »Deutschen Fremdwörterbuchs« von Schulz/Basler aus dem Jahr 1977 bezeichnet qua als »heute veraltet«. Dies erwies sich mittelfristig als Fehleinschätzung. Vor allem in den Wendungen qua Amt und qua Geburt ist es recht häufig. So erinnert Bundeskanzlerin Angela Merkel 2019 in einer Rede an den Außenpolitiker Andreas Schockenhoff: »Ich hatte den Eindruck, er fühlte sich nicht nur qua Amt, sondern auch ganz persönlich in der Verantwortung, sich nach Kräften für ein friedvolles Miteinander der Völker und Nationen stark zu machen [sic!, mh].« Und wenige Jahre zuvor attestiert Bundespräsident Joachim Gauck bei einer Ordensverleihung Herzog Franz von Bayern 2017:
Disziplin, Geist, Stil und Gespür sind noble Attribute. Sie zeichnen jemanden vor anderen aus, doch nicht, weil sie qua Geburt erworben wurden. Sie, Königliche Hoheit, haben sich diese Auszeichnung erworben, weil Ihr Wirken für die Kultur, Ihr Auftreten als Förderer moderner Kunst, Ihre Sammlung bedeutender Werke immer auf das Gemeinwohl gerichtet waren.