Log In
Or create an account ->
Imperial Library
Home
About
News
Upload
Forum
Help
Login/SignUp
Index
Das Buch
Die Autorin
Von Sonia Rossi ist in unserem Hause bereits erschienen:
FUCKING BERLIN
Besuchen Sie uns im Internet: www.ullstein-taschenbuch.de
Für P.
Editorische Notiz: Die Namen der meisten Personen und Lokalitäten wurden aus Gründen der Diskretion geändert.
INTRO
1
ENDLICH BERLIN
2
EROTIK-CHAT
3
NEUKÖLLN – DAS ERSTE MAL FÜR GELD
4
WEDDING – ZWISCHEN HÖRSAAL UND PUFF
5
CHARLOTTENBURG – EIN COOLER NEW YORKER
6
LICHTENBERG – EINE FRAUENCLIQUE
7
MILAN – DIE GROSSE LIEBE
8
UNTERWEGS – VON UNTEN NACH OBEN UND WIEDER GANZ RUNTER
9
FREIBURG/MÜNCHEN – ZWEI »DIENSTREISEN«
10
OH WUNDER
11
EIN NEUANFANG
DANK
1 In den meisten Puffs arbeiten die Frauen in Unterwäsche, wobei dies kein Muss ist. Wer lieber ein Kleid tragen möchte, kann dies tun. Dazu tragen die meisten Frauen hohe Schuhe oder Stiefel, Spitzenunterwäsche oder Korsagen, meist in Schwarz oder Rot. Ich weiß nicht, ob dies nur eine blöde Konvention ist, so wie Handwerker eben Blau tragen, oder ob sich einfach im Lauf der Evolution herauskristallisiert hat, dass Männer auf so was am meisten abfahren. Mit den Jahren entwickelte ich eine Vorliebe für Dessous, die bis heute anhält. (Selbst privat gehe ich nie aus dem Haus, wenn Unter- und Oberteil nicht zueinander passen. Das Kaufen von Unterwäsche kann mich stundenlang beschäftigen, obwohl ich eigentlich Besseres zu tun habe, als ewig zu shoppen.)
2 Ich fragte mich immer wieder, was solche süßen Achtzehnjährigen im Bordell zu suchen hatten. Er war nicht der einzige sehr junge Mann, der unsere Dienste in Anspruch nahm. Wahrscheinlich beinhaltet das Bordell für diese Jungs eine ähnliche Faszination, wie wenn man das erste Mal offiziell in die Kneipe geht – nach einer Nummer im Puff haben sie das Gefühl, richtig erwachsen zu sein. Nicht selten suchten sich diese Jungs ältere Frauen aus, die ihre Mütter hätten sein können. Ich fragte mich immer wieder, ob nicht vielleicht der eine oder andere sich schon mal in die beste Freundin der Mutter verknallt hatte und die Sehnsucht danach, mit ihr ins Bett zu gehen, bei uns kompensierte.
3 Eine Kollegin erzählte mir mal mit leuchtenden Augen von einem berühmten Fernsehmoderator, der oft bei ihr im Laden gewesen sei. »Er wollte nicht mal ficken«, sagte sie. »Er hat fünf Mädchen gleichzeitig gebucht und sie mussten auf einen Glastisch pissen. Die Sau lag untendrunter und hat sich währenddessen einen runtergeholt.« Ihre Geschichte schockierte mich nicht sonderlich, dafür hatte ich schon zu viel gehört und gesehen. Ich fragte mich aber schon, was einen stinkreichen Typen dazu treibt, solche Dienste zu verlangen. Eine ältere Kollegin sah es so: »Den meisten Promis ist einfach langweilig. Sie können die schönsten Frauen haben, die Weiber schmeißen sich ihnen geradezu vor die Füße, aber normaler Sex reizt sie gar nicht mehr. Sie suchen einfach was Neues und Aufregendes.« Es gibt aber auch Beispiele von Prominenten, die bloß eine normale Nummer wollen. Ein Newcomer der Komikerbranche besuchte oft einen Nachtclub in Charlottenburg, wählte jedes Mal eine neue Dame und poppte sie ziemlich heftig durch. »Die geizige Sau nimmt immer das billigste Programm und lässt nicht mal Trinkgeld da«, kommentierte eine Kollegin, die das Vergnügen gehabt hatte, ihn als Kunden zu haben.
4 Das oberste Gebot einer Nutte ist Diskretion. Das ist eine der ersten Sachen, die man im Puff lernt. Gleich nach dem Einlass werden die Männer ins Empfangszimmer begleitet. Klingelt ein zweiter Gast, muss er in einem anderen Raum Platz nehmen. Auf keinen Fall dürfen sich zwei Kunden treffen – jeder Freier muss den Eindruck haben, der einzige Mann im Laden zu sein.
5 In Berlin ist das Preisniveau im Sexgewerbe das niedrigste in ganz Deutschland. Das hat sicherlich damit zu tun, dass Berlin an hoher Arbeitslosigkeit leidet und die Männer daher nicht so viel Geld in der Tasche haben wie in Hamburg oder in München. Außerdem ist die Konkurrenz sehr groß: Es gibt eine Vielzahl an Bordellen und Massagesalons und alle schrauben die Preise runter, um Kunden anzulocken. Die vielen ausländischen Frauen, die nach der Wende nach Berlin strömten, um der Armut in ihrer Heimat zu entfliehen, haben ebenfalls dazu beigetragen, dass Sex in der Hauptstadt schon ab 20 Euro zu haben ist. Natürlich gibt es auch exklusivere Orte, wo eine Stunde Sex zweihundert Euro kostet, insgesamt aber sind die Billigpuffs gegenüber den Luxusclubs in der Überzahl.
6 In den Messestädten wie Hannover und Frankfurt werben die Bordelle schon einen Monat vor den großen Messen mit Anzeigen wie »Verdienst garantiert«. In der Tat gibt es nichts Besseres für Huren als einsame, reiche Geschäftsmänner, die sich nach einem anstrengenden Tag entspannen wollen und nicht aufs Geld schauen müssen. Wobei man, wie immer im Rotlichtmilieu, nie vorhersagen kann, ob ein großes Ereignis in der Stadt auch wirklich mehr Gäste bringt. Bei der Fußball-WM 2006 in Deutschland etwa war das Geschrei in den Medien groß, als tausend Huren extra deswegen aus ganz Europa nach Berlin kamen. Sie glaubten, dass bei einem solchen Event ein großer Verdienst geradezu garantiert sein würde, da die Männer nach den Spielen meistens angetrunken und geil sein würden. Wie sich herausstellte, waren die Fußballtouristen allerdings keineswegs besonders darauf aus, ins Bordell zu gehen, und das Geschäft blieb während der ganzen Wochen nur durchschnittlich. Vielleicht hatten viele Fans auch schlicht und einfach ihre Frauen mitgebracht oder konnten jemanden auf den zahlreichen Partys abschleppen, die überall stattfanden.
← Prev
Back
Next →
← Prev
Back
Next →