Ein Benzinmotor ist die reinste Zauberei … Stell dir doch nur einmal vor, dass so etwas möglich ist! Da nimmt man tausend verschiedene Metallteile, fügt sie auf eine bestimmte Art und Weise zusammen und versorgt sie mit ein bisschen Öl und Benzin … und dann drückst du auf einen kleinen Knopf, und schon werden alle diese Metallteile plötzlich lebendig und schnurren und summen und brüllen … und treiben die Räder von einem Auto an, sodass es wie verrückt durch die Gegend braust.
Roald Dahl, Danny oder die Fasanenjagd
Die Instandhaltung des Straßennetzes eines Landes ist extrem kostspielig und zeitraubend, und in der postapokalyptischen Welt werden Straßen erstaunlich schnell verfallen, auch wenn der starke nutzungsbedingte Verschleiß durch Kraftfahrzeuge aufgehört hat. In gemäßigten Regionen wird der extrem materialbelastende Kreislauf von Gefrieren und Tauen kleine Spalten und Risse in der Straßendecke stetig erweitern. In die Risse gewehte Samen werden bald zu kräftigen Sträuchern und Bäumen heranwachsen, und ihre Wurzeln werden die dünne Asphalthaut an der Oberfläche weiter zerbröckeln.
Tatsächlich haben unsere modernen asphaltierten Verkehrsstraßen – auch wenn sie wunderbar eben sind, so dass man mit 130 Stundenkilometern drüberbrettern kann – eine Oberfläche, die nicht so beständig ist wie die der robust gebauten antiken römischen Straßen. Viele viae publicae, die von einer dicken Schicht aus harten Pflastersteinen gekrönt sind, waren auch tausend Jahre nach dem Untergang der Zivilisation, die sie gelegt hatte, noch befahrbar. Das Gleiche wird nicht für unser bestehendes Verkehrsnetz gelten. Schon bald werden selbst große Fernstraßen, die Lebensadern der untergegangenen Zivilisation, praktisch unbefahrbar werden. Selbst für die Erkundung der toten Städte werden Sie robuste Geländefahrzeuge brauchen: Zum ersten Mal wird man SUVs benötigen, um sich in städtischen Gebieten fortbewegen zu können.
Solide Stahlgleise für Eisenbahnen sind weitaus strapazierfähiger als Straßen, aber auch sie werden langfristig dem Krebs des Rostes erliegen. Dennoch werden sich die alten Bahnlinien in den ersten Jahrzehnten nach der Apokalypse am ehesten für den Fernhandel über Land eignen, vorausgesetzt, Sie halten sie frei von pflanzlichem Bewuchs.
Die Maschine, die den meisten modernen Verkehrsmitteln zugrunde liegt, ist der Verbrennungsmotor: Er treibt den Familienwagen ebenso an wie Züge und leichte Flugzeuge. Kraftfahrzeuge spielen aber auch eine sehr wichtige Rolle bei der Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln, etwa der Traktor, der Mähdrescher, das Fischerboot und der Lieferwagen. Sie sollten diese so lange wie möglich funktionstüchtig halten. Betrachten wir zunächst, wie wir uns die grundlegenden Verbrauchsmaterialien für Kraftfahrzeuge – Kraftstoff und Gummi – besorgen können, ehe wir erkunden, was die Alternativen sind, falls die Überlebenden die Mechanisierung nicht aufrechterhalten können und sich technisch sogar noch stärker zurückentwickeln.
Wir werden bald auf die leicht unterschiedlichen Funktionsweisen des Benzin- und Dieselmotors zurückkommen, aber einstweilen genügt es zu verstehen, dass sie verschiedene flüssige Kraftstoffe benötigen. Sowohl Benzin als auch Diesel sind flüssige Gemische von Kohlenwasserstoffen – ähnliche Moleküle wie die pflanzlichen Öle, die in Kapitel 5 beschrieben wurden. Benzin ist ein Gemisch aus Kohlenwasserstoffen, überwiegend mit Hauptketten, die 5–10 Kohlenstoffatome lang sind, während Diesel ein etwas schwererer, zähflüssigerer Kraftstoff ist, der aus längeren Molekülen mit 10 bis 20 Kohlenstoffatomen besteht. Wie bereits erwähnt, werden nach dem Zusammenbruch der Zivilisation in Tankstellen, Lagerstätten und Tanks aufgegebener Fahrzeuge reichlich Vorräte an diesen Flüssigkraftstoffen vorhanden sein. Aber die Überlebenden werden sich schon bald selbst damit versorgen müssen, um weiterhin landwirtschaftliche Maschinen und Beförderungsmittel betreiben zu können.
Heute werden diese Kraftstoffe aus Rohöl gewonnen. Die für die Herstellung von Benzin und Diesel aus Rohöl erforderlichen Verarbeitungsschritte sind relativ einfach und lassen sich auch im kleinen Maßstab durchführen. Mit Hilfe der fraktionierten Destillation kann man die verschiedenen flüssigen Bestandteile abscheiden, und zwar entsprechend dem gleichen Grundprinzip, dem zufolge nach einem Gärungsprozess Alkohol aus Wasser herausdestilliert wird. Die größeren Kohlenwasserstofffraktionen können »gecrackt«, das heißt in nützlichere niedermolekulare Kraftstoffe aufgespalten werden, indem man sie mit einem Aluminiumoxid-Katalysator (etwa zerbröckeltem Bimsstein) erhitzt.
Die Schwierigkeit bei der Aufrechterhaltung einer ausreichenden Kraftstoffversorgung liegt nicht so sehr in der chemischen Verarbeitung als vielmehr darin, ohne hochentwickelte Bohrgeräte oder Offshore-Bohrinseln Rohöl aus dem Erdinneren zu fördern. Es ist jedoch möglich, ohne Öl als Ausgangsmaterial Kraftstoffe herzustellen, und eine postapokalyptische Gesellschaft könnte von der Grünen Bewegung der Gegenwart eine Menge lernen. Wie Rudolf Diesel selbst Anfang des 20. Jahrhunderts schrieb: »Energie lässt sich aus der Wärme der Sonne erzeugen, die immer für landwirtschaftliche Zwecke zur Verfügung steht, selbst wenn alle natürlichen Vorräte an festen und flüssigen Brennstoffen erschöpft sind.«
Ein geeigneter Ersatzstoff für benzinbetriebene Kraftfahrzeuge ist Ethanol (das, wie wir in Kapitel 4 gesehen haben, durch Gärung hergestellt werden kann). Brasilien ist weltweit führend bei alkoholbetriebenen Kraftfahrzeugen: Jedes Auto auf seinen Straßen fährt mit einem Ethanolgemisch, von 20 Prozent Ethanolanteil im Kraftstoff bis zu 100 Prozent ethanolbetrieben.
Selbst in den Vereinigten Staaten verlangen viele Bundesstaaten, dass sämtliche Kraftstoffe bis zu 10 Prozent Alkohol enthalten, das Maximum dessen, was ohne Modifikation des Motors in Kraftstoff enthalten sein kann. Tatsächlich war das allererste in Massenproduktion hergestellte Kraftfahrzeug, das Ford Model T, so ausgelegt, dass es entweder mit fossilem Kraftstoff oder mit Alkohol fahren konnte, und etliche Brennereien in den Vereinigten Staaten verarbeiteten Feldfrüchte zu Kraftstoff, bis die Prohibition dieser Praktik ein Ende setzte.
Die Großproduktion von Ethanol als Kraftstoff für ein ganzes Verkehrssystem ist mit der Schwierigkeit konfrontiert, genügend raffinierten Zucker zur Ernährung der gärenden Mikroben zu beschaffen. Nutzpflanzen wie Zuckerrohr, auf das sich die nachhaltige Biokraftstoffökonomie Brasiliens stützt, lassen sich nicht außerhalb der Tropen anbauen. Obwohl alle Pflanzen Zucker enthalten, aus denen die Cellulosestränge bestehen, die den Pflanzen als Stützelemente dienen, ist die Cellulose so hart und chemisch stabil, dass die begehrten Zuckermoleküle fest eingesperrt und unzugänglich sind. Statt zu versuchen, diese Biomasse zu veredeltem Kraftstoff weiterzuverarbeiten, der sich für Motoren eignet, ist es weitaus leichter, sie in einem Faulbehälter verrotten zu lassen, um Methangas zu erzeugen (vgl. S. 89), oder sie zu verbrennen, um einen Dampfkessel in einem stationären Kraftwerk zu befeuern.
Andererseits wird man auch nach der Apokalypse mit hoher Wahrscheinlichkeit noch das Rumpeln von Dieselmotoren hören. Ein Dieselmotor ist ziemlich vielseitig und kann mit aus pflanzlichen Ölen gewonnenem Biodiesel betrieben werden: Dabei lässt man Öl unter alkalischen Bedingungen (durch Hinzufügen von Alkalilauge – entweder Natrium- oder Kaliumhydroxid –, wie wir in Kapitel 5 sahen) mit dem einfachsten Alkohol, Methanol, reagieren. Methanol, auch Holzgeist genannt, lässt sich durch Trockendestillation von Nutzholz erzeugen (vgl. S. 134–137), aber durch Gärung gewonnenes Ethanol ist ebenfalls geeignet. Gegebenenfalls enthaltene Methanol- oder Alkalilaugenreste sowie die unerwünschten Nebenprodukte Glycerol und Seife lassen sich dadurch entfernen, dass man sie in Wasser löst, das man durch den Biodiesel hindurchperlen lässt; dieser muss schließlich durch Erhitzen gründlich getrocknet werden, um so vor dem Gebrauch das Wasser auszutreiben.
Praktisch jedes pflanzliche Öl kann verwendet werden. In Großbritannien eignet sich Raps besonders gut zu diesem Zweck, da bei Raps der Ölertrag pro Hektar hoch ist (höher als bei anderen Quellen wie Sonnenblumen oder Sojabohnen): Das Öl lässt sich leicht aus den Samen pressen und die übrig bleibenden Stängel ergeben ein nahrhaftes Viehfutter. Bei Bedarf kann man auch auf tierische Fette zurückgreifen. Talg wird aus Fleischabfällen oder Tierkadavern gewonnen, indem man diese in Wasser köchelt, um das Fett auszuschmelzen, das sich von Fleisch und Knochen trennt und an der Oberfläche schwimmt, von der es nach dem Abkühlen abgeschöpft werden kann. Talg wird in der gleichen Weise wie pflanzliche Öle zu Biodiesel verarbeitet, die in Talg enthaltenen längeren Kohlenwasserstoffmoleküle bewirken jedoch, dass dieser bei kälterem Wetter im Kraftstofftank fest wird.
Der Nachteil dieser Biokraftstoffe besteht darin, dass sie auf die Umwandlung von Nutzpflanzen in Kraftstoffe angewiesen sind, und selbst um einen Klein-Pkw am Laufen zu halten, benötigt man pro Jahr den Ernteertrag einer Anbaufläche von mindestens 2000 Quadratmetern. Je nach den Umständen, unter denen der zivilisatorische Wiederaufbau stattfindet, sind Nahrungsmittel für die Überlebenden möglicherweise knapp. Ließen sich in diesem Fall Kraftstoffe aus Ausgangsmaterialien herstellen, die keine Nahrungsmittel sind?
Alle Verbrennungsmotoren werden genau genommen mit Gas, nicht mit Flüssigkraftstoffen betrieben. Es wird ein feiner Benzin- oder Dieselnebel erzeugt, der vor der Verbrennung im Zylinder verdampft. Eine andere Möglichkeit, den Kraftverkehr aufrechtzuerhalten, bestünde also darin, brennbares Gas aus einer Druckgasflasche direkt in den Motor zu leiten. Schon heute werden auf diese Weise Fahrzeuge mit Erdgas (Methan) oder Flüssiggas (einem Gemisch aus Propan und Butan) angetrieben.
Eine technisch einfache Alternative, die sich gut für die Zeit nach der Apokalypse eignete, in der es die Überlebenden vielleicht überfordern würde, Gase mit einem Druck von Hunderten von Atmosphären in Kanister zu pumpen, bestünde darin, Fahrzeuge mit Gasspeicherzellen auszustatten. Diese speichern Kohlengas (Leuchtgas) oder Methan in mit Gummi abgedichteten Textilballons (die während des Brennstoffmangels im Ersten und Zweiten Weltkrieg weit verbreitet waren), wobei 2–3 Kubikmeter Gas einem Liter Benzin entsprechen.
Etwas weniger unhandlich ist es, das als Kraftstoff benötigte Gas beim Fahren zu erzeugen – durch Bau eines Autos, das mit Holz angetrieben wird.
Ein mit einer Gaszelle ausgerüsteter Londoner Bus während des Ersten Weltkriegs
Das Schlüsselprinzip ist dabei die sogenannte Vergasung. Um eine anschauliche Vorstellung von diesem Prozess zu erhalten, zünden Sie ein Streichholz an und betrachten Sie dieses aus der Nähe. Sie werden bemerken, dass die gelb leuchtende Flamme über dem Holzstäbchen tanzt, während dieses schwarz wird, und dass sie durch eine deutlich erkennbare Lücke getrennt sind. Tatsächlich wird die Flamme nicht hauptsächlich von dem Streichholz selbst genährt, sondern von brennbaren Gasen, die entstehen, wenn die komplexen organischen Holzmoleküle in der Hitze zerfallen; diese entzünden sich nur dann zu einer ordentlichen Flamme, wenn sie in der Luft auf Sauerstoff treffen. Dies ist der Prozess der Pyrolyse, den wir bereits im Rahmen der Trockendestillation von Holz erkundet haben, wobei die frei werdenden Dämpfe zu einer Reihe nützlicher Flüssigkeiten kondensieren (S. 134–137), aber um damit einen Motor anzutreiben, müssen wir die Umwandlung in entflammbare »Generatorgase« maximieren und das pyrolisierende (sich thermisch zersetzende) Holz und die Flamme erheblich weiter voneinander trennen als bei einem Streichholz. Man muss verhindern, dass sich die Gase entzünden, ehe sie in den Motor eingeleitet werden, wo sie sich mit Sauerstoff vermischen und in den Zylindern in gewünschter Weise explodieren.
Während des Zweiten Weltkriegs hielten in ganz Europa fast eine Million Kraftfahrzeuge mit Holzvergaser-Antrieb den unverzichtbaren zivilen Verkehr aufrecht. Deutschland produzierte eine Version des VW-Käfers, bei dem die gesamte Holzvergasungsanlage auf intelligente Weise in die Karosserie integriert wurde; und im Jahr 1944 setzte das deutsche Heer über fünfzig Tiger-Panzer ein, die von Holzvergasern angetrieben wurden.
Ein Vergaser ist im Wesentlichen eine luftdichte Säule mit einem Deckel an der Oberseite und lässt sich aus gesammelten Altmaterialien bauen – zum Beispiel einem verzinkten Mülleimer auf einem Stahlfass und gewöhnlichen Badezimmerarmaturen. Frisches Holz wird oben eingestapelt, und während es langsam nach unten wandert, wird es zuerst getrocknet, dann durch die im Behälter zurückgehaltene Hitze pyrolisiert und schließlich in dem beschränkt vorhandenen Sauerstoff teilweise verbrannt, um die nötige Betriebstemperatur zu erzeugen. Am Boden der Säule bildet sich nun ein Bett aus heißer Holzkohle, das mit den bei der Pyrolyse freigesetzten Gasen reagiert und so die chemische Umwandlung abschließt. Das als Endprodukt erhaltene Generatorgas, das reich an brennbarem Wasserstoff, Methan und Kohlenmonoxid ist – das giftig ist, Sie sollten diese Arbeit daher unbedingt in einem gut belüfteten Bereich durchführen –, wird dann, zusammen mit bis zu 60 Prozent inertem (reaktionsträgem) Stickstoff, vom Boden abgesaugt. Kühlen Sie das Generatorgas, um sämtliche Dämpfe zu kondensieren, die andernfalls den Motor verkleben würden, und leiten Sie es anschließend in die Zylinder ein.
Etwa drei Kilogramm Holz (je nach Dichte und Trockenheit) entsprechen einem Liter Benzin – Vergaser aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs kamen damit etwa 7,5 Kilometer weit.
Kraftstoff ist nicht der einzige Hilfsstoff, den man benötigt, um ein Auto am Laufen zu halten. Man braucht Gummi, um die Reifen herzustellen, die durch das Fahren fortwährend abgenutzt werden, sowie die Schläuche, die wie Ringballons aufgeblasen werden, um die Fahrt abzufedern.
Allerdings müssen die Materialeigenschaften von Kautschuk durch Vulkanisierung optimiert werden: Er wird mit einer geringen Beimischung Schwefel eingeschmolzen und dann in eine Form gegossen, wo er fest wird. Dabei werden die schraubenförmigen Molekülketten des Kautschuks durch Schwefelbrücken zu einem festen, elastischen Netz verknüpft. Dadurch entsteht eine beinahe unzerstörbare Substanz, die elastischer ist als natürlicher Latex (Kautschukmilch) und bei Wärme nicht klebrig und bei Kälte nicht brüchig wird.
Ein Pkw mit Holzvergaser
Gummi hat allerdings den Nachteil, dass er nach der Vulkanisation nicht mehr einfach eingeschmolzen und in neue Produkte umgeformt werden kann. Um eine ausreichende Versorgung mit Reifen mit tiefen Laufflächenprofilen sowie allen anderen aus Gummi hergestellten Teilen wie etwa Ventilen und Schläuchen sicherzustellen, kann eine postapokalyptische Gesellschaft nicht einfach die Überreste recyclen: Sie muss sich neu mit Gummi eindecken.
Gummi wird traditionell aus Latex hergestellt, der durch Anzapfen des Parakautschukbaums gewonnen wird; dieser Baum wächst nur im feuchten Tropenklima in einem schmalen Streifen beidseits des Äquators. Eine alternative Bezugsquelle stellen die Stiele, Zweige und Wurzeln des Guayule-Strauchs dar. Anders als der Parakautschukbaum ist dieser kleine Strauch auf den halbtrockenen Hochebenen von Texas und Mexiko heimisch. Die Guayule spielte während des Zweiten Weltkriegs, als die Alliierten im Anschluss an die japanische Invasion in Südostasien 90 Prozent ihrer Kautschuk-Bezugsquellen verloren, eine große Rolle. Die Herstellung von synthetischem Kautschuk wird in den frühen Phasen des Wiederaufbaus der Zivilisation aufgrund der komplexen chemischen Prozessschritte praktisch nicht möglich sein; sobald die vorhandenen Gummivorräte nach Ablauf der Gnadenfrist unbrauchbar geworden sind, sollte die Erneuerung des Fernhandels daher eine Ihrer obersten Prioritäten sein, sofern Sie nicht in der Nähe einer natürlichen Quelle leben.
Selbst wenn Sie Ihren Brennstoff- und Gummibedarf decken können, werden Sie nicht in der Lage sein, Kraftfahrzeuge unbegrenzt am Laufen zu halten. Die Komponenten der noch vorhandenen Maschinen werden sich zwangsläufig abnutzen und unbrauchbar werden, und auch wenn Sie für eine gewisse Zeit Ersatzteile auftreiben können, müssen Sie beginnen, selbst welche herzustellen. Die Fertigung von Ersatzteilen für moderne Motoren wird ein hohes Maß an metallurgischem Know-how erfordern, um die geeigneten Legierungen und Werkzeugmaschinen, die Teile mit engen Toleranzvorgaben herstellen können, aufeinander abzustimmen – Themen, die wir in Kapitel 6 behandelt haben. Falls diese technischen Fähigkeiten nicht wiedererworben werden, ehe sich der letzte funktionstüchtige Motor festfrisst und ausfällt, wird die postapokalyptische Gesellschaft die Mechanisierung – die Fähigkeit, menschliche Arbeitskraft durch Maschinen zu ersetzen – verlieren und sich noch weiter zurückentwickeln. Welche Back-ups sind in dieser Situation verfügbar, um die so wichtigen Funktionen Transport und Landwirtschaft aufrechtzuhalten?
Wenn die Mechanisierung allmählich dahinschwindet, muss man wieder auf tierische Kraft zurückgreifen. Die ersten Tiere, die als Zugtiere eingesetzt wurden und Karren, Fuhrwerke, Pflüge, Eggen und Sämaschinen zogen, waren Ochsen – kastrierte Bullen –, und sie könnten wieder eingespannt werden, sobald die motorbetriebenen Traktoren zum Stehen kommen. Zugpferde wie das Shire-Pferd stammen von Tieren ab, die gezüchtet wurden, um Ritter in voller Rüstung über die Schlachtfelder des mittelalterlichen Europas zu tragen, sie sind schneller und stärker als Ochsen und ermüden nicht so schnell wie diese. Wenn Sie jedoch Ochsen durch Pferde ersetzen wollen, müssen Sie zuerst das richtige Geschirr neu erfinden, ein wichtiges Zubehör, das den antiken Zivilisationen versagt geblieben ist.
Ochsen können recht einfach mit einem Holzbalken, der über ihren Nacken gelegt wird, und mit Stöcken, die zu beiden Seiten des Nackens positioniert werden, um den Balken zu fixieren, oder mit einem vor den Hörnern angebrachten Stirnjoch angeschirrt werden. Das Pferd wiederum ist mit Gurten, die in einer ganz bestimmten Weise angeordnet werden, anzuschirren. Das einfachste System ist die sogenannte Hals-und-Bauchriemen-Anspannung; dabei wird ein Gurt über die Oberseite der Schultern und um den dicken Hals des Pferdes gelegt und ein zweiter unter dem Bauch hindurchgeführt, während man den Lastbefestigungspunkt in der Mitte des Rückens anbringt. Dieses Geschirr war in der Antike weithin gebräuchlich, und die Assyrer, Ägypter, Griechen und Römer benutzten es jahrhundertelang bei ihren Streitwagen. Diese Art der Anspannung ist jedoch der Anatomie des Pferdes nicht angemessen und eignet sich schlichtweg nicht für schwere Zugarbeiten wie das Ziehen eines Pflugs. Das Problem ist, dass der Halsgurt in die Drosselvene und die Luftröhre des Pferdes schneidet, so dass sich das Tier praktisch selbst erdrosselt, wenn es zu stark zieht. Die Lösung besteht darin, das Geschirr so umzugestalten, dass sich der Punkt, durch den das Tier die Zugkraft aufbringt, verschiebt.
Das Kumtgeschirr (auch »Kummet« genannt) besteht aus einem gut gepolsterten Metall- oder Holzring, der sich eng um den Nacken schmiegt, wobei die Befestigungspunkte für die Zuggurte nicht hinter dem Nacken angebracht sind, sondern niedriger an beiden Körperflanken, damit die Zuglast gleichmäßig auf Brust und Schultern des Pferdes verteilt wird. Dieser anatomisch gut angepasste Halsring – eine frühe Anwendung ergonomischer Formgestaltung – wurde im 5. Jahrhundert n. Chr. in China entwickelt, aber erst im 12. Jahrhundert weithin in Europa eingeführt. Das Kumt erlaubt dem Pferd, seine ganze Kraft zu entfalten – das Tier kann dabei eine dreimal höhere Zugkraft aufbringen als mit dem älteren, anatomisch unzweckmäßigen Geschirr –, und von Pferden gezogene Pflüge spielten daher eine zentrale Rolle bei der Revolution der mittelalterlichen Landwirtschaft.
Die Verbindung von tierischer Zugkraft mit den erhalten gebliebenen Fahrzeugen wird für manch bizarren Anblick sorgen. Die Arbeitseinheit aus Hinterachse und Rädern eines stillgelegten Autos oder Lkws lässt sich ausbauen und als Basis eines Karrens mit hölzernen Seitenwänden wiederverwenden. Noch einfacher wäre es, einen Wagen in der Mitte durchzuschneiden, das Vorderende mit seinem nicht funktionstüchtigen Motor wegzuwerfen und den Rücksitz und die Hinterräder zu behalten. Man könnte ein paar Gerüstrohre anbringen, die als Arme zum Anschirren eines Esels oder Ochsen dienen, der die erforderliche Antriebskraft erzeugt. Nach dem Verlust der Mechanisierung werden solche improvisierten Pferdewagen vielleicht zum gängigen Transportmittel werden.
Allerdings wird die Rückkehr zur Tierkraft eine Neuausrichtung der landwirtschaftlichen Produktion auf Viehfutter statt Lebensmittel für Menschen erforderlich machen. Als der Einsatz von Tieren in der Landwirtschaft in Großbritannien und den Vereinigten Staaten seinen Höchststand erreichte, was erstaunlicherweise erst um 1915 der Fall war (auch wenn es damals bereits seit fünfzig Jahren mobile Dampfmaschinen gab und benzinbetriebene Traktoren verfügbar waren), wurde ein ganzes Drittel der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche für den Anbau von Futterpflanzen für Pferde genutzt.24
Behelfsmäßige Pferdewagen wie dieser werden nach dem Verlust
der Mechanisierung vielleicht ein vertrauter Anblick sein.
Neben der Bereitstellung von Antriebskraft für landwirtschaftliche Geräte und Transportmittel über Land wird die Wiedereroberung der Meere eine der obersten Prioritäten für die Überlebenden sein, damit sie den Fischfang und den Seehandel von neuem aufnehmen können. Und wenn keine funktionstüchtigen Kraftmaschinen mehr zur Verfügung stehen sollten, sind Segelschiffe die einzige Alternative.
Die elementare Grundform eines Segels ist für jeden, der schon einmal beobachtet hat, wie sich an einer Wäscheleine zum Trocknen aufgehängte Leintücher im Wind bauschen, unmittelbar einleuchtend. Errichten Sie einen Pfosten in der Mitte Ihres Bootes als Mast und befestigen Sie an dessen Spitze, im rechten Winkel zur Schiffslängsachse, mit Seilschlingen waagrecht einen Balken, eine sogenannte Rah. Lassen Sie ein großes Leintuch von der Rah herunterhängen, befestigen Sie es mit Seilen am Boden, und schon haben Sie das einfache Rahsegel-Schiff, das im Lauf der Menschheitsgeschichte von zahlreichen Kulturen unabhängig voneinander erfunden wurde. Das Segel fängt die von hinten wehende Luft ein, und selbst einfache Schiffe kommen recht schnell voran, wenn sie mit dem Wind segeln. Mit dieser Takelage können Sie jedoch nicht näher als etwa 60° zur Windrichtung segeln (nicht sehr »hoch oder hart am Wind«), weshalb Sie weitgehend den Launen des Windes ausgeliefert sind.
Eine höher entwickelte Segelform ist das Schratsegel. Dieses wird nicht quer zum Boot angebracht, sondern längs des Schiffsrumpfs; es wird mit Hilfe eines schrägen Rundholzes oder Seils diagonal nahe an der Mastspitze befestigt. In dieser Weise getakelte Schiffe sind viel wendiger und können auch gegen den Wind aufkreuzen und zudem viel höher am Wind segeln als Schiffe mit Rahtakelung. Die meisten großen Schiffe kombinieren allerdings beide Segeltypen. Dreieckige Segel wie das Schratsegel wurden erstmals von römischen Schiffen auf ihren Mittelmeerfahrten verwendet, gelangten jedoch erst im Zeitalter der Entdeckungen, das im 15. Jahrhundert begann, zu voller Blüte. Sie zogen die großen europäischen Entdeckerschiffe, allen voran die der portugiesischen und spanischen Seefahrer, über die Ozeane der Welt und ermöglichten so die Entdeckung ferner neuer Länder sowie die Einrichtung von Fernhandelsrouten.
Wenn Sie ein Schratsegel schräg zum Wind ausrichten, kommt ein völlig neuer Effekt zum Tragen. Der das Segel füllende Wind bewirkt, dass sich dieses ausbaucht und wie ein Tragflügel verhält – der Luftstrom über die gewölbte Oberfläche wird abgelenkt und erzeugt einen Bereich niedrigen Luftdrucks vor dem Segel. Statt durch die von einem Rahsegel erzeugte Zugkraft des Windes durch das Wasser geblasen zu werden, wird das Schratsegel durch diese aerodynamische Auftriebskraft nach vorne gesaugt. Ohne die entsprechenden physikalischen Vorgänge vollständig zu verstehen, wurde die Expedition von Ferdinand Magellan im Jahr 1522 die erste, die die Erde mit Hilfe jener aerodynamischen Effekte umsegelte, die sich auch die Tragflächen eines Flugzeugs und die Reaktionsturbine zunutze machen.
Schratsegel, die den quer über das Schiff wehenden Wind einfangen, beeinträchtigen jedoch dessen Stabilität, so dass es Gefahr läuft, umzukippen und zu kentern. Die Lösung besteht darin, das Schiff im untersten Raum mit Ballast zu beladen, damit es sich möglichst von selbst wieder aufrichtet, und einen Kiel unter dem Rumpf anzubringen, der oftmals wie die umgekehrte Rückenflosse eines Hais geformt ist, um die Kippkraft der Segel auszugleichen. Aber wenn man diese konkurrierenden Kräfte kontrolliert und die Takelage sorgfältig anpasst, um die Schratsegel in die optimale Wölbung zu trimmen, hat der Tragflügeleffekt die erstaunliche Folge, dass das Schiff eine höhere Geschwindigkeit erreichen kann als der Wind, der die Segel antreibt.
Wenn Sie keinen funktionstüchtigen Schiffskörper auftreiben können, müssen Sie selbst einen bauen. Beim traditionellen Schiffsbau werden Planken der Länge nach an Spanten befestigt, und die Fugen zwischen den Planken werden dadurch wasserdicht gemacht, dass man Pflanzenfasern hineinstopft, die mit aus harzreichem Holz hergestelltem Pech abgedichtet (»kalfatert«) werden; wenn man genügend Schweißeisen- oder Stahlplatten auftreiben oder einschmelzen kann, kann man diese auch zusammennieten. Segel sind im Grunde nichts anderes als große Leintücher, eine Anwendung der Webtechnik, die wir in Kapitel 4 kennengelernt haben. Bei der Herstellung eines Segels sollten Sie eine Leinwandbindung verwenden. Denken Sie immer daran, dass jedes Gewebe dann am widerstandsfähigsten ist, wenn es in Richtung des Schusses gezogen wird, da diese Fäden geradläufiger und daher stabiler als die Kette sind, und dass der Stoff sich leicht verzieht und potentiell Schaden nimmt, wenn er diagonal gedehnt wird (probieren Sie dies selbst an einem kleinen Stück Ihres Hemds aus). In ähnlicher Weise werden bei der Herstellung der Taue, die die Takelage zusammenhalten, Fasern zu Garn gesponnen, dann wird das Garn zu Strängen verdrillt und die Stränge zu Stricken und, nötigenfalls, die Stricke zu Tauen. Die Taljen (Flaschenzüge), die für die Kontrolle der Segel benötigt werden, sind identisch mit den Flaschenzügen, die man zum Heben schwerer Lasten auf Gerüsten oder von Kränen auf einer Baustelle verwendet.
Hoffentlich wird die neustartende Zivilisation schon bald wieder metallbearbeitende Werkzeuge und Werkzeugmaschinen herstellen können. Eine mechanisch einfache Form der Personenbeförderung in einer Welt ohne funktionierende Motoren wäre das Fahrrad. Das Herzstück des mit Pedalen angetriebenen Fahrrads ist die Kurbel, die die Auf-und-ab-Bewegung der Beine in eine Drehbewegung umwandelt, die sich auf die Räder übertragen lässt. Trotzdem muss noch ein größeres technisches Konstruktionsproblem gelöst werden: Man kann diese Drehbewegung nicht direkt auf das Rad übertragen, mit Pedalen, die wie bei einem Dreirad für Kinder direkt an der Radachse befestigt sind, denn um eine nennenswerte Geschwindigkeit zu erreichen, müsste man sich wie verrückt abstrampeln. Die einfachste Lösung besteht daher darin, ein großes Vorderrad anzubringen, so dass selbst bei einer niedrigen Drehzahl der enorme Radumfang für eine annehmbare Geschwindigkeit sorgt; dies war die Idee, die dem skurril aussehenden Hochrad und seinem Vorderrad mit einem Durchmesser von 1,2 Metern zugrunde lag. Eine viel bessere Lösung – die uns heute auf der Hand zu liegen scheint, aber erst 1885 von einem Fahrradhersteller ersonnen wurde – ist die Verwendung eines sehr alten mechanischen Systems, nämlich von Zahnrädern, die über eine Kette miteinander verbunden sind. Zwei Zahnkränze unterschiedlicher Größe, die dem angetriebenen Rad erlauben, sich viel schneller zu drehen als die Pedalkurbel, sind über eine Rollenkette (die ihrerseits große Ähnlichkeit mit einem Entwurf von Leonardo da Vinci im 16. Jahrhundert hat) mechanisch miteinander verbunden. Ein weiteres wichtiges Konstruktionsprinzip lautet, dass der vordere Achsschenkel, das Verbindungsstück zwischen Nabe und Lenkstange, leicht nach hinten geneigt sein sollte, damit das Vorderrad automatisch zu der Seite auslenkt, in die sich der Fahrer neigt, und so das Fahrrad durch Auffangen der Kippbewegung automatisch stabilisiert.25
Irgendwann wird die sich erholende Zivilisation wieder das metallurgische und technische Know-how für den Bau von Motoren besitzen. Wenn sich die Zivilisation so weit zurückentwickeln würde, dass sie wieder auf Zugtiere und Segel zurückgreifen müsste, wie könnte sie dann ohne erhalten gebliebene Exemplare, die ihr als Modelle dienten, den Verbrennungsmotor neu erfinden? Wie sieht die Anatomie des Herzens aus, das unter der Haube unserer Kraftfahrzeuge schlägt?
Der Verbrennungsmotor ist ein großartiges Beispiel dafür, dass eine komplexe Maschine nicht mehr ist als ein Gefüge elementarer mechanischer Komponenten mit sehr unterschiedlichen Vorgeschichten, die in einer neuen Konfiguration angeordnet werden, um das konkret anstehende Problem zu lösen. Wenn man die Metallhaut abschälen und das Familienauto als einen Organismus zerlegen könnte, würde man unzählige Teilmechanismen entdecken, die wie die verschiedenen Organe und Gewebe des menschlichen Körpers miteinander wechselwirken.
Was also sind die Schlüsselprinzipien, die der Funktionsweise des Autos zugrunde liegen, und wie könnten Sie ein Kraftfahrzeug von Grund auf neu konstruieren?
In Kapitel 8 haben wir uns das Funktionsprinzip eines Verbrennungsmotors genauer angesehen: Die Dampfmaschine verrichtet Arbeit, indem sie Brennstoff verbrennt, um einen Dampfkessel zu erhitzen, und Dampf in einen Zylinder drückt. Die im Brennstoff gespeicherte chemische Energie lässt sich viel effizienter nutzen, wenn man den Zwischenschritt überspringt und den Druck des bei der Verbrennung selbst produzierten Gases einsetzt, um die Maschine anzutreiben. Wird eine sehr kleine Brennstoffmenge in einen geschlossenen Raum eingeleitet und dann entzündet, kann die explosive Expansion der dabei entstehenden heißen Gase einen Kolben heraustreiben und dadurch Arbeit für Sie verrichten. Tun Sie dies mehrmals pro Sekunde, und Sie erhalten ein zuverlässiges Mittel regelmäßiger Krafterzeugung. Um den Zylinder für eine weitere Explosion zurückzusetzen, öffnen Sie ein Loch und drücken den Kolben zurück, um die Abgase wie mit einer Spritze abzusaugen, ziehen Sie ihn dann wieder heraus, um mit einem Schuss frischem Brennstoff versetzte sauerstoffhaltige Luft durch ein zweites Ventil anzusaugen. Komprimieren Sie dieses Gemisch nun, um es zu verdichten und zu erhitzen, bevor sie es erneut zünden. Dieser Viertaktprozess ist das schnell schlagende Herz der meisten Verbrennungsmotoren auf dem Planeten.
Es gibt zwei Optionen, um die Verbrennung des Brennstoffs auszulösen, sobald dieser im Zylinder ist, und dies macht den Unterschied zwischen modernen Benzin- und Dieselmotoren aus. Flüchtige Flüssigkeiten wie Ethanol (oder Benzin) lassen sich verdampfen, indem man sie im Vergaser mit Luft mischt, ehe sie in den Zylinder geleitet und mit einer elektrischen Zündkerze gezündet werden. Gemische aus schwereren Kohlenwasserstoffmolekülen wie Diesel können am Ende des Verdichtungshubs als ein feiner Nebel in den Zylinder hineingesprüht werden, wo sie aufgrund des starken Temperaturanstiegs infolge der extremen Luftverdichtung verdampfen und sich von selbst entzünden. (Jedem, der schon einmal die Düse einer Fußpumpe berührt hat, nachdem er Reifen aufgeblasen hat, wird aufgefallen sein, wie heiß sie durch die Luftverdichtung werden kann.) Oder Sie könnten, wie wir am Anfang des Kapitels sahen, Ihren Motor mit Gas betreiben, das direkt in die Zylinder eingeleitet wird.
Ein geeigneter Fahrzeugantrieb setzt allerdings voraus, dass man die Hin- und Herbewegung der Kolben in eine geschmeidige, gleichmäßige Drehbewegung umwandelt, mit der sich Räder oder ein Propeller in Rotation versetzen lassen. Die Vorrichtung, die diese entscheidende Bewegungsübersetzung leistet, ist, wie wir beim Fahrrad gesehen haben, die Kurbel. In Maschinen wird die Kurbel oftmals zusammen mit einer drehbaren Pleuelstange verwendet, die das sich hin- und herbewegende Bauteil und die rotierende Welle miteinander verbindet (bei einem Fahrrad übernimmt ihr Bein die Funktion der mit der Pedalkurbel verbundenen Pleuelstange). Das älteste bekannte Beispiel für die Anwendung dieses bahnbrechenden Mechanismus war ein römisches Wasserrad aus dem 3. Jahrhundert n. Chr., wo er die von Wasserkraft angetriebene Drehbewegung in das Vor- und Zurückziehen langer Holzsägen umwandelte.
In modernen Motoren, die die Kraft zahlreicher Zündkolben miteinander verbinden, wird eine geringfügige Modifikation eingesetzt, die sogenannte Kurbelwelle, die eine Reihe geknickter henkelartiger Elemente aufweist, die über die gesamte Länge der Welle verteilt sind; so kann eine ganze Batterie von Kolben ein und dieselbe Welle in Drehung versetzen. Selbst wenn mehrere Zylinder in staffelförmiger Folge zünden, erzeugen die explosiven Impulse, die die Welle drehen, jedoch eine ruckartige Bewegung, die in eine gleichmäßige Rotation umgewandelt werden muss. Diesmal stellte die antike Töpfertechnik die Lösung bereit. Ein Schwungrad wird am Ende der Kurbelwelle befestigt, und es funktioniert in genau der gleichen Weise wie die schwere Steinscheibe an einer Töpferscheibe: Sie speichert das Drehmoment und glättet die Rotation.
Der Viertakt-Verbrennungsmotor besteht aus Zylindern und Kolben,
einer Kurbelwelle, die die Kraft auf das Schwungrad überträgt, sowie einer Nockenwelle,
die das Öffnen und Schließen der Ventile koordiniert.
Es bedarf eines weiteren sehr alten mechanischen Elements, um das Öffnen und Schließen der Ventile, die während des viertaktigen Kreisprozesses Brennstoff einlassen und Abgase aus dem Zylinder austreiben, zu koordinieren. Der Nocken hat eine längliche, exzentrische Form, so dass er, wenn er sich an einer Welle dreht, dazu benutzt werden kann, einen Hebel in einem gleichmäßigen Rhythmus anzuheben oder eine Stößelstange wegzudrücken. Früher setzte man Nocken bei Fallhämmern ein: Mit Hilfe der Antriebskraft eines Wasserrads wurde dabei immer wieder ein schwerer Hammer angehoben und dann für einen Schlag fallen gelassen, nämlich jedes Mal, wenn der gerundete Vorsprung an der Nockenscheibe durchlief und ihn freigab. Schon die alten Griechen kannten Nocken, und diese tauchten im 14. Jahrhundert bei mittelalterlichen Maschinen wieder auf. Im modernen Verbrennungsmotor lässt sich dank einer Reihe von Nocken, die von der Hauptkurbelwelle angetrieben werden, die Betätigung von Einlass- und Auslassventilen perfekt auf den Kolbenzyklus abstimmen.
Wenn Sie beabsichtigen, Ihren Motor zum Antrieb von Landfahrzeugen einzusetzen, statt lediglich den Propeller eines Bootes in Drehung zu versetzen, müssen Sie noch einige weitere technische Herausforderungen lösen. Sobald die Grundkonstruktion des Motors geklärt ist, besteht das nächste mechanische Problem darin, diese Antriebskraft auf die Räder zu übertragen. Eines der intuitiv unmittelbar einleuchtenden Teile eines Kfz-Antriebsaggregats ist das Getriebe: Im Grunde ist es nichts anderes als ein Gehäuse, das es Ihnen ermöglicht zu steuern, welche Paare von Zahnrädern ineinandergreifen, und es funktioniert nach dem gleichen Grundprinzip wie die Kettengetriebe, die auf das 3. Jahrhundert v. Chr. zurückgehen. Der Verbrennungsmotor arbeitet mit sehr hoher Drehzahl, und so wird eine niedrige Übersetzung, bei der die Abtriebswelle mit einem kleineren Zahnrad eingreift als die Motorwelle, dazu verwendet, Drehgeschwindigkeit gegen Drehkraft einzutauschen. Dieses größere Drehmoment benötigt man insbesondere, um zu beschleunigen oder Steigungen zu bewältigen.
Eine verwandte Vorrichtung, die den Gangwechsel erleichtert, ist die schaltbare Kupplung. In vielen Kraftfahrzeugen überträgt dieses Bauteil die Motorkraft über eine aufgeraute Scheibe, die in engem Kontakt mit dem Schwungrad steht – ausgerechnet diese Reibung ist es, die den gleichmäßigen Lauf des Motors erlaubt. Die Scheibe und das Schwungrad können dann auseinandergezogen werden, um die Verbindung zwischen Motor und Antriebswelle aufzuheben (auszukuppeln). Ähnliche Systeme wurden bei frühen Holzbearbeitungswerkzeugen benutzt, etwa der Drehbank, um das Getriebe von seiner Antriebsquelle zu entkoppeln.
Die ersten Kraftwagen kopierten die Fahrradtechnologie und trieben die Hinterachse mit einer Kette und einem Kettenrad an. Eine effizientere Methode zur Übertragung der Motorkraft ist eine rotierende Antriebswelle, der jedoch eine gewisse Flexibilität eingeräumt werden muss, damit sie nicht aufgrund der mit dem Fahren verbundenen Erschütterungen bricht. Wie aber ermöglicht man einer starren Stange, sich in einer beliebigen Richtung zu krümmen oder zu biegen und dennoch Kraft zu übertragen? Die Lösung besteht darin, zwei Kreuz- oder Kardangelenke in Längsrichtung an ihr anzubringen. Jedes davon besteht aus einem Paar miteinander verbundener Gelenke, ein Konzept, das 1545 zum ersten Mal bildlich dargestellt wurde.
Sobald Sie Ihr Fahrzeug einmal zum Laufen gebracht haben, besteht die nächste dringende Herausforderung darin, die Räder vom Fahrersitz aus bequem zu lenken. Die ersten Kraftwagen benutzten eine Pinne, die direkt aus der Schiffstechnik übernommen wurde, wo mit ihr das Steuerruder eines Bootes bedient wird. Aber mit etwas Nachdenken stieß man auf eine viel bessere Lösung, dieses Mal indem man eine Technologie übernahm, die auf antike Wasseruhren aus der Zeit um 270 v. Chr. zurückgeht. Der Zahnstangenantrieb ist ein Mechanismus, bei dem ein Zahnrad mit einer langen Stange gepaart wird, deren Zähne glatt in die des Rades greifen. Das Lenkrad in der Fahrerkabine ist über eine Achse mit dem Zahnrad verbunden, das die Schiene seitwärts nach links oder rechts verschiebt, um die Vorderräder auszurichten.
Eine letzte technische Herausforderung taucht auf, wenn zwei Räder an derselben Achse befestigt sind. Wenn der Wagen um eine Kurve fährt, muss sich das Außenrad etwas schneller drehen als das Innenrad, und wenn sie durch die Drehbewegung miteinander gekoppelt sind, kann es passieren, dass beide schließlich rutschen oder schleifen, was das Lenken erschwert und die Reifen beschädigt. Ein sogenanntes Ausgleichs- oder Differentialgetriebe (auch kurz »Differential« genannt), ein Verbund aus nicht mehr als vier Zahnrädern, ermöglicht es, dass sich beide Räder in Kurven mit gleicher Vortriebskraft, aber unterschiedlich schnell drehen. Diese ausgeklügelte Vorrichtung wurde seit 1720 in europäische Maschinen eingebaut – erfunden wurde sie möglicherweise bereits um 1000 v. Chr. in China.
Wenn man daher die Haut eines brandneuen Sportwagens abschält – etwas, das Sie vielleicht für den Gipfel der modernen Technologie erachten –, findet man ein Sammelsurium von Komponenten, die von sehr alten Mechanismen übernommen wurden: Töpferscheiben, römische Sägemühlen, Fallhämmer, Holzdrehbänke und Wasseruhren.
Der Verbrennungsmotor ist eine wunderbare Kraftmaschine; er vermag die in Brennstoffen enthaltene chemische Energie in gleichmäßige Bewegung umzuwandeln, und er bildet das Herzstück aller Verkehrsmittel unserer Zeit (zusammen mit dem Strahltriebwerk für schnelle Flugzeuge und der Dampfturbine für große Schiffe). Wir haben mögliche Produktionsverfahren für Gas und Flüssigbrennstoffe kennengelernt, die diese Motoren mit Energie versorgen, und ein Kraftstofftank ist ein so sagenhaft konzentriertes Energiereservoir, das es erlaubt, ohne Wiederauftanken große Entfernungen zurückzulegen, dass die Verbrennung in einer postapokalyptischen Gesellschaft, die in ihrer Re-Technisierung weit vorangeschritten ist, zweifellos für den Fernverkehr über Land oder den Schiffsverkehr wieder eine wichtige Rolle spielen wird. Das Problem besteht nun jedoch darin, dass die Zivilisation nach der unseren ohne leicht verfügbares Rohöl nur in begrenztem Umfang Zugang zu fossilen Energieträgern hat: Die starke Zunahme des Kraftfahrzeugbestands seit den 1920er Jahren wurde durch die Verfügbarkeit von billigem Benzin aus Erdölraffinerien ermöglicht. Wie also könnte ein alternativer Entwicklungsweg für den Aufbau einer Verkehrsinfrastruktur in einer Gesellschaft aussehen, die sich von Grund auf neu aufbaut?
Statt Kulturpflanzen anzubauen und nur gewisse Teile der Pflanzen zu nutzen – die entweder ausgepresst werden, um pflanzliche Öle für Biodiesel zu erhalten, oder zu Ethanol vergoren werden –, mag es einfacher sein, die gesamte Ernte zu verbrennen. Das Erhitzen von Dampfkesseln, um Dampfturbinen anzutreiben und Elektrizität zu erzeugen, nutzt die gesamte Sonnenenergie, die von schnellwachsenden Biomasse-Pflanzen wie Rutenhirse oder Miscanthus (Stielblütengras) oder Ausschlagwald gespeichert wird. Der aus Biokraftstoffen sowie Wind- und Wasserkraft erzeugte Strom kann über Oberleitungen abgeleitet werden, um Züge und Straßenbahnen mit Energie zu versorgen oder um Batterien für kleinere Fahrzeuge wieder aufzuladen. Ein Elektroauto kann pro Hektar Nutzpflanzenertrag eine weitere Strecke zurücklegen als ein mit Biodiesel aus derselben Ernte betriebener Verbrennungsmotor. Außerdem kann ein Dampfkessel, der eine Dampfturbine antreibt, mit weitaus minderwertigerem Pflanzenmaterial, als es für die Biokraftstoff-Synthese benötigt wird, befeuert werden. Und wenn Sie Strom in einer Kraft-Wärme-Kopplungsanlage erzeugen, können Sie die Abwärme zum Heizen von Gebäuden in der Nachbarschaft nutzen. Eine unter Energieknappheit leidende Gesellschaft muss in größeren Zusammenhängen denken, um die Effizienz ihres Brennstoffverbrauchs zu maximieren, und vieles spricht dafür, dass der städtische Verkehr einer postapokalyptischen Zivilisation überwiegend auf Strom basieren wird.
Tatsächlich waren Elektroautos früher einmal weit verbreitet. In den Anfangsjahren des 20. Jahrhunderts gab es drei grundlegend verschiedene Automobiltechnologien, die um die Vorherrschaft rangen, und Elektroautos behaupteten sich wacker gegen die Konkurrenz dampf- und kraftstoffbetriebener Alternativen, da ihre Mechanik viel einfacher und zuverlässiger ist, außerdem sind sie leise und produzieren keine Abgase. In Chicago dominierten sie sogar den Automobilmarkt. Auf dem Höhepunkt der Produktion von Elektrofahrzeugen im Jahr 1912 glitten 30.000 von ihnen geräuschlos über die Straßen der USA, und weitere 4000 waren in Europa unterwegs; im Jahr 1918 waren ein Fünftel der motorgetriebenen Taxis von Berlin Elektroautos.
Der Nachteil von Elektroautos mit eigenen Bordbatterien (im Unterschied zu Zügen oder Straßenbahnen, die von einer Stromleitung über dem Gleis kontinuierlich mit Energie gespeist werden) besteht darin, dass selbst ein großer, schwerer Batteriesatz nicht viel Energie speichern kann und dass es lange dauert, eine entladene Batterie wieder aufzuladen. Die maximale Reichweite dieser frühen Elektrofahrzeuge betrug etwa 160 Kilometer26, was immerhin erheblich weiter ist, als man mit einem Pferd kommt, und in einem städtischen Umfeld mehr als ausreichend. Das Problem lässt sich dadurch lösen, dass man, statt zu warten, bis die Batterie wieder aufgeladen ist, einfach zu einer Tankstelle fährt, um dort eine leere gegen eine volle Batterie auszuwechseln: Manhattan betrieb im Jahr 1900 erfolgreich eine Flotte von Elektrotaxis, mit einer zentralen Tankstelle, in der entladene Batterien rasch gegen einen neuen Satz ausgewechselt wurden.
Mit einer Kombination aus Verbrennungsmotoren, die mit Biokraftstoffen betrieben werden, und Elektroautos kann eine fortschreitende postapokalyptische Gesellschaft ihren Bedarf an Beförderungsmitteln auch ohne das reichhaltige Angebot an Erdöl decken, von dem wir bei unserer Entwicklung profitiert haben. Jetzt ist es Zeit, dass wir uns von der Beförderung von Menschen und Materialien ab- und der Übermittlung von Ideen zuwenden: Im nächsten Kapitel werden wir die Kommunikationstechnologien erkunden.
24 Es gibt einen Präzedenzfall aus der jüngeren Vergangenheit für eine solche technologische Rückentwicklung nach dem Zusammenbruch der Mechanisierung und für den Notfall-Neustart tierischer Zugkraft. Seit Anfang der 1960er Jahre wurde das landwirtschaftliche System Kubas im Anschluss an Castros Revolution und die Entwicklung Kubas zu einem sowjetischen Satellitenstaat durch die Einfuhr landwirtschaftlicher Maschinen und sonstiger Bedarfsgüter aus der Sowjetunion und osteuropäischen Staaten von Grund auf verändert. Nach dem Zusammenbruch des Ostblocks im Jahr 1989 war das kommunistische Kuba plötzlich von der Versorgung mit fossilen Brennstoffen und Ausrüstungsgütern abgeschnitten, und es sah sich mit einem landesweiten Zusammenbruch des Verkehrswesens, der mechanisierten Landwirtschaft und der Fähigkeit zur Produktion von Düngern und Pestiziden konfrontiert. Das Land war gezwungen, in kürzester Zeit in erheblichem Umfang Tierkraft zu reaktivieren, um 40.000 Traktoren zu ersetzen, und ein Schnellzucht- und Trainingsprogramm wurde auf den Weg gebracht. In weniger als einem Jahrzehnt hatte Kuba seine Rinderherden auf fast 400.000 Tiere vermehrt, und auch sein Bestand an Arbeitspferden erholte sich allmählich, so dass die Felder auch weiterhin bestellt werden konnten.
25 Anders als viele glauben, hat die Stabilität eines Fahrrads, vor allem bei geringen Geschwindigkeiten, wenig mit der Kreiselwirkung der sich drehenden Räder zu tun.
26 Ironischerweise sind etwa 160 Kilometer noch immer die maximale Reichweite moderner Elektroautos: Technologische Verbesserungen der Speicherkapazität von Batterien und der Elektromotoren gingen mit einer Zunahme der Größe und des Gewichts der Automobile einher, und die Fahrer von Elektroautos leiden an »Ladungsangst«.