Schöneberg
Der alte Gasometer | Heinrich-von-Kleist-Park
Ein facettenreicher, regenbogenbunter Stadtteil, der viel Szenegeschrei nicht nötig hat. Hübsche Wohn- und Kneipenstraßen gibt es hier, aber auch eine Schmuddelecke, die gerade die Kunstavantgarde für sich entdeckt.
Um den früheren Westberliner Ausgehbezirk ist es etwas ruhiger geworden. Das heißt, nicht ganz: Für die schwullesbische Szene ist die Gegend → südlich des Nollendorfplatzes noch immer der Place-to-be. Mit dem → Schwulen Museum ist der Gayszene gar ein eigener Ausstellungsort gewidmet.
Weiter südwestlich erstreckt sich rund um den Bayerischen Platz das → Bayerische Viertel. Zwischen den Kriegen lebten hier viele besser situierte Juden, weswegen das Viertel auch „Jüdische Schweiz“ genannt wurde. Am Rande des Bayerischen Viertels erhebt sich das Schöneberger Rathaus, ein trutzburgähnlicher Kasten mit 70 m hohem Turm aus dem Jahr 1914. Als die Stadt geteilt war, diente es dem Westberliner Senat als Sitz. Vor dem Rathaus, vor Hunderttausenden von Berlinern, tat John F. Kennedy am 26. Juni 1963 seinen meistzitierten Ausspruch (→ S. 150). Drei Tage nach seiner Ermordung wurde der Rathausplatz nach ihm umbenannt.
Den Osten des Stadtteils dominiert die von drei Bahnlinien umschlossene sog. Rote Insel, ein traditioneller Arbeiterbezirk und heute eine ruhige Wohngegend. Hier, in der Leberstraße 65 (ehemals Sedanstraße), wurde Marlene Dietrich 1901 geboren. Und nur ein paar Häuser weiter (Hnr. 68) wuchs Hildegard Knef auf. Auf der Roten Insel befindet sich auch der Gasometer aus dem frühen 20. Jh., der 1995 außer Betrieb genommen wurde. Heute dient er als Eventlocation, wo u. a. Günther Jauch seinen sonntäglichen Polittalk moderiert.
Auf der anderen Seite der Bahngleise, in der Hauptstraße 155, wohnte von 1976 bis 1978 David Bowie, gleich daneben Iggy Pop - hier entstanden Songs wie Heroes und The Passenger. Nahebei lohnt sich in der hübschen Crellestraße das winzige wie witzige → Museum der unerhörten Dinge für einen Besuch.
Von hier ist es nicht mehr weit zur berühmt-berüchtigten Potsdamer Straße, der „Potse“. Sie ist bunt, verkehrsreich, laut und lebendig, aber alles andere als fein. Der Wandel aber hat begonnen. Während die Gegend um den U-Bahnhof Kurfürstenstraße noch vom Straßenstrich geprägt ist, eröffnet nördlich davon gen Potsdamer Platz im rasanten Tempo Galerie neben Galerie - zwischen Dönerbuden und Ramschläden etabliert sich hier gerade eine spannende neue Kunstmeile (→ S. 70).