Kunstszene

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Geschätzte 3000 Vernissagen stehen pro Jahr in den Hunderten von Galerien, nichtkommerziellen Showrooms und Off-Spaces an. Die boomende Berliner Galerienszene zählt mittlerweile zu den bedeutendsten weltweit. Der stetige Zuzug einflussreicher Sammlungen sorgt zudem dafür, dass sich auch das obere Preissegment zunehmend etabliert. Noch aber besorgen zwei Drittel des Umsatzes Kunden von außerhalb, die sich in Berlin nach Newcomern umsehen. Junge Künstler aus aller Welt arbeiten in Berlin, denn hier sind die Lebenshaltungskosten noch niedrig und Ateliers nicht nur am Stadtrand zu bekommen. Aber auch viele bekannte Künstler wie Olafur Eliasson, Daniel Richter, John Bock oder Isa Genzken haben in Berlin eine neue Heimat
XOOOOX, Nomad, EMESS - Street Art in Berlin
Mural von Blu im
Kreuzberger Wrangelkiez
Street Art (auch „Urban Art“) hat in Berlin Tradition. Welche andere Stadt bot auch schon eine kilometerlange Mauer als Megamalblock zum Üben und Experimentieren? Heute steht Berlin für eine der dynamischsten Street-Art-Szenen Europas. Nicht nur wegen der ansässigen Künstler, sondern auch, weil die Stadt, und da v. a. Kreuzberg und Friedrichshain, noch immer genügend Flächen für Kunst im öffentlichen Raum parat hält: hier riesige Häuserwände an klaffenden Baulücken, dort stillgelegte Fabriken mitten im Stadtgebiet. Street Art provoziert Augen und Sinne und macht aus Straßen und Vierteln Galerien. Dabei geht es nicht um lieblos gesprühte Graffitis, die man gemeinhin als Schmiererei abtun kann. Street Art ist eine künstlerische Ausdrucksform, die ganz unterschiedlich daherkommen kann: als Stencils (Schablonengraffiti), Paste-ups (plakatierte Streetart), Stickerart (Aufkleber) oder durch direkten Farbauftrag per Pinsel oder Spraydose. Großflächige Arbeiten, die ganze Wandflächen einnehmen (meist die seitlichen Brandschutzwände), nennt man Murals. Manche Kunstwerke entstehen legal, die meisten illegal, weshalb viele Künstler unter Pseudonymen arbeiten wie XOOOOX (Berlin), EL Bocho (Berlin), Nomad (Berlin), Blu (Bologna), just (Berlin), EMESS (Berlin), Alias (Berlin), DOLK (Norwegen) oder Tower (Berlin). Auch Banksy (angeblich aus Bristol), dessen Werke schon sechsstellige Summen erzielten und von Mauerspechten zuweilen wieder abgeklopft werden, war schon in Berlin unterwegs. Über Street-Art-Ausstellungen in Berlin informiert www.atmberlin.de, Infos zum Thema u. a. auch auf http://fk.1just.de und www.reclaimyourcity.net. Im Jaron Verlag erschien der Bildband „Street Art in Berlin“ mit Fotos von Kai Jakob, der schon mehrere Auflagen hinter sich hat.
gefunden. Der Senat gibt die Zahl der bildenden Künstler mit über 5000 an.
Einen sehr guten Ausstellungskalender bietet die Seite www.kunst-magazin.de, auf der laufende Ausstellungen nach Stadtteilen und Themengebieten sortiert sind. Als Printversion liegt es in allen Galerien und Kunstmuseen aus. Einen spannenden Einblick in die Kunstszene bekommt man auch bei einer GoArt!-Führung (→ Stadtführungen, S. 100). Weitere interessante Internetseiten zur Kunstszene sind www.berliner-galerien.de, www.galerien-berlin-mitte.de, www.art-in-berlin.de und www.museumsportal-berlin.de.
Im Folgenden ein kleiner Überblick über die angesagten Galerienviertel und sonstige ausgewählte Orte zum Kunstgucken - ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Alle wichtigen Kunstmuseen finden Sie im Reiseteil.

Mitte

Noch ist die Spandauer Vorstadt das Galerien-Mekka Berlins, doch steigende Mieten veranlassen mehr und mehr Kunsthäuser, sich nach neuen Orten umzusehen. Galerien-Hotspots sind dort die Linienstraße und die Auguststraße, führende Kunstzentren und -sammlungen das KW Institute for Contemporary Art(→ S. 150), die Sammlung Hoffmann(→ S. 149), der me Collectors Room(→ S. 151), die Galerie Eigen + Art (→ S. 151) und die Galerie Neugerriemschneider(→ S. 150). Von der Brunnenstraße (www.brunnenstrasse.net, u16.gif Rosenthaler Platz) haben sich einige Galerien schon wieder verabschiedet. Dennoch lohnt noch immer ein Abstecher dahin. Werfen Sie z. B. einen Blick auf und in das außergewöhnliche Galerienhaus von Arno Brandlhuber (Hnr. 9). Dort, im zweiten Hinterhof, befindet sich auch die Galerie Zagreus (www.zagreus.net) . Deren Ausstellungen, die das Thema „Essen“ als Schwerpunkt haben, gehen mit Dinnerabenden einher, zu denen man sich anmelden muss. Weitere spannende Adressen in Mitte sind: Galeriehaus Am Kupfergraben 10, → S. 130, Sammlung Boros, → S. 138, und die Galerie Sprüth Magers, → S. 150.

Tiergarten

Keine Trockenhaube, sondern
eine Installation!
Erst in den letzten Jahren entdeckte der Kunstmarkt die bunte, bislang aber auch recht schäbige Potsdamer Straße an der Grenze zwischen Tiergarten und Schöneberg. Seitdem entstehen dort im und rund um das ehemalige Gebäude des Tagesspiegels (Potsdamer Str. 77-78, u16.gif Kurfürstenstraße) in atemberaubendem Tempo neue Galerien - die noch recht günstigen Mieten sind ein Grund dafür. Einen Blick lohnen u. a.: Galerie Loock (Potsdamer Str. 63, www.loock.info; immer wieder mit spannenden Expositionen japanischer Künstler), Galerie Esther Schipper (Schöneberger Ufer 65, www.estherschipper.com; oft kühle Konzeptkunst) und Galerie Arndt (Potsdamer Str. 96, www.arndtberlin.com; der Schwerpunkt liegt auf chinesischen und südostasiatischen Künstlern).

Kreuzberg

Auch über Kreuzberg verteilen sich viele Galerien. Ein Hotspot hier ist das Berlin Gallery District genannte Gebiet zwischen Leipziger Straße und Halleschem Ufer (www.berlingallerydistrict.com). Kunst unterschiedlichster Art und oft politisch motiviert bietet dort das Galerienhaus (www.galerienhaus.com, Lindenstraße 34-35, u16.gif Kochstraße), ein recht nobles Ausstellungshaus mit Marmorhallen und Mosaiken. Spannendes zeigt auch das nahe Galerienhaus Rudi-Dutschke-Straße 26, Heimat von rund 10 Galerien und Sternekoch Tim Raue (→ S. 167).