Barock
Die neuen Stilelemente des Barock (breite Gesimse, große Voluten, Bossenwerk, monumentale Treppenhäuser etc.) brachten eine neue Lebendigkeit in die fast schon streng gewordene venezianische Architektur des späten 16. und frühen 17. Jh. Aber bevor die barocke Formensprache die Venezianer so richtig begeistern konnte, setzte die fürchterliche Pest von 1630 erst einmal eine Zäsur und legte die öffentliche Bautätigkeit über Jahre hinweg nahezu lahm.
Mit dem bedeutendsten venezianischen Barockarchitekten Baldassare Longhena (1598-1682) kam dann eine Zeit, in der die charakteristischen Barockbauten Venedigs entstanden, allen voran die wuchtige Santa Maria della Salute (→ S. 202). Dieser gewaltige, aber dennoch harmonische Kirchenbau mit den gedrehten Voluten, den krönenden Skulpturen und der imposanten Zentralkuppel symbolisierte für die Venezianer gleichsam die Überwindung der Pest. Longhena arbeitete noch an weiteren Kirchen Venedigs (z. B. die Chiesa Santa Maria di Nazareth), aber die Chiesa della Salute, wie sie auch genannt wird, blieb sein unbestrittenes Meisterwerk und der prächtigste Sakralbau des venezianischen Barock. Auch in der Profanarchitektur, wo er die ganze Stilpalette des Barock ausschöpfte, setzte Longhena Maßstäbe. Zu den schönsten und größten seiner Wohnbauten gehören die Uferpalazzi Belloni Battagia, Ca’ Pesaro und Ca’ Rezzonico am Canal Grande.
Von der Idee des barocken Gesamtkunstwerks im städtebaulichen Maßstab, wie sie in Rom und Neapel umgesetzt wurde, war Venedig jedoch weit entfernt. Es blieb bei vereinzelten, aber herausragenden Barockbauten v. a. Longhenas, die später einmal als „die einzige hochrangige Alternative zum römischen Barock“ (Rudolf Wittkower) bezeichnet wurden.