Sehenswertes im Cannaregio-Viertel
Interessantes kleines Museum im ehemaligen Ghetto Nuovo. Es dokumentiert die Geschichte der venezianischen Juden, die ab 1516 in diesem abgeriegelten Wohngebiet leben mussten. Zu sehen sind kostbare liturgische Gewänder und Kultgegenstände aus Silber und Gold sowie frühe Drucke jüdischer Schriften. Außerdem werden Führungen durch die intakten Synagogen des Judenviertels angeboten. (Das erforderliche Käppchen für männliche Besucher wird ausgeliehen.)
Campo di Ghetto Nuovo. Geöffnet: tägl. (außer Sabbat und an jüdischen Feiertagen), Juni-Sept. 10-19 Uhr, Okt.-Mai 10-17.30 Uhr. Eintritt: 4 €, erm. 3 € bzw. mit Venice Card. Museum inkl. Synagogen-Führung: 10 €, erm. 8 €. Die stündlichen Führungen (erste Führung um 10.30 Uhr) finden im Wechsel auf Italienisch bzw. Englisch statt, Dauer ca. 45 Min. Führungen auf Deutsch nur nach Vereinbarung. Obligatorische Anmeldung zur Friedhofsführung auf dem Lido di Venezia (→ S. 243, Antico cimitero ebraico) ebenfalls im Museum. Die Synagogen
Im jüdischen Viertel gibt es insgesamt fünf Synagogen, die als solche kaum zu erkennen sind, da sie in das Konglomerat der Wohnhäuser integriert worden sind. In Anlehnung an die christlichen Scuole Venedigs wurden die Synagogen ebenfalls so genannt (Scola bzw. Schola). Sie dienten und dienen den Juden als Gebetsstätten und Versammlungsräume. Bei ihrer Ausstattung hatte man sich damals auf Holz und vergoldete Stuckaturen zu beschränken, da den Juden die Verwendung von Marmor verboten war!
Am Campo Ghetto Nuovo befinden sich drei Synagogen: Scola Grande Tedesca, die älteste Synagoge, 1528 von deutschstämmigen Juden errichtet. Aus der Renaissancezeit stammen lediglich noch einige Gebetsbänke. Scola Canton (direkt über dem jüdischen Museum), sie wurde 1531 gegründet und mehrfach umgebaut, zuletzt im Stil des venezianischen Rokoko; sie war den aschkenasischen Juden vorbehalten. Scola Italiana, die italienische Synagoge, 1571-1575 erbaut; ihre prächtige Gebetskanzel wird von einer kleinen Kuppel überwölbt.
Im Ghetto Vecchio befinden sich zwei weitere Synagogen, sie gelten als die prunkvollsten: Scola Levantina und Scola Spagnola, beide Mitte des 16. Jh. für sephardische, spanische und portugiesische Juden errichtet. Die levantinische Synagoge besitzt eine üppige Innendekoration sowie ein kunstvoll geschnitztes Lesepult. Die spanische, die größte der fünf Synagogen, wurde 1635 von Baldassare Longhena barock umgestaltet und hat eine ovale Frauengalerie („Matroneum“).
Tintorettos Grabstätte:
Chiesa Madonna dell’Orto
Diese Backsteinkirche aus dem 15. Jh. verkörpert stilistisch den Übergang von der venezianischen Gotik zur Renaissance und besticht v. a. durch die hohe Qualität ihrer Steinmetzarbeiten. Oberhalb des Portals stehen auf achteckigen Postamenten drei Heiligenfiguren (Erzengel Gabriel, Madonna, heiliger Christopherus mit Kind), während die beiden Fassadenseiten von den Statuen der zwölf Apostel gekrönt werden. Weitere Skulpturen stehen in den Giebeltürmchen und auf dem markanten Zwiebelturm. Sehr kunstvoll ist auch das Maßwerk der großen gotischen Fassadenfenster gearbeitet.
Im querschifflosen Innenraum tragen schlanke Marmorsäulen eine flache, mit Querbalken verstärkte Kassettendecke. Ursprünglich war die Kirche dem heiligen Christopherus geweiht, doch der wurde von der Madonna verdrängt, deren Bildnis man in einem angrenzenden Gemüsegarten („Orto“ - daher der Name der Kirche) fand. In der rechten Chorkapelle hat Tintoretto seine Grabstätte gefunden. Er lebte in der Nachbarschaft, war ein gläubiger Mensch und überzeugter Kirchgänger. Für seine Pfarrkirche fertigte er insgesamt vier Gemälde an, darunter das großformatige „Jüngste Gericht“ im Chorraum und den „Tempelgang Mariens“ über dem Eingang der rechten Seitenkapelle.
Campo della Madonna dell’Orto. Geöffnet: Mo-Sa 10-17 Uhr. Eintritt: 2,50 €.
Kirchensammelticket/Chorus Pass → S. 140. Im Cannaregio-Viertel befinden sich 3 der 16 Chorus-Kirchen. Chiesa Santa Maria dei Miracoli
Das kleine Kirchenjuwel der Frührenaissance ist zweifellos Pietro Lombardos anspruchsvollstes Werk. Gleich nach der Errichtung (1481-1489) löste dieser Marmorschrein, dessen Außen- und Innenwände vollständig mit farbigen Marmorinkrustationen verkleidet sind, einen Sturm der Begeisterung aus. Vergleiche mit den schönsten Marmorkirchen der Zeit in Ravenna, Florenz und Rom wurden angestellt. Betörend wirkt v. a. die elegante Hauptfassade, in die perfekt proportionierte Kreise, Rechtecke, Achtecke, Kreuze und Bogenfenster eingelassen sind - überwölbt von einem abschließenden Rundbogen. Innen erreicht die kostbare Marmorausstattung ihren Höhepunkt, stark kontrastiert von einem vergoldeten Tonnengewölbe mit zahlreichen Heiligenporträts. Vom saalartigen Kirchenschiff führt eine steile Marmortreppe zum erhöht liegenden Chorraum, über den sich eine prächtig dekorierte und lichtdurchflutete Kuppel stülpt. Kein Wunder, dass die „Kirche der Marienwunder“ eine der beliebtesten Hochzeitskirchen Venedigs ist.
Rio dei Miracoli. Geöffnet: Mo-Sa 10-17 Uhr. Eintritt: 3 € bzw. mit Chorus Pass oder Venice Card.
Chiesa San Giovanni Crisostomo
Die backsteinerne Kreuzkuppelkirche im Renaissancestil (1497-1504 errichtet) ist ein Spätwerk Mauro Coduccis. Die Fassade zeigt in ihrem Aufbau Anklänge an die San-Zaccaria-Kirche im Markusviertel, die als Coduccis venezianisches Meisterwerk gilt. Im Innern hängt ein Altarbild von Giovanni Bellini. Das detailreich und meisterhaft gearbeitete Marmorrelief, das die Marienkrönung im Kreise der Apostel darstellt, stammt von Tullio Lombardo, einem Sohn Pietro Lombardos.
Campo San Giovanni Crisostomo. Geöffnet: Mo-Sa 8.30-12 und 15.30-17 Uhr, So 15.30-17.30 Uhr. Eintritt frei.
Chiesa Santa Maria Assunta dei Gesuiti (I Gesuiti)
Der von Ignatius von Loyola im 16. Jh. gegründete Jesuitenorden galt als eine außerordentlich gelehrte Gemeinschaft beredter Intellektueller, die auch in Venedig offensiv die Interessen der römischen Amtskirche vertraten, was letztlich zu ihrer Verbannung aus der Stadt führte. Erst Anfang des 18. Jh. - nach Aufhebung der Verbannung - gründeten die Jesuiten in Venedig eine Gemeinschaft und ließen sich von Domenico Rossi eine prächtige Kirche im Stil des prunkvollen römischen Barock errichten. Der große, zweigeschossige Innenraum besitzt ein vergoldetes Deckengewölbe mit allerfeinsten Stuckarbeiten, während die Wände und der Altarraum in grün-weißem Marmorglanz erstrahlen. Wuchtige Sarkophage mit den Büsten der Verstorbenen zeugen ebenfalls von barockem Pomp. Besonders interessant ist der Sarkophag des Dogen Pasquale Cicogna (1585-1595), links vom Altar, der mit einer kunstvollen liegenden Figur des Verstorbenen und einem angedeuteten Baldachin geschmückt ist. Der eigentliche Kunstschatz der Gesuiti-Kirche ist Tizians Gemälde „Martyrium des heiligen Laurentius“ (1557) in der ersten Seitenkapelle links. Dieses Bild mit den antikisierenden Elementen und den dramatischen Licht-Schatten-Kontrasten gehört zu den rätselhaftesten Nachtbildern der venezianischen Malerei. Tintorettos „Himmelfahrt Mariens“ im linken Querschiff beeindruckt ebenfalls durch das virtuose Zusammenspiel von Licht und Schatten.
Campo dei Gesuiti. Geöffnet: tägl. 10-12 und 17-19 Uhr. Eintritt frei.