L’Isola di Murano ca. 6000 Einw.
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Murano: Klein-Venedig
Die kleine Inselstadt, die auf neun Laguneninseln errichtet worden ist, wirkt mit ihren Kanälen, Brücken, Gassen und Häusern wie eine provinzielle Miniaturausgabe von Venedig. Seit dem Spätmittelalter wird hier die Kunst der Glasherstellung ausgeübt.
Bei der Glasindustrie von Murano handelt es sich um den einzigen großen Produktionszweig der Republik Venedig, der sich bis heute gehalten hat und zeitgemäß weiterentwickelt wurde. Nach wie vor bestimmen die Fornaci (Glashütten) und Ateliers der zahlreichen Glasbläser das Gesamtbild der Inselstadt. Im Glasmuseum Museo del vetro (s. u.) kann man sich einen Überblick über die interessante Geschichte der örtlichen Glasherstellung verschaffen.
Zur Zeit der Republik beschränkte sich die Bedeutung Muranos keineswegs nur auf die Glasproduktion, auch als Sommerresidenz des Adels und wegen der hübsch angelegten botanischen Gärten erfreute sich die Insel, die im 16. Jh. ca. 30.000 Einwohner zählte, großer Beliebtheit. Sogar von literarischen Salons ist die Rede, und die einst 17 Kirchen zeugten von Wohlstand und Kunstsinn. Doch im Schatten der großen Serenissima haftete Murano stets ein Hauch von Provinzialität an, der die Insel heute vielleicht mehr denn je kennzeichnet. In Murano regiert ein relativ grauer kleinstädtischer Alltag, dem nur das vielfarbige Funkeln der allgegenwärtigen Glasprodukte etwas Glanz verleiht.
Verbindungen: Mit dem Vaporetto Nr. 4.1/4.2 sowie 12 ab Fondamenta Nuove.
Sehenswertes auf Murano
Die mit Abstand billigste Art, nach Murano zu kommen, ist die Teilnahme an einer der kostenlosen Überfahrten, die unweigerlich in den Ausstellungsräumen der örtlichen Glasindustrie enden (ab Molo di San Marco). Doch diese Variante dürfte nur eingefleischte Fans von Butterfahrten und vergleichbaren Einkaufsfahrten reizen. Üblich ist die Anreise mit dem öffentlichen Wasserbus, wobei man bereits an der ersten Anlegestelle (Colonna) aussteigen sollte.
Übernachten
2Al Soffiador
Essen & Trinken
1Busa alla Torre

Der anschließende Uferweg
Fondamenta dei Vetrai sorgt dann sofort für einen gebührenden Empfang. Hier sind sie nämlich fast alle vertreten, die großen (Barovier & Toso, Venini etc.) und kleinen Glaskünstler mit ihren klassischen Vasen, Kelchen, Pokalen, Lampen, Lüstern, Perlen, den verspielten Buntglasfiguren und dekorativen Objekten. Wer Interesse zeigt, hat viel zu tun, ansonsten hat man schnell die Chiesa San Pietro Martire aus dem 15. Jh. erreicht.
Sie beherbergt ein Hauptwerk
Giovanni Bellinis von 1488, das Wandbild im rechten Seitenschiff, das die thronende Madonna mit dem heiligen Markus und dem Dogen Agostino Barbarigo zeigt. Sehenswert ist auch die Sakristei mit ihrer barocken Holzausstattung (Eintritt 1,50 €).
Bei dem benachbarten Palazzo da Mula, in dem sich heute eine Inselbehörde befindet, handelt es sich um einen der wenigen prunkvollen Palazzi Muranos, dessen spätgotische Fassade ganz der venezianischen Architektur des frühen 15. Jh. entspricht.
Auf einer Eisenbrücke überquert man den Hauptkanal von Murano, den Canale degli Angeli. Er teilt das Städtchen in zwei Hälften und wird von den Einheimischen gerne als ihr Canal Grande bezeichnet. Kleinere Kanäle gibt es hingegen kaum noch, obwohl Murano einst mehr Kanäle als Gassen gehabt haben soll.
Unverkennbar ragt jetzt am Ufer der Palazzo Giustinian aus dem 17. Jh. auf, der das Museo del vetro bzw. Museo dell’Arte Vetraria beherbergt. Dieses ausgesprochene Liebhabermuseum, das 1861 im Zuge der Wiederbelebung der örtlichen Glasindustrie gegründet wurde, erstreckt sich auf zwei Ebenen und hat an die 4000 Exponate zu bieten.
Murano - Synonym für venezianische Glaskunst
Bereits im 10. Jh. war die Glasherstellung nach orientalischem Vorbild in Venedig bekannt. Nach der Eroberung Konstantinopels (1204) brachten Glasbläser aus Konstantinopel ihr Know-how nach Venedig und legten damit den Grundstein für ein florierendes Handwerk, das schon 1224 eine eigene Zunft bildete. Einen verheerenden Stadtbrand nahm die Regierung 1291 zum Anlass, alle Glashütten und damit die gesamte Glasindustrie nach Murano zu verlegen. Bald darauf avancierte Murano zum größten europäischen Zentrum der Glasherstellung, das von der Regierung streng überwacht wurde. Die Soffiatori del vetro, die ebenso wie die Werftarbeiter als Geheimnisträger galten, genossen einerseits Privilegien, durften andererseits Murano aber nicht verlassen. Produziert wurden damals vorwiegend Gebrauchsgegenstände wie Flaschen, Gläser, Schalen, Spiegel und Brillengläser, die in orientalischen Ländern sowie im nördlichen Europa guten Absatz fanden. Vor allem die kunstvoll gearbeiteten venezianischen Spiegel erfreuten sich größter Beliebtheit.
Einen bahnbrechenden Entwicklungsschritt stellte die von Angelo Barovier Mitte des 15. Jh. erfundene Methode zur Herstellung besonders reinen Glases dar, das aufgrund seiner Eigenschaften Cristallo genannt wurde. Nach der Methode Baroviers - ein Name, der heute noch für hochwertige venezianische Glaskunst steht - ließ sich erstmals blasenfreies, nahezu kristallklares Glas erzeugen. Aber nicht nur hohe Transparenz, sondern auch schrille Farbigkeit und filigrane Verzierungen gehörten zu den besonderen Kennzeichen der Glasarbeiten aus Murano. Mehrfarbige Glasarten wie das Chalzedon wurden erfunden, durch Beimischung von Metalloxyden konnten so gut wie alle Farbtöne erzielt werden. Eine gängige Verzierungstechnik war das Aufschmelzen von farbigem Email und Blattgold. Einen regelrechten Hit landeten die innovativen Glasmacher aus Murano mit der Erfindung des Milchglases (Lattimo), das sich gut zur Nachahmung des begehrten chinesischen Porzellans eignete. Eis- und Netzglas waren weitere raffinierte Kreationen.
Im 16. und 17. Jh., als die venezianische Glasindustrie nahezu konkurrenzlos boomte, gelang es der Regierung letztlich nicht mehr, die Geheimnisse der erfolg-reichen Glasproduktion zu hüten. Immer mehr Glasmacher gingen auf die lukrativen Angebote ausländischer Glashütten ein und wanderten trotz drohender Todesstrafe ab, um ihre Kenntnisse im Ausland zu vermarkten. Bald darauf wurde in halb Europa „à la façon de Venise“ produziert, und Venedig hatte seine Monopolstellung verloren. Im 18. Jh., als das böhmische Kristallglas den Markt plötzlich beherrschte, wurden die Venezianer selbst zu Plagiatoren, indem sie versuchten, böhmische Glasschleiferei nachzuahmen.
Der Niedergang der Republik 1797 und die Auflösung der Zunft führten zum vorläufigen Stillstand der Glasproduktion. Die ersten Anzeichen einer erfolgreichen Wiederbelebung zeichneten sich Mitte des 19. Jh. ab, als die Nachfahren alter Glasbläserfamilien wie Barovier und Toso ihre Betriebe wieder öffneten und Antonio Salviati seine stilbildende Glashütte gründete. Zum Erfolgsrezept der neuen Glasindustrie von Murano gehörte in erster Linie die Fortentwicklung der traditionsreichen venezianischen Techniken, die bald zur Erfindung gänzlich neuer Glasgewebe und -mischungen führte. Die Experimente internationaler Künstler und Designer im Rahmen der Kunst-Biennale trugen hingegen dazu bei, dass hochwertige Glasobjekte aus Murano den Weg in die Kunstgalerien und Museen fanden. Andererseits führte der Massentourismus und der damit verbundene Bedarf an Souvenirartikeln zu einer Belebung des weniger anspruchsvollen Teils der Glasbranche. Heute arbeiten rund 100 kleine und große Glashütten auf der Insel. Aber Vorsicht - längst nicht alles, was als echtes Muranoglas verkauft wird, stammt auch tatsächlich von der Insel. Schätzungsweise die Hälfte aller Glassouvenirs, die Touristen mit nach Hause nehmen, kommt aus Taiwan und China. Nur wenn der Aufkleber „Vetro di Murano“ drauf ist, hält man ein echtes Markenprodukt in der Hand.
Im kleinen Untergeschoss sind antike Glasarbeiten (Originale und Repliken) zu sehen, die ältesten Stücke stammen aus dem 1. Jh. Das obere Stockwerk ist der Glaskunst des 15.-20. Jh. gewidmet, wobei auch die internationale Konkurrenz Muranos nicht zu kurz kommt. Der blaue Hochzeitspokal aus der Glasmanufaktur Barovier ist ein Highlight aus den Anfängen der hiesigen Glasproduktion, er wurde 1470 angefertigt. Außerdem werden verschiedene Herstellungsverfahren mit Bild- und Texttafeln erläutert.
Geöffnet: April-Okt. tägl. 10-18 Uhr, Nov.-März tägl. 10-17 Uhr. Fondamenta Giustinian 8. Eintritt: 8 €, erm. 5,50 € bzw. mit dem Museumspass oder der Venice Card.

Gleich neben dem Glasmuseum öffnet sich der unspektakuläre
Campo San Donato, der größtenteils vom Backsteinbau der Basilica Santi Maria e Donato und dem wuchtigen quadratischen Glockenturm eingenommen wird. Die bis ins 7. Jh. zurückreichende Baugeschichte der ehemaligen Kathedrale der Bischöfe von Torcello und Murano belegt, dass das Inselstädtchen um einiges älter ist als Venedig selbst. Der dreischiffige Kirchenbau, der 1140 fertiggestellt und später barockisiert worden ist, erhielt seine romanisch-byzantinischen Grundformen im 19. Jh. zurück.
Besonders markant ist die an der Außenseite mit zweistöckigen Arkaden gegliederte Apsis. Im Innern fasziniert der kunstvoll gearbeitete Mosaikfußboden aus dem 12. Jh., der sich wie ein orientalischer Flickenteppich ausbreitet. Kunstgeschichtlich bedeutend ist auch das goldglänzende Apsismosaik mit der betenden Maria, der die Kirche anfangs alleine geweiht war. Als venezianische Kreuzfahrer dann die Gebeine des heiligen Donatus nach Venedig brachten, bekam die Gottesmutter Gesellschaft. Bei dem Altarbild handelt es sich um eines der frühesten Werke der venezianischen Malerei.
Geöffnet: tägl. 9-12 und 15.30-19 Uhr, Eintritt frei.
Muranos Basilika
Wer den Weg jetzt über den Hauptplatz von Murano, den Campo San Bernardo, fortsetzt, verlässt die Glasglitzerwelt für kurze Zeit vollständig und taucht in den Inselalltag ein.
Übernachten/Essen und Trinken
Die Gastronomie auf Murano ist voll und ganz auf Tagestouristen eingestellt, d. h. nahezu alle Restaurants bieten einen ausgedehnten Mittagstisch und schließen gegen Abend.
Al Soffiador 2 Kleine, freundliche Pension in der Nähe des Leuchtturms. 9 ordentliche, klimatisierte Zimmer mit und ohne Bad. Ganzjährig geöffnet. DZ mit Bad 70-200 €, ohne Bad 60-125 €, jeweils inkl. Frühstück. Murano, Bressagio 10/11, phone16doubleline.gif 041/739430, fax16bold.gif 041/739174, www.hotelalsoffiador.com.
Das angeschlossene, gleichnamige Ristorante hat nur mittags geöffnet. Menü 20-30 €, auch Pizza. Do geschlossen.
Busa alla Torre 1 Die bodenständige Trattoria befindet sich im angeblich ältesten Haus von Murano. Serviert werden vorwiegend Fischgerichte, zwei Spezialitäten des Hauses sind die Bavette alla Busara (Scampi und frische Tomaten) sowie Moleche in saor (kleine Meereskrebse süßsauer). Tische auch im Freien. Angemessene Preise, Menü 30-40 €. Tägl. mittags geöffnet, Fr/Sa auch abends. Campo Santo Stefano 3, phone16doubleline.gif 041/739662.