L’Isola di San Lazzaro degli Armeni
Auf dieser nur einen Katzensprung vom Lido di Venezia entfernten Klosterinsel leben seit fast 300 Jahren armenische Mönche des Ordens der Mechitaristen. Ihr Ordensgründer Mechitar von Sebaste (1676-1749), der mit seinen Anhängern aus dem Stammkloster auf dem Peloponnes vertrieben worden war, bekam die dem heiligen Lazarus geweihte Laguneninsel 1717 von der Republik Venedig überlassen. Seit dem Mittelalter pflegten armenische Kaufleute gute Handelsbeziehungen mit der Republik Venedig und waren in der Stadt willkommen. Aus dem völlig verwilderten Eiland, wo einst Leprakranke isoliert wurden, machten die armenischen Katholiken um Mechitar eines der bedeutendsten Zentren der armenischen Kultur und Religion. Ihre besonderen Bemühungen galten dem Erhalt der altarmenischen Sprache und der Verbreitung der armenischen Literatur sowie der Jugendseelsorge und Mission unter den Armeniern, von denen heute ca. 8 Millionen weltweit in der Diaspora leben. Das Monastero Armeno Mechitarista, das idyllische Kloster der venezianischen Mechitaristen, darf im Rahmen einer Führung besichtigt werden. Seit über einem halben Jahrhundert öffnen die gastfreundlichen Mönche von San Lazzaro ihr sehenswertes Refugium täglich nachmittags für interessierte Besucher. Ein i. d. R. humorvoller und sprachbegabter Padre, der je nach Zusammensetzung der Besuchergruppe in einem Mix aus Italienisch, Armenisch und Englisch parliert, führt in ein bis anderthalb Stunden durch die zur Besichtigung freigegebenen Räumlichkeiten der Klosteranlage, in der ein Dutzend Mönche und Schüler leben. Gäste aus der armenischen Weltgemeinschaft sorgen jedoch nicht selten dafür, dass die kleine Klostergemeinschaft auf das Mehrfache anschwillt.
Durch den Kreuzgang geht es zunächst in die Kirche, deren zwiebelförmige Glockenturmspitze man bereits vom Vaporetto aus erkennen konnte. Die ursprünglich romanische Kirche erhielt beim Wiederaufbau Anfang des 18. Jh. eine vollständig neue Mosaikverzierung sowie einen Sternenhimmel aus dem Märchenbuch. Auch ein Blick ins Refektorium ist erlaubt, wo die Klostergemeinschaft schweigend speist, wie es die Regeln vorschreiben. In den Fluren des ersten Stocks befindet sich eine im Laufe der Zeit auf fast 1000 Bilder angewachsene Gemäldesammlung, die selbst der Padre eher kurios als interessant findet. Im anschließenden Museum ist ein kleines Deckengemälde von Giovanni Battista Tiepolo zu bewundern - quasi als Entschädigung. Wie bei den Gemälden handelt es sich auch bei den Exponaten des Museums vorwiegend um Geschenke aus der internationalen Armeniergemeinschaft, die zusammengenommen eine recht bizarre Mischung ergeben: Porzellan, Statuetten, Elfenbeinschnitzereien, orientalische Kaffeemühlen, Keramik- und Silberarbeiten, Dokumente aus der armenischen Geschichte, ein bemalter Sarkophag mit einer ägyptischen Mumie, eine buddhistische Gebetstafel, ein indischer Thronsitz und nicht zuletzt ein Porträt von Lord Byron. Dieser büffelte hier sechs Monate lang die armenische Sprache, deren griechische Wurzeln ihn besonders interessierten. Er soll ein recht begabter Schüler gewesen sein, sagt der Padre schmunzelnd. Liebhaber liturgischer Gewänder und Gerätschaften kommen im Hinterzimmer des Museums auf ihre Kosten.
San Lazzaro degli Armeni: idyllische Klosterinsel in der Lagune
Den eigentlichen Museumsschatz stellt die Bibliothek dar, zu der ein moderner klimatisierter Raum gehört, in dem die wertvollsten armenischen Manuskripte und die ältesten Bücher konserviert werden. Hier befindet sich auch das allererste Buch, das in Venedig 1512 auf Armenisch gedruckt worden ist. Die älteste Handschrift datiert hingegen von 428. Die Mechitaristen von San Lazzaro, denen die Bewahrung der armenischen Sprache von jeher besonders am Herzen lag, unterhalten eine klostereigene Druckerei, aus der die Druckerzeugnisse stammen, die im Kloster-Shop zum Kauf angeboten werden. Im Sommerhalb-jahr endet die Führung mit einem Gang durch den gepflegten Klostergarten.
Verbindungen: Vaporetto Nr. 20, ab San Zaccaria, tägl. um 15.10 Uhr, Führung um 15.25 Uhr. Fahrplan und Klosterführung sind exakt aufeinander abgestimmt, auch die Rückfahrt. Eintritt: 6 €, ermäßigt 3 € (Kinder bis 12 J. und Studenten).
Le Isole del dolore wurden die verstreuten kleinen Laguneninseln zwischen La Giudecca und dem Lido di Venezia schon zur Zeit der Republik genannt. Sie gehörten zu den zahlreichen Inseln, auf denen die Lagunenstadt ihre Kranken, Aussätzigen und Irren in eigens errichteten Krankenhäusern, Quarantänestationen und Nervenheilanstalten isolierte. Hierbei handelt es sich um ein sehr trauriges Kapitel in der Geschichte Venedigs, das erst 1992 sein Ende fand, als die psychiatrische Klinik auf der Isola di San Clemente aufgegeben wurde. Jede der venezianischen Schmerzensinseln hatte ihre ganz spezielle Funktion: Auf der Isola di San Servolo wurde 1725 eine geschlossene Anstalt für Nervenkranke aus adligen Familien eingerichtet. Zeitgenossen beschrieben diese Einrichtung, aus der die Schreie der eingesperrten Insassen weithin zu hören waren, als einen zutiefst deprimierenden Ort. Auf der Nachbarinsel Isola di San Lazzaro (heute San Lazzaro degli Armeni, s. o.) war die Situation nicht viel humaner, dort unterhielt die Republik eine Quarantänestation nur für Leprakranke, während alle Pestkranken auf der Isola del Lazzaretto Vecchio isoliert wurden. Fälle mit unbekannten Infektionskrankheiten verbrachte man hingegen zur Isola della Grazia, wo sich noch in der zweiten Hälfte des 20. Jh. ein auf Infektionskrankheiten spezialisiertes Hospital befand. Auf der Isola di San Clemente, der einstigen Pilger- und Klosterinsel, wurde eine Nervenheilanstalt für Frauen errichtet, in der man später alle wegsperrte, die amtlich für geisteskrank erklärt worden waren. Über 90.000 Patienten sollen hier bis Mitte des 20. Jh. behandelt worden sein. Erst als ein Reformgesetz, benannt nach dem venezianischen Psychiater Franco Basaglia, geschlossene Anstalten in ganz Italien verbot, entstand hier eine moderne psychiatrische Klinik, die bis 1992 existierte.
Heute sind einige dieser Laguneninseln im Rahmen neuer Nutzungsprojekte wieder zum Leben erweckt worden. Auf der Isola di San Servolo hat die Venice International University 1997 ihr Quartier bezogen (www.univiu.org). Ein Luxushotel mit Golfanlage residiert auf San Clemente (San Clemente Palace, www.sanclementepalacevenice.com, ging 2013 in Konkurs, soll aber bald wiedereröffnen), während auf der Isola della Grazia ein weiteres Hotel dieser Kategorie geplant ist. Ein Depot für archäologische Funde aus dem Lagunengebiet befindet sich auf der Isola del Lazzaretto Vecchio. Museo della Follia/Madness Museum, auf der Isola di San Servolo. Die Ausstellung gewährt Einblicke in die Zeit der „mittelalterlichen“ Psychiatrie. Museums-, Kirchen- und Inselführung auf Italienisch (3 €), obligatorische Voranmeldung und Terminvergabe unter
041/5240119.