La Giudecca e San Giorgio Maggiore- Die Vorstadtinseln
Die beiden südlichen Vorstadtinseln - nur wenige Hundert Meter vom Stadtzentrum entfernt, aber getrennt durch den Canale della Giudecca und das Markusbecken - sind ehemalige Klosterinseln. Andrea Palladio errichtete dort im 16. Jh. seine beiden wichtigsten Sakralbauten im betont klassizistischen Stil. Wer den Seitensprung hierher unternimmt, wird allein schon vom fantastischen Blick auf das historische Stadtzentrum ausreichend belohnt.
Die dem Markusplatz vorgelagerte Isola di San Giorgio Maggiore
Ursprünglich war La Giudecca eine reine Klosterinsel, auf der sieben Klostergemeinschaften lebten. Ab dem 14. Jh. siedelte hier auch die jüdische Bevölkerung Venedigs; aus dieser Zeit stammt vermutlich der Name der Insel („Giudaico“ = jüdisch). Eine weitere Besiedlungsphase erlebte die Giudecca während der Glanzzeit der Serenissima, als reiche venezianische Kaufleute Sommerresidenzen mit großzügigen Gartenanlagen begehrten und hier geeigneten Baugrund vorfanden. Weniger rühmlich verlief die Entwicklung im 19. und frühen 20. Jh., als größere Gewerbebetriebe und Fabriken die bis dato friedliche Vorstadtinsel in ein kleines Industriegebiet verwandelten. Noch heute zeugen teils verwahrloste Fabrikhallen und Produktionsstätten von diesem kurzen Wirtschaftsboom, der ein abruptes Ende fand, als die Stadtregierung beschloss, sämtliche Industriebetriebe aufs nahe Festland zu verlegen. Zurück blieb die typische Trostlosigkeit eines verlassenen Gewerbegebiets.
Doch es tut sich was: Die lang gestreckte Giudecca-Insel ist heute attraktiver denn je. Immer mehr Venezianer zieht es auf der Suche nach einer ruhigen, bezahlbaren Wohnung hierher. Die Verkehrsanbindung ist gut, und einige der ehemaligen Fabrikgebäude sind bereits in begehrte Eigentums- bzw. Sozialwohnungen umgewandelt worden. Auch Künstler und Lebenskünstler finden auf der Insel leichter eine bezahlbare Atelierwohnung bzw. ein Loft als im Stadtgebiet von Venedig. Sogar die touristische Infrastruktur ist im Entstehen begriffen. Mit der schön gelegenen Jugendherberge Ostello di Venezia und dem unscheinbaren Luxushotel Cipriani haben sich auf der Giudecca gleich zwei Top-Herbergen, wenn auch sehr verschiedener Art, niedergelassen. Und einmal im Jahr steht La Giudecca voll im Mittelpunkt des Geschehens, wenn hier das volkstümliche Erlöserfest stattfindet, das eng mit der Entstehungsgeschichte der Palladio-Kirche Il Redentore verbunden ist und zu den beliebtesten und wichtigsten Festen der Stadt zählt (→ S. 64).
Nur einen Katzensprung von La Giudecca entfernt liegt die kleine Insel San Giorgio Maggiore, die fast vollständig vom Komplex des ehemaligen Benediktinerklosters eingenommen wird. Mit der majestätischen Klosterkirche hat Palladio einen weiteren, nahezu allgegenwärtigen Meilenstein in der venezianischen Sakralarchitektur gesetzt. Fast wie eine Provokation wirkt hingegen der Glockenturm von San Giorgio Maggiore, der dem Campanile von San Marco zum Verwechseln ähnlich sieht. Macht er ihm doch obendrein auch noch den schönsten Rundumblick auf Venedig und die Lagune streitig. Nicht unbescheiden steht zu Füßen des Campanile das neue Glasmuseum Le Stanze del Vetro.