20.12Distributionsspezifische Eigenheiten

Bei diesem Kapitel ist es schwierig, die allgemeine Beschreibung von Paketverwaltungswerkzeugen von den spezifischen Besonderheiten einzelner Distributionen zu trennen. In den bisherigen Abschnitten habe ich mich bemüht, Ihnen die Grundlagen und Kommandos zu beschreiben, die für mehrere Distributionen gemeinsam gelten. In diesem Abschnitt folgen nun einige Besonderheiten, die nur für eine bestimmte Distribution gelten. Das betrifft insbesondere die Konfiguration der Paketquellen sowie distributionsspezifische Programme wie das Ubuntu Software-Center.

CentOS und RHEL

Die Paketauswahl in CentOS bzw. RHEL ist im Vergleich zu anderen Distributionen bescheiden. Abhilfe schafft das Einrichten der EPEL-Paketquelle (Extra Packages for Enterprise Linux), die eine riesige Sammlung gut gewarteter Zusatzpakete enthält. Bei CentOS 7 bzw. RHEL 7 richten Sie EPEL mühelos mit dem folgenden Kommando ein:

root# yum install epel-release

Bei älteren CentOS- oder RHEL-Installationen müssen Sie das epel-release-Paket von der EPEL-Webseite herunterladen und mit rpm -i installieren.

Als grafische Benutzeroberfläche zur Installation von Paketen bzw. zur Durchführung von Updates ist PackageKit installiert (siehe Abbildung 20.4).

Momentan gibt es keine Linux-Distribution, die über einen längeren Zeitraum Updates verspricht als RHEL bzw. CentOS. Mit den Updates aktualisieren Sie Ihre Distribution schrittweise von Version 7.0 auf 7.1, 7.2, 7.3 etc. Versprechen Sie sich von den Updates aber nicht zu viel: RHEL sieht fast ausschließlich Sicherheits-Updates vor. Egal ob GIMP, Gnome oder der Kernel: Diese Programme bleiben bei der installierten Version stehen, auch wenn es längst aktuellere Versionen gibt. Auch ein Update auf die nächste Major-Version, also auf 8.0, ist nicht vorgesehen.

Debian

Debian-Pakete sind in drei Gruppen eingeteilt:

Zudem unterscheidet Debian zwischen Stable-, Testing- und Unstable-Paketen:

Die drei Zweige haben jeweils Debian-interne Codenamen: Momentan steht »Jessie« für Stable (also Debian 8), »Stretch« für Testing und »Sid« für Unstable. Der Codename für Unstable bleibt immer gleich. Wenn Debian 9 fertig wird, bekommt es den Namen »Stretch«, und der Testing-Zweig erhält einen neuen Namen.

Je nach Entwicklungsstand kann es vorübergehend auch Experimental-Pakete geben, um fundamental neue Konzepte auszuprobieren.

Damit das APT-System Zugriff auf alle Pakete samt Updates hat, sollte sources.list wie im folgenden Beispiel aussehen:

deb http://debian.inode.at/debian/ jessie main contrib non-free deb http://debian.inode.at/debian/ jessie-updates main contrib non-free deb http://security.debian.org/ jessie/updates main contrib non-free

Dabei ersetzen Sie debian.inode.at durch einen geografisch nahe liegenden Mirror-Server. Beachten Sie, dass nach einer Debian-Neuinstallation non-free nicht enthalten ist. Wenn Sie also Zugang zu Non-Free-Paketen wünschen, müssen Sie non-free selbst hinzufügen! Falls Sie auch Quellcodepakete installieren möchten, kopieren Sie die obigen drei Zeilen und ersetzen jeweils deb durch deb-src.

Eine mögliche Alternative zur testing-Paketquelle ist die backports-Paketquelle. Die dort enthaltenen Pakete gelten als etwas stabiler, dafür ist die Auswahl deutlich geringer. Um die Backports-Paketquelle zu nutzen, fügen Sie die folgende Zeile zu /etc/apt/sources.lst hinzu. Dabei ersetzen Sie wieder debian.inode.at durch einen nahegelegenen Mirror-Server.

# in /etc/apt/sources.lst deb http://debian.inode.at/debian/ jessie-backports main contrib non-free

Um zu vermeiden, dass beim nächsten Update alle installierten Pakete durch neuere Backport-Versionen ersetzt werden, sind die Backports-Pakete durch die Einstellung NotAutomatic: yes in der Release-Datei der Paketquelle so gekennzeichnet, dass sie eine geringere Priorität als normale Pakete haben. Deswegen müssen Sie bei der Installation von Backports-Paketen mit aptitude explizit die Option -t wheezy-backports angeben.

root# aptitude -t jessie-backports install paketname

Nach einer Installation von einer DVD verbleibt in sources.list eine Zeile, die mit deb cdrom:xxx beginnt. Sollten Sie gerade über keinen Internetzugang verfügen, ist das praktisch – dann können Sie nämlich Pakete direkt von der DVD installieren. Ansonsten stört diese Zeile aber eher, weil Debian bei jeder Installation nach der DVD fragt, wenn diese gerade nicht im Laufwerk ist. Abhilfe: Kommentieren Sie die Zeile einfach aus, indem Sie das Zeichen # voranstellen.

Fedora

Zur Installation von proprietären Treibern, Multimedia-Codecs etc. müssen Sie die Paketquelle RPM Fusion einrichten (siehe Abschnitt 3.3, »Fedora«).

Der Fedora Upgrader, kurz FedUp, ermöglicht es, ältere Fedora-Systeme im laufenden Betrieb zu aktualisieren. Um ein Update von Fedora 21 auf Version 22 durchzuführen und die erforderlichen Pakete aus dem Netzwerk herunterzuladen, gehen Sie so vor:

root# yum install fedup root# fedup-cli --network 22 root# reboot

Beginnend mit Fedora 23 steht fedup nicht mehr zur Verfügung. Auch das Update von Fedora 22 auf Fedora 23 wird nicht mehr unterstützt. Stattdessen können Distributions-Updates jetzt mit einem neuen dnf-Plugin durchgeführt werden. Eine detaillierte Beschreibung geben die Release Notes zu Fedora 23:

https://docs.fedoraproject.org/en-US/Fedora/23/html/Release_Notes/sect-Release_Notes-Changes_for_Sysadmin.html

Das Gnome-Programm
  »Software«

Abbildung 20.5Das Gnome-Programm »Software«

Fedora sieht als grafische Benutzeroberfläche zur Paketinstallation und zur Durchführung von Updates das auf PackageKit basierende Programm »Software« vor (Programmname gnome-software, siehe Abbildung 20.5). Dieses Programm ist allerdings für Linux-Einsteiger konzipiert und nur zur Installation von Desktop-Programmen gedacht. So liefert etwa eine Suche nach apache keinen Treffer. Insofern halte ich es äußerst unwahrscheinlich, dass typische Fedora-Anwender mit diesem Programm glücklich werden.

Linux Mint

Die Paketverwaltung von Linux Mint entspricht im Wesentlichen der von Ubuntu. Es gibt aber einige Unterschiede:

openSUSE

Unter openSUSE können Sie zur Paketverwaltung YaST verwenden. Dieses Konfigurationsprogramm stellt in der Gruppe Software gleich fünf Module zur Auswahl. Gerade SUSE-Einsteigern fällt es manchmal schwer, unter den ähnlich lautenden Einträgen den richtigen zu finden. Der folgende Überblick gibt eine erste Orientierungshilfe. Die wichtigsten Module werden im Anschluss genauer vorgestellt.

Für das YaST-Modul Software • Software installieren und löschen gibt es zwei grundverschiedene Implementierungen: Die KDE-Variante entspricht dem, was SUSE-Anwender seit vielen Jahren gewöhnt sind. Die neuere Gnome-Variante bietet dieselben Funktionen, ist aber etwas einfacher zu bedienen. Im Folgenden beziehe ich mich auf die KDE-Version.

Im Hauptfenster können Sie mit dem Button Anzeigen verschiedene Ansichten (Dialogblätter) öffnen und im weiteren Verlauf zwischen ihnen wechseln. In Abbildung 20.6 sind nur ein Teil dieser Dialogblätter offen.

Installation von Software-Paketen
   mit YaST unter KDE

Abbildung 20.6Installation von Software-Paketen mit YaST unter KDE

Der Paketmanager überprüft bei jeder Installation die Paketabhängigkeiten und aktiviert gegebenenfalls weitere Pakete zur automatischen Installation bzw. zum Update. Falls Abhängigkeitskonflikte auftreten, zeigt YaST verschiedene Vorschläge an, wie das Problem zu beheben ist.

Der Status von Paketen wird durch Symbole ausgedrückt. Der Zustand kann per Maus (verwenden Sie gegebenenfalls das Kontextmenü mit der rechten Maustaste!) oder per Tastatur verändert werden. Eine vollständige Beschreibung aller Symbole erhalten Sie mit Hilfe • Symbole.

Das Verfahren One-Click-Install ermöglicht es, dass ein Klick im Webbrowser auf eine YMP-Datei die angeführten Paketquellen bleibend einrichtet und alle angegebenen Pakete installiert. Hinter den Kulissen kümmert sich ein YaST-Modul um diese Arbeiten. Vor dem Beginn der Installation müssen Sie natürlich das root-Passwort angeben. Bei den YMP-Dateien handelt es sich um einfache XML-Dateien, die alle erforderlichen Informationen (Paketquellen, Paketnamen etc.) enthalten. YMP steht dabei für Yast Meta Package. One-Click-Links lassen sich von root auch durch das Kommando OCICLI installieren:

root# OCICLI "http://eine-website.de/ein-tooles-programm.ymp"

Die ZYpp-Paketverwaltung greift auf die Installations-DVD sowie auf Paketquellen aus dem Internet zurück. Beim Einrichten weiterer Paketquellen hilft das YaST-Modul Software Repositories. Falls Sie die Installations-DVD nach der Installation nicht weiter als Paketquelle verwenden möchten, können Sie die DVD-Paketquelle in diesem Modul explizit deaktivieren. Damit verschwinden die lästigen Fragen nach dem Einlegen der DVD bei jeder Paketinstallation.

Hinzufügen • Community/Gemeinschaft-Repositories hilft beim Einrichten populärer Paketquellen. Tabelle 20.7 zählt die wichtigsten Kandidaten auf. Der openSUSE BuildService ist mit Ubuntus PPAs zu vergleichen. Wenn Sie eine dieser Paketquellen aktivieren, können Sie unkompliziert aktuelle Versionen von KDE, Gnome, LibreOffice, VirtualBox etc. installieren. Die Paketquellen werden von der openSUSE-Community zur Verfügung gestellt.

http://de.opensuse.org/Build_Service

Paketquelle

Inhalt

Packman

Multimedia-Pakete

nVidia Graphics Drivers

proprietäre NVIDIA-Grafiktreiber

openSUSE BuildService

aktuelle Versionen von KDE, Gnome, LXDE, PHP, Python, Perl etc.

Tabelle 20.7Wichtige openSUSE-Paketquellen

openSUSE leistet sich den Luxus, zwei Update-Manager mitzuliefern: PackageKit und das YaST-Modul Online-Aktualisierung. PackageKit ist dafür zuständig, aus dem jeweiligen Desktop-System heraus Updates durchzuführen, wobei es für Gnome und KDE jeweils eigene Oberflächen gibt. YOU (Yast Online Update) ist hingegen ein Relikt aus früheren SUSE-Zeiten. Sein Einsatz empfiehlt sich nur, wenn die KDE- oder Gnome-Update-Werkzeuge Probleme bereiten oder wenn Sie einen KDE- und Gnome-freien Desktop nutzen. Alternativ können Sie Updates auch in einem Terminalfenster durchführen:

root# zypper update

Um die Lokalisierungspakete für eine bestimmte Sprache zu installieren, starten Sie das YaST-Modul System • Sprache und wählen dort die gewünschten Sprachen aus.

Im Rahmen des ersten Updates wird automatisch das Flash-Plugin von Adobe installiert. Für den Automatismus ist ein winziges, vorinstalliertes Trigger-Paket verantwortlich, dessen Name mit pullin beginnt (z.B. pullin-flash-player). Eine Liste dieser Pakete erstellt rpm -qa | grep pullin. Erst das Update der pullin-Pakete initiiert die Installation der eigentlichen Pakete.

SUSE bietet zwei Möglichkeiten, ein Distributions-Update durchzuführen:

Rolling Release mit openSUSE Tumbleweed

Linux-Experten und -Entwickler, die nach Möglichkeit immer die neuesten Software-Versionen einsetzen möchten, können mit dem Projekt Tumbleweed openSUSE zu einer Rolling-Release-Distribution machen. Das bedeutet, dass neue Programmversionen im Rahmen von täglichen Updates installiert werden und keine Notwendigkeit besteht, immer wieder eine neue openSUSE-Version zu installieren bzw. ein entsprechendes Distributions-Update durchzuführen.

Tumbleweed versucht, neue Software-Versionen zu aktivieren, sobald diese einigermaßen stabil sind. Dennoch sind beim Einsatz von Tumbleweed natürlich gelegentlich Probleme zu erwarten, wenn eine neue Software-Version doch noch Fehler enthält oder Inkompatibilitäten mit anderen Komponenten verursacht. Die Tumbleweed-Projektseite warnt vor dem Einsatz von Tumbleweed, wenn Sie proprietäre Treiber benötigen (NVIDIA, ATI), zusätzliche Paketquellen außer Oss, Non-Oss und Update aktiviert haben oder openSUSE in einer virtuellen Maschine ausführen.

Es bestehen zwei Möglichkeiten, Tumbleweed zu installieren. Die eine besteht darin, dass Sie direkt eine ISO-Datei von der Tumbleweed-Seite herunterladen und diese als Quelle für eine Neuinstallation verwenden. Bei der anderen Variante verwenden Sie eine gewöhnliche openSUSE-Installation als Ausgangspunkt, ändern dann die Paketquellen und führen schließlich ein Distributions-Update durch. Das ist umständlicher, erspart aber unter Umständen eine Neuinstallation. Die erforderlichen Kommandos sind ebenfalls auf der Tumbleweed-Seite zusammengefasst:

http://en.opensuse.org/Portal:Tumbleweed

Ubuntu

Ubuntu versucht Linux-Einsteigern die Paketinstallation mit dem Software-Center besonders einfach zu machen (siehe Abbildung 20.7). Das Programm hat gewisse Ähnlichkeiten mit Apples App Store und bietet neben den üblichen kostenlosen Open-Source-Paketen auch ein paar Spiele zum Kauf an.

Das
 Ubuntu Software-Center

Abbildung 20.7Das Ubuntu Software-Center

Das Software-Center hilft auch bei der Installation von proprietären Treibern. Dazu starten Sie in den Systemeinstellungen das Modul Anwendungen & Aktualisierungen und wechseln in das Dialogblatt Zusätzliche Treiber. Das Programm analysiert nun Ihre Hardware und bietet gegebenenfalls passende Treiber zur Installation an.

Es gibt vier Ubuntu-Paketgruppen, die alle standardmäßig in /etc/apt/sources.list aktiviert sind:

Die partner-Paketquelle wird von der Firma Canonical gewartet. Sie enthält kommerzielle Programme, die kostenlos weitergegeben werden dürfen – zuletzt z.B. Skype. In der Vergangenheit wurden die Pakete der partner-Paketquelle leider nur schlecht gewartet; im Laufe der Zeit waren die wenigen verfügbaren Pakete auch noch veraltet. Am einfachsten aktivieren Sie die partner-Paketquelle im gerade erwähnten Systemeinstellungsmodul im Dialogblatt Andere Programme.

PPA steht für Personal Package Archive und ist eine Möglichkeit für Ubuntu-Entwickler, aktuelle Versionen von diversen Programmen zur Verfügung zu stellen, ohne diese offiziell in die Ubuntu-Paketquellen zu integrieren. PPAs bieten oft den schnellsten Weg, um neue Versionen von Grafiktreibern, LibreOffice, GIMP etc. relativ gefahrlos in Ubuntu zu integrieren. Weitere Informationen über PPAs finden Sie hier:

https://launchpad.net/ubuntu/+ppas

Um eine PPA-Paketquelle einzurichten und daraus ein Paket zu installieren, führen Sie einfach die folgenden Kommandos aus:

user$ sudo add-apt-repository ppa:name user$ sudo add-get update user$ sudo add-get install paketname

Im Systemeinstellungsmodul Sprachen können Sie Sprachpakete für die aktuelle oder für eine weitere Sprache installieren bzw. vervollständigen und die Standardsprache einstellen. Die Änderung der Standardsprache wird beim nächsten Login wirksam. Das Modul Sprachen kümmert sich allerdings nur um direkt zu Ubuntu gehörige Programme. Wenn Sie außer den üblichen Gnome-Programmen auch KDE-Programme installiert haben, müssen Sie für deren Lokalisierung das Paket kde-l10n-de installieren.

Wenn Ubuntu Software-Updates feststellt, startet es automatisch das Programm Software-Aktualisierung (update-manager), wobei das Fenster aber minimiert bleibt. Es taucht also plötzlich das Icon des Update-Managers im Dock auf. Weil viele Anwender dieses Icon ganz einfach übersehen, weist Ubuntu auch im Systemmenü auf mögliche Updates hin.

Durch das Update-System werden normalerweise nur einzelne Programme aktualisiert, nicht aber die ganze Distribution. Sobald das Update-System eine neue Ubuntu-Version erkennt, fragt es, ob es ein vollständiges Distributions-Update durchführen soll. Antworten Sie nicht leichtfertig mit Ja! Distributions-Updates dauern relativ lange und sind häufig mit Problemen verbunden.

Bei Bedarf können Sie das Distributions-Update auch manuell mit do-release-update -m desktop (für Desktop-Systeme) bzw. -m server (für Server) starten. Bei Ubuntu LTS-Versionen sind Release-Updates nur für die nächste LTS-Version vorgesehen, also z.B. von 12.04 auf 14.04. Wenn Sie ein Update auf eine Nicht-LTS-Version durchführen möchten, müssen Sie vorher in /etc/update-manager/release-upgrades die Variable Prompt von lts auf normal stellen.