Deine Laufleistung ist nur so gut wie der Brennstoff, der sie antreibt. Einen guten Laufkörper aufzubauen und diesen dann mit ungeeigneter Energie zu versorgen, ist so, als hättest du einen Hennessey Venom GT (420 Stundenkilometer, von 0 auf 100 km/h in 2,5 Sekunden) und würdest den Tank mit Limonade füllen. Was den Aufbau deines Energiesystems angeht, so beginnt dies damit, welche Nahrung du zu dir nimmst – also mit den Kohlenhydraten, den Fetten, den Proteinen und den anderen in den Lebensmitteln enthaltenen Nährstoffen, die du jeden Tag konsumierst –, und endet mit der Bildung von Adenosintriphosphat, kurz ATP, durch deinen Körper, jenem Molekül, das jede Bewegung, die du machst, antreibt, vom leichtesten Zucken bis hin zum weitesten Sprung. Dein Lieblingspart beim Aufbau deines Energiesystems wird sein, gesunde
Nahrungsmittel vom Speiseplan auszuwählen, doch der wichtigste Part besteht darin, dass du deinem Körper beibringst, Bananen und Nudeln so umzuwandeln, dass du ausdauernder und schneller laufen kannst.
Genauso wie ein Küchengerät Strom benötigt, um zu funktionieren, und wie die Fernbedienung eines Fernsehgeräts Batterien benötigt und dein Auto Benzin im Tank, benötigt dein Körper Energie zum Laufen. Doch anders als im Fall von Strom, Batterien oder Benzin erhält dein Körper die Energie, die er zum Laufen benötigt, nicht in einer Form, die sofort verbrannt werden kann. Dein Körper muss seine Energie selber erzeugen – das ist die Aufgabe deines Energiesystems.
Menschliche Bewegung wird von Energie angetrieben, die das Molekül mit dem Namen Adenosintriphosphat, kurz ATP, zur Verfügung stellt. Du isst, um dir die in den Nahrungsmitteln enthaltene Energie (Kalorien) zunutze zu machen, doch die Nahrung, die du zu dir nimmst, stellt die Energie, die du zum Laufen benötigst, nicht unmittelbar zur Verfügung. Stattdessen spaltet dein Energiesystem Kohlenhydrate, Fette und Proteine und verwendet die entstehende Energie, um ATP zu bilden. Es ist ATP, das deinem Körper die Energie liefert, die er benötigt, damit du laufen kannst.
Im Großen und Ganzen hast du ein Energiesystem – das System, das ATP produziert –, doch es ist einfacher, die Funktionsweise dieses Energiesystems zu verstehen, wenn wir es in drei Systeme unterteilen, von denen zwei anaerob arbeiten und eins aerob. Deine beiden anaeroben Energiesysteme benötigen keinen Sauerstoff, um Energie zu produzieren, und die Zeit, in der sie Energie bereitstellen können, ist begrenzt. Dein aerobes System benötigt Sauerstoff, um zu funktionieren, und kann über lange Zeit hinweg Energie produzieren und bereitstellen. Die drei Systeme sind:
► das Phosphokreatin-System (anaerob)
► die Glykolyse (anaerob)
► das aerobe System (aerob)
Diese drei Systeme arbeiten zusammen, um sicherzustellen, dass deinem Körper immer ausreichend ATP zur Verfügung steht. Tatsächlich bildet jedes System Brennstoffe, Enzyme und andere Produkte, die wiederum von den anderen verwendet werden können (zum Beispiel bildet dein Glykolyse-System Lactat, das vom aeroben System zur Bildung von ATP verwendet wird). Mit anderen Worten: Diese Systeme sind voneinander abhängig. Unter Beachtung dessen gelten im Hinblick auf unser Energiesystem die folgenden vier Grundsätze:
1. Alle drei Energiesysteme arbeiten gleichzeitig.
2. Die Belastungsintensität und die Dauer bestimmen, welches Energiesystem vorrangig die benötigte Energie produziert und bereitstellt.
3. Sauerstoff ist jederzeit in deinen Muskeln vorhanden, aber sein Volumen steigt im Einklang mit dem Bedarf an aerober Energie.
4. Ermüdung wird durch unterschiedliche Faktoren in verschiedenen Energiesystemen verursacht.
TIPP FÜR ANFÄNGER:
Beginne niemals mit einer Diät, wenn du mit einem neuen Trainingsprogramm startest. Trainingsanpassungen erfordern Kalorien und Nahrung. Zu hungern verzögert nur die Regeneration nach Trainingseinheiten, mindert die für das Training zur Verfügung stehende Energie und senkt die Trainingsbegeisterung. Werde als Erstes fit. Und entscheide danach, ob du auch abnehmen musst.
»Wie viel ATP braucht man, um einen Marathon zu laufen?«
Die Evolution ist nicht dumm. Davon zeugen unsere Sprache, unsere opponierbaren Daumen und unser außerordentlich großes Gehirn. Warum also speichert unser Körper nur einen ATP-Vorrat, der in wenigen Minuten aufgebraucht ist, und nicht einen größeren? Einen Vorrat jenes Moleküls also, das jede menschliche Bewegung überhaupt erst ermöglicht? Wäre uns angesichts dessen, dass eine Erneuerung der ATP-Speicher rund um die Uhr eine Versorgung mit Brennstoff (Essen) erforderlich macht, nicht besser damit gedient, über eine länger ausreichende ATP-Reserve zu verfügen? Vielleicht über einen Vorrat, der für eine Stunde reicht? Oder für einen ganzen Tag?
Die Antwort ist ein klares Nein!
Wenn du dir vor Augen führst, wie viel ATP bei körperlicher Anstrengung verbraucht wird, wirst du verstehen warum.
Die beiden an der San Diego State University lehrenden Professoren Michael J. Buono und Fred W. Kolkhorst haben es sich zur Gewohnheit gemacht, in ihren Physiologie-Lehrveranstaltungen die folgende Frage zu stellen: »Wie viel ATP braucht man, um einen Marathon zu laufen?« Sie legen die Weltrekordzeit des US-amerikanischen Marathonläufers Khalid Khannouchi von 2:05:42 zugrunde und bitten die Studenten zu berechnen, wie viel ATP Khannouchi benötigt hat, um den Lauf zu absolvieren. Unter Annahme einer VO2max von 80 ml/kg/min und eines Körpergewichts von 55 Kilogramm und der Anwendung der molaren Gleichung für die Oxidation von Kohlenhydraten … nun ja, um eine lange Gleichung abzukürzen – die Antwort lautet: Khannouchi hat während seines 2:05-Marathons 60 Kilogramm ATP verbraucht!
Versuche mal, so eine Menge an deinem Treibstoff- und Trinkgürtel mit dir herumzuschleppen.
Wie bei so vielen anderen Dingen auch, weiß Mutter Natur es besser, wenn es um ATP geht.
Neben einer Beschreibung der Funktionsweise der drei Energiesysteme gehen wir in diesem Kapitel noch auf zwei weitere für dieses Thema relevante Punkte ein: aerobe Enzyme und Körperwärme. Aerobe Enzyme spielen eine entscheidende Rolle bei der Energieproduktion in den Mitochondrien, und Körperwärme entsteht als Nebenprodukt der Bildung und des Verbrauchs von ATP.
Du trainierst deine Energiesysteme, indem du Trainingseinheiten absolvierst, die Brennstoffe (Substrate), Enzyme, Puffer und Mechanismen (zum Beispiel den Lactat-Shuttle) beanspruchen, die mit jedem System assoziiert sind. Da die Workouts, die in diesem Kapitel empfohlen werden, bereits in den Fotoanleitungen vorheriger Kapitel vorgestellt wurden, dienen die Fotoanleitungen dieses Kapitels einem anderen Zweck. Um dir bei deinen Entscheidungen zu helfen, welchen Brennstoff du deinem Körper zuführst, betrachten wir eine Reihe von Trainingseinheiten darauf hin, wie viele Kalorien bei ihrer Durchführung verbraucht werden und sehen uns zudem an, wie viele von diesen Kalorien ungefähr jeweils aus Kohlenhydraten und Fetten stammen.
Tabelle 10.1
Aerobe/Anaerobe Energiebereitstellung
In Tabelle 10.1 ist der geschätzte Beitrag der von den drei verschiedenen Energiesystemen – dem aeroben, dem glykolytischen und dem Phosphokreatin-System – bereitgestellten Energie bei unterschiedlichen Laufintensitäten dargestellt.
Dein Körper verfügt über drei Energiesysteme, die rund um die Uhr arbeiten, um dir die Menge ATP zur Verfügung zu stellen, die du benötigst. Natürlich laufen die Systeme nicht 24 Stunden lang auf Hochtouren. Und die einzelnen Systeme stellen nicht für jede Aktivität gleiche Anteile an Energie bereit. Deine Energiesysteme sind so spezialisiert, dass jedes System die abgeforderte Energie zur Verfügung stellt, für deren Bereitstellung es am besten geeignet ist. In Tabelle 10.1 ist dargestellt, wie hoch der Energieanteil ungefähr ist, den die jeweiligen Systeme bei unterschiedlichen Belastungsintensitäten (repräsentiert durch Laufdistanzen und die entsprechenden Renntempos) beitragen. Bei Sprints wird die Energie nahezu komplett anaerob bereitgestellt, allein das Phosphokreatin-System liefert fast 50 Prozent. Beim Marathon hingegen ist es genau andersherum. Beim Marathon werden mehr als 99 Prozent der bereitgestellten Energie vom aeroben System geliefert. Wir sehen uns jedes deiner Energiesysteme an, um zu verstehen, wie sie genau funktionieren (und wie man sie am besten trainiert), beginnen jedoch mit einem kurzen Überblick über ATP selbst.
ATP wird oft als »Energiewährung« bezeichnet. Egal, ob du einen Sprint hinlegst, eine lange Strecke läufst oder nur aus dem Fenster blickst und darüber nachdenkst, ob du laufen gehen sollst – ATP liefert dir die Energie, die du für diese jeweiligen Aktivitäten benötigst. Wenn Muskelkontraktionen Glücksspielautomaten wären, wären ATP-Moleküle deine Münzen.
Du beginnst jeden Tag mit einem Vorrat von etwa hundert Gramm ATP in deinem Körper, der dann nach Bedarf neu aufgefüllt wird. Aber du solltest dir eins vor Augen führen: Diese hundert Gramm ATP reichen gerade einmal aus, um dir die Energie zu liefern, die du benötigst, um ein paar Minuten auf dem Sofa zu sitzen oder einige Sekunden zu laufen. Allein um deinen täglichen Energiebedarf zu decken, erneuerst du jedes ATP-Molekül ungefähr 500- bis 700-mal – ein ATP-Volumen, das deinem Körpergewicht entspricht! Ein hohes Trainingsvolumen erhöht die Menge der von deinem Körper angeforderten Energie um bis zu 100 Prozent. (Siehe Zusatzinformation »Wie viel ATP braucht man, um einen Marathon zu laufen?«.)
Du hast immer einen kleinen Vorrat an verfügbarem ATP in deinen Muskelfasern. Wenn das nicht der Fall wäre, würdest du unter Muskelstarre leiden (Muskeln verwenden ATP zum Kontrahieren und zum Entspannen). Doch mit deinem ersten Laufschritt brauchst du diesen Vorrat auf, und dein Körper muss das Phosphokreatin-System anwerfen.
Das Phosphokreatin-System ist sozusagen dein Ersthelfer, wenn der ATP-Vorrat in deinen Muskelfasern zur Neige geht. Auch anaerob-alaktazide Phase der Energiebereitstellung genannt, ist dieses Energiesystem im Sarkoplasma deiner Muskelfasern angesiedelt und basiert auf Kreatinphosphat (CrP) als Energieträger und läuft anaerob ab. Egal, ob du beim 100-Meter-Olympia-Finale vom Startblock lossprintest oder die ersten Schritte eines Langstreckenlaufs tust, dein ATP-Vorrat ist innerhalb von Sekunden aufgebraucht, wenn das Phosphokreatin-System nicht zur Hilfe kommt. Und es kommt innerhalb von einer tausendstel Sekunde zur Hilfe und greift auf Kreatinphosphat zurück, um sofort neues ATP zu bilden, und zwar doppelt so schnell wie dein nächstschnelles Energiebereitstellungssystem.
Dein Phosphokreatin-System stoppt die rapide Leerung deiner ATP-Speicher sofort, bis Verstärkung eintrifft. Für ein niedrigintensives Training übernehmen deine anderen Energiesysteme schnell die ATP-Produktion. Für eine hochintensive Aktivität wie einen Sprint, bei dem du alles aus dir herausholst, ist eine Energiebereitstellung erforderlich, die nur Phosphokreatin liefern kann, weshalb bei so einer Aktivität dein Phosphokreatin-System das Kommando behält und deine ATP-Vorräte zehn Sekunden lang mit 80 Prozent ihres normalen Volumens versorgt und erneuert. Genauso wie der Lachgastank, der Dominic Toretto mit seinem RX-7 in The Fast and the Furious den Sieg beschert, schnell aufgebraucht ist, ist der Phosphokreatin-Vorrat schnell erschöpft. Nach fünfzehn oder zwanzig Sekunden ist er weitgehend verbraucht. Das reicht für Sprints, das Heben schwerer Gewichte, plyometrische Übungen oder um über eine Pfütze zu springen, aber nicht, um eine Runde um den Block zu joggen, was bedeutet, dass du deine Belastung reduzieren musst, wenn du weiterlaufen willst.
Während das Phosphokreatin-System die bereitgestellte Energie anaerob produziert, erfordert das Wiederauffrischen der CrP-Speicher Sauerstoff. Das ist einer der Gründe, aus denen du nach einem Sprint oder dem Heben eines schweren Gewichts schnaufst und keuchst. Das Wiederauffüllen der CrP-Speicher dauert bis zu drei Minuten, weshalb du bei hochintensiven Aktivitäten entsprechende Erholungsphasen einplanen musst.
Wie das Phosphokreatin-System ist das glykolytische System im Sarkoplasma angesiedelt, funktioniert anaerob und springt sofort an, wenn du zu trainieren beginnst. Während einer hochintensiven Aktivität springt das glykolytische System als deine primäre Energiebereitstellungsquelle ein, sobald die Kapazität des Phosphokreatin-Systems erschöpft ist. Es ist zudem ein perfektes Beispiel dafür, dass deine individuellen Energiesysteme als aufeinander abgestimmte Teile eines umfassenden Energiesystems arbeiten. Der wesentliche Mechanismus des glykolytischen Systems ist eine in mehreren Schritten verlaufende, Glykolyse genannte chemische Reaktion, die der erste Schritt sowohl der anaeroben als auch der aeroben Energieproduktion ist.
Auf dem Abbau der Energieträger Glucose und Glykogen (Kohlenhydrate) basierend werden im Zuge der Glykolyse anaerob zwei bzw. drei ATP-Moleküle und zwei sehr wichtige Pyruvat genannte Moleküle gebildet. Wenn deine Muskelfasern mehr Energie anfordern, als aerob bereitgestellt werden kann, werden die Pyruvat-Moleküle der sogenannten »schnellen« Glykolyse unterzogen. Wenn genug Sauerstoff für eine aerobe Energiebereitstellung vorhanden ist, werden die meisten Pyruvat-Moleküle in deine Mitochondrien transportiert (wenn diese nicht bereits zu 100 Prozent ausgelastet sind) und der »langsamen« Glykolyse unterzogen.
Schnelle Glykolyse ist das, woran die meisten Läufer denken, wenn sie den Begriff »anaerob« hören. Die schnelle Glykolyse kann ATP bis zu hundertmal schneller bilden als dein aerobes System. Der Nachteil ist, dass diese Form der Energiebereitstellung nur sehr kurz zur Verfügung steht. Bei maximaler Belastung liefert sie dir eine Minute lang Energie, bei eher mäßiger Belastung zwei Minuten, wenn du die Belastung noch weiter drosselst, tröpfelt die auf diese Weise bereitgestellte Energie etwas länger. Sprinter und Mittelstreckenläufer stützen sich stark auf dieses Energiebereitstellungssystem (siehe Tabelle 10.1).
Schnelle Glykolyse beginnt mit den Pyruvat-Molekülen, die im Zuge der Glykolyse gebildet wurden. Die Pyruvate durchlaufen eine chemische Reaktion, bei der Lactat und das Coenzym NAD+ entstehen. NAD+ ist wichtig, da es in einer weiteren Reaktion sofort zwei bzw. drei weitere ATP-Moleküle und zwei weitere Pyruvat-Moleküle bildet, die eine weitere Reaktion initiieren, die wiederum eine weitere auslöst, ein Prozess, der sich in unglaublicher Geschwindigkeit wiederholt, bis dein Körper eine gewaltige Menge ATP produziert hat.
Die schnelle Glykolyse läuft unter drei unterschiedlichen Bedingungen ab:
► Kontinuierlich: Selbst im Ruhezustand produzieren deine Muskelfasern etwas Lactat.
► Sauerstoffmangel: Wenn nicht ausreichend Sauerstoff zur Verfügung steht, um sämtliches gebildetes Pyruvat in den Mitochondrien verarbeiten zu können, findet schnelle Glykolyse statt. Dies trifft während der ersten dreißig bis vierzig Sekunden eines Laufs zu, wenn deinen Muskelfasern noch nicht ausreichend Sauerstoff für die erhöhte aerobe Energieproduktion zur Verfügung steht.
► Auslastung der Mitochondrien: Wenn deinen Mitochondrien ausreichend Sauerstoff zur Verfügung steht, ihre Kapazität, aerobe Energie zu produzieren, jedoch bereits zu 100 Prozent ausgelastet ist, wird die Aufnahme von Pyruvat durch die Mitochondrien blockiert, und es durchläuft stattdessen die schnelle Glykolyse.
Eine Steigerung der Kapazität der schnellen Glykolyse durch Training erfordert Schnelligkeitstraining – 200- bis 400-Meter-Wiederholungen im 1500-Meter-Renntempo oder schneller. Schnelligkeitstraining erhöht die Anzahl anaerober Enzyme, und anaerobe Enzyme spalten die Kohlenhydrate auf, die den Brennstoff für die Glykolyse bilden. Mehr anaerobe Enzyme bedeuten schnellere Energieproduktion. Aber führe dir vor Augen, dass eine Nebenwirkung von Schnelligkeitstraining Azidose ist. Und Azidose kann aerobe Enzyme schädigen oder sogar zerstören (darauf kommen wir gleich noch). Aus diesem Grund müssen Ausdauersportler ihr Schnelligkeitstraining durch die Befolgung der folgenden drei Regeln beschränken:
1. Absolviere nur das Minimum an Schnelligkeitstraining, das erforderlich ist, um die Anzahl der anaeroben Enzyme zu erhöhen und die Effizienz des Nervensystems zu steigern (s. Kapitel 11).
2. Das Verhältnis zwischen Trainingsphasen und Erholungsphasen sollte bei kurzen, schnellen Wiederholungen zwischen 1:2 und 1:12 (oder mehr) liegen.
3. Schränke dein Schnelligkeitstraining in den zwei bis drei Wochen vor einem Ausdauerwettkampf ein.
Die schnelle Glykolyse setzt während eines Laufs je nach Bedarf ein und aus und ist ein wichtiges Energiebereitstellungssystem während des Endspurts vor der Ziellinie.
Noch eine letzte Anmerkung zur schnellen Glykolyse: Wenn du bei einem Lauf, einem Wettkampf oder einem Wiederholungstraining das Gefühl hast, zu schnell unterwegs zu sein, und die unvermeidlichen Symptome einer beginnenden Übersäuerung verspürst, verlangsame dein Tempo zu einem leicht zu haltenden aeroben Tempo. Trainierte Muskeln sind effizient darin, sowohl Lactat als auch Wasserstoffionen abzutransportieren, und auch wenn du nicht in der Lage sein wirst, die Folgen der Übersäuerung komplett rückgängig zu machen, wirst du dich in einem ausreichenden Maß erholen, um den Lauf kraftvoller zu beenden, als wenn du dein Tempo nicht heruntergefahren hättest.
Die langsame Glykolyse stellt einen weiteren Stoffwechselweg für die beiden im Zuge der Glykolyse gebildeten Pyruvat-Moleküle dar. Wenn erst einmal ausreichend Sauerstoff in die Muskelfasern gelangt ist – und die Kapazität der Mitochondrien zur Energieproduktion nicht bereits zu hundert Prozent ausgelastet ist –, wird der größte Anteil des Pyruvats in die Mitochondrien transportiert und als Brennstoff verwendet, um aerob ATP zu bilden.
Die aerobe Energieproduktion erfordert Sauerstoff und findet in den Mitochondrien statt. Dieses Energiebereitstellungssystem produziert mit Abstand die meiste Energie, doch es braucht einige Zeit, um auf Touren zu kommen. In den Muskelfasern befindet sich zwar immer etwas Sauerstoff, doch das Herz-Kreislaufsystem benötigt 25 bis 30 Sekunden und bei untrainierten Läufern sogar bis zu 40 Sekunden, um so viel Sauerstoff zu liefern, wie für die meisten Läufe erforderlich ist. Bis dahin dominiert das anaerobe Energiesystem die Energiebereitstellung – außer wenn du in einem extrem lockeren Tempo läufst.
Wenn ausreichend Sauerstoff zur Verfügung steht, kommen deine Mitochondrien auf Touren. Mittels zweier biochemischer Prozesse – dem Citratzyklus und einer Elektronentransportkette, auch Atmungskette genannt, bilden deine Mitochondrien aus den ursprünglichen zwei Pyruvat-Molekülen sechsunddreißig ATP-Moleküle bzw. sogar achtunddreißig oder neununddreißig, wenn man die durch die Glykolyse gebildeten ATP-Moleküle mitzählt. Bis zu sechs dieser ATP-Moleküle werden von den Mitochondrien verwendet, womit zweiunddreißig ATP-Moleküle für deine Muskelfasern übrig bleiben. Was den Sauerstoff angeht, so wartet er am Ende der Elektronentransportkette, wo er Elektronen und Protonen aufnimmt und Wasser bildet, ein Abbauprodukt der aeroben Energieproduktion.
Ein weiteres gut bekanntes Abbauprodukt des aeroben Energiesystems ist Kohlendioxid (CO2). Die ansteigende Kohlendioxidkonzentration im Blut ist der Hauptgrund dafür, dass die Atemfrequenz während des Trainings steigt (die Sauerstoffkonzentration und die Azidose spielen dabei eine geringere Rolle). Das Ausscheiden des überschüssigen Kohlendioxids ist auch ein wichtiger Grund dafür, weshalb du nach einem anstrengenden Lauf noch eine Weile keuchst.
Ermüdung während eines aeroben Trainings kann die Folge des Kohlendioxidabbaus, einer Ermüdung des Nervensystems, eines Elektrolytungleichgewichts und einer Akkumulation freier Radikale sein.
Wenn Läufer an Kohlenhydrate als Brennstoff für ihre Muskelfasern denken, denken sie normalerweise an Glucose und Glykogen. Sie denken nicht an Lactat. Doch das sollten sie tun, denn Lactat ist eine hervorragende Kohlenhydratquelle. Während des Trainings verwenden die Mitochondrien in den Slow-twitch-Fasern bis zu 80 Prozent des während der schnellen Glykolyse entstandenen Lactats für die aerobe Energieproduktion – wobei pro Lactat-Molekül ungefähr 15 ATP-Moleküle gebildet werden. Fragst du dich, wie es sein kann, dass aus einem Glucose-Molekül im Zuge der langsamen Glykolyse zweiunddreißig ATP-Moleküle entstehen können, aber bei der schnellen Glykolyse nur zwei? Jetzt kennst du die Antwort: Dies ist gar nicht der Fall. Es ist nur so, dass die verbleibende Energie während der schnellen Glykolyse in Form von Lactat zwischengelagert wird. Es ist ein weiteres beeindruckendes Beispiel dafür, wie das anaerobe System mit dem aeroben verbunden ist. Während der schnellen Glykolyse wird sehr ergiebige anaerobe Energie bereitgestellt, während gleichzeitig Brennstoff (Lactat) für die aerobe Energieerzeugung gebildet wird.
Doch die Rolle des Lactats als Brennstoffquelle geht noch darüber hinaus. Die Muskelfasern können auch Lactat exportieren, damit es an allen möglichen anderen Orten des Körpers als Brennstoff verwertet werden kann. Exportiertes Lactat ist nicht nur die primäre Brennstoffquelle für das Herz (genauer gesagt für den Herzmuskel), es ist zudem eine wichtige Brennstoffquelle für arbeitende Muskeln, deren Kohlenhydratspeicher erschöpft sind. Nehmen wir an, du absolvierst eine anstrengende Trainingseinheit mit Wiederholungen im 5-Kilometer-Renntempo. Im Laufe des Trainings gehen die Glykogenspeicher in deinen arbeitenden Slow-twitch-Muskelfasern zur Neige. Aber keine Sorge. Bei einem richtig trainierten Läufer kann Lactat aus den nicht arbeitenden Muskeln zur Hilfe kommen. Einer 1998 veröffentlichten Studie von Rauch, Hawley, Noakes und Dennis zufolge kann Lactat aus inaktiven Muskelfasern in benachbarte aktive Muskelfasern weitergeleitet werden und dort für einen Energieschub sorgen. Und zwei Studien von Ahlborg und anderen aus den Jahren 1982 und 1986 zeigten, dass Glykogen, das in den nicht arbeitenden Muskeln gespeichert ist (also zum Beispiel in deinen Armmuskeln, wenn du deine Beine beanspruchst), in Lactat umgewandelt werden kann, das dann ins Blut übergeht und anschließend in Glucose umgewandelt wird, die Brennstoff für deine arbeitenden Muskeln liefert. Mit anderen Worten: Die Fähigkeit von Lactat, direkt oder indirekt arbeitende Muskeln mit Energie zu versorgen, macht aus deinem ganzen Körper eine riesige, leistungsstarke Lactat-Batterie!
Dr. Timothy Noakes, ein südafrikanischer Professor für Trainings- und Sportwissenschaft an der Universität Kapstadt und Autor des Buchs Lore of Running sowie Mitautor der soeben erwähnten Studie aus dem Jahr 1998, schreibt, dass Lactat »eine der wichtigsten Energiequellen des Körpers« sein könnte. Bei der 1998 durchgeführten Studie trainierten Sportler sechs Stunden lang bei einer maximalen Sauerstoffaufnahme von 60 Prozent. Während der letzten Stunden des Trainings lieferte Lactat ungefähr ein Sechstel der Gesamtenergie, während Glucose (die überwiegend aufgenommen wurde) und Fett den Rest lieferten. Die Autoren kamen zu dem Schluss, »dass es eine beträchtliche Diffusion von nicht markiertem Lactat aus dem Glykogenabbau in inaktiven Muskeln in benachbarte aktive Muskelfasern gegeben haben muss«.
Die Tatsache, dass Lactat aus inaktiven Muskelfasern in benachbarte arbeitende Muskelfasern diffundiert und aus weit entfernten inaktiven Muskelfasern zu arbeitenden Muskelfasern exportiert und anschließend in Glucose umgewandelt wird, liefert dir zwei weitere gute Gründe, die Crosstraining-Übungen zu absolvieren, die in Kapitel 9 vorgestellt wurden. Eine Erhöhung der Anzahl der in den Muskelfasern verfügbaren Transportproteine MCT, die Lactat exportieren können, erhöht deinen verfügbaren Kohlenhydrat-Brennstoff-Vorrat.
Fett ist gut. Wenn es darum geht, lange Stre-cken zu laufen, ist Fett sogar großartig! Allerdings: Wenn die auf Kohlenhydraten basierende Energieproduktion langsam ist, ist die auf Fett basierende Energieproduktion extrem langsam. Im Zuge einer Vielzahl von Schritten liefert die Lipolyse (die Aufspaltung von Fett, um Brennstoff für die aerobe Energieproduktion zur Verfügung zu stellen) Fettsäuren an die Mitochondrien, wo sie den Citratzyklus und die Elektronentransportkette durchlaufen. Und wenn du die Zeit hast, lohnt sich das Warten. So können aus einem einzigen Palmitinsäuremolekül 129 ATP-Moleküle entstehen, viermal so viele wie aus Glucose oder Glykogen. Doch weil die fettbasierte Energieproduktion so langsam verläuft, kann sie die angeforderte Energie bei Läufen, die schneller gelaufen werden als in einem 5-Kilometer-Renntempo, nicht liefern. Das vorausgeschickt, ist Fett bei vielen Gelegenheiten eine leistungsstarke Brennstoffquelle, unter anderem:
► Im Ruhezustand: Der Großteil der von dir verbrauchten Energie im Ruhezustand wird durch fettbasierte aerobe Energieproduktion bereitgestellt.
► Bei Belastungen unterhalb der VO2max: Solange deine Belastung unterhalb der VO2max liegt (bei Läufen im 3-Kilometer-Renntempo oder langsamer), liefert Fett einen Teil der abgeforderten Energie – von einem Anteil von etwa 10 bis 15 Prozent bei einem Lauf im 5-Kilometer-Renntempo bis hin zu 85 Prozent beim Gehen.
► Beim Ausdauersport: Je länger die Trainingseinheit dauert, desto größer der Anteil an fettbasierter Energie an der gesamten abgeforderten Energie. Noakes hat herausgefunden, dass bei Sportlern, die drei Stunden lang bei 70 Prozent der VO2max trainieren, zu Beginn ihres Trainings 6 Prozent der Energie durch die Verbrennung von Fett bereitgestellt werden und gegen Ende des Trainings 43 Prozent.
Du kannst die Fettverbrennungskapazität deines Körpers verbessern, indem du die Anzahl der fettverbrennenden Enzyme in deinen Mitochondrien erhöhst und indem du deinen Körper trainierst, effizienter darin zu werden, Fett als primäre Energiequelle zu nutzen. Eine von E. Jansson durchgeführte Studie hat gezeigt, dass bei trainierten Sportlern, die bei 65 Prozent ihrer VO2max trainieren, 53 Prozent der bereitgestellten aeroben Energie durch Fettverbrennung produziert wird, während es bei den untrainierten Teilnehmern der Studie nur 33 Prozent waren.
Ermüdung während einer fettbasierten Energieproduktion ist oft eine Folge biomechanischer Ermüdungserscheinungen aufgrund langer Belastung – dein Bindegewebe und deine Muskeln werden ziemlich stark beansprucht.
Protein ist eine Energiequelle, die oft vergessen wird. Protein ist eher als Baustein von Enzymen und für den Aufbau von Muskelfasern bekannt. Doch Protein kann, nachdem es in Aminosäuren aufgespalten wurde, von der Leber zu Glucose umgewandelt werden. Wenn es noch weiter aufgespalten wird, kann es sogar in den Muskelfasern zu Glucose umgewandelt werden, die anschließend in die Mitochondrien geleitet und dort wie in einem Ofen verbrannt und in Energie umgewandelt wird. Der an der Ball State University tätige Trainingsphysiologe David Costill schätzt, dass bis zu 9 Prozent der gesamten während eines Marathonlaufs verbrauchten Energie von Protein bereitgestellt wird. Doch auf so einen hohen Anteil an aus Protein bereitgestellter Energie solltest du nicht täglich zurückgreifen. Bei der Aufspaltung von Protein entstehen toxische Abfallstoffe (zum Beispiel Ammoniak). Außerdem ist Protein für deine Zellen strukturell und funktional von großer Bedeutung – es zu verbrennen, ist so, als hättest du Termiten im Haus, die dessen Stützpfeiler wegfressen.
Wie in Kapitel 9 erwähnt, überrascht es die meisten Läufer, dass die ersten dreißig bis fünfzig Sekunden eines Rennens – jedes Rennens – diejenigen sind, in denen am stärksten auf anaerobe Energie zurückgegriffen wird. Wir haben uns daran gewöhnt zu glauben, dass wir während eines Rennens in dessen Verlauf immer mehr anaerob bereitgestellte Energie verbrauchen, doch das ist schlicht und einfach nicht der Fall. In Wahrheit springen alle drei Energiebereitstellungssysteme in dem Moment an, in dem wir von der der Startlinie loslaufen. Weil die plötzliche Energieanforderung die Energiemenge, die aerob produziert werden kann, übertrifft – bis ausreichend Sauerstoff in die Muskelfasern gelangt und Pyruvat in die Mitochondrien transportiert wird –, müssen die anaeroben Systeme (das Phosphokreatin-System und die Glykolyse) am Anfang des Rennens die Last tragen. Bei längeren Läufen (z. B. 1500 Meter oder mehr) wird die aerob bereitgestellte Energie zur vorherrschenden Energiequelle. Doch selbst bei kürzeren Läufen (z. B. 400 und 800 Meter) liefern die aeroben Energiesysteme nach vierzig bis fünfzig Sekunden den Großteil der bereitgestellten Energie, wie eine im Jahr 2003 in Australien von Duffield, Dawson und Goodman durchgeführte Studie zeigte. Bei Läufen, bei denen du unterhalb der maximalen Sauerstoffaufnahmekapazität bleibst (z. B. 5 Kilometer oder mehr), übernimmt dein aerobes System nahezu die komplette Energieproduktion. Bei kürzeren Läufen übersteigt die angeforderte Energie die Energiemenge, die das aerobe Energiesystem alleine bereitstellen kann, und die anaeroben Systeme liefern einen Beitrag, bis die sich aufbauende Übersäuerung und andere Ermüdungsfaktoren dich zwingen, dein Tempo zu drosseln oder stehen zu bleiben. Doch die Qualen, die du während der letzten Etappe des Rennens verspürst – wenn »die Muskeln zumachen« – markieren nicht den Moment, in dem du nur noch mit anaerober Energie läufst. Vielmehr markieren sie den Moment, in dem die schon an der Startlinie begonnene Zunahme der bei der anaeroben Energiebereitstellung gebildeten Abbauprodukte schließlich einen Punkt erreicht, der nicht mehr zu ertragen ist.
TRAININGSDISKUSSION
»Funktionieren Carbo-Loading und Fett-Loading?«
Läufer suchen immer nach Möglichkeiten, ihre Leistung zu steigern. Einige setzen darauf, ihre Kohlenhydratspeicher (Kohlenhydrat-Loading oder Carbo-Loading) und ihre Fettspeicher (Fett-Loading) aufzufüllen, um sicherzustellen, dass sie während eines Ausdauerwettkampfs ausreichend Brennstoffvorräte zur Verfügung haben. Aber funktioniert diese Methode?
Mit einem Wort: absolut.
Aber dabei sind einige Dinge zu beachten. Carbo-Loading funktioniert hervorragend zur Vorbereitung auf Läufe, die länger als neunzig Minuten dauern. Fett-Loading ist der Fahrschein für Wettkämpfe, die über einen Zeitraum von mehr als vier Stunden gehen. Für kürzere Rennen ist es nicht so geeignet.
Carbo-Loading geht auf die 1960er-Jahre zurück, als Sportler herausfanden, dass drei oder vier Tage Kohlenhydratrestriktion, gefolgt von drei oder vier Tagen Kohlenhydratvöllerei, die Kapazität der Glykogenspeicher verdoppelte, was zu einer verminderten Ermüdung während Ausdauerrennen führte. Leider führt eine Kohlenhydratrestriktion auch zu Gereiztheit und Magen-Darm-Beschwerden. Deshalb haben Sportler nach besseren Methoden Ausschau gehalten. In den 1980er-Jahren haben Läufer herausgefunden, dass eine dreitägige Reduktion des Trainingsumfangs vor einem Wettkampf, auch Tapering genannt, die von einer erhöhten Kohlenhydrataufnahme begleitet wird, genauso gut funktioniert wie das bis dahin übliche sieben- bis achttägige Programm – und das ohne Nebenwirkungen. Eine im Jahr 2002 an der Western Australia University durchgeführte Studie zeigte, dass die Vorräte der Glykogenspeicher von Fahrradfahrern, die zweieinhalb Minuten hart in die Pedale traten, anschließend dreißig Sekunden lang ihr Äußerstes gaben und dann jede Menge Kohlenhydrate zu sich nahmen, innerhalb von vierundzwanzig Stunden um 80 Prozent zunahmen. Und eine im Jahr 2013 von der University of Minnesota School of Kinesiology durchgeführte Studie ergab, dass eine bloße Erhöhung der Kohlenhydrataufnahme während der vierundzwanzig Stunden vor einem Rennen die Marathon-Laufzeiten der Teilnehmer um 4 Prozent verbesserte.
Andererseits führt Carbo-Loading zu einer Gewichtszunahme von knapp zwei Kilogramm, behindert die Fettverbrennung, funktioniert bei Frauen nicht so gut und ist durch das Aufkommen von Sportdrinks und -gels und anderen Vorgehensweisen zum Auffüllen der Glykogenspeicher als Rennstrategiemethode etwas überholt. Doch um für ausreichend gefüllte Glykogenspeicher zu sorgen, ist es nach wie vor eine gute Idee, drei Tage vor einem Rennen 70 Prozent aller aufgenommenen Kalorien in Form von Kohlenhydraten zu sich zu nehmen – und zu tapern, also den Trainingsumfang während dieser drei Tage zu reduzieren.
Fett-Loading ist ein leistungssteigerndes Muss zur Vorbereitung auf alle Ausdauerwettkämpfe, die über vier Stunden oder mehr gehen. Der Trainingsphysiologe Dr. Timothy Noakes schätzt, dass Spitzenteilnehmer des Ironman-Triathlons nach einer Fett-Loading-Phase bis zu 50 Prozent mehr Fett verbrennen als normal.
Es gibt zwei gute Fett-Loading-Methoden:
► Fettreiche Kost: Nimm sieben bis zehn Tage vor dem Wettkampf fettreiche Kost zu dir. Dein Körper lernt dadurch, mit so geringen Glykogenspeichern klarzukommen, die einen Läufer, der ein Carbo-Loading hinter sich hat, zum Stillstand bringen würden.
► Leerung der Glykogen-Speicher: Trainiere mit leerem Magen oder reduziere die Kohlenhydrataufnahme nach einem vorangegangenen Training. Dadurch lernt dein Körper, mehr Fett zu verbrennen (eine nahezu unerschöpfliche Energiequelle in deinem Körper), während du läufst. Mit anderen Worten: Diese Methode des Fett-Loadings besteht darin, dass du deine bereits existierenden Fettspeicher verwendest.
Ungeachtet des soeben Dargelegten sollte jeder, der Carbo-Loading oder Fett-Loading in Erwägung zieht, sich die Worte des mehrfachen USA Masters Champions und ehemaligen 2:13-Marathonläufers David Olds vor Augen halten: »Es ist keine Mahlzeit, es ist ein Rennen.«
Aerobe Enzyme sind die kleinen Helfer der Mitochondrien. Diese Proteine verbessern die Fähigkeit der Mitochondrien, aerobe Energie zur Verfügung zu stellen, indem sie die Effizienz der in ihnen stattfindenden chemischen Reaktionen erhöhen. Diese Enzyme beginnen fünf Sekunden nach dem Beginn des Trainings zu arbeiten, und ihr Aktivitätslevel steigt bis zum Marathon-Renntempo stetig. Tatsächlich ist ein Training im Marathon-Renntempo eine gute Methode, die Bildung von noch mehr aeroben Enzymen zu fördern. Bei einem schnelleren Lauftempo kann es zu Übersäuerung kommen, und diese wirkt sich negativ auf diese Enzyme aus und zerstört sie sogar.
Die Bildung von ATP erzeugt auch Wärme, im Körper der meisten Menschen ungefähr 37 Grad. Man kann keinem System Energie hinzufügen – in diesem Fall dem menschlichen Körper –, ohne Wärme zu erzeugen. Beim Aufspalten von Kohlenhydraten und Fetten wird Energie freigesetzt, um ATP zu bilden. Wenn ATP eingesetzt wird, um Muskelkontraktionen zu bewirken, wird noch mehr Energie eingesetzt. Aber du nutzt nicht sämtliche Energie bis zum letzten Fünkchen für die nächste Kontraktion deines Quadrizeps oder deines Wadenmuskels. Stattdessen nutzt du dafür nur 25 Prozent der von deinem Körper produzierten Energie. Der Rest wird als Wärme abgegeben. Diese Wärme ist die Quelle deiner Körpertemperatur.
Hast du dich je gefragt, warum du zitterst, wenn dir kalt ist? Das liegt daran, dass die Muskeln beim Zittern kontrahieren und sich schnell wieder entspannen, wodurch mehr ATP und somit Wärme produziert wird. Wenn dir heiß ist, kann dein Körper auf zwei Weisen reagieren:
► Verstärkter Blutfluss zur Haut: Dies ermöglicht es, die Wärme, die von deinen Muskeln an dein Blut weitergeleitet wurde, an die Luft abzugeben. Dieser Prozess heißt Konvektion.
► Schwitzen: Mehr als zwei Millionen Schweißdrüsen helfen dabei, überschüssige Wärme abzugeben, indem Schweiß ausgeschieden wird. Du verlierst Wärmeenergie, wenn der Schweiß verdunstet – das Schwitzen selbst kühlt dich nicht ab.
Doch auch, wenn dein Blut verstärkt fließt und du schwitzt, steigt deine Körperkerntemperatur während des Trainings. Normalerweise ist das nicht schlecht. Jeder Läufer weiß, dass Aufwärmen die Leistungsfähigkeit erhöht. Doch wenn die Luft außerhalb deines Körpers sich ebenfalls erhitzt, entsteht ein Problem (erst recht, wenn es zudem auch noch feucht ist).
Tabelle 10.2
Lufttemperatur und Pace-Anpassungen
In Tabelle 10.2 sind Pace-Anpassungen bei Langstreckenläufen (oder Tempoläufen, Wiederholungen etc.) bei hohen Temperaturen aufgeführt. Es wird davon ausgegangen, dass *11,4 Grad Celsius die optimale Temperatur ist; die Pace-Angaben in der oberen Zeile entsprechen der Pace pro Kilometer bei dieser Temperatur. Du findest deine optimale Pace also in der oberen Zeile und die Pace-Anpassungen – je nach Temperatur (1. Spalte) – in der Spalte darunter.
Wenn die Lufttemperatur höher als 37 Grad ist, nimmt der Körper aus der Luft Wärme auf. Unter solchen Bedingungen ist Schwitzen für den Körper die einzige Möglichkeit, um abzukühlen. Doch um es noch einmal zu sagen: Der Schweiß muss verdunsten, damit die Abkühlung funktioniert. Wenn es feucht ist, ist die Luft möglicherweise nicht in der Lage, den Schweiß zu absorbieren, und Schweiß, der einfach nur auf den Boden tropft, nützt dir nichts. In dem Fall bleibt dir zum Abkühlen nichts anderes übrig, als in einen Pool zu springen, dich mit einem Schlauch abzuspritzen oder dein Training zu beenden.
Um die Folgen heißer und feuchter Trainingstage zu mildern, kannst du Folgendes tun:
1. Passe deine Pace an: siehe Lufttemperatur und Pace-Anpassungen in Tabelle 10.2.
2. Bleibe hydriert: Trink, wenn du Durst hast. Vermeide Überhydrierung, da dies zu Hyponatriämie führen kann, einem lebensbedrohlichen Zustand, bei dem die Natriumkonzentration im Blut gefährlich niedrig ist.
3. Trage leichte Kleidung: Wähle Kleidung aus atmungsaktivem Material, das es der Wärme ermöglicht zu entweichen.
4. Meide Kopfbedeckungen: Trage ein Sonnenschild und verwende Sonnenschutz, um deine Haut zu schützen.
5. Drossele dein Tempo oder bleib stehen: Wenn dir wirklich zu heiß ist, beende dein Training, bevor Hitzeerschöpfung dich zum Aufhören zwingt. Versuch es mit Aquajogging. Oder vielleicht mit einem Ellipsentrainer in einem klimatisierten Fitnessstudio.
Die gute Nachricht ist, dass der Körper sich innerhalb von zwei Wochen an warmes Wetter gewöhnt. Einem in Australien erschienenen Übersichtsartikel von Saunders und anderen zufolge steigt der Blutplasmaanteil im Blut um 12 Prozent, die Herzfrequenz sinkt, die Ventilation steigt, man schwitzt mehr, und die Energieanforderungen des Körpers werden heruntergefahren. Mit anderen Worten: Dein Körper wird besser darin, bei heißem Wetter zu laufen, indem du bei heißem Wetter läufst.
In dem Kapitel Stell dir deinen Läufer-Speiseplan zusammen in Teil 4 dieses Buches wird eingehend darauf eingegangen, welche Nahrung du zu dir nehmen solltest. Deshalb werfen wir an dieser Stelle nur einen kurzen Blick auf vier Bereiche, die im Zusammenhang des in diesem Kapitel besprochenen Themas von unmittelbarem Interesse sind.
1. Mahlzeiten vor dem Training: Trainingseinheiten im 5-Kilometer-Renntempo oder schneller bedürfen eines kleinen Carbo-Loadings vor dem Training. Eine größere Mahlzeit am Vorabend oder kleinere Mahlzeiten im Laufe des Tages, an dem das Training stattfindet, reichen aus. Der Erfolg solcher Workouts wird in einem großen Maß von den Kohlenhydratvorräten (Glykogenspeichern) in den Muskelfasern bestimmt.
2. Nahrungsergänzungsmittel: Du kannst erwägen, während der 30 Minuten nach dem Training ein Kohlenhydrat/Protein-Nahrungsergänzungsmittel zu dir zu nehmen. Damit regst du die Proteinsynthese in den durch das Training beanspruchten Muskelfasern an, sorgst für eine schnellere Auffüllung der Glykogenspeicher und beschleunigst die Regeneration.
3. Verhältnis von Kohlenhydraten zu Protein: Im Hinblick auf Nahrungsergänzungsmittel nach dem Training empfehlen Wissenschaftler ein Verhältnis von Kohlenhydraten zu Protein von 4:1, wobei dieses Verhältnis je nach persönlicher Vorliebe variiert werden kann. Viel Läufer halten Schokoladenmilch für das perfekte Erfrischungsgetränk nach dem Training.
4. Nahrungsmittelzufuhr während eines Rennens: Während eines 10-Kilometer-Rennens oder eines Wettkampfs auf einer noch kürzeren Strecke braucht man keine Nahrung zu sich zu nehmen. Während eines Rennens, das 70 Minuten oder länger dauert, solltest du pro Stunde etwa 30 bis 60 Gramm Kohlenhydrate (in flüssiger Form) zu dir nehmen, wobei die Kohlenhydratkonzentration nicht unter 2 Prozent und nicht über 10 Prozent liegen sollte (4 bis 8 Prozent sind optimal). Sportdrinks wie Gatorade (6 Prozent) und Powerade (8 Prozent) liegen genau in diesem Bereich. Wenn du auf Sportgels zurückgreifst, trink ausreichend Wasser, um die in ihnen enthaltenen Kohlenhydrate zu verdünnen.
Für einen genaueren Überblick über Ernährungsratschläge konsultiere Teil 4 dieses Buches.
In den Fotoanleitungen dieses Kapitels betrachten wir eine Reihe von Workouts darauf hin, wie viele Kalorien bei ihrer Durchführung verbraucht werden, und schlüsseln auf, wie viele ungefähr jeweils aus Kohlenhydraten und Fetten stammen. Außerdem werden jeweils einige Ernährungstipps gegeben. Die Aufschlüsselungen bezüglich der Kalorienanteile gibt es für:
► Gehen
► Joggen
► Langstreckenläufe
► Sprints
► Wiederholungen im 800-Meter-Renntempo
► Wiederholungen im 1500-Meter-Renntempo
► Wiederholungen im 5-Kilometer-/10-Kilometer-Renntempo
► Tempoläufe
► Widerstandstraining
► Crosstraining
► Marathon-Brennstoff