Viele haben Angst, dass im Alter das Geld knapp wird. Eine gute ETF-Strategie kann helfen, damit die Finanzen im Lebensabend ausreichen.
„Die Rente ist sicher.“ Dieser berühmte Ausspruch des ehemaligen Bundesarbeitsministers Norbert Blüm wird heute gerne um den Nachsatz „aber zu niedrig“ ergänzt. Denn die gesetzliche Rente ist zwar sicher, sie wird für einen auskömmlichen Lebensstandard alleine aber in der Regel nicht genug sein. Kein Wunder also, dass das Thema Altersvorsorge bei vielen vor allem eines hervorruft: Bauchschmerzen.
Zu Recht: Derzeit liegt das Rentenniveau – also das Verhältnis zwischen Durchschnittsverdienst und Rentenhöhe – bei knapp 49 Prozent. Und das nur dann, wenn der Rentner 45 Jahre durchweg gearbeitet und Einzahlungen in die Rentenkasse getätigt hat. Für Menschen mit Phasen von Teilzeit, Arbeitslosigkeit oder Familienzeiten fällt die Zahlung noch geringer aus. Und mehr noch: In den kommenden Jahren soll das Rentenniveau weiter sinken. 2030 wird es vermutlich bei gut 44 Prozent liegen.
Mit der gesetzlichen Rente allein sind Geldprobleme im Alter somit programmiert. Zwar sinken die Ausgaben im Ruhestand, weil zum Beispiel die Fahrtkosten zum Arbeitsplatz wegfallen. Experten gehen aber davon aus, dass ein Rentner rund 80 Prozent seines letzten Nettogehaltes benötigt, um seinen Lebensstandard zu halten – also fast das Doppelte von dem, was die Deutsche Rentenversicherung vermutlich einmal überweisen wird.
Um diese Lücke zu schließen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Der Staat fördert privates Sparen zum Beispiel im Rahmen der Riester-Rente, die vor allem für Familien mit Kindern interessant ist. Und mit einer Betriebsrente können Angestellte mithilfe ihres Arbeitgebers für später vorsorgen. Doch die bittere Nachricht lautet: Selbst gesetzliche Rente plus Riester und Betriebsrente können zusammengenommen immer noch zu knapp ausfallen. Ob das auch bei Ihnen der Fall ist, können Sie online mit dem Rentenrechner der Stiftung Warentest unter test.de/rentenluecke ausrechnen.
Sollten Sie also noch eine Rentenlücke haben, bleibt nur noch die Möglichkeit, diese mit privatem Vermögen zu schließen. Dabei haben Sie einen wichtigen Verbündeten, den Zinseszinseffekt, und einen erbitterten Gegenspieler, die Teuerung. Mit Ihrem ETF-Plan nutzen Sie Ihren Verbündeten und halten Ihren Gegenspieler in Schach – und das auf einfache, kostengünstige und renditestarke Weise.
Ganz wichtig: Je früher Sie mit dem Sparen für die Altersvorsorge beginnen, desto mehr hilft Ihnen der Zinseszinseffekt. Je später Sie anfangen, umso mühsamer ist es, noch einen stattlichen Betrag anzusparen. Angenommen, Sie möchten 100 000 Euro ansparen und bekommen gleichbleibend 3 Prozent Zinsen, reicht es dank des Zinseszinseffekts, wenn Sie 173 Euro monatlich zurücklegen, sofern Sie noch 30 Jahre Zeit haben. Starten Sie erst spät und es bleiben Ihnen nur noch zehn Jahre, müssten Sie 715 Euro monatlich stemmen.
In der Vergangenheit waren bei Aktien-ETF mehr als 3 Prozent Rendite drin. Aber was passiert, wenn die Kurse zwischendurch einbrechen? Viele Sparer haben große Angst vor einem Crash. Manchmal kann er jedoch sogar als Renditeturbo wirken, wie die Berechnungen von Finanztest zeigen.
Die einfachste Möglichkeit, mit ETF zu sparen, ist der Finanztest-Pantoffel-Sparplan. Er funktioniert wie das Pantoffel-Portfolio (siehe S. 72) – nur zahlen Sie nicht einmalig eine größere Summe ein, sondern regelmäßige Raten. Dafür schließen Sie zwei Sparpläne ab. Ihre Rate teilen Sie je nach der gewählten Risiko-Variante unterschiedlich auf.
Bei 200 Euro für den ausgewogenen Sparplan fließen zum Beispiel 100 Euro in einen Aktienfondssparplan mit einem ETF auf den MSCI World Index oder einen anderen der Basisindizes (siehe Tabelle „Diese Aktienindizes eignen sich als Basisanlage“, S. 56). Für die anderen 100 Euro können Sie entweder einen Sparplan auf einen Renten-ETF wählen oder einen Dauerauftrag auf Ihr Tagesgeldkonto einrichten. In unserer Untersuchung haben wir mit Tagesgeld gerechnet. Hätten die Sparer diese ausgewogene Variante vor 20 Jahren gewählt, 48 000 Euro eingezahlt und die Gewichtung von Aktien-ETF und Zinsanlagen regelmäßig angepasst, besäßen sie heute rund 78 210 Euro. Das entspräche 4,6 Prozent Rendite pro Jahr.
Auch für Sparpläne gibt es noch eine Variante für Vorsichtige und eine für Risikobereite. Das defensive Depot mit 25 Prozent Aktien hat in den vergangenen 20 Jahren 68 290 Euro und damit 3,4 Prozent pro Jahr gebracht. Das offensive Portfolio lag bei 86 710 Euro oder 5,6 Prozent pro Jahr (Stand: Juni 2017).
Im Test haben wir Sparpläne ähnlich wie die Einmalanlagen durch drei weitere Marktszenarien laufen lassen: ein Crash am Anfang, einer am Ende und ein Fall mit zwei herben Rückschlägen. Am besten fiel das Ergebnis bei einem Kurssturz am Anfang aus. Brachen die Notierungen am Schluss ein, war das am schlechtesten. Das machte bei der ausgewogenen Variante mehr als 15 000 Euro Unterschied aus.
Mit einem Kurssturz am Anfang wurden aus 200 Euro monatlich nach 20 Jahren rund 92 270 Euro. Trat er am Ende ein, stieg das Vermögen nur auf 74 800 Euro. Erstaunlich: Ohne einen empfindlichen Rückschlag kamen nur 74 260 Euro heraus. Ebenfalls überraschend: Brachen die Kurse am Schluss ein, war es besser, wenn sie das am Anfang schon einmal getan hatten. Trotz eines solchen Doppelschlags ergab das 91 810 Euro. Der Grund ist: Nach einem Kurssturz kaufen Anleger die Aktien-ETF günstig. Je niedriger der Preis ist, desto mehr Anteile bekommen sie für ihre Sparrate und desto stärker profitieren sie von Anstiegen.
Nun kann sich niemand ein Szenario aussuchen. Wie die Märkte laufen werden, weiß keiner. Möglicherweise stürzen die Kurse sogar mehr als zwei Mal in zwei Jahrzehnten ab. Daher ist es umso wichtiger, dass der Pantoffel-Sparplan von vornherein zur Risikobereitschaft des Anlegers passt. Sie sollten sich dabei nicht an den Endergebnissen orientieren, sondern überlegen, wie hoch zwischenzeitliche Verluste sein dürften, um für Sie noch erträglich zu bleiben.
Das Risiko hängt mehr von der gewählten Sparplan-Variante als von den Marktverläufen ab: Beim offensiven Sparplan mit einem Aktienanteil von 75 Prozent wäre ein zwischenzeitliches Minus von rund 30 Prozent zu verkraften gewesen, unabhängig davon, wann der Crash eintrat. Etwa 10 Prozent betrug das zwischenzeitliche Minus bei der vorsichtigen Pantoffel-Variante und 20 Prozent bei der ausgewogenen.
Hat sich gegen Ende der Laufzeit ein kleines Vermögen angesammelt, stellt sich die Frage, ob das Portfolio weiterlaufen soll oder ob es besser ist, das Geld in Sicherheit zu bringen. Wer plant, einen Entnahmeplan anzuschließen, kann ruhig weitermachen. Wer das Geld verwenden will, überlegt vielleicht, auf eine andere Variante umzusteigen, etwa von der offensiven auf die defensive.
Aus unserer Sicht ist es besser, von Anfang an die passende Mischung zu wählen, denn selbst Profis gelingt es selten, den besten Ein- und Ausstiegszeitpunkt abzupassen. Private Anleger dürften sich noch schwerer tun. Hilfreich ist es, am Ende zeitlich flexibel zu sein. Wer das Geld nicht sofort abheben muss, kann nach einem Aktiencrash auf eine Erholung warten.
Schritt 1. Entscheiden Sie sich für eine Gewichtung, die zu Ihnen passt. Für die meisten Anleger ist der ausgewogene Pantoffel-Sparplan eine gute Wahl.
Schritt 2. Teilen Sie Ihre Sparrate auf. Ein Teil fließt in einen ETF-Sparplan beispielsweise auf den MSCI World Index. Mit dem anderen Teil besparen Sie Tagesgeld oder einen Euro-Renten-ETF. Passende ETF finden Sie in der Tabelle „Diese ETF sind 1. Wahl“ auf S. 166.
Schritt 3. Wählen Sie die passende Bank. Bei einem Sparplan kaufen Sie die ETF-Anteile nicht über die Börse. Das wäre in der Regel zu teuer. Stattdessen schließen Sie bei Ihrer Bank einen Sparplan ab. Auch dazu benötigen Sie ein Wertpapierdepot. Welche Banken günstig sind, finden Sie unter „Das passende Depot“, S. 96. Um einen Sparplan auf ein Tagesgeldkonto anzulegen, richten Sie einfach einen Dauerauftrag von Ihrem Girokonto ein.
Schritt 4. Bestimmen Sie die Ratenhöhe. Sparpläne können Sie schon mit kleinen Beträgen beginnen. Üblich sind 25 Euro oder 50 Euro pro Monat als Mindestrate. Wenn Ihnen das zu viel ist, zahlen Sie beispielsweise nur alle drei Monate ein. Sie können anfangs auch nur einen ETF besparen, etwa auf den MSCI World Index. ETF-Sparpläne sind sehr flexibel. Sie können die Rate jederzeit ändern oder aussetzen, und Sie können Teilbeträge entnehmen, ohne dass der Sparplan erlischt.
Schritt 5. Checken Sie etwa einmal im Jahr, ob die Aufteilung im Depot noch stimmt. Mehr dazu siehe „Das Depot richtig anpassen“, S. 114.
Wenn Sie abschätzen möchten, wie viel Vermögen mit ETF Sie ansammeln wollen, müssen Sie unbedingt zwei unangenehme Faktoren mit einrechnen: Inflation und Steuern. Denn die Rendite Ihres Investments kommt nicht vollständig bei Ihnen an, weil der Fiskus seinen Teil abzieht (zu den Details siehe „ETF richtig versteuern“ ab S. 117). Behandeln Sie Ihre Einkünfte aus den ETF also wie ein Bruttogehalt. Davon gehen ja auch noch Steuern und andere Abgaben ab.