Grundregeln der Geldanlage
Gut geplant ist halb gewonnen. Diese Lebensweisheit gilt ganz besonders für die Geldanlage. Nur wenn Sie systematisch vorgehen und Fehler vermeiden, haben Sie gute Aussichten, sich auf lange Sicht ein Vermögen aufzubauen.
Viele schaffen es nicht, sich eine finanzielle Reserve für die Altersvorsorge aufzubauen – entweder weil sie sich erst gar nicht mit dem Thema beschäftigen oder weil sie eine falsche Vorgehensweise wählen. Dabei ist es gar nicht so schwierig, die Grundlagen zu verstehen, die wir auf den folgenden Seiten kurz vorstellen. Denn nur wenn Sie Ihre privaten Finanzen im Griff haben, sollten Sie sich an die langfristige Geldanlage wagen.
ETF sind ein gutes Instrument für den Vermögensaufbau. Aber: Sie sind nicht für jeden Zweck geeignet. Bevor Sie sich also in Ihren ETF-Plan (siehe Kapitel „Mein ETF-Plan“ ab S. 67 ) stürzen, sollten Sie Ihre Finanzen komplett überprüfen. Denn es ist wichtig, dass Sie nur das Geld für eine langfristige Anlage verwenden, das Sie wirklich dafür entbehren können, und dass Ihr ETF-Depot zu Ihren finanziellen Bedürfnissen passt. Im Folgenden verraten wir Ihnen, wie Sie Ihren persönlichen ETF-Plan in Ihre komplette Finanzplanung einbinden können, und zeigen, wie Sie die häufigsten Fehler bei der Geldanlage vermeiden.
Mein großer Plan
Eine gute Anlagestrategie basiert auf einer soliden Finanzplanung. Und die ist gar nicht so kompliziert.
Eine vergleichbare Erfahrung hat fast jeder schon einmal gemacht: Erst hat man den Urlaub so richtig genossen, aber leider ein wenig über seine Verhältnisse gelebt, und dann streikt nach der Rückkehr auf einmal auch noch die Waschmaschine. So etwas ist natürlich ärgerlich. Doch problematisch und womöglich teuer wird es erst, wenn keinerlei finanziellen Reserven für solche unerwarteten Mehrausgaben vorhanden sind – und auf die Schnelle das Girokonto deutlich ins Minus rutscht, um die Reparatur zu stemmen.
Doch das sollte nur die seltene Ausnahme und nicht die Regel sein. Denn auf Dauer kann man mit einer nachlässigen Einstellung zu den eigenen Finanzen einiges an Geld verlieren. Was das alles mit dem Thema Geldanlage in ETF zu tun hat, fragen Sie sich jetzt? Eine ganze Menge! Denn Geld in ETF anlegen sollte nur derjenige, der es auch wirklich längerfristig übrig hat und entbehren kann. Auf gut Deutsch: Dafür müssen Sie dauerhaft etwas mehr einnehmen, als Sie regelmäßig ausgeben.
Wenn es Ihnen jedoch immer wieder passiert, dass Sie – vielleicht sogar trotz eines passablen monatlichen Einkommens – in den Miesen landen, dann sind Sie gut beraten, als Allererstes einen Kassensturz zu machen. Für einen guten Überblick führen Sie am besten zwei bis drei Monate ein Haushaltsbuch – besonders gewissenhafte Zeitgenossen führen es sogar laufend. Klingt altmodisch, ist aber sehr hilfreich.
Das Terrassenmodell schafft Ordnung
Nehmen wir an, Sie haben es mithilfe Ihres Haushaltsbuchs geschafft, dass Ihnen regelmäßig Geld übrig bleibt. Wie gehen Sie jetzt mit dieser Erkenntnis um?
Sinnvoll ist es, sich am vierstufigen Terrassenmodell für den Vermögensaufbau zu orientieren.
Terrasse 1: Die laufenden Ausgaben
Auf der ersten Stufe geht es darum, seinen laufenden Zahlungsverkehr zu regeln. Dafür braucht man ein gutes und günstiges Girokonto. Finanztest veröffentlicht regelmäßig Übersichten zu den besten Girokonten (test.de/girokonten ; der Download kostet 1,50 Euro). Wer zu einem leistungsstarken Anbieter wechselt, kann leicht mehr als 100 Euro pro Jahr einsparen – Geld, das man in den Vermögensaufbau stecken kann.
Mit dem Terrassenmodell richtig sparen
Das vierstufige Modell stellt einen systematischen Vermögensaufbau sicher. Wenn Sie die vier Stufen nacheinander nehmen, bleiben Sie kurzfristig liquide und bauen langfristig Vermögen auf.
1 Die laufenden Ausgaben
Auf dem Girokonto sollte in etwa ein monatliches Nettogehalt liegen, um die regelmäßigen Zahlungen stets abwickeln zu können. Dann läuft man nicht Gefahr, in den teuren Dispokredit zu rutschen.
2 Der Notgroschen
Auf einem verzinsten Tagesgeldkonto werden zwei bis drei Netto-Monatsgehälter geparkt. Vorsichtige packen noch ein bis zwei Monatsgehälter dazu. Das Geld auf dieser Stufe dient als Sicherheitsreserve und kann für kurzfristige Ausgaben verwendet werden.
3 Geld für größere Anschaffungen
Haben Sie mittelfristige Sparziele wie ein Auto oder eine Immobilie, legen Sie Ihr Geld möglichst sicher und so an, dass es verfügbar ist, wenn Sie es benötigen. Geeignet sind vor allem Festgeld und, falls es wieder höhere Zinsen gibt, auch kurzlaufende Anleihen oder ETF auf Indizes mit Anleihen kurzer Laufzeiten.
4 Die Altersvorsorge
Hier landet das Geld, das nach dem Erklimmen der ersten drei Stufen frei bleibt für den langfristigen Vermögensaufbau. Eine gute Basis bildet ein Mix aus Aktien-ETF und Zinsanlagen. Als Zinsanlagen bieten sich wahlweise Tagesgeld oder ETF auf marktbreite Indizes auf sichere Euroland-Anleihen an (siehe „Bequem anlegen – die Pantoffel-Portfolios“, S. 70 ).
Auf dieser Ebene legt man zunächst also das Geld beiseite, das man für die laufenden monatlichen Ausgaben braucht. Es empfiehlt sich, ständig etwa eine durchschnittliche Monatsausgabe auf dem Girokonto parat liegen zu haben. Aber nicht mehr, denn in aller Regel gibt es auf das hier deponierte Geld gar keine oder allenfalls minimale Zinsen zu verdienen.
Wichtige Grundregel: Ein Abrutschen in den Dispositionskredit sollte für Sie möglichst tabu sein. Denn der Überziehungskredit auf dem Girokonto ist besonders teuer: Selbst im Juli 2019 lag der durchschnittliche Dispozins in Deutschland nach den Ermittlungen der Finanztest-Redaktion immer noch bei mehr als 9,5 Prozent. Zum Vergleich: Der Leitzins der Europäischen Zentralbank (EZB), zu dem sich Banken bei der EZB Geld leihen können, lag zu diesem Zeitpunkt bei null Prozent.
Terrasse 2: Der Notgroschen
Haben Sie auf dem Girokonto das erste Finanzpolster liegen, geht es weiter auf Terrassenstufe 2. Hier gilt es, eine eiserne finanzielle Reserve aufzubauen, damit man von einer unvorhergesehenen Ausgabe finanziell nicht auf dem falschen Fuß erwischt wird. Damit man bei Bedarf jederzeit an das Geld herankommt, bietet sich ein verzinstes Tagesgeldkonto als Parkplatz an. Angesichts der aktuellen Nullzins-Politik der EZB sind die Zinsen darauf derzeit allerdings ebenfalls sehr niedrig, den Ausgleich der Teuerung schafft man damit nicht. Daher ist es nicht sinnvoll, auf dieser Stufe als Notreserve zu viel Geld auf Tagesgeldkonten zu parken.
Nach einer Daumenregel sollte man in der Notfallreserve etwa zwei bis drei Netto-Monatsgehälter deponieren – je nach eigenem Sicherheitsbedürfnis und finanziellem Spielraum. Sehr Vorsichtige satteln noch ein bis zwei Nettomonatsgehälter drauf.
Terrasse 3: Geld für größere Anschaffungen
Hat man auf Terrasse 2 das Geld für die Notreserve zusammen, geht es weiter auf Stufe 3. Dort spart man Geld für mittelfristige Ziele an. Das kann zum Beispiel das Eigenkapital für eine Eigentumswohnung sein, die man in ein paar Jahren erwerben möchte. Oder das Geld für ein sechsmonatiges Sabbatical – eine Auszeit vom Job, vielleicht verbunden mit einer langen Reise. Klar ist: Wie viel Geld auf dieser Stufe zu sparen ist, hängt vom Ziel selbst ab. Wie man beim Sparen vorgeht, hängt wiederum davon ab, wie viel Zeit man sich geben will, um es zu erreichen.
Wenn man sein Ziel schon in zwei, drei Jahren erreichen möchte, sollte man beim Sparen darauf vorsichtiger agieren, als wenn man sich länger Zeit lassen kann. Daher gilt: Je näher das angepeilte Sparziel liegt, desto stärker muss man auf sichere Zinsprodukte und weniger auf börsennotierte Investments setzen. Infrage kommen zum Beispiel Anlageformen wie Festgelder oder auf die Spardauer abgestimmte Anleihen von soliden Schuldnern.
Terrasse 4: Die Altersvorsorge
Erst wenn man diese drei Stufen nacheinander erklommen und auf jeder die entsprechende Summe angehäuft hat, sollte man sich um seinen langfristigen Vermögensaufbau kümmern. Jetzt kann man die übrigen freien Mittel investieren sowie Gelder, die man nun idealerweise auch Monat für Monat aus dem laufenden Einkommen aufbringen kann, um sein Vermögen dauerhaft zu mehren. Nun gilt: Je länger der Sparhorizont, desto stärker kann man hier auf langfristig renditestarke Anlagen wie Aktien-ETF (siehe S. 46 ) setzen. Denn eines ist klar: Mit Zinsanlagen allein lässt sich derzeit nicht einmal die Inflationsrate schlagen, langfristig ist das vor allem mit Sachwertanlagen wie Aktien zu schaffen.
Töpfe 1 bis 3 wieder auffüllen !
Haben Sie auf Terrasse 1 bis 3 Geld entnommen, sollten Sie Ihre Sparanstrengungen darauf verwenden, zunächst den Geldtopf auf dieser Stufe wieder zu füllen. Mit ETF-Sparplänen zum Beispiel können Sie flexibel reagieren: Sie können jederzeit mit den Zahlungen pausieren, wenn das dafür verwendete Geld zwischenzeitlich besser für ein anderes Sparziel eingesetzt werden sollte. Sind die Geldtöpfe auf Stufe 1 bis 3 wieder gefüllt, können Sie den ETF-Sparplan bequem und ohne Zusatzkosten wieder aufnehmen. So bleiben Sie stets liquide, behalten aber gleichzeitig das Ziel des langfristigen Vermögensaufbaus im Blick.
Eine bequeme und einfache Möglichkeit für den langfristigen Vermögensaufbau stellen wir Ihnen mit dem Konzept des Finanztest-Pantoffel-Portfolios vor (siehe Kapitel „Mein ETF-Plan“ ab S. 70 ).
Wer sich bei der Strukturierung seiner Finanzen an das Terrassenmodell hält, bleibt nicht nur Monat für Monat flüssig. Er weiß auch, wie groß sein Spielraum ist, sinnvollen Vermögensaufbau mit ETF zu betreiben.
Gleichzeitig auf verschiedenen Ebenen zu sparen – diesen Fehler begehen viele.
Wenn Sie das Terrassenmodell für sich nutzen möchten, sollten Sie daher die einzelnen Stufen Schritt für Schritt erklimmen. Es ist nicht sinnvoll, von Stufe 1 mit einem großen Satz direkt auf Stufe 4 zu springen. Mit einer Ausnahme: Sparverträge auf Vermögenswirksame Leistungen (VL), die man inzwischen auch in ETF anlegen kann. Wer per Tarifvertrag Anspruch darauf hat, sollte sie abschließen, um nicht bares Geld zu verschenken (siehe „Geschenktes Geld vom Chef in ETF investieren“ ab S. 80 ). Geringverdiener erhalten auch noch staatliche Zulagen und Prämien dazu.
Gleichzeitig auf verschiedenen Ebenen zu sparen – diesen Fehler begehen viele. Oft geschieht dies auf den „guten Rat“ von Bankberatern oder Versicherungsvermittlern hin. So kommt es immer wieder vor, dass ein Berufseinsteiger eine private Rentenversicherung abschließt und Monat für Monat schauen muss, dass er die Rate aufbringen kann und dafür womöglich sein Girokonto überzieht. Wer in diese Falle getappt ist, betreibt Vermögensaufbau auf Pump – dass sich das langfristig nicht lohnen kann, liegt auf der Hand. Ebenso wenig ist es sinnvoll, gleichzeitig auf allen Stufen zu sparen. Das führt schnell zur finanziellen Überforderung. Damit all dies nicht passiert, empfiehlt sich die Orientierung am Terrassenmodell, das in jedem Alter und in jeder Lebenslage leicht umsetzbar ist.
Das Ziel bestimmt das Mittel
Die perfekte Geldanlage? Sollte hohe Renditen erwirtschaften, dazu zugleich vollkommen sicher und jederzeit wieder veräußerbar sein, wenn man anderweitig dringend Geld benötigt. Klingt gut? Gibt es aber leider nicht, auch wenn windige Berater gerne versuchen, diesen Eindruck zu erwecken.
Mithilfe des „magischen Dreiecks der Geldanlage“ (siehe Grafik S. 32 ) lässt sich dieses Spannungsfeld gut darstellen. Jedes Anlageprodukt hat demnach in den drei Dimensionen des magischen Dreiecks ein klares Profil, das es von anderen Anlageprodukten unterscheidet. Ein Anleger, der auf der Suche nach einem zu ihm passenden Anlageprodukt für eine Stufe seines persönlichen Terrassenmodells ist, sollte sich dies vor Augen halten:
Das magische Dreieck
Eine Geldanlage ist entweder sicher oder rentabel oder jederzeit verfügbar, jedoch nie alles zugleich.
Sicherheit bedeutet den Werterhalt des eingesetzten Geldes. Bei Verkauf oder Auflösung der Geldanlage bekommt man also sein Geld vollständig zurück; umgekehrt lässt sich daher unter dem Begriff Risiko die Möglichkeit verstehen, dass man mit einer Geldanlage einen Verlust erleidet. Die Sicherheit einer Geldanlage hängt davon ab, welchen Risiken sie unterworfen ist. Bei börsennotierten Geldanlagen sind hier zum Beispiel Kurs- oder Wertschwankungen gemeint, bei Sparanlagen der Banken können es das Niveau und die Solidität der Einlagensicherung sein.
Verfügbarkeit (Liquidität) besagt, wie rasch sich eine Geldanlage wieder „verflüssigen“, sprich zu Geld machen lässt. Bei Aktien oder auch ETF, die börsentäglich laufend gehandelt werden, ist das beispielsweise kein Problem, bei Immobilien dagegen kann sich der Verkaufsprozess über Monate hinziehen.
Rendite (Rentabilität) meint den Ertrag, den man mit einer Geldanlage einfahren kann. Die Rendite wird üblicherweise dargestellt als das Verhältnis aus dem Ertrag einer Geldanlage zum Kapitaleinsatz innerhalb eines bestimmten Zeitraums. In aller Regel wird die Rendite als ein auf die Laufzeit eines Jahres umgerechneter durchschnittlicher Prozentwert angegeben. Zur Rendite zählen nicht nur Wertveränderungen etwa in Form eines Kursanstiegs, sondern auch Zuflüsse aus Zinsen und Dividenden.
Das größte Spannungsverhältnis besteht grundsätzlich zwischen Rentabilität und Sicherheit: Als besonders sicher geltende Anlagen erbringen in aller Regel eine vergleichsweise geringe Rendite. Umgekehrt gehen höhere Renditechancen mit mehr Risiko einher. Warum das so ist, liegt auf der Hand: Wenn zwei Anlageformen vollkommen sicher wären, würde jeder die Alternative wählen, die mehr Rendite verspricht. Eine höhere Renditechance ist somit eine Kompensation für ein erhöhtes Risiko.
Auch Rentabilität und Liquidität lassen sich kaum vereinen. Liquide Anlagen sind üblicherweise mit vergleichsweise geringen Renditen verbunden. Als Beispiel sei hier das Tagesgeldkonto genannt: Guthaben darauf können jederzeit abgehoben werden, wegen der Einlagensicherung ist das Geld zu so gut wie 100 Prozent sicher angelegt, aber die Verzinsung ist gerade in Nullzinsperioden äußerst gering. Ein Tagesgeldkonto als Geldparkplatz für den Notgroschen ist eigentlich für jedermann ein Must-have und daher für Stufe 2 des Terrassenmodells besonders praktisch. Für die längerfristige Geldanlage kann es gerade in Marktphasen, in denen ein Zinsanstieg wahrscheinlich ist, ebenfalls als Sicherheitsbaustein neben Aktien-ETF geeignet sein.
Privatanleger sind folglich gut beraten, Geldanlageprodukte anhand der drei Eckpunkte des magischen Dreiecks unter die Lupe zu nehmen und für jede Stufe ihres Finanzplans das passende auszuwählen. Das gilt auch für ETF: In der weit gefassten Produktkategorie ETF gibt es große Unterschiede, inwieweit die drei Kriterien jeweils erfüllt werden. Darüber hinaus lassen sich weitere Aspekte, etwa ethisch-ökologische Kriterien, in die Betrachtung einbeziehen.
Schluss mit falscher Geldanlage
Jedes Jahr gehen hierzulande Milliarden durch falsches Investieren verloren. Wer die häufigsten Fehler kennt, kann sie abstellen und mehr Vermögen schaffen.
Die Deutschen verfügen über relativ hohe Einkünfte und sparen seit Jahrzehnten viel. Damit müssten sie doch inzwischen zu den reichsten Bürgern Europas gehören, oder? Leider nein. Eine Studie der Europäischen Zentralbank zeigt: Der „Median“-Deutsche – derjenige, der genau mehr als die eine Hälfte der Bevölkerung besitzt, aber weniger als die andere Hälfte, kommt gerade mal auf knapp 60 000 Euro Vermögen, während ein entsprechender EU-Bürger nach Abzug der Schulden rund 100 000 Euro besitzt. Ein Grund dafür ist, dass Bundesbürger viel öfter zur Miete wohnen als andere Europäer. Doch auch mit dem Geld, das sie in Finanzanlagen stecken, gehen sie suboptimal um. Sie vertrauen es am liebsten Banken oder Versicherungen an. Die Börse ist für viele ein Ort, an dem man spekuliert statt investiert. Mit teuren Folgen.
Fehler 1: Zu wenig auf langfristige Renditechancen schauen
Das Sicherheitsbedürfnis spielt für deutsche Anleger offenbar eine weitaus größere Rolle als die Rendite, die eine Anlage verspricht. Die Folge davon ist, dass Aktieninvestments wegen möglicher Kursschwankungen noch immer gemieden werden. Lediglich gut 10 Prozent des Geldvermögens stecken in Aktien oder sonstigen Anteilsrechten, weitere rund 9,8 Prozent in Anteilen an Investmentfonds, zu denen auch ETF zählen. Das zeigen Daten der Deutschen Bundesbank. Der große Rest schlummert in Spareinlagen und Bargeld, Versicherungen und anderen Alterssicherungssystemen.
Das Problem dabei ist: Mit Geldanlagen auf Konten und Sparbüchern wird man bei den aktuellen Minizinsen nicht reicher, sondern ärmer. Denn die Inflation nagt beständig an der Kaufkraft des Geldes. Das bedeutet: Später kann der Sparer sich vom Ersparten weniger leisten.
Dass Aktien die langfristig bessere Geldanlage sind, gilt aber auch in Zeiten mit höheren Zinsen. Die Rendite der Börsen liegt auf Dauer eben über der von Bankeinlagen. Das zeigen Berechnungen zur Rendite von Aktienindizes der Finanztest-Redaktion. Demnach konnten Anleger in den vergangenen 25 Jahren immer positive Erträge erwirtschaften, wenn sie ihr Geld längerfristig an der Börse angelegt hatten. Nur wer ein ganz schlechtes Timing bewiesen hat und zum Beispiel im April 2008 sein gesamtes Geld in den russischen Aktienmarkt investiert hat, sitzt heute noch auf Verlusten. Denn dieser Markt hat seinen anschließenden Zusammenbruch noch nicht aufgeholt. Wer sein Vermögen allerdings aufteilt und am besten noch nach und nach investiert hat, profitierte. Denn egal, ob Schwellenländer oder entwickelte Länder – die Börsen bescherten ihren Anlegern hohe Gewinne (siehe Grafik „Wer durchhält, profitiert“). Und das, obwohl die Zeiten alles andere als ruhig waren: In die vergangenen 25 Jahre fielen einige Crashs wie das Platzen der Dotcom-Blase um die Jahrtausendwende und die Einbrüche nach der Finanzkrise 2008/2009. Die maximalen Kursverluste der Indizes lagen bei gut 60 Prozent – in China sogar bei mehr als 80 Prozent. Doch wer die Schwankungen aussaß, lag richtig. Anleger, die am besten in mehreren Ländern investierten, mussten also nur gute Nerven und einen langfristigen Horizont mitbringen.
Diese Entwicklungen liefern daher einen eindrucksvollen Beleg dafür, dass es sinnvoll ist, sich beim privaten Vermögensaufbau am Terrassenmodell zu orientieren: Denn nur Anleger, die über genügend Reserven verfügen, um Aktienbestände lange Zeit liegen zu lassen, können es sich leisten, Kursschwankungen auszusitzen.
Doch selbst die kleine Gruppe an Bundesbürgern, die sich aufs Börsenparkett wagt, scheint eine falsche Vorstellung davon zu haben, welche Strategien langfristig Vermögen schaffen. Das zeigt eine groß angelegte Untersuchung von 40 000 Depots über einen Zeitraum von zehn Jahren im Auftrag von Finanztest. Die Wirtschaftsprofessoren Andreas Hackethal und Steffen Meyer untersuchten die Wertpapierdepots von Direktbankkunden und werteten den Depot-Mix, die Kontenbewegungen und die Rendite aus. Mit ernüchterndem Ergebnis. Zwischen 2005 und 2015 gingen den Anlegern etwa 5,6 Prozent Rendite jährlich durch die Lappen. Denn nach der durchschnittlichen Bestückung der Depots mit 80 Prozent Aktien und 20 Prozent Rentenpapieren wäre eine Rendite von 8,7 Prozent pro Jahr realistisch gewesen. Erreicht haben die Anleger aber im Schnitt nur 3,1 Prozent pro Jahr.