Es ist ganz einfach, lange zu leben:
Vermeide es, früh zu sterben!
Bonmot, unbekannter Autor.
Das klingt zynisch, denn das Sterben ist ja schließlich nicht freiwillig und wir können es somit auch nicht vermeiden. Oder etwa doch?
Und genau deshalb ist diese Frage ein schönes Beispiel für den Wert einer kritischen Einstellung gegenüber scheinbaren Selbstverständlichkeiten oder dem vermeintlich „gesunden“ Menschenverstand.
Denn: Können wir das Sterben wirklich nicht vermeiden?
Immer sicher nicht.
Manchmal aber sehr wohl!
Denn wir können die Gelegenheiten, an denen wir in unserem Leben spontan und zufällig sterben könnten, durchaus vermeiden oder reduzieren.
Erstaunlich ist übrigens, dass ich bei meiner Recherche kein einziges Anti-Aging-Buch gefunden habe, bei dem dieses Thema zur Sprache kam. Das ist die Macht der (manchmal zu sehr) medizinischen Perspektive.
Die Strategie dazu lautet: Such die Fakten heraus, welche Lebenssituationen besonders riskant bzw. gefährlich sind, und meide sie oder mildere sie ab.
Und genau das tun wir nun: Wir schauen uns einmal die Fakten an.
Woran also sterben Menschen häufig durch Unfälle?
Die Antwort mag wiederum viele überraschen, denn auch hier sagt das Gerücht: Verkehrsunfälle! Das wird wohl das höchste Unfallrisiko sein!
Das höchste Unfall-Todesrisiko besteht – in der Freizeit! Dazu gehören zum Beispiel Sportaktivitäten, die wir uns gleich noch genauer anschauen.
Das zweithöchste Unfall-Todesrisiko ist der Haushalt. (Anmerkung: Ich habe schon immer gewusst, dass Staubsaugen gefährlich ist und unbedingt vermieden werden sollte!)
Erst dann kommt der Verkehrsbereich. Die harten Fakten dazu zeigt Abbildung 5 [26].
Zum Glück sind die absoluten Zahlen bezogen auf die Gesamtbevölkerung niedrig. Es muss also niemand wirklich Angst vor Sport oder der Hausarbeit haben.
Aber die Philosophie von Rüdiger Nehberg meint ja nicht: „Vermeide alle Risiken!“ sondern „Tu, was du tun musst und möchtest, aber minimiere die Risiken!“
Und dafür gibt es nun zahlreiche Möglichkeiten. Hier ist eine Beispielauswahl:
Lassen wir uns das einmal in Zahlen fassen.
Wie groß ist in Deutschland das Risiko pro Jahr, an einem Unfall zu sterben? (Anmerkung: In anderen europäischen Ländern weichen die Zahlen ab, sind aber in der Tendenz vergleichbar.)
Wir runden die Zahlen etwas auf und ab, damit es sich leichter rechnen lässt, aber das Ergebnis das tatsächliche Risiko wiedergibt.
Deutschland hat ~80 Mio. Einwohner. Im Jahr 2020 wurden 22.717
Menschen durch Unfälle getötet. Das sind 22.717 Unfalltote pro Jahr / 80 Mio. Menschen = ca. 0,03% pro Jahr.
Das klingt wenig. Es bedeutet aber – wenn das Risiko am Unfalltod gleich verteilt wäre – dass wir ein 0,03%iges Risiko haben, jedes Jahr an einem Unfall zu sterben.
Wenn wir also 100 Jahre alt werden, dann multipliziert sich dieser Wert mit 100 minus die Wahrscheinlichkeit, bis dahin bereits gestorben zu sein (man kann ja nicht zweimal sterben). Wir haben dann also ein Risiko von 2,96%, also ca. 3%, in unserem Leben vorzeitig des Unfalltodes zu sterben.
Diese Rechnung soll nur grob die Größenordnung zeigen. 3% ist immer noch überschaubar, aber es bedeutet, dass von 100 Menschen grob gesagt 3 einen vorzeitigen Unfalltod erleiden.
Niemand möchte einer dieser 3 Personen sein. Und niemand möchte somit dieses Risiko gerne freiwillig hinnehmen, wenn es verhindert oder minimiert werden könnte.
Und genau das können wir doch!
Denn: Das Risiko ist eben nicht gleichverteilt. Es hängt z.B. davon ab, welche riskanten Aktivitäten wir ausüben. Wenn wir ohne Helm Rad fahren, Motorrad fahren (am besten noch bei nassen Straßen) oder Wingsuit fliegen, ist unser Risiko natürlich viel höher. Wenn wir all dies vermeiden bzw. den Helm tragen etc., dann ist unser Risiko entsprechend niedriger.
Das ist doch super! Denn es kostet uns ja nichts außer Gewohnheit, z.B. den Helm anzuziehen.
Machen wir einmal ein fiktives, zugegeben phantastisches Gedankenexperiment: Angenommen, die Medizin könnte uns völlig vor allen Alterungsprozessen des Körpers schützen. Würden wir dann ewig leben?
Die Antwort ist natürlich: Nein!
Denn wir wären ja nicht unverwundbar. Und wir könnten natürlich an einem Unfall sterben. Wenn das Risiko dafür ca. 3% pro 100 Lebensjahre wäre, würde das bei 1.000 Lebensjahren ca. 26% bedeuten. (Für die an der Rechenformel Interessierten siehe [27].)
Unseren 2.311ten Geburtstag würden wir mit 50%iger Wahrscheinlichkeit noch erleben, oder eben auch nicht. Anders formuliert: Die durchschnittliche Lebenserwartung eines Unsterblichen wäre 2.311 Jahre – wenn die Unfallwahrscheinlichkeit über diesen langen Zeitraum unverändert konstant bliebe.
Aus leidvoller historischer Erfahrung sind aber zwischendurch immer wieder Krisen und Kriege zu erwarten, die die Unfall- oder Todeswahrscheinlichkeiten ansteigen ließen. Das bedeutet, das vermutlich das Erleben des 2.311ten Geburtstags unter diesen heute noch utopischen Annahmen schon ein Glücksfall wäre.
Nun nehmen wir an, wir würden durch unser Verhalten das Unfallrisiko halbieren. Es betrüge dann also nicht 0,03% pro Jahr, sondern 0,015% pro Jahr.
Dann würde unsere durchschnittliche Lebenserwartung von 2.311 auf 4.622 Jahre steigen – also weitere 2.311 Jahre mehr!
Das klingt nun sehr abgehoben, illustriert aber die Bedeutung bzw. Wirkung risikoarmen Verhaltens.
Am Ende ist ja der Unfalltod ein 0-1-Ereignis: Entweder man stirbt durch Unfalltod – oder lebt eben weiter. Jedes Jahr sterben 22.717 Menschen durch Unfalltod. Wenn sich alle gemäß dieses Kapitels nun bewusst für ein risikomeidendes Verhalten entscheiden würden und das Unfalltodrisiko halbierten, könnten wir pro Jahr in Deutschland mehr als 11.000 (!) Lebende feiern, die sonst gestorben wären.
Das klingt schon nicht mehr so abgehoben, oder?
Nur leider wüsste es kein Einziger dieser 11.000. Und das macht es für viele Menschen so schwer zu verstehen: Niemand kann sagen, dass dieser oder jener Mensch gerettet worden ist. Genau wie mit den Impfungen gegen Covid-19 oder Maßnahmen gegen den Klimawandel, deren Wirksamkeit manche auch anzweifeln, weil es ja aus denselben Gründen wie bei der Unfallvermeidung keinen Einzel-Beweis für die Wirksamkeit geben kann (dazu später mehr). Man kann eben nie beweisen, was nicht passiert ist, sondern nur, was passiert ist. Niemand weiß, welche 100.000 Menschen durch die Impfung von einem schweren Covid-Verlauf geschützt wurden. Aber fast jeder kennt einen Menschen, der trotz (oder angeblich gar wegen) der Impfung einen schweren Verlauf hatte…und dennoch kann man beweisen, dass ein bestimmtes Verhalten schützt: Man betrachtet zwei Gruppen vieler Menschen, die sich nur in einem bestimmten Verhalten unterscheiden (z.B. Risikomeidung oder eben Impfung) – sagen wir von je 100.000 Menschen. Wenn nun in der einen Gruppe innerhalb eines Jahres 300 Menschen sterben und in der anderen Gruppe nur 100 Menschen, dann muss es an dem unterschiedlichen Verhalten liegen. So funktionieren – etwas vereinfacht dargestellt – medizinische Studien.
Es geht noch weiter: Bisher haben wir ja nur von den Unfalltoten gesprochen.
Leider gibt es (siehe Abbildung 5) aber auch und noch viel mehr Unfallverletzte, nämlich 9,77 Millionen pro Jahr!
Das sind nun 12,2%. Selbst wenn wir weiterleben, mag das (lange) Leben dann im Vergleich keine so große Freude mehr bieten, zum Beispiel mit Querschnittslähmung. (Dies soll keinesfalls die Lebensfreude von Behinderten in Frage stellen. Allerdings mag in der Abwägung beider Optionen gesund-verletzt doch die Gesundheit vorteilhaft erscheinen, sonst könnte man sich ja auch freiwillig schwer verletzen.)
Allerdings sind auch leichte Verletzungen in dieser Statistik enthalten, weshalb sie keine Grundlage für eine weitere Rechnung ist.
Tatsache ist aber: Wenn wir risikoarm zu leben versuchen, verringern wir das Risiko des plötzlichen Unfalltodes und zugleich auch das Risiko der schweren oder leichten Unfallverletzung.
All das ist doch attraktiv!
Und das bekommen wir quasi umsonst und ohne nennenswerten Aufwand durch eine Bewusstmachung und Vermeiden der größten Unfallrisiken.
Werden wir also jetzt noch einmal konkret: Was sind denn nun die größten Risiken, die sich vermeiden lassen? Und wie könnten wir demnach unser Unfallrisiko absenken?
Schauen wir dazu noch einmal etwas genauer in die Daten hinein. Dazu konzentrieren wir uns auf die 3 häufigsten Kategorien Freizeit (hier v.a. Sport), Haushalt und Verkehr.
Die meisten Sportunfälle passieren bei 3 Sportarten: Fußballspielen (32%), Alpinskifahren (26%) und Radfahren (8%) [28]. Das zeigt zwar noch nicht die Gefährlichkeit dieser Sportarten, weil es ja auch davon abhängt, wie oft bzw. wie viele Menschen diese Sportarten ausüben.
Daher ist eine Statistik aussagekräftiger, wie oft Unfälle pro Millionen Stunden Ausübung auftreten.
Und dann wird es wirklich lehrreich [29]: Die 6 gefährlichsten Sportarten sind Handball, Eishockey, Fußball (!), Surfen/Wellenreiten, Basketball und Hockey.
Die einfachste Risikomeidungsstrategie ist sicher: Suchen Sie sich eine andere Sportart aus, wenn Sie eine dieser Sportarten betreiben.
Viele andere Sportarten erfüllen denselben Zweck: Spaß, Bewegung und soziale Kontakte, sind aber wesentlich ungefährlicher. Ein „Auswahlmenü“ der relativ ungefährlichen Sportarten zeigt die folgende Abbildung.
Abgesehen davon lassen sich auch innerhalb der einzelnen Sportarten die Risiken noch senken: Durch gute Ausrüstung, ordentliche Überwachung oder verantwortungsvolles Verhalten zum Beispiel.
Meine Wahl fiel auf Joggen und Fitnesstraining. Beide Sportarten haben zudem die Vorteile, dass sie kostengünstig und unabhängig von Zeit und Ort durchgeführt werden können. Das hilft mir dabei, meinen Sport auch oft, regelmäßig und budgetschonend zu betreiben.
Im nächsten Risikofeld „Haushalt“ gibt es ebenfalls sehr interessante Daten, mit denen wir unser Unfallrisiko minimieren können. Eine schöne Zusammenfassung findet sich in [30]:
Das sind doch ziemlich praxisnahe und einfach zu befolgende Ratschläge, die sofort unser Unfallrisiko reduzieren.
Betrachten wir abschließend noch den Bereich Verkehr.
Zwar sagt die Statistik, dass Flugzeug und Bahn gegenüber dem Auto die streckenbezogen sichersten Verkehrsmittel sind [31]:
Aber: Auf die Reisekilometer kommt es nicht an! Denn mit dem Flugzeug legt man typischerweise lange Strecken zurück, mit dem Auto oft auch kurze.
Aussagekräftiger ist da schon die Anzahl der Unfälle pro 100 Millionen Reisestunden. Und hier gilt [31]:
Das bedeutet: Wie man es auch dreht und wendet, das Auto ist das gefährlichste Verkehrsmittel. Dann folgt das Flugzeug und das sicherste Verkehrsmittel ist die Bahn.
Wenn Sie also eine Flugreise durch eine Bahnreise ersetzen oder eine Autofahrt durch eine Bahnreise ersetzen können (und sich dann noch in die Zugmitte setzen), vermindern Sie Ihr Unfallrisiko erheblich!
Es gibt natürlich noch andere Lebensrisiken außer Unfällen. Besonders eklatant ist die Todesgefahr durch Krankheiten. Die Statistiken dahinter wurden uns in den Jahren 2020-2021 bzgl. Covid-19 ja fast stündlich in den Medien präsentiert.
Und auch diese Risiken sind verminderbar!
Wer lange leben möchte, sollte sich gegen alles impfen lassen, was möglich ist. Wann haben Sie zuletzt Ihren Impfpass kontrolliert?
Bei mir hat diese Kontrolle dazu geführt, dass ich abgelaufene Impfungen erneuert und neue Impfungen wahrgenommen habe. Ich ließ mich gegen Herpes Zoster, Covid-19 und Grippe impfen.
Und ich trage eine Maske, wo es nicht aufs „Gesicht zeigen“ ankommt und mich nicht behindert, z.B. beim Einkaufen, beim Friseur oder beim Arzt. Meistens ist das nach der Pandemiezeit noch nicht einmal einen schiefen Blick anderer wert. Man ist an Masken inzwischen gewöhnt.
Auch die Einnahme von immunabwehrstärkenden Nahrungsergänzungsmitteln (wie z.B. Zink) ist da sehr hilfreich – dazu mehr in den Kapiteln 12 und 14.
Im Ergebnis war ich seit Jahren nicht mehr krank – abgesehen von externen Einflüssen wie z.B. einem Wespenstich oder der typischen, saisonalen Erkältung (die ich früher viel häufiger hatte).
Ich überlasse die Anwendung dieser „Risikomeidungs-Strategie“ nun Ihrem Verstand. Wenden Sie den Grundgedanken an und lassen Sie ihn in Ihren Alltag einfließen, zum Beispiel:
Mit der Zeit wird Ihnen das in Fleisch und Blut übergehen – und Ihre Lebensqualität steigern, denn Kranksein oder Verletzungen kosten Lebenszeit und machen keinen Spaß. Manchmal – das ist oft der Anreiz, das zu missachten – muss man kurzfristig auf einen (gefährlichen) Freudenmoment verzichten, gewinnt aber gesunde Lebenszeit für andere (ungefährlichere) Lebensfreuden. Das zu erkennen, erfordert mehr Einsicht und Disziplin, als manche aufbringen möchten. Es ist eine persönliche Abwägung.
Noch weniger „Lebensfreude“ macht es natürlich, vorzeitig durch Unfalltod zu sterben.
Es ist deutliche geworden: Einen Großteil dieser Risiken können Sie selbst und gezielt ohne Kosten und große Mühen ausschalten!
So angewendet, wird die „Survival-Strategie“ von Rüdiger Nehberg zur „Longvival“-Strategie für Menschen, die lange gesund das Leben und seine Lebensfreuden genießen möchten.