Was beim Ausschalten passiert

Wissen Sie, dass für Windows Herunterfahren und „Herunterfahren“ zweierlei ist? Was „Fast Boot“ und „Schnellstart“ unterscheidet? Was es mit „Hybrid Standby“, „Modern Standby“ und „Connected Standby“ auf sich hat? Und welche Nebenwirkungen das alles jeweils hat? Wir dröseln das mal auf. Außerdem in dieser Rubrik: Tipps zur Taschenrechner-App, zur Laufwerksverschlüsselung BitLocker und zum Microsoft-Konto – und: Welche Features hat Microsoft eigentlich abgeschafft?

Von Axel Vahldiek

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Bild: KI Midjourney | Bearbeitung: c‘t

Was beim Ausschalten passiert

Tipps rund ums Ein- und Ausschalten

Tipps zum Taschenrechner

Ausgemustertes in Windows

FAQ: BitLocker

FAQ: Microsoft-Konto

Sie haben über das Beenden von Windows noch nie groß nachgedacht? Das ist überaus verständlich, doch es kann sich lohnen. Denn Windows kann nicht nur herunterfahren, sondern sich auch schlafen legen, und zwar auf verschiedene Weisen, die jeweils eigene Vor- und Nachteile haben. Welche Sie wählen, entscheidet unter anderem darüber, wie viel Strom der PC im vermeintlich ausgeschalteten Zustand noch schluckt, wie lange es beim nächsten Einschalten dauert, bis alles wieder betriebsbereit ist, ob Sie zum Booten von Desinfec’t, c’t-Notfall-Windows & Co. erst Schwierigkeiten überwinden müssen, und noch über einiges mehr. Der Beitrag, den Sie gerade lesen, stellt die verschiedenen Modi zum Beenden von Windows vor, ist in dieser Ausgabe aber nicht der einzige zum Thema: Im nachfolgenden Artikel „Tipps rund ums Ein- und Ausschalten“ finden Sie viele Tipps und Tricks dazu.

Zum Einstieg sei kurz zusammengefasst, was beim Einschalten eines Windows-PCs passiert. Zuerst startet das in der Firmware des Mainboards steckende „Basic Input/Output System“ (BIOS). Das gilt auch für moderne Rechner, die die Spezifikation des „Unified Extensible Firmware Interface“ (UEFI) erfüllen. Das BIOS initialisiert die vorhandene Hardware und prüft, ob externe Geräte angeschlossen sind (etwa USB-Maus, -Tastatur, -Stick …). Als Nächstes sucht das BIOS nach dem Windows-Bootloader und übergibt ihm die Kontrolle. Er prüft, ob das Betriebssystem auf einem BitLocker-verschlüsselten Laufwerk liegt und veranlasst gegebenenfalls das Entsperren (per TPM, Kennwortabfrage, PIN-Eingabe, …). Anschließend ruft er Windows auf, das nun bootet. Es startet alle nötigen Treiber und Dienste, lädt Benutzerprofile, stellt den Desktop bereit und zeigt den Anmeldedialog. Nach der Anmeldung lädt Windows weitere Programme und Dienste. Ist das alles erledigt, können Sie loslegen. Das komplette Prozedere heißt auch „Kaltstart“ (mit „Warmstart“ ist ein Neustart gemeint).

Beim Ausschalten geht Windows den umgekehrten Weg: Es meldet die angemeldeten Nutzerkonten ab, beendet alle laufenden Anwendungen, Dienste und dann sich selbst. Als Abschluss schickt es ein Signal an den PC, dass er sich ausschalten soll. Wobei „ausschalten“ meist nicht „komplett aus“ im Sinne von stromlos meint, sondern etwas, was „Soft-Off“ heißt: Das Mainboard reagiert noch, wenn Sie einen daran angeschlossenen Einschalter am Gehäuse drücken. Erst wenn Sie den Schalter am Netzteil betätigen, zieht der Computer gar keine Energie mehr aus der Leitung. Notebooks haben keinen „echten“ Schalter und entleeren ihren Akku ganz langsam weiter, bis dessen Tiefentladeschutz eingreift.

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Im Startmenü finden Sie verschiedene Optionen, die allesamt dazu führen, dass Windows auf irgendeine Art einschläft. Das gilt auch für den Schalter „Herunterfahren“.

Der wesentliche Nachteil des Herunterfahrens besteht darin, dass der PC beim nächsten Einschalten erneut den Kaltstart durchlaufen muss, und das kostet Zeit. Um die einzusparen, fährt Windows heutzutage standardmäßig nicht mehr herunter, sondern unterbricht seine Tätigkeit bloß: Es begibt sich in eine Art Schlafzustand. Auf den ersten Blick wirkt das so, als wäre Windows beendet, und je nach Art des Schlafzustands kommt der PC sogar komplett ohne Strom aus. Der zeitsparende Vorteil: Beim nächsten Einschalten des PCs braucht Windows bloß aufzuwachen. Die beiden wichtigsten Schlafzustände heißen „Ruhezustand“ und „Energie sparen“.

Ruhezustand

Schicken Sie Windows in den „Ruhezustand“, beendet es weder die Anwendungen noch meldet es die angemeldeten Nutzerkonten ab. Stattdessen friert es den aktuellen Zustand ein. Dazu gehört auch, dass Windows sich nicht nur Zustand und Lage der Daten auf den internen Datenträgern merkt. Sondern auch, dass es den aktuellen Inhalt des Arbeitsspeichers sichert, und zwar auf dem internen Datenträger in einer Ruhezustandsdatei namens Hiberfil.sys (der Name leitet sich von Hibernation und File ab). Zudem hinterlässt es Hinweise an BIOS und Bootloader, dass es nur schläft, und schickt dann das Signal zum Ausschalten an den PC. Der Vorteil beim Aufwachen: Windows braucht im Wesentlichen bloß den Inhalt der Hiberfil.sys wieder zurück in den Arbeitsspeicher zu laden und ist anschließend einsatzbereit.

Sofern das BIOS verstanden hat, dass Windows nur schläft, kann es beim nächsten Einschalten zusätzlich Zeit sparen, indem es die Suche nach neu angeschlossener Hardware überspringt. Zudem lädt es möglichst wenige Gerätetreiber (Windows spricht viele Hardwarekomponenten ohnehin mit eigenen an). Verantwortlich ist eine BIOS-Funktion namens „Fast Boot“. Ob Ihr BIOS sie beherrscht, entscheidet letztlich der Hersteller: Er muss die Funktion ins BIOS integrieren. Er entscheidet auch, ob Sie im BIOS-Setup einen Schalter zum Ein- und Ausschalten von „Fast Boot“ finden.

Schnellstart

Eine Mischform aus Herunterfahren und Ruhezustand ist der „Schnellstart“. Obacht: Das klingt zwar wie „Fast Boot“ auf Deutsch, ist aber etwas anderes!

Den Schnellstart hat Microsoft mit Windows 8 eingeführt und auch gleich stillschweigend zum Standard erklärt: Wenn Sie im Startmenü auf „Herunterfahren“ klicken, fährt Windows nicht mehr herunter. Stattdessen beendet es alle laufenden Anwendungen und meldet die aktuell angemeldeten Nutzerkonten ab. Das Betriebssystem selbst geht hingegen in den Ruhezustand, speichert also den Inhalt des RAM auf dem internen Datenträger und so weiter. Bei Einschalten wirkt das wie ein Kaltstart, weil Windows Ihr Nutzerkonto und alle Anwendungen neu lädt.

Die Windows-Funktion „Schnellstart“ und die BIOS-Funktion „Fast Boot“ können gleichzeitig aktiv sein, müssen es aber nicht. Anders formuliert: „Fast Boot“ setzt zwar entweder Schnellstart oder Ruhezustand voraus, die beiden kommen ihrerseits aber ohne „Fast Boot“ aus. Im Englischen unterscheidet Microsoft die Funktionen, indem es den Schnellstart „Fast Startup“ nennt. Gefunden haben wir bei Microsoft aber auch die Bezeichnungen „Hiberboot“ und „Hybrid shutdown“.

Energie sparen

Ist ein PC heruntergefahren oder schläft im Ruhezustand/Schnellstart, können Sie ihn vom Stromnetz trennen beziehungsweise den Akku abziehen. Die Funktion „Energie sparen“ senkt ebenfalls die Leistungsaufnahme, allerdings nicht auf Null. Denn nachdem Sie Windows auf diese Weise beendet haben, wirkt es nur so, als sei der PC aus.

Stattdessen weist Windows alle Hardwarekomponenten an, sich möglichst abzuschalten. Das Display beispielsweise kann aus. Die Laufwerke können sich ausschalten. Die Lüfter brauchen nicht zu drehen, wenn der PC dank des weitgehenden Stillstands keine Wärme mehr produziert. Die Daten im Arbeitsspeicher (RAM) bleiben aber unverändert, daher heißt „Energie sparen“ auch „Suspend to RAM“. Eine kontinuierliche Stromversorgung bleibt erforderlich. Weil das RAM ein flüchtiger Speicher ist, vergisst es seinen Inhalt sonst quasi sofort.

# ACPI-Sleep-States

Sleep State

Funktion

S0

PC und Windows laufen.

S1, S2, S3

Der PC befindet sich im Energiesparmodus „Energie sparen“. Der RAM-Inhalt bleibt dank konstanter Stromversorgung erhalten („Suspend to RAM“).

S4

Windows hat sich in den „Ruhezustand“ schlafen gelegt, der Inhalt des RAM ist auf dem internen Datenträger in der Datei Hiberfil.sys gespeichert („Suspend to Disk“).

S5

Soft-Off. Der PC reagiert auf den mit dem Mainboard verbundenen Einschalter und je nach Konfiguration auf „Wake On LAN“, ist sonst aber aus.

Der Clou des Energiesparmodus ist letztlich ohnehin ein anderer: Mit dieser Methode ist der Computer nach dem Einschalten viel schneller bereit als beim Ruhezustand. Denn er muss zwar auch hier erst alle Hardwaregeräte aufwecken, braucht aber anschließend nicht auch noch GByte-weise Daten zurück ins RAM zu laden. Diesen Geschwindigkeitsvorteil erkaufen Sie sich jedoch mit dem Nachteil, dass der PC weiterhin Energie braucht: zwar nur wenig, das aber konstant. Falls Sie den PC gerade ohne angeschlossenes Stromkabel und ohne Akku durch die Gegend tragen wollen, ist „Energie sparen“ die falsche Wahl.

Wie viel Strom im Energiesparmodus noch nötig ist, hängt vom jeweiligen PC ab, viel ist es aber nicht. Als Beispiele mögen unsere aktuellen optimalen PCs dienen. Beim sparsamen Allrounder, der im Leerlauf 13 Watt braucht, sinkt die Leistungsaufnahme im Energiesparmodus auf 1,6 Watt [1], der starke Rechner mit Ryzen 7000 (Leerlauf: 35 Watt) zieht mit 1,4 Watt sogar noch weniger [2]. Das ist jeweils kaum mehr als im „Soft-Off“-Zustand (1,2 beziehungsweise 1,0 Watt).

Sofern es Ihnen nur um Ihre heimische Stromrechnung geht, ist es also letztlich egal, welche Schlafmodi Sie wählen. Weit mehr bringen Ihnen stattdessen die Energiespartipps, die wir als Titelgeschichte in c’t 22/2022 veröffentlicht haben.

Noch mehr Ruhezustände

So wie der Schnellstart eine Mischung aus Kaltstart und Ruhezustand ist, gibt es auch eine aus Ruhezustand und „Energie sparen“: den „Hybriden Ruhezustand“. Der Hintergrund: Der Energiesparmodus braucht eine konstante Energieversorgung, doch was ist, wenn der Computer nicht mit dem Stromnetz verbunden ist und der Akku irgendwann leerläuft? Der Inhalt des RAM würde verloren gehen. Die Folge wäre der Verlust zumindest jener Daten, die bislang nur im RAM liegen und noch nicht auf dem Datenträger gespeichert wurden, etwa ungesicherte Änderungen von geöffneten Dokumenten.

Der „Hybride Ruhezustand“ verspricht eine Lösung dieses Problems. Windows geht dabei in den Energiesparmodus, sichert aber zusätzlich alles wie beim Ruhezustand. Bleibt durchgehend Strom verfügbar, wacht der PC später aus dem Energiesparmodus wieder auf und ist einsatzbereit. Lief der Akku stattdessen irgendwann leer, erwacht der PC halt aus dem Ruhezustand. Das dauert zwar länger, vermeidet aber den sonst drohenden Datenverlust.

Als letztes sei noch auf den „Modern Standby“ hingewiesen. Eingeführt wurde dieser Modus bei Windows 8.1 als „Connected Standby“, seit Windows 10 trägt er den aktuellen Namen. Der Computer befindet sich dabei ähnlich wie ein Smartphone in einem besonders stromsparenden Leerlaufzustand („low-power idle“), wobei die Netzwerkverbindung aktiv bleibt. Der PC kann also weiterhin beispielsweise Chatnachrichten oder Mails empfangen. Dieser Schlafmodus funktioniert nur bei vom Hersteller speziell dafür ausgerüsteten Notebooks und lässt sich bei anderen Systemen nicht aktivieren, denn dazu müssen viele Komponenten und deren Firmwares zusammenspielen. Geräte, die „Modern Standby“ beherrschen, unterstützen kein „Energie sparen“.

Sleep-States

Es hilft bei Gesprächen über die verschiedenen Modi zum Beenden von Windows, die im ACPI-Standard festgelegte Nummerierung der Ruhezustände zu kennen. Im Englischen heißen sie „Sleep-States“, und jeder Sleep State (oder kurz „S-State“) hat eine Nummer.

S0 meint „kein Schlafmodus aktiv“, Windows und Hardware sind also komplett betriebsbereit. S1, S2 und S3 sind Energiesparmodi, also das, was Windows mit „Energie sparen“ meint. Für diese drei Modi gilt: Je höher die Zahl, umso geringer der Energiebedarf. S2 spart also mehr als S1 und S3 mehr als S2. Die meisten PCs unterstützen nur einen der drei Modi, nämlich S3.

S4 ist der Ruhezustand, bei dem der RAM-Inhalt auf dem internen Datenträger gespeichert wird („Suspend to Disk“). S5 schließlich meint „Soft-off“. Wie oben erwähnt reagiert der PC nur noch auf das Drücken eines mit dem Mainboard verbundenen Einschalters.

Aus den Sparmodi S3, S4 und bei manchen Systemen auch S5 lassen sich Rechner auch auf andere Weise wieder aufwecken, etwa per Wake on LAN (WoL). Dazu muss der Netzwerkchip weiter mit Strom versorgt sein. Das Aufwecken per USB-Tastatur, USB-Maus oder zeitgesteuert mit der Windows-„Aufgabenplanung“ ist häufig nur aus S3 oder S4 möglich und nicht aus dem S5-Modus. Bei manchen Systemen lässt sich das im BIOS-Setup ändern; doch weil dann mehr Hardware im S5-Modus Strom bekommt, schläft der Rechner weniger sparsam.

„Modern Standby“ schließlich ist weder S3 noch S4, sondern eine spezielle Form von S0. Aber das führt jetzt hier zu einer Detailtiefe, die nicht nur den Rahmen des Artikels sprengt, sondern Ihnen vor allem im Alltag nicht mehr weiterhilft. Widmen Sie sich nun also besser den Tipps und Tricks im Artikel „Was beim Ausschalten passiert“, davon haben Sie mehr.

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Literatur

[1] Christian Hirsch, Sparsamer Allrounder, Bauvorschlag für einen 13-Watt-PC, c’t 26/2022, S. 26

[2] Christian Hirsch, Leiser Riese, Bauvorschlag für einen starken Rechner mit Ryzen 7000, c’t 26/2022, S. 30

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