Die schönste Katzenmusik von allen
Wollte man in früheren Zeiten auf gesellschaftliche Missstände aufmerksam machen, musste man sich deutliches Gehör verschaffen. Schon bei den Naturvölkern wurde das mit Katzenmusik, also lauten, disharmonischen und auf improvisierten Instrumenten produzierten Tönen gemacht.
Im frühen Mittelalter wurden so Ehebruch, Fehlverhalten bei Ordensmitgliedern oder zu frühe Wiederverheiratung nach dem Tod des Ehepartners öffentlich missbilligt. Später zog die Katzenmusik auch in den Karneval, den Fasching und die Fasnacht ein.
Im deutschen Revolutionsjahr 1848 verbreitete sich die Katzenmusik in den großen Städten als eine Form der politischen Demonstration, die schließlich unter Strafe gestellt wurde. Auch in Wien griff man ab dieser Zeit zum Mittel der Katzenmusik als Zeichen des Protestes.
Nicht gegen politische, sondern gegen musikalische Entwicklungen sollte die Katzensymphonie wirken, die der Maler und Zeichner Moritz von Schwind 1866 als Geschenk für seinen Freund Joseph Joachim anlässlich dessen Ernennung zum Direktor der Berliner Hochschule für Musik komponierte. Der Violinvirtuose war ein bekennender Gegner der musikalischen Fortschrittspartei Franz Liszts. Schwind sah in Joachims Ernennung einen Sieg über die Ideen der »Neudeutschen«. Mit bissiger Ironie macht er sich darüber lustig: »[…] und wollen sich immer noch nicht in die Arme der Zukunftspoesie werfen, wo allein Heil ist. […] Weg mit dem alten, steifen, trockenen Notensystem – es braucht ein neues, durchgeistigtes, lebensvolles Ausdrucksmittel für meine neuen ungeahnten Gedanken – ob es Töne, Bilder oder der Teufel weiß was sind, das ist auch ganz Wurst […]« Damit spielt er auch auf Richard Wagners Idee des »Kunstwerks der Zukunft« an und setzt die Katzensymphonie als deutliche Stichelei dagegen ein.
Der Könner Joseph Joachim war im Übrigen nicht in der Lage, diese Katzenmusik auf seiner Violine zu spielen.