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87_Pinkeltje

Kunst aus der Katze

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1.000 von über 100.000 Hassmails hat TINKEBELL in einem Buch zusammengetragen und mit Namen, Beruf, Herkunft und Foto des Verfassers veröffentlicht. Fast alle der meist weiblichen Absender drohten damit, sie zu quälen, zu verstümmeln und zu töten.

Was hatte die Ende der 70er Jahre geborene Niederländerin getan, um den ungezügelten Volkszorn auf sich zu ziehen?

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Tipp My dearest cat Pinkeltje (2003). By TINKEBELL | Adresse Courteasy TORCHGallery, Lauriergracht 94, 1016 RN Amsterdam, Niederlande | Öffnungszeiten Do–Sa 12–18 Uhr und nach Vereinbarung

Die Antwort ist einfach. Sie tötete ein Tier, um den Kadaver weiterzuverarbeiten. Allerdings ist TINKEBELL keine Bäuerin oder Metzgerin, sondern bestreitet ihren Lebensunterhalt als Konzeptkünstlerin. Und das Tier war kein Schwein oder Rind, sondern ihre eigene kranke Katze.

Über den Kater Pinkeltje selbst ist nicht viel bekannt. Er kam erst spät zu ihr, nachdem er vorher in seinem Leben sehr schlecht behandelt wurde, wie die Künstlerin selbst berichtet. Er war alt, krank und lag im Sterben, als sie ihn selbst erlöste. 2003 verarbeitete sie das Fell des Katers zu einer Handtasche und stellte diese öffentlich aus. Die Empörung ließ nicht lange auf sich warten.

Doch genau darum ging es der Künstlerin, die selbst überzeugte Vegetarierin ist: das gespaltene Verhältnis der Menschen zu ihren Tieren zu thematisieren. Niemand regt sich über Koteletts, Suppenhühner und Steaks in den Supermarktauslagen auf. Viele tragen Lederkleidung, äußert sie sinngemäß in Interviews. Dass die Haustiere im Gegensatz dazu beinahe wie Menschen behandelt werden, empfindet sie als die wahre Perversion.

Pinkeltje erlangte auf diese Weise posthum Weltruhm. Seine neue »Erscheinungsform« polarisiert und soll die Menschen zum weiteren Nachdenken über ihren Umgang mit sogenannten Nutztieren anregen. An vielen Stellen ist das auch gelungen. Über die Hassmails hinaus fanden Diskussionen in den Feuilletons und Ethik-Foren statt, in denen die Verdrängung der Realitäten in der Fleischproduktion im Bewusstsein der Verbraucher offensichtlich wurde.

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