5.1 Wenckebach-Punkt bestimmung
Wenckebach-Punkt

Wenckebach-Punkt-Bestimmung: atriale Stimulationsfrequenz 110 ipm; die Vorhoffrequenz wird 1:1 auf den Ventrikel übergeleitet

Wenckebach-Punkt-Bestimmung: Atriale Stimulationsfrequenz 130 ipm; der Wenckebach-Punkt ist überschritten. Die atriale Stimulation wird nicht mehr 1:1 übergeleitet. Es ist eine AV-Blockierung aufgetreten
Die Wenckebach-Punkt-Bestimmung findet in Ruhe statt. Unter körperlicher Belastung liegt der Wenckebach-Punkt meistens höher, da der positiv dromotrope Effekt der adrenergen Stimulation unter Belastung die PQ-Zeit verkürzt. Eine fehlende Verkürzung des AV-Intervalls unter Belastung kann ein Hinweis auf eine latente AV-Überleitungsstörung sein.
5.2 Retrograder Leitungstest
Für die Routinenachsorge besteht keine zwingende Notwendigkeit, einen retrograden Leitungstest durchzuführen. Gibt es jedoch anamnestische Hinweise für tachykarde Rhythmusstörungen oder zeigt der Schrittmacherspeicher entsprechende Hinweise, könnten u. a. Schrittmacher-Reentry-Tachykardien (PMT ) Ursache hierfür sein. Um die retrograden Leitungseigenschaften des AV-Knotens zu testen, sollte der Schrittmacher temporär in den Modus VDI/VDD und auf eine mind. 10 Schläge höhere Frequenz als die aktuelle Vorhoffrequenz programmiert werden.
Mit laufendem EKG kann jetzt überprüft werden, ob eine ventrikuläre Stimulation ohne vorherige atriale Depolarisation (AV-Desynchronisation) zu einer retrograden Leitung und atrialen Depolarisation führt. Im EKG erscheint im Falle einer retrograden Leitung eine fixe gekoppelte atriale Depolarisation nach der ventrikulären Stimulation. Ist dies der Fall, kann die retrograde Leitungszeit gemessen werden. Wenn der Schrittmacher noch nicht über einen automatischen PMT -Schutz verfügt, sollte die PVARP auf einen Wert programmiert werden, der etwas länger ist als die gemessene retrograde Leitungszeit. Lange postventrikuläre atriale Refraktärperioden (PVARP) können bei hohen Frequenzen unter Belastung evtl. eine Wenckebach-Periodik oder einen 2:1-Block begünstigen (► Abschn. 1.9).

Automatische Messung der retrograden Leitungszeiten: Es wird die kürzeste, mittlere und längste VP-Zeit angezeigt. Mit freundlicher Genehmigung der Biotronik SE & Co. KG, Berlin

Retrograder Leitungstest im VDD-Modus; retrograde Leitung (V–A: 250–257 ms; VP = ventrikuläre Stimulation; AS = Retrograde P Welle). Im ungefilterten atrialen Kanal stellt sich ein R Wellen Far Field Sensing dar, welches in die Ausblendzeit fällt und vom Schrittmacher nicht annotiert wird
5.3 Magnettest
Die Magnetauflage erlaubt auch ohne Programmiergerät näherungsweise Aussagen über den Batteriezustand des Schrittmachers. Mit Magnetauflage gehen die Schrittmacher in der Regel in einen starrfrequenten Stimulationsmodus (mit definierter Magnetfrequenz ) über (V00, A00 oder D00). Die Magnetfrequenz liegt bei Implantation (Begin of Service) üblicherweise zwischen 85–100 ipm (je nach Modell) und nimmt bei Erreichen des Austauschkriteriums („elective replacement indicator“, ERI) deutlich auf ca. 60–80 ipm ab. Mit Erreichen des ERI sollte der Schrittmacher ausgetauscht werden.
Manche Schrittmachermodelle können so programmiert sein, dass bei Magnetauflage keine starrfrequente Stimulation erfolgt. Andere Funktionen bei Magnetauflage können je nach Modell und Programmierung sein: Aufzeichnung eines Holter EGM, Stimulationstest für einzelne Schläge mit reduzierter Energieabgabe , Reizschwellentest (z. B. Variotest) etc.
Wenn keine Unterlagen über das Schrittmacheraggregat vorliegen, kann die gemessene Magnetfrequenz evtl. Informationen liefern, welches Programmiergerät zu verwenden ist (Internetadressen und Literatur im Anhang).
Für die Beurteilung des Batteriezustandes sollten in jedem Fall gemessene Daten herangezogen werden (z. B. Batterieimpedanz, Batteriespannung, Angaben zu ERI etc.), da die aktuelle Magnetfrequenz keine verlässliche Prognose über die Restlaufzeit erlaubt.
5.4 Inhibitionstest

Der Modus kann in manchen Aggregaten temporär auf „000“ (oder „0D0“) eingestellt werden, um den Eigenrhythmus festzustellen. Aus: Fischer und Ritter (2002)
5.5 Provokationstest
Bei Verdacht auf Oversensing von Myosignalen sollte ein Provokationstest durchgeführt werden. Hierbei wird bei laufendem EKG geprüft, ob Muskelanspannungen zu einer Inhibition oder Triggerung des Schrittmachers führen (► Abschn. 9.3, Oversensing von Myosignalen).
5.6 Belastungstest
Der Belastungstest kann bei klinischen Symptomen oder nach Änderung der Medikation die Frage einer chronotropen Inkompetenz klären und dient auch der Optimierung des Sensors für die Frequenzanpassung. Der Test zeigt, ob die erzielte Stimulationsfrequenz adäquat ist. Zu beachten ist dabei, dass Aktivitätssensoren während einer Fahrradergometrie einen inadäquaten Frequenzanstieg zeigen, da sie keine wesentliche Aktivität mit Vorwärtsbewegung registrieren. Ein Pulsoxymeter, Kurzzeitholter oder Simulationstest können zusätzlich für die Einstellung der Sensoren hilfreich sein (► Abschn. 5.7).
Holterfunktionen im Schrittmacher können Hinweise auf das Vorliegen einer chronotropen Inkompetenz geben. Bei chronotroper Inkompetenz sollte die Frequenzadaptation aktiviert werden. Falls der Patient unter Belastung mit seiner intrinsischen Frequenz adäquat ansteigt, ist die Sensorfunktion entbehrlich. Eine spezielle Situation liegt vor bei Patienten mit chronotroper Kompetenz und AV Block III° im Falle einer Mode Switch Situation, z. B. wegen Vorhofflimmern. Bei nicht aktiviertem Sensor (DDD zu VDI/DDI) erfolgt in dieser Situation eine Stimulation an der Grundfrequenz. Aus diesem Grund sollte idealerweise in einer solchen Situation die Frequenzadaptation automatisch aktiviert werden (z. B. Mode Switch von DDD zu DDIR).
5.7 Simulation
Die Simulation der Belastungsfrequenzen dient der Optimierung der Sensoreinstellungen. Der Patient führt eine Belastung (z. B. Treppensteigen) durch, um die erreichten Belastungsfrequenzen zu dokumentieren. Bei der Belastung ist darauf zu achten, eine automatische Sensoranpassung auszuschalten und den kleinsten fixen, sensorkalkulierten Frequenzanstieg zu wählen, um die intrinsischen Frequenzen unter Belastung erkennen zu können. Jetzt können mittels Simulationsprogramm bei verschiedenen Einstellungen der Sensorparameter die daraus resultierenden Frequenzkurven mit der intrinsischen Frequenz verglichen werden.

a–c Simulation der Sensoreinstellung (schwarze Kurve: Eigenfrequenz; blaue Kurve: simulierte Sensorfrequenz). a: Frequenzverlauf mit Adaptation 3, maximale Eigenfrequenz unter Belastung: 94 min−1, Patient ist chronotrop inkompetent; b: Frequenzverlauf mit (max.) Adaptation 16; c: Frequenzverlauf mit (optimierter) Adaptation 7
5.8 Langzeit EKG Untersuchungen
Bei Verdacht auf eine Fehlfunktion des Schrittmachersystems oder wenn der Patient über Symptome wie z. B. Herzrasen oder Palpitationen klagt, die nicht durch die gespeicherten Arrhythmien oder im Rahmen der Nachkontrolle erklärt werden können, kann das Langzeit EKG Informationen liefern. Dies ist z. B. der Fall, wenn Vorhofflimmerphasen vom Schrittmacher nicht adäquat erkannt werden, weil die Flimmersignale zu niedrig sind, bei Verdacht auf intermittierenden Exitblock/Entranceblock , oder wenn AV Überleitungsstörungen im AAI Modus vermutet werden.
5.9 Röntgendiagnostik
Das Röntgenthoraxbild oder eine Computertomographie können bei Verdacht auf z. B. Sondenprobleme, wie Sondenbrüche, Isolationsdefekte, Konnektionsprobleme, Sondenperforationen oder Dislokationen, wichtige Informationen liefern.
5.10 Echokardiographie
Die Echokardiographie (transthorakal oder transösophagial) findet für die hämodynamische Optimierung des AV Delays und bei biventrikulären Systemen für die Synchronisierung des rechten und linken Ventrikels Anwendung. Sie ist unentbehrlich für die Beurteilung von Sondenproblemen und bei der Darstellung bakterieller Auflagerungen an Herzklappen und Sonden.
5.11 Telemonitoring
Andere Bezeichnungen: Home Monitoring ; Care Link Network ; Conexus Automatic Monitoring ; Merlin Net ; Patient Care Network ; Latitude ; SMARTVIEW .

Schematische Darstellung: Telemonitoring
Für die Realisierung von Telemonitoring benötigt das Implantat eine Antenne. Der Patient wird mit einer Sende /Empfangseinheit (andere Bezeichnungen: Patientengerät; Monitor; Home Sender; Cardio Messenger etc.) ausgestattet. Die Sendeeinheit ist entweder ein stationäres Gerät, das mit dem Telefonanschluss verbunden ist, oder ein Handy, das mit dem Mobilfunknetz in Verbindung steht. Diese Sendeeinheiten leiten die Daten an ein Telemonitoringzentrum weiter. Je nach Anbieter und Schrittmacher kann die Datenübertragung z. B. einmal täglich automatisch erfolgen, indem sich der Patient in der Nähe der Sendeeinheit aufhält oder aktiv durch Auflage eines Telemetriekopfes auf den Schrittmacher. Übertragen werden Informationen, z. B. Sondenimpedanz, Batteriestatus, Ergebnisse der automatisch durchgeführten Reizschwellen und Sensingtests, Parametereinstellungen und gespeicherte Diagnosedaten. Darüber hinaus können z. B. auch Blutdruck, Gewicht und intrapulmonale Volumenveränderungen etc. je nach Modell übertragen werden.
Das Telemonitoring bietet eine regelmäßige Überwachung der Schrittmacherfunktionen, sodass der behandelnde Arzt bei Problemen frühzeitig eingreifen kann. Bei Patienten, die Fernreisen durchführen, kann eine mobile Sendeeinheit auch bei Aufenthalt im Ausland eine Kontrolle des Schrittmachers ermöglichen.
Wenn der Zustand des Patienten stabil und eine Umprogrammierung nicht erforderlich ist, kann die Online Nachsorge die routinemäßigen Nachsorgeintervalle beim Arzt auf bis zu 12 Monate verlängern.

Beispiel Home Monitoring: 3 Monate nach der Schrittmacherimplantation war bei der Patientin plötzlich Vorhofflimmern aufgetreten. Die Patientin und ihr Hausarzt wurden von der betreuenden Klinik am nächsten Morgen über die Diagnose informiert, nachdem der Herzschrittmacher die auffälligen Daten über das Home Monitoring Zentrum per E Mail und Fax an die betreuende Klinik übertragen hatte
Die Telemedizin entspricht den aktuellen Empfehlung des „HRS/EHRA Expert Consensus“ (Wilkoff et al. 2008) zum Monitoring kardiovaskulärer, implantierbarer elektronischer Geräte. Die Empfehlungen zum Telemonitoring (erschienen in der „Kardiologie“, Müller et al. 2013) empfehlen insbesondere die telemedizinischen Nachsorgen von ICDs und CRT D Aggregaten. Bezüglich der Abrechnung von telemedizinischen Nachsorgen sind seit dem 1. Oktober 2017 im EBM Katalog nur ICDs und CRT Aggregate mit verschiedenen GOP Ziffern aufgenommen worden.
Telemetrische Nachsorgen von Herzschrittmachern (mit Ausnahme von CRTP Aggregaten) sind aktuell im EBM Katalog nicht berücksichtigt und damit nicht abrechenbar.