3. Zur begriffsgeschichtlichen Entwicklung des Kriteriums der Verhältnismäßigkeit bei einem Behandlungsabbruch und -verzicht in der katholischen Moraltheologie

Entscheidungen über Behandlungen sind nicht erst im Zeitalter der modernen Medizin notwendig geworden. In kirchlichen, theologischen und ethischen Diskursen finden das so genannte Kriterium der Verhältnismäßigkeit sowie synonyme Begriffe Verwendung. In theologischen Beiträgen wird das Kriterium insbesondere in kurzen Abschnitten moraltheologischer Handbücher thematisiert. In einer Relecture der Begriffsgeschichte soll gezeigt werden, mit welchen Begriffsinhalten der Terminus „Verhältnismäßigkeit“ gefüllt wird. Zu fragen ist weiterhin, inwieweit bei den Begriffsbestimmungen Unterschiede und Gemeinsamkeiten in den theologisch-ethischen Deutungen des Kriteriums bestehen.

Die folgende begriffsgeschichtliche Untersuchung (3.1) stellt dabei die Grundlage für die Begriffskritik (3.2) dar, um Konsequenzen für ein weiterführendes Verständnis in heutiger Zeit von „Verhältnismäßigkeit“ zu ziehen (3.3).

3.1. Begriffsgeschichtliche Entwicklung

Das Kriterium der Verhältnismäßigkeit wurde kirchenamtlich erstmals von Papst Pius XII. aufgegriffen, u. a.in einer Ansprache vor Ärzten im Jahr 1957.99 Pius XII. konnte dabei auf einen moraltheologischen Diskurs zum Behandlungsabbruch und -verzicht zurückgreifen, der sich bis in die frühe Neuzeit zurückverfolgen lässt.100 Die anfänglichen Begriffsbestimmungen stellen dabei die Basis für die kirchliche und theologische Rezeption im 20. und 21. Jahrhundert dar.

Im folgenden Abschnitt werden aus der Begriffsgeschichte grundlegende Aussagen zum Verständnis des Kriteriums herausgearbeitet und dabei exemplarische Positionen angeführt.101 Die ausgewählten Autoren und theologisch-ethischen Aussagen besitzen Relevanz für die sich anschließende Begriffskritik und die systematische Auseinandersetzung in den Kapiteln 4 bis 6. Bei der Erarbeitung von Gemeinsamkeiten im theologischen Verständnis des Kriteriums der Verhältnismäßigkeit liegt der Fokus dabei auf der Frage, auf welche Weise die Situation des Patienten hinsichtlich einer Entscheidung über eine Behandlung berücksichtigt wird.102 Untersucht wird, auf welche Weise Autoren in der Frage nach der Verhältnismäßigkeit auf das Wohl des Patienten und seine Entscheidungskompetenz abzielen.

3.1.1. Vom 16. Jahrhundert bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts: Die Bestimmung „außergewöhnlicher Mittel“ als Belastung einer medizinischen Behandlung für den Patienten

Bereits im 16. Jahrhundert wurden von Theologen Fragen zur Erhaltung des Lebens bei Entscheidungen über Behandlungen aufgegriffen.103 Die Autoren verwendeten dabei als Kriterium den Terminus „Verhältnismäßigkeit“ sowie synonyme Begriffe.

Francisco de Vitoria (1483–1546):

Verhältnismäßigkeit der Mittel und die Frage nach der Kraft des Patienten

Große Bedeutung für die begriffsgeschichtliche Untersuchung des Kriteriums der Verhältnismäßigkeit besitzen die Ausführungen des spanischen Theologen Francisco de Vitoria. In seinen „Relectiones Theologiae“ und der „Relectio de Temperantia“ behandelt er auch die Frage der Ernährung von schwerkranken und sterbenden Menschen.104

Francisco de Vitoria setzt seine Argumentation zunächst bei der Verpflichtung des Menschen zur Erhaltung des Lebens an. Dennoch weist er auf Ausnahmen hinsichtlich der Lebenserhaltung eines kranken Menschen, der unter Abscheu gegenüber der Nahrungsaufnahme leidet, hin. Wenngleich es prinzipiell verpflichtend sei, Essen und Nahrung zu sich zu nehmen, um sein Leben zu erhalten, so gelte dies nicht für jede Situation: „Wenn die Niedergeschlagenheit so stark sei und der Appetit so gering, dass eine Nahrungsaufnahme nur mit höchster Anstrengung erfolgen könnte und gleichsam eine große Tortur für den Kranken bedeute, bestehe eine Unmöglichkeit und der Patient sei davon entbunden […].“105 Dennoch bezeichnet Francisco de Vitoria Nahrung als ein „natürliches Mittel“, während Arzneimittel nicht dazugezählt werden.106 Als moralische Regel formuliert er, dass ein Patient nicht dazu gehalten sei, ‚alle möglichen Mittel‘ (omnia media possibilia) zur Lebenserhaltung zu nutzen, es sei denn, diese Mittel seien für diesen Zweck geeignet.107 Demnach sei niemand daran gehalten, alles aufzuwenden, um bestimmte Nahrungsmittel oder Medikamente einzunehmen: „Dies folgt dadurch, dass niemand gehalten ist, die jeweils besten, delikatesten und teuersten Nahrungsmittel zu sich zu nehmen, wenngleich diese vorteilhaft sind.“108 Zudem sei niemand zur Einnahme von Medikamenten gehalten, selbst wenn dadurch die Gefahr des Todes wahrscheinlich sei.109

Francisco de Vitoria sieht diese Regel als so grundlegend an, dass, auch wenn ein Menschenleben um viele Jahre verlängert werden könnte, niemand zu besonderer Nahrung verpflichtet werden könne.110 Der Mensch sei eben nicht zur Nahrungsaufnahme verpflichtet, wenn er dies nur mit größter Mühe könnte. Francisco de Vitoria betont zudem, dass Nahrung manchmal wie eine Medizin wirken könne und daher in ethischer Hinsicht als Medikament einzustufen sei. Ihre Anwendung sei daher nicht in jedem Fall als verbindlich anzusehen.111

Für die folgenden Ausführungen zur Frage der Lebenserhaltung ist der Einfluss Francisco de Vitorias auf die nachfolgenden Autoren zu bemerken. Mit Cronin ist dabei die große Bedeutung Francisco de Vitorias für die Begriffsgeschichte des Kriteriums der Verhältnismäßigkeit hervorzuheben: „In this particular subject, namely, the necessity of using the ordinary means of conserving life and the lawfulness of shunning the extraordinary means, the teaching of Vitoria had tremendous influence. Many of the authors used his speculation as the foundation for their own thinking in the matter.“112 Bereits im 16./17. Jahrhundert ist eine Kontinuität in der Deutung von Verhältnismäßigkeit festzustellen. Jedoch erwächst stets von neuem die Notwendigkeit, das Kriterium angesichts weiterer Fragestellungen und Entwicklungen in Pharmazie, Medizin und Technik zu interpretieren. Da im 16. Jahrhundert zahlreiche Medikamente im Rahmen von Experimenten verschrieben wurden, waren Patienten nicht moralisch verpflichtet, sie zu verwenden.113 Hinsichtlich der Wiederholungen und Zitate der angeführten Autoren weist Cronin in seiner Arbeit daher auf folgenden Sachverhalt hin: „All through this report the reader will see evidence of the effect that one writer has had on another. To cite, however the same doctrine as each author comes into focus is not just simple repetition, but rather it is an attempt to show the constant tradition that has existed in this matter.“114 Die Verortung in der Tradition bringt angesichts neuer Herausforderungen in der Medizin neue Begriffsnuancen hervor.

Domingo de Soto (1495–1560):

Vermeidung heftigster Schmerzen bei Behandlungen

Domingo de Soto stellt die Frage nach der Notwendigkeit der Erhaltung des Lebens im Zusammenhang mit der Amputation von Gliedmaßen. Von Bedeutung ist dabei, dass Domingo de Soto nicht primär auf die Unterscheidung von Rechtmäßigkeit und Unrechtmäßigkeit eines Behandlungsabbruchs eingeht, sondern der Frage nachgeht, inwieweit eine Person an eine Behandlung gehalten sei, wenn diese Leiden für sie mit sich bringt.115 Domingo de Soto verweist dabei eindeutig auf die Möglichkeit eines Behandlungsabbruchs/-verzichts: „Keiner kann dazu gedrängt werden, sich außerordentlichen Schmerzen bei einer Amputation von Gliedern oder Einschnitten in den Körper auszusetzen, da niemand gehalten ist, das Leben unter großen Qualen zu erhalten.“116

Domingo Báñez (1528–1604):

Unterscheidung zwischen „gewöhnlich“ und „außergewöhnlich“

In der Begriffsgeschichte des Kriteriums spielt der dominikanische Theologe Domingo Báñez eine wichtige Rolle: In der Diskussion um die Entscheidung über medizinische Behandlungen führte er die Begriffe „gewöhnlich“ und „außergewöhnlich“ hinsichtlich einer moralischen Verpflichtung und moralisch fakultative Mittel zur Erhaltung des Lebens ein. Demnach sei der Mensch verpflichtet, sein eigenes Leben zu bewahren, jedoch müsse er dazu keine außergewöhnlichen Mittel verwenden.117 Für Báñez liegt die Begründung darin, dass einem Patienten starke Schmerzen und horrende Kosten nicht zuzumuten wären.

Tomás Sánchez (1550–1610):

Beibehaltung der alltäglichen Lebensweise

In seinem Werk „Consilia seu opuscula moralia“ äußert sich Tomás Sánchez auch zur Frage der Verhältnismäßigkeit medizinischer Maßnahmen. Er verweist darauf, dass es darauf ankomme, das Leben nicht zu verkürzen, es aber auch nicht unnötig zu verlängern.118 Als „außergewöhnlich“ bezeichnet er die Aufnahme bester und delikatester Nahrung. Sánchez begründet dies folgendermaßen: „Niemand ist gehalten, sein Leben zu verlängern, gewiss ist es nicht notwendig, es durch die beste und delikateste Nahrung zu erhalten“119. Zudem sei niemand daran gebunden, an einen heilsamen Ort umzuziehen oder die exquisitesten Medikamente zu besorgen. Ebenso bräuchte er sich nicht vom Wein enthalten, um das Leben zu verlängern. Der Mensch, so Sánchez, sei folglich allein zur Konsultation eines Arztes und zur Aufnahme gewöhnlicher Speisen, die zur Erhaltung der Kraft genügen, verpflichtet.

Leonardus Lessius (1554–1623):

Außergewöhnlichkeit als fürchterliche Qualen

Exemplarisch anhand der Amputation geht auch Leonardus Lessius der Frage des Behandlungsverzichts nach. Ob eine solche Behandlung gewöhnlich oder außergewöhnlich sei, steht bei ihm ebenfalls in Zusammenhang mit dem traditionellen Gebot, sich behandeln zu lassen, um sein Leben zu erhalten. Lessius formuliert daher eine Regel: „Er [der Patient, M. B.] ist daran gehalten, sein gefährdetes Leben mit Hilfe von gewöhnlichen Mitteln, welche nicht äußerst schwer verfügbar sind, zu erhalten. Wenn jedoch außerordentliche Qualen zu erleiden sind, ist er nicht dazu gehalten, dies zu erlauben, und kann nicht dazu gedrängt werden. Der Grund liegt darin, dass ein Patient nicht daran gebunden ist, unter großen Qualen sein Leben zu erhalten oder wenn das Ergebnis unsicher ist.“120 Gewöhnliche Behandlungen seien nach Lessius solche, die nicht schwierig seien und der Patient keine fürchterlichen Qualen zu erleiden habe.121

Paul Laymann (1574–1635):

Unverhältnismäßigkeit als schwierige Behandlung

Die Frage des Behandlungsabbruchs und -verzichts wird von Paul Laymann im Zusammenhang mit dem fünften Gebot (Ex 20,13; Dtn 5,17) aufgegriffen. Dabei wird – gemäß dem Tötungsverbot im Dekalog – festgehalten, dass sich niemand selbst „[…] dem Tod anbieten oder sich von anderen hinübertragen lassen […]“122 darf. Es sei nicht erlaubt, sich selbst zu töten oder zu verstümmeln oder jemand Anderes zu töten. Der Patient sei bei einer medizinischen Behandlung jedoch nicht gehalten, sehr schwierige oder ungewöhnliche Mittel (insolitum medium) wie eine Amputation des Fußes oder teure Medikamente in Anspruch zu nehmen.123 Als „unverhältnismäßig“ gelten nach Laymann Behandlungen, die zu der damaligen Zeit als „schwierig“ galten, große Schmerzen und Gefahren für den Patienten mit sich brachten.

Juan de Lugo (1583–1660):

Vermeidung heftiger Schmerzen

In seinem Werk „De Iustitia et Iure“ greift Juan de Lugo ausführlich die Frage des Behandlungsabbruchs und -verzichts auf. Dabei geht er von der Prämisse der Lebenserhaltung aus, d. h. er sieht grundsätzlich die Anwendung gewöhnlicher Mittel vor: „Ich habe gleichwohl gesagt, dass ein Mensch sein Leben gegen Gefahren und Tod, die aus natürlichen Ursachen vorkommen, schützen muss. Wenn jemand gewöhnliche Mittel vernachlässigt, vernachlässigt er sein Leben und damit den Erhalt seines Lebens; und wenn gewöhnliche Mittel nicht genutzt werden, welche die Natur zur gewöhnlichen Lebenserhaltung vorgesehen hat, dann ist in moralischer Hinsicht der Tod gewollt.“124 Zur Illustration greift Juan de Lugo auf zahlreiche Einzelbeispiele zurück. So sieht de Lugo grundsätzlich eine Verpflichtung zum Gebrauch gewöhnlicher Mittel zur Lebenserhaltung, aber auch die Ermöglichung eines Behandlungsabbruchs und -verzichts, wenn Behandlungen als „außerordentlich“ für den Patienten einzuschätzen seien.125

Auch bei de Lugo wird diese Fragestellung im traditionellen Rahmen der damaligen Moraltheologie angesiedelt. Das Thema Behandlungsabbruch und -verzicht wird im Zusammenhang mit dem Gebot der Selbsterhaltung aufgegriffen, dann folgen die Frage der Verstümmelung sowie die Benennung der Bedingungen, unter denen diese als obligatorisch angesehen wird. Dies entspricht der üblichen Vorgehensweise moraltheologischer Handbücher der damaligen Zeit.

Nach de Lugo ist eine Amputation dann angezeigt, wenn sie der Heilung dient und nicht mit großen Schmerzen verbunden ist: „Er [der Patient, M. B.] muss eine Behandlung erlauben, wenn der Arzt sie für notwendig erachtet und wenn diese ohne großen Schmerz erfolgen kann; jedoch dann nicht, wenn dies durch heftige Schmerzen begleitet wird; weil kein Mensch daran gehalten ist, außergewöhnliche und schwierige Mittel zur Erhaltung des Lebens anzuwenden.“126 Andererseits könne es dennoch sein, dass eine Person unter bestimmten Umständen zur Anwendung außergewöhnlichen Mitteln gehalten ist. De Lugo fasst solche Umstände unter dem Aspekt des Gemeinwohls hinsichtlich sozialer Verantwortung zusammen.127

Von de Lugo wird zudem die Frage nach der Enthaltung von Nahrungsmitteln zur Lebenserhaltung thematisiert. Für ihn zählt die Ernährung zu den gewöhnlichen Mitteln, wenn dies leicht und ohne Schwierigkeiten für den Patienten erfolgen kann.128

Eine besondere Bedeutung in Bezug auf eine Entscheidung über den Beginn oder die Fortsetzung einer Therapie besitzt das Element des Wohles.129 Die angewandten Behandlungen und Heilmittel müssen nach de Lugo – auch wenn sie als gewöhnlich oder ordentlich bezeichnet werden – dem Patienten Hoffnung auf Wohl bieten. Zudem muss dieses Wohl bzw. der Nutzen von gewisser Dauer sein, d. h. der Nutzen sollte in einem Verhältnis zu den medizinischen Aufwendungen für den Patienten stehen. Die Mittel wären demnach proportional zur Hoffnung auf Besserung einzusetzen.

Hinsichtlich der Entscheidung über einen Behandlungsabbruch und -verzicht wendet de Lugo diese Parameter auch auf die Unterlassung des Gebrauchs bestimmter Mittel der Lebenserhaltung an. Wenngleich Sterben und Tod nach de Lugo niemals direkt herbeigeführt werden dürfen, so ist doch eine Unterlassung in Betracht zu ziehen, wenn der Patient an Altersschwäche oder an einer Krankheit stirbt und die Unterlassung von Behandlungen seinem Wohl dient.130

Die Bedeutung der Ausführungen de Lugos liegt in der ausdrücklichen Berücksichtigung des Faktors Schmerz. Der Patient kann notwendige Behandlungen ablehnen, wenn diese mit großen Schmerzen verbunden sind.

Honoré Tournely (1658–1729):

Die Stärke der Schmerzen

Tournely steht mit seinen Ausführungen zur Amputation ebenfalls im Rahmen der bereits angeführten Verfasser. Jedoch geht der Autor der Frage nach den Schmerzen und der Belastung für den Patienten weiter nach: Inwieweit könne ein Patient Behandlungen zur Erhaltung des Lebens ablehnen, auch wenn diese allein „moderate“ Schmerzen verursachen?131 Für Tournely stellen nur moderate Schmerzen für den Patienten keine moralische Unmöglichkeit dar und machen daher Behandlungen nicht außerordentlich. Verursachen Behandlungen allein moderate Schmerzen für den Patienten, so seien Maßnahmen zur Lebenserhaltung durchzuführen.

Alfons Maria von Liguori (1696–1787):

Kontinuität in der Begriffsbestimmung

Eine Zusammenfassung der ethischen Aussagen des 16. und 17. Jahrhunderts zum Kriterium der Verhältnismäßigkeit lässt sich in Alfons’ Maria von Liguori Handbuch der Moraltheologie finden.132 Dabei bezieht er sich auf das theologische Werk Paul Laymanns, dessen Text ein Jahrhundert zuvor erschien.133 Auch Alfons rekurriert bei der Begriffsbestimmung von Verhältnismäßigkeit (mediis ordinariis/extraordinariis) auf das Beispiel der Amputation von Gliedmaßen und verweist dabei auf die mögliche Belastung einer Behandlung für den Patienten.134 Wenngleich der Patient nicht daran gebunden sei, sehr kostenintensive Medikamente zu nutzen oder einen Ortswechsel vorzunehmen, so sind dennoch Medikamente, die zwar teuer, aber als gewöhnliche Medikamente gelten, zur Lebenserhaltung zu nutzen, wenn sie Hoffnung auf Besserung bieten.135 Alfons verweist im Text dann ausdrücklich auf den gemeinsamen Standpunkt mit den Autoren früherer moraltheologischer Abhandlungen.136

Mit Cronin ist darauf hinzuweisen, dass die Aussagen der Autoren dieser Epoche zur Verhältnismäßigkeit häufig Wiederholungen darstellen.137 Dies mag verschiedene Gründe haben: Andere Themen nahmen in der Moraltheologie mehr Raum ein und es gab zu dieser Zeit keine großen medizinischen Fortschritte, die eine weitere Auseinandersetzung notwendig machte.

Jean-Pierre Gury (1801–1866):

Fortschritte in der Medizin und die Frage der Belastung für einen Patienten durch eine Behandlung

Im 19. Jahrhundert wurden auch im Bereich der Anästhesie große Fortschritte erzielt.138 Moraltheologische Autoren dieser Zeit nahmen die Entwicklungen in Medizin und Technik in ihren Ausführungen zur Begriffsbestimmung von Verhältnismäßigkeit auf. Exemplarisch seien hier die Aussagen des französischen Moraltheologen Jean-Pierre Gury genannt. Auch er beschreibt zunächst die Pflicht, das Leben eines kranken Menschen zu erhalten.139 Kein Patient sei verpflichtet, außerordentliche Mittel anzuwenden: „[…] Niemand ist verpflichtet, das Leben durch außerordentliche Mittel, welche sehr große Schmerzen verursachen, zu erhalten; denn es gibt nur die Verpflichtung, das Leben zu erhalten durch die gewöhnlichen Mittel, welche keine großen Nachtheile bringen, auch nicht mit ungeheuren Kosten nach den Verhältnissen der verschiedenen Personen verbunden sind, und auch nicht sehr herbe Schmerzen verursachen. So z. B. bist du nicht verpflichtet, daß du dir, um das Leben zu erhalten, einen Fuß oder Arm abnehmen oder dir den Stein ausschneiden lassest.“140 Es gebe schließlich nur die Verpflichtung, das Leben durch „gewöhnliche Mittel“ zu erhalten.141

Das bedeutet für Gury folglich, dass eine Operation mit „herbeigeführtem Schlaf“ und eine damit verbundene Schmerzlinderung für einen Patienten, auch wenn es sich beispielsweise um eine Amputation oder einen Eingriff in den Abdomen handelt, annehmbar sei. Hinsichtlich der Frage, was eine Belastung für einen Patienten darstellen könne, ist zu dem Zeitpunkt jedoch auch von Interesse, ob eine Narkose für den Patienten unter Umständen gefährlich ist. Durch den zeitweisen Verlust der Vernunft und der Herrschaft über das eigene Handeln wird sie von einzelnen Autoren zu den „außergewöhnlichen Mitteln“ gezählt.142 Andere Moraltheologen sehen eine Narkose als „außergewöhnliches Mittel“ an, da sie unter Umständen mit einer Furcht, nicht aus der Narkose aufzuwachen, verbunden sein könne.143

Die Bedeutung, was „verhältnismäßig“ sei, wird auch hier an der Frage nach den Schmerzen und der Belastung durch eine Behandlung für einen Patienten erörtert.

Franz Xaver Linsenmann (1835–1898), Anton Koch (1859–1915):

Die Situation des einzelnen Patienten

Auch die Moraltheologen Franz Xaver Linsenmann und Anton Koch verweisen darauf, dass die Verwendung „außergewöhnlicher“ Arzneimittel und Behandlungsmethoden für einen Patienten nicht verpflichtend sein müssen.144

Der Kranke sei nicht daran gebunden, gewagte Operationen an sich vornehmen lassen, wenn „[…] die gewöhnlichen Mittel keine Rettung versprechen“145. Schließlich führt Linsenmann an, was er zu den „gewagten Eingriffen“ zählt: Zum einen sehr schmerzhafte Operationen, zum anderen aber auch verhältnismäßig sichere operative Maßnahmen, die sich als sehr schmerzhaft unter Berücksichtigung der psychischen Verfassung des Patienten erweisen.146

Auch Koch verweist zu Beginn des Abschnittes „Negative Pflichten in Bezug auf Leben und Gesundheit“ (§ 72) auf die Möglichkeit eines Behandlungsabbruchs und -verzichts.147 Demnach gebe es Situationen, die sich nicht mit der Erfüllung höherer Pflichten vereinbaren ließen. Laut Koch bestehen höhere Pflichten als die leibliche Selbsterhaltung. So bindet die positive Pflicht der Selbsterhaltung nicht absolut, sondern erfährt mehrfach eine Einschränkung.148 Eine Begrenzung zur Pflicht der Lebenserhaltung ist nach Koch auch dann gegeben, um „[…] einer schweren Versuchung zur Sünde […]“149 auszuweichen. Daher seien Kranke im Allgemeinen berechtigt, „[…] eine äußerst schmerzliche Operation abzuweisen und dem sichern Tod entgegenzugehen, wenn sie befürchten müssen, über dem großen körperlichen Schmerz z. B. durch heftigen Zorn, Ungeduld, Kleinmut oder Gotteslästerung sich schwer versündigen zu können“150.

Carl Capellmann (1842–1898):

Verhältnismäßigkeit und optimistische Bewertungen der Entwicklungen in der Medizin

Auch der Mediziner Carl Capellmann greift in seinem Handbuch zur Pastoralmedizin die Unterscheidung zwischen gewöhnlichen und außergewöhnlichen Mitteln auf.151 Dabei führt er die traditionelle Lehre mit den Entwicklungen in der Medizin des 19. und 20. Jahrhunderts zusammen. Gegenüber früheren Autoren – wie zum Beispiel Alfons Maria von Liguori – merkt Capellmann an, dass die Bedingungen durch die Wirksamkeit der Narkose und den medizinischen Instrumenten sich unterscheiden und Operationen mit einem wahrscheinlich größeren Erfolg durchgeführt werden können.

Zudem erörtert Capellmann, ob auch gefährliche Operationen für den Patienten verbindlich seien und eine Verpflichtung zur Erhaltung des Lebens für einen Patienten bestünde. Dabei zeigt sich seine optimistische Einschätzung der damals neuen medizinischen Möglichkeiten. Demnach seien „[l]ebensgefährliche Operationen zur Abwendung der Lebensgefahr […] erlaubt, weil sie an die Stelle des vorauszusehenden Todes die Wahrscheinlichkeit oder wenigstens die Möglichkeit der Lebenserhaltung setzen. Sie sind auch dann erlaubt, wenn die abzuwendende Lebensgefahr eine mittelbare, entferntere ist.“152 Die Begründung dafür lautet: „Und dies deswegen, weil meist unter längerem Abwarten nicht nur die durch das Übel verursachte Lebensgefahr vergrößert wird, sondern auch die Widerstandskraft des Körpers gegen die Operation und ihre Folgen abnimmt, und somit die Hoffnung auf glücklichen Erfolg der Operation vermindert wird.“153 Maßgebendes Kriterium für Capellmann ist an dieser Stelle die Aussicht auf einen glücklichen Erfolg, der durch die Neuerungen in Anästhesie und Chirurgie möglich ist.

In der sich anschließenden Darstellung folgt Capellmann dann wieder dem traditionellen Verständnis von Verhältnismäßigkeit. Er stellt als Regel – neben der Individualität des Kranken – das Maß der aus der Krankheit folgenden Belastung sowie das Maß der Aussicht auf glücklichen Erfolg der Behandlung auf. Dabei rekurriert Capellmann auf Gury und Scavini: Niemand sei gehalten, außergewöhnliche Mittel in Anspruch zu nehmen, die das Leben zwar erhalten, aber große Schmerzen bereiten.154 Zudem bestehe keine Verpflichtung, außergewöhnliche Mittel, die zu großen Unbequemlichkeiten und starken Schmerzen führen, anzuwenden. Nach Gury kommt zu den Kriterien der Außergewöhnlichkeit der Mittel sowie der Schmerzen auch die Frage der großen Unbequemlichkeit (magna incommoda), die durch eine medizinische Behandlung entstehen kann.

Hieronymus Noldin (1838–1922):

Die Frage nach der Furcht vor einer Operation

Hieronymus Noldin behandelt in seinem moraltheologischen Handbuch die Frage des Behandlungsabbruchs und -verzichts innerhalb des Tötungsverbots des Dekaloges.155 Auch Noldin weist darauf hin, dass die Entwicklungen in der Medizin Einfluss auf die Begriffsbestimmung „verhältnismäßiger und unverhältnismäßiger Mittel“ haben. Dabei geht er auf eine neue mögliche Schwierigkeit für den Patienten ein. Laut Noldin könne für den Patienten keine Verpflichtung zu einem chirurgischen Eingriff oder einer Operation bestehen.156 Auch wenn die Anästhesie den Patienten weitgehend vor Schmerzen bewahren könne, so bleibt eventuell doch eine große Furcht des Patienten, da der Ausgang der Operation ungewiss ist.157

Cronin wertet in seiner Untersuchung des Kriteriums das Zustandekommen zahlreicher Kommentare in den moraltheologischen Handbüchern und Darstellungen folgendermaßen: „Each theologian makes a contribution in his writings. Many in the matter of the ordinary an [sic!] extraordinary means of conserving life, have perhaps served only to reflect the teaching prevalent in their age. Others carry on the existing tradition and add a different approach or solve a different case. Some perhaps even point out a new problem. Others relate the old teaching in a more precise manner.“158 Die kontinuierliche Beschäftigung mit dem Kriterium der Verhältnismäßigkeit der entsprechenden Autoren liegt in der Auseinandersetzung mit neuen ethischen Herausforderungen begründet. Dreh- und Angelpunkt ist dabei die Frage nach dem Patienten angesichts der Entscheidungen über medizinische Behandlungen und Experimente.

Die begriffsgeschichtliche Darstellung des Kriteriums der Verhältnismäßigkeit soll an dieser Stelle im Bereich der lehramtlichen Rezeption weitergeführt werden. Die weitere moraltheologische Diskussion um das Begriffsverständnis des Kriteriums wird in der Begriffskritik (3.2) und in den nachfolgenden systematischen Abschnitten aufgenommen.

Seit den 50er Jahren wurde das Kriterium schließlich in kirchlichen Schriften und Ansprachen aufgegriffen. In einem weiteren Schritt soll nun auf die kirchliche Rezeption des Kriteriums geschaut werden, um zu fragen, welche wesentlichen Interpretationslinien aus der Theologiegeschichte aufgegriffen oder neu konzipiert werden.

3.1.2. Das Kriterium der „Verhältnismäßigkeit“ in lehramtlichen Texten der katholischen Kirche

3.1.2.1. Zur Rezeption des Kriteriums bei Papst Pius XII.: Die Bestimmung „unüblicher Mittel“ als „außergewöhnliche Belastung“ für den Patienten

Von lehramtlicher Seite aus wurde der Terminus Verhältnismäßigkeit im Kontext der Problematik des Behandlungsverzichtes und -abbruches erstmals von Papst Pius XII. (1876–1958) aufgegriffen.159 Pius XII. äußerte sich zu den Grenzen der medizinischen Forschungs- und Behandlungsmethoden und schließlich konkret zu den Problemen von Behandlungsabbruch/-verzicht und Wiederbelebung.160 Diese Erklärungen erfolgten in einer Zeit, in der die Medizin zahlreiche Fortschritte in den Bereichen Forschung und Therapien zu verzeichnen hatte, die für den Patienten Veränderungen insbesondere bei terminalen Erkrankungen mit sich brachten.161

Eine nähere Bestimmung des Begriffes „übliche Mittel“ bei medizinischen Behandlungen nahm Pius XII. in einer Ansprache vor Medizinern am 24. November 1957 vor.162 Im Kontext der moralischen Problematik der Wiederbelebung verweist der Papst auf Behandlungen und Krankheiten, die früher schnell zum Tod führten, aufgrund der modernen Technik aber geheilt werden können oder der Tod hinausgezögert werden kann: „[E]r [der Arzt, M. B.] stellt die Atmung wieder her, entweder durch manuellen Eingriff oder mit Hilfe von besonderen Apparaten, befreit die Atmungswege und sorgt für die künstliche Ernährung des Patienten. Dank dieser Therapie, insbesondere durch die Zufuhr von Sauerstoff vermittels der künstlichen Atmung, setzt der versagende Kreislauf wieder ein, und das Aussehen des Patienten bessert sich, oft sehr rasch, derart, daß der Anaesthesist oder jeder andere Arzt, der auf Grund seiner bloßen Erfahrung den Kampf aufgegeben hätte, fortfährt, eine leise Hoffnung zu hegen, daß die spontane Atmung sich wieder einstellt. Die Angehörigen betrachten gewöhnlich diese Besserung als ein erstaunliches Ergebnis, für das sie dem Arzt danken.“163Anschließend umreißt Pius XII. in der Ansprache die Problemlage: „Wenn die Gehirnverletzung so schwer ist, daß der Patient nicht mit dem Leben davonkommt, muß der Anaesthesist sich die schwerwiegende Frage nach dem Wert und Sinn der Wiederbelebungsversuche stellen. Um Zeit zu gewinnen und die weiteren Entscheidungen mit größerer Sicherheit zu treffen, wird er sofort mit der künstlichen Atmung, Intubation und Reinigung der Atmungswege beginnen. Aber er kann sich dann einer schwierigen Lage gegenübersehen, wenn die Angehörigen diese Bemühungen für nutzlos halten und sich ihnen widersetzen.“164 Diese Situation, so skizziert Pius XII., kann sich im Laufe der Intensivtherapie verschärfen: „Gewöhnlich geschieht das nicht beim Beginn der Versuche der Wiederbelebung, sondern wenn der Patient nach einer leichten Besserung keine weiteren Fortschritte zeigt und es klar wird, daß nur die künstliche Atmung ihn noch am Leben erhält. Man fragt sich dann, ob man den Versuch der Wiederbelebung fortsetzen muß oder kann, wenn die Seele vielleicht schon den Körper verlassen hat.“165 In der Ansprache werden die Probleme der modernen Wiederbelebungspraxis in drei Fragekomplexen zusammengefasst: (1.) Verwendung von Apparaten zur künstlichen Beatmung, (2.) mögliche Entfernung des Beatmungsgerätes je nach Zustand des Patienten, (3.) künstliche Beatmung und Todeszeitpunkt.166

Im Zusammenhang mit der Verpflichtung zur Behandlung werden in der Ansprache Kriterien für obligatorische medizinische Behandlungen genannt. Diese Verpflichtungen, so formuliert Pius XII. in grundsätzlichen Erwägungen, erstrecken sich jedoch allein auf den „[…] Gebrauch der (entsprechend den Umständen, dem Ort, der Zeit, der Kultur) üblichen Mittel, d. h. der Mittel, die keine außergewöhnliche Belastung für einen selbst oder andere mit sich bringen. Eine strengere Verpflichtung wäre für die Mehrzahl der Menschen zu schwer und würde die Erlangung wichtigerer höherer Güter zu sehr erschweren.“167 In formaler Hinsicht greift Pius XII. das Kriterium der „üblichen (medizinischen) Mittel“ auf, die von den jeweiligen Bedingungen des Umfeldes abhängig sind. In ethischer Perspektive steht auch bei Pius XII. die Frage nach dem Wohl des Patienten im Vordergrund.168 Das Kriterium der „üblichen Mittel“ wird ausdrücklich mit der Frage der Belastung für den Patienten verbunden: Medizinische Mittel und Behandlungen gelten in den Ansprachen Pius’ XII. als „üblich“, wenn sie keine „außergewöhnlichen Belastungen“ für den Patienten oder andere darstellen. Der Aspekt der Belastung stellt dabei eine Kategorie dar, die sich theologiegeschichtlich bereits bei Autoren aus der Neuzeit finden lässt. Aufgegriffen wurde er unter anderem von Juan de Lugo im Kontext von Amputationen. Hinsichtlich der Definition rekurriert Pius XII. in seiner Stellungnahme auf eine Formulierung, wie sie beispielsweise bei Gerald Kelly zu finden ist.169 Die zentrale Aussage Pius’ XII. erfuhr schließlich in der katholischen Moraltheologie eine weite Rezeption.170

Die Bedeutung der Aussagen Pius’ XII. liegt vor allem in der Berücksichtigung der Konstitution und der Situation des Patienten. Durch den ausdrücklichen Rekurs auf das Kriterium der Verhältnismäßigkeit gehört die Unterscheidung schließlich zum Grundbestand kirchlicher Lehre zur Behandlungsbegrenzung. Mit Arntz kann daher gesagt werden: „Die Unterscheidung in ‚gewöhnliche’ und ‚außergewöhnliche Mittel’ ist seither in der moraltheologischen Tradition fest verwurzelt.“171

3.1.2.2. Zur weiteren Rezeption des Kriteriums in lehramtlichen Texten

Im Kontext der modernen Medizin wird die Frage nach der Bedeutung der Verhältnismäßigkeit medizinischer Behandlungen für den Patienten virulenter und vermehrt in welt- und ortskirchlichen Dokumenten aufgegriffen.

Die Deutschen Bischöfe „Das Lebensrecht des Menschen und die Euthanasie“ (1975): Grenzen annehmen

Auch in dem Schreiben der deutschen Bischöfe „Das Lebensrecht des Menschen und die Euthanasie“ aus dem Jahr 1975 wird die Frage nach dem Wohl des Patienten in den Mittelpunkt gestellt. Zunächst wird angesichts der modernen Medizin und möglicher notwendiger Entscheidungen über Behandlungen Sterben als Aufgabe skizziert: „In einer so grundsätzlichen Frage gilt es zunächst festzuhalten, daß jeder Mensch Anspruch hat auf ein menschenwürdiges Sterben. Das Sterben ist die letzte große Lebensaufgabe, die der Mensch zu bewältigen hat. Diese Aufgabe kann ihm niemand abnehmen, wohl aber kann und muß ihm dabei geholfen werden.“172 Neben Aspekten der Hilfen beim Sterben wie Schmerzlinderung und Solidarität mit dem Kranken und Sterbenden wird in religiöser Hinsicht die personale Dimension dieser Aufgabe gedeutet: Der Glaube „[…] schenkt dem Sterbenden eine feste Hoffnung. Der Glaube gibt auch dem Leiden, das uns unverständlich erscheint, seinen Sinn: Denn es ist Teilnahme am Leiden Jesu Christi selbst (vgl. Kol 1, 24).“173

Die Möglichkeit eines Behandlungsabbruchs und -verzichts wird mit der Frage der Belastung für den Patienten verbunden und auf diese Weise die Situation des Patienten in den Blick genommen: „Anspruch auf ein menschenwürdiges Sterben kann ferner bedeuten, daß nicht alle medizinischen Mittel ausgeschöpft werden, wenn dadurch der Tod künstlich hinausgezögert würde. Dies trifft beispielsweise zu, wenn durch ärztliche Maßnahmen, durch eine Operation etwa, das Leben zwar geringfügig verlängert wird, jedoch mit der Not und Last, daß der Kranke in dieser gewonnenen Lebenszeit trotz oder infolge der Operation unter schwersten körperlichen oder geistigen Störungen leidet.“174 In dem Dokument wird darauf verwiesen, dass Patienten, Angehörigen und Ärzten nicht die Anmaßung eines unerlaubten Verfügungsrechtes über menschliches Leben vorgeworfen werden könne, wenn sie „[…] unter Abwägung aller Umstände von außergewöhnlichen Maßnahmen und Mitteln absehen […]“175. Bei der Frage, was „außergewöhnliche Maßnahmen und Mittel“ seien, wird in der Verlautbarung auf mögliche Folgen einer Behandlung für einen (unheilbaren) Kranken abgezielt: Medizinisch-technische Möglichkeiten stellen Patienten, Angehörige und Ärzte vor neue Fragen. Maßgeblich seien für die Abwägung die Not und die Last für den Patienten, die aus Operationen oder lebenserhaltenden Maßnahmen folgen.176

Die Erklärung der Glaubenskongregation „Iura et bona“ (1980):
Verhältnismäßigkeit als Frage nach dem Zustand des Kranken

In einer Erklärung zur Euthanasie am 5. Mai 1980 äußerte sich die Glaubenskongregation auch zur Verwendung therapeutischer Mittel.177 In dem Abschnitt zur Frage der Entscheidung über eine Behandlung werden die Suchbewegungen aus Medizinethik und Theologie aufgenommen und mit der Frage nach der Würde des Menschen im letzten Lebensabschnitt verknüpft: „Es ist in unserer Zeit sehr wichtig, gerade in der Todesstunde die Würde der menschlichen Person und die christliche Bedeutung des Lebens zu wahren und sich vor einer gewissen ‚Technisierung‘ zu hüten, die der Gefahr des Mißbrauchs ausgesetzt ist.“178 Diese Ausgangssituation wird zum Anlass genommen, um der Frage nachzugehen, wie eine hinsichtlich des Wohls des Patienten ausgerichtete Entscheidung beschaffen sein sollte: „So spricht man heute ja auch vom ‚Recht auf den Tod‘, versteht darunter […] in ruhiger Verfassung mit menschlicher und christlicher Würde sterben zu können. Unter diesem Gesichtspunkt kann die Anwendung therapeutischer Mittel zuweilen manche Frage aufwerfen.“179 Zugespitzter wird die notwendige Berücksichtigung der personalen Dimension in der Entscheidung in den nachfolgenden Sätzen betont: „Die betreffenden Entscheidungen stehen dem Gewissen des Kranken oder seiner rechtmäßigen Vertreter wie auch der Ärzte zu; dabei sind sowohl die Gebote der Moral wie auch die vielfältigen Aspekte des konkreten Falls vor Augen zu halten.“180

Schließlich wird angemerkt, dass bislang in der Moraltheologie die Anwendung „außerordentlicher“ Mittel als nicht verpflichtend angesehen wurde.181 Auch in der Erklärung wird eine Interpretation des Kriteriums hinsichtlich der Situation des Patienten deutlich: Vorrangige Entscheidungskriterien sollen die Konstitution des Patienten und die Aussicht auf Besserung sein. Das Begriffsverständnis wird in der Erklärung „Iura et bona“ anhand von vier Entscheidungsparametern erläutert: Bei der Abwägung der Mittel sollen die Art der Therapie, der Grad ihrer Schwierigkeiten und Gefahren, der benötigte Aufwand sowie die Möglichkeiten ihrer Anwendung mit den Resultaten verglichen werden, „[…] die man unter Berücksichtigung des Zustandes des Kranken sowie seiner körperlichen und seelischen Kräfte erwarten kann“182.

Die Erklärung der Glaubenskongregation erhielt viel Beachtung. McCormick kommentiert in seinem Artikel das Erscheinen der Erklärung zur Euthanasie der Glaubenskongregation und die positive Rezeption folgendermaßen: „This document received widespread praise, and it deserved it. It said nothing new, but it spoke in new circumstances and what it said it said very well.“183 Der Text traf dabei den Nerv der Zeit: Die Herausforderungen der modernen Medizin wurden in den Kontext der Frage nach dem Zustand des Patienten gesetzt.

Katechismus der Katholischen Kirche (1993):

Keine Therapie um jeden Preis

Das Kriterium der Verhältnismäßigkeit bei medizinischen Behandlungen wurde auch in den Katechismen der Katholischen Kirche rezipiert. Im Katechismus der Katholischen Kirche wird die Frage des Therapieabbruchs und der -unterlassung innerhalb des Fünften Gebotes im Unterabschnitt zur Euthanasie behandelt. Auch hier wird festgehalten, dass die Moral „[…] keine Therapie um jeden Preis […]“184 verlange: „Außerordentliche oder zum erhofften Ergebnis in keinem Verhältnis stehende aufwendige und gefährliche medizinische Verfahren einzustellen, kann berechtigt sein.“185 Die Frage, was „außerordentlich“ sei, wird auch hier mit der Situation des Patienten verbunden und ihm allein – bzw. seinen gesetzlich bestimmten Bevollmächtigten – die Entscheidungsgewalt zugestanden.

Enzyklika „Evangelium vitae“ (1995):

Unverhältnismäßigkeit als Beschwerlichkeit

Themen der Enzyklika „Evangelium vitae“ sind der Wert und die Unantastbarkeit menschlichen Lebens. Ein Aspekt ist dabei die Auseinandersetzung mit der Euthanasie.186 Hinsichtlich der Notwendigkeit über medizinische Therapien zu entscheiden, werden auch Behandlungsabbruch und -verzicht thematisiert: „Von ihr [der Euthanasie, M. B.] zu unterscheiden ist die Entscheidung, auf ‚therapeutischen Übereifer‘ zu verzichten, das heißt auf bestimmte ärztliche Eingriffe, die der tatsächlichen Situation des Kranken nicht mehr angemessen sind, weil sie in keinem Verhältnis zu den erhofften Ergebnissen stehen, oder auch, weil sie für ihn und seine Familie zu beschwerlich sind.“187 In grundsätzlicher Weise wird die Interpretation des Kriteriums der Verhältnismäßigkeit als Frage nach dem Wohl angesichts der Situation des Patienten fortgesetzt: „Sicherlich besteht die moralische Verpflichtung sich pflegen und behandeln zu lassen, aber diese Verpflichtung muß an den konkreten Situationen gemessen werden […].“188

Papst Johannes Paul II.:

Linderung der Leiden

Verwendung findet der Begriff „Verhältnismäßigkeit“ im 20. Jahrhundert auch in Ansprachen Papst Johannes Pauls II. (1920–2004). In einem Vortrag vor den Teilnehmern eines Kongresses im März 2004 wandte Johannes Paul II. die Begriffe „natürliche Mittel“ sowie „normale und angemessene Handlungen“ auf die Ernährung von Wachkomapatienten an.189 Für den Papst stellt die Ernährung auch auf künstlichem Wege ein natürliches Mittel der Lebenserhaltung und keine medizinische Handlung dar. Jedoch hat sie auch ihre Grenze und zwar „[…] in dem Maß, in dem und bis zu dem sie ihre eigene Zielsetzung erreicht, die im vorliegenden Fall darin besteht, dem Patienten Ernährung und Linderung der Leiden zu verschaffen.“190 Das Ziel einer medizinischen Behandlung oder einer künstlichen Ernährung liegt, so Johannes Paul II., in der Ernährung und Linderung der Leiden des Patienten. Ist ein solches Ziel nicht mehr zu erreichen, gilt demnach eine Behandlung oder Ernährung als unverhältnismäßig. Auch an dieser Stelle lässt sich eine Ausrichtung des Kriteriums der Verhältnismäßigkeit auf die Situation des Patienten feststellen.191

Die Bischöfe von Freiburg, Strasbourg und Basel (2006):
Unverhältnismäßigkeit als Belastung

Auch die Bischöfe von Freiburg, Strasbourg und Basel greifen in ihrem Hirtenschreiben aus dem Jahr 2006 im Zusammenhang mit der Frage des Behandlungsabbruches und -verzichtes, das Kriterium der Verhältnismäßigkeit der Mittel auf. Zum einen verweisen sie darauf, dass „[…] die moderne Hochleistungsmedizin oft einseitig als Bedrohung wahrgenommen […]“192 wird, zum anderen sollen medizinische Behandlungen das Leben nicht um jeden Preis verlängern, „[…] sondern dem Wohl eines konkreten Menschen [dienen], der auch in der letzten Phase des Sterbeprozesses der ärztlichen Fürsorge bedarf […]“193. Auch in dem Schreiben der oberrheinischen Bischöfe wird die Verhältnismäßigkeit der Mittel auf eine letzte Lebensphase bezogen. Ein Therapieabbruch oder -verzicht könne dann erlaubt oder geboten sein, wenn eine Lebensverlängerung bei dem Patienten zu starken physischen und seelischen Belastungen führen würde: „Der Arzt respektiert dann den Wunsch des Patienten, in Ruhe sterben zu dürfen. Ein solcher Therapieverzicht kann nicht nur erlaubt, sondern unter Umständen sogar geboten sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die zu erwartende Lebensverlängerung in keinem angemessenen Verhältnis zu den körperlichen und seelischen Belastungen mehr steht, die eine Weiterführung der Behandlung mit sich bringen würde.“194 Die Frage der Verhältnismäßigkeit wird auch in diesem Schreiben hinsichtlich der Belastung medizinischer Behandlungen für den Patienten gedeutet.

3.1.3. Zwischenfazit: Die ursprüngliche Bezogenheit auf die Situation des Patienten bei der Formulierung des Kriteriums

Bereits an dieser Stelle kann ein erstes Fazit gezogen werden. Der Durchgang durch die Begriffsgeschichte auf dem Hintergrund der Darstellung gegenwärtiger Differenzierung moderner Medizin hat gezeigt: Das Kriterium der Verhältnismäßigkeit wird von den Autoren anhand zahlreicher Beispiele, zum Teil auch in kasuistischer Weise vorgestellt. Medizinische, technische und pharmazeutische Neuerungen erhalten jeweils Eingang in die Auseinandersetzung mit Fragen zu Behandlungsabbruch und -verzicht.

Was „Unverhältnismäßigkeit“ meint, lässt sich jedoch nicht katalogartig anhand von bestimmten medizinischen Behandlungs- oder Rehabilitationsmaßnahmen umschreiben. Die Gemeinsamkeit in den unterschiedlichen Formen der Auseinandersetzung mit dem Kriterium besteht dabei im theologischen und innerkirchlichen Diskurs in der Frage, inwieweit eine Behandlung oder eine Rehabilitationsmaßnahme eine Belastung für den Patienten darstellt. Diese subjektive Bezogenheit auf den Patienten und seine Situation, die im ursprünglichen theologischen Verständnis immer gegeben war, ist aber in der gegenwärtigen Diskussion bezeichnenderweise häufig nicht bewusst. Entsprechend der – wie oben beschrieben – immer stärker technisch verstandenen, naturwissenschaftlich begründeten Medizin, der damit verbundenen Objektivierung des Patienten und seiner Entscheidungen wird auch das Kriterium der Verhältnismäßigkeit, obwohl gerade die Unsicherheit und Vielschichtigkeit der medizinischen Optionen heute gestiegen sind (!), vielmehr in seiner äußeren Dimension als Kasuistik der Mittel gedeutet. Und paradoxerweise gerät es in dieser Engführung immer stärker in die Krise. Sichtbar wird dies in der Kritik, die am Kriterium der Verhältnismäßigkeit innerhalb der Medizinethik geübt wird und immer lauter wird, wie die nun folgenden Darstellungen zeigen werden.

3.2. Zur Kritik am Kriterium der Verhältnismäßigkeit

Die Fragen, unter welchen Umständen auf eine Therapie verzichtet oder diese abgebrochen bzw. die künstliche Zufuhr von Nahrung gar nicht erst aufgenommen oder sistiert werden soll, waren, wie aus der Begriffsgeschichte des Kriteriums deutlich wird, schon in der vormodernen Medizin seit dem 16. Jahrhundert virulent. Auch heute bestehen noch unterschiedliche Auffassungen hinsichtlich der Kriterien über Behandlungen.195

Mit Hilfe zahlreicher Begriffe wird versucht, Entscheidungshilfen in der Frage nach dem Abbruch oder dem Verzicht auf eine Therapie oder Rehabilitationsmaßnahme zu geben. Im folgenden Abschnitt sollen die verschiedenen Begriffe aus den moraltheologischen Diskursen auf ihren Gehalt hin untersucht werden. Kritisch sind dabei ihre Grenzen und Chancen zu prüfen, um mit dem Begriffsinventar weiterarbeiten zu können.

3.2.1. Unbestimmtheit und Modifikation

Die Begriffsgeschichte zeigt, dass von den Autoren auf unterschiedliche Weise versucht wurde, mit Hilfe des Kriteriums der Verhältnismäßigkeit und synonymer Begriffe mögliche Aspekte für Entscheidungen über Behandlungen zu beschreiben. In Relation zu den Entwicklungen in der Medizin veränderten sich dabei mitunter die Begriffsinhalte.196 Auch mit Hilfe zahlreicher neuer Begriffe wurde versucht, auf neue Situationen und Fragestellungen adäquat zu reagieren.197 Bernhard Häring illustriert diesen Wandel der Begriffe angesichts der vielfältigen Behandlungsmöglichkeiten in der Medizin folgendermaßen: „Im Blick auf die neue Situation schlagen viele Ethiker vor, die traditionelle Unterscheidung zwischen ‚ordentlichen’ und ‚außergewöhnlichen’ Mitteln durch die Worte ‚hilfreich’ und ‚nicht-hilfreich’ zu ersetzen.“198

Kritiker sehen genau in der Notwendigkeit von Neu- und Umformulierungen eine Schwäche. Die Anfrage nach Kriterien für einen Behandlungsabbruch sei immer noch aktuell, aber, so der Vorwurf, das theologische Instrumentarium dagegen obsolet. Bereits im Jahr 1965 maß der Pastoraltheologe Heinz Fleckenstein der Unterscheidung zwischen „ordentlichen und außerordentlichen Mitteln“ nur noch einen historischen Wert zu.199 Der Grund liege in der Berücksichtigung des Entwicklungsstandes in der Medizin. So rechnete man noch im 19. Jahrhundert alle chirurgischen Eingriffe zu den „außerordentlichen Mitteln“, die der Arzt vorschlagen und vornehmen dürfe, zu denen der Patient seine Zustimmung erlaubterweise versagen dürfe.200 Kelly verweist daher auf die sich verändernden Umstände in Bezug auf die Unterscheidung zwischen gewöhnlichen und außergewöhnlichen Mitteln: „It is important to note that, though the notions of ordinary and extraordinary remain the same, their applications can vary with changing circumstances. For example, major operations used to be considered extraordinary means of preserving life on two counts: first, because the pain was practically unbearable for most people; and secondly, because the outcome was often very uncertain, e.g., because of the danger of infection. Today we have means of controlling both the pain and the danger of infection; hence, many operations that would have been extraordinary in former times have now become ordinary means of preserving life.“201

Auch andere Autoren merken kritisch an, dass sich die Inhalte der Begriffe mit der Entwicklung neuer medizinischer Medikamente und Technik jeweils modifizieren würden und die Unterscheidung daher uneindeutig werde. Medizinische Innovationen und gesundheitsökonomische Rahmenbedingungen lassen das Kriterium unbestimmt werden. Karl-Heinz Peschke weist darauf hin, dass „[…] Mittel, die einst außergewöhnlich waren, zu einem späteren Zeitpunkt aus verschiedenen Gründen gewöhnlich werden können. […] Gleichfalls können ehemals teure Behandlungen weniger teuer werden aufgrund der Fortschritte in Medizin und Produktionsverfahren. Daher sind viele Operationen und Behandlungen, die früher als außergewöhnlich galten, heute als gewöhnlich einzustufen. Diese Erklärungen verdeutlichen, daß die Unterscheidung zwischen gewöhnlichen und außergewöhnlichen Mitteln nicht scharf und eindeutig, sondern fließend ist.“202 Mit Alfons Auer ist zu betonen, dass die Unterscheidung zwischen „gewöhnlichen und ungewöhnlichen Mitteln“ immer im Fluss bleiben wird, da medizinische Maßnahmen, die einst als belastend oder nutzlos empfunden wurden, zu gegebener Zeit erfolgreich durchgeführt werden können und der Erhöhung der Lebensqualität dienen können.203

Für Paul Sporken ist daher die Regel der gewöhnlichen Mittel jedoch „[…] nur begrenzt brauchbar, weil morgen gewöhnlich sein kann, was heute noch außergewöhnlich ist“204. Durch die Entwicklungen in der Medizin werde die Differenzierung bedeutungslos: „Die schnelle Entwicklung der medizinischen Wissenschaft und Technik hat die Regel von den gewöhnlichen bzw. außergewöhnlichen Mitteln als ein allzu labiles Kriterium erscheinen lassen.“205 Eberhard Schockenhoff wendet gegen das Kriterium der Verhältnismäßigkeit ein, dass es zwar in Bezug auf die Grenzen der Intensivmedizin von Bedeutung sei, „[…] dagegen hat die auf Pius XII. zurückgehende Unterscheidung von ‚außergewöhnlichen’ und ‚gewöhnlichen’ Maßnahmen an Bedeutung verloren, da sie gegenüber anderen Kriterien (Hirntod, unabwendbarer Tod etc.) zu unbestimmt und zudem stark vom jeweiligen Stand der medizinischen Entwicklung abhängig ist“206. Beauchamp und Childress rezipieren in ihrer Prinzipienethik ausdrücklich die Unterscheidung zwischen „ordinary“ und „extraordinary treatments“ im Kontext des Nichtschadensgebotes. Zudem erwähnen sie die Differenzierung von „usual/customary“ und „unusual/ uncustomary means“, weisen dabei aber auf die geringe Aussagekraft und Praktikabilität dieser Unterscheidung hin.207 Die Differenzierung sei daher in moralischer Hinsicht irrelevant.208

Die „Außergewöhnlichkeit“ von medizinischen Therapien ist jedoch nicht nur in zeitlicher Hinsicht zu relativieren. Regionale Unterschiede ergeben sich vor allem durch verschiedene Standards in den Gesundheitssystemen. Was in einigen Ländern zu den üblichen Mitteln zählt, ist zum Teil in anderen Ländern noch gar nicht verfügbar. Unterschiede bestehen zudem hinsichtlich der Finanzierung und der solidarischen Allokation in den Gesundheitssystemen; schließlich kommt es bei einem Großteil der Weltbevölkerung durch das Fehlen solidarischer Gesundheitssysteme zu ungenügenden medizinischen Versorgungsmöglichkeiten.209 Ebenfalls können früher teure Behandlungen durch Fortschritte in der Medizin und in der Herstellung weniger kostspielig werden und somit als gewöhnlich bezeichnet werden.

Eingewendet wird zudem, dass die Problematik der Unterscheidung zwischen außergewöhnlichen und gewöhnlichen Maßnahmen in ihrer formalen Gestalt liege, aus der sich keine eindeutigen inhaltlichen Bestimmungen ableiten lassen. Nach Klaus Demmer bleiben die kirchlichen Lehräußerungen mit dem Verweis auf die Verhältnismäßigkeit bzw. die Außergewöhnlichkeit der Mittel sehr abstrakt. Sowohl das Kriterium der Außergewöhnlichkeit der Mittel als auch die Verhältnismäßigkeit ließen laut Demmer einen weiten Freiraum für normative Interpretationen.210 Ein theologisch-ethischer Rekurs, der sich auf das Kriterium der Verhältnismäßigkeit bezieht, muss sich daher mit dem Vorwurf auseinandersetzen, dass die Rede von der Verhältnismäßigkeit bzw. Mäßigung zunächst keine inhaltlichen Referenzpunkte aufweist. So bleibt weiterhin die Frage nach der Bedeutung des Terminus „Verhältnismäßigkeit“ bestehen.

Ein weiterer Aspekt der Begriffskritik kommt den Worten „Maß“ und „Verhältnis-/Mäßigkeit“ selbst zu, da sie in Zusammenhang mit ärztlichem Handeln gebracht werden. Nach Isidor von Sevilla hängen die Begriffe Medizin und „Mäßigkeit“ aufs engste zusammen. Im 7. Jahrhundert leitete Isidor in seiner Etymologie den Begriff „Medizin“ von „modus“ (Maß) ab und verband die ärztliche Tugend mit Mäßigung.211 Dabei erscheint jedoch für einzelne Autoren der Begriff „Verhältnismäßigkeit“ negativ konnotiert.212 Das Attribut „verhältnismäßig“ und die Substantive „Verhältnismäßigkeit“, „Mäßigkeit“ spiegeln häufig die Bedeutung von „Mittelmaß“ und „bloßer Durchschnitt“ wider. Der Philosoph Josef Pieper verweist darauf, dass der Sinn von „Mäßigkeit“ heute eine Verengung auf quantitative Bezüge erfahren hat: Er „[…] ist elend zusammengeschrumpft auf die sehr derbe Bedeutung der ‚Mäßigkeit im Essen und Trinken‘; wozu noch zu bemerken wäre, daß hier vorwiegend, wenn nicht ausschließlich, das bloße Mengen-Maß bezeichnet werden will, wie ja auch ‚Unmäßigkeit‘ und ‚Völlerei‘ einzig auf das Zuviel und den ‚vollen Bauch‘ hinzudeuten scheinen.“213

Auch der Begriff „Mäßigung“ erscheint als Verständnis für ein medizinethisches Kriterium der Verhältnismäßigkeit als ungenügend, wenn mit diesem Begriff häufig allein einschränkende Bedeutungen konnotiert werden.214 Erstens ist „Mäßigung“ zu sehr eingeengt auf die Bedeutung von Zorn, d. h. es ergeht die Aufforderung an den Zornigen „sich zu mäßigen“. Des Weiteren ist umgangssprachlich mit der Aufforderung zur „Mäßigung“ die Angst vor jeglichem Überschwang verbunden. Gerade der Spruch „Alles mit Maß“ lässt die Referenzpunkte offen und hat dabei einen allein warnenden Charakter vor einem übermäßigen Engagement, das in bestimmten Situationen ja durchaus seine Berechtigung haben kann. „Mäßigung“ kann daher auch einen ausschließlich verneinenden Klang haben. Die Begriffe Einschränkung, Einhalt-Tun, Zurückdrängung, Abschnürung, Zügelung und „Kandare“ weisen auf einen negierenden Charakter des Begriffes der Mäßigung hin.

Auch ist beim Begriff „Verhältnismäßigkeit“ zu fragen, ob seine Bedeutung auf eine bloße „Mittelmäßigkeit“ abzielt. Mit dem Kriterium könnte suggeriert werden, dass es sich um die Suche nach einem Ausgleich zwischen entgegen gesetzten Extremen handelt, eine Balance zwischen einem Zuviel und einem Zuwenig.215

Da die Differenzierung keine eindeutigen Bestimmungen liefert, wird sie häufig als nicht schlüssig zurückgewiesen.216 Im folgenden Abschnitt sollen nun Positionen zur Verhältnismäßigkeit vorgestellt werden, die sich auf konkrete Aussagen von Mitteln beziehen.

3.2.2. Die Aporie in der einseitigen Betrachtung der medizinischen „Mittel“

Nach Häring zählt die Unterscheidung zwischen „ordentlichen und außerordentlichen Mitteln“ zu den traditionellen Kriterien aus der Geschichte der Moraltheologie.217 Auch die Glaubenskongregation weist in der Erklärung aus dem Jahr 1980 darauf hin, dass klassisch von „außerordentlichen Mitteln“ als Kriterium die Rede war.218 Tatsächlich lässt sich bei zahlreichen Autoren dieses Begriffspaar finden.219 Die Frage, was „ordentlich“ und was „außerordentlich“ ist, betrifft begrifflich sicherlich bei einzelnen Autoren zunächst die medizinischen „Mittel“, die Medikamente sowie die Behandlungsmethoden.220 Ist die Wirksamkeit von Therapien erwiesen, so gelten diese als „ordentlich“. Für die Behandlung eines Patienten bedeutet dies: Besteht eine medizinische Indikation, folgt daraus eine Behandlung. In der Vergangenheit bestanden daher zudem Versuche, die moraltheologische Differenzierung durch die Frage der Indikation zu ersetzen: „Robert Veatch and Paul Ramsey have both argued that we should abandon the ordinary-extraordinary terminology. For instance, Ramsey has suggested a ‘medical indications norm’. According to this norm, if a treatment is medically indicated, it is obligatory; if it is not, it would not be obligatory.“221

Mit Hilfe verschiedener Termini wurde versucht, materielle Kriterien für einen Behandlungsabbruch und -verzicht näher zu bestimmen. Dazu gehören, das muss hier gleichwohl zugestanden werden, auch die Begriffe übliche und unübliche sowie gewöhnliche und außergewöhnliche Mittel.222

Dennoch: Die Problematik dieser Termini wird insbesondere in der kasuistischen Moraltheologie deutlich. Durch den alleinigen Bezug auf materielle Parameter wird das Kriterium von den Entwicklungen und der Verfügbarkeit medizinischer Mittel abhängig.223

Ein gravierendes Problem ist, dass auf diese Weise die Situation des Patienten außer Acht gelassen wird.224 Wie weiter oben schon angedeutet, gelten zum Beispiel in der Enzyklika „Evangelium vitae“ nur die medizinische Indikation und die Aussicht auf Besserung als ein Kriterium für die Angemessenheit einer Behandlung: „Sicherlich besteht die moralische Verpflichtung sich pflegen und behandeln zu lassen, aber diese Verpflichtung muß an den konkreten Situationen gemessen werden; das heißt, es gilt abzuschätzen, ob die zur Verfügung stehenden therapeutischen Maßnahmen objektiv in einem angemessenen Verhältnis zur Aussicht auf Besserung stehen.“225

Aussagen zur Frage der Verhältnismäßigkeit, die weniger die Situation des Patienten in den Blick nehmen und einseitig auf die medizinische Indikation und die Aussicht auf Besserung verweisen, werden daher in der neueren Entwicklung der Moraltheologie zurecht kritisiert und als unzureichend zurückgewiesen. Eibach sieht zum Beispiel dabei eine Notwendigkeit, die Gesamtsituation des Patienten in den Blick zu nehmen und nimmt dies zum Anlass, die Unterscheidung zwischen gewöhnlichen und außergewöhnlichen Mitteln in der katholischen Moraltheologie zurückzuweisen: „Besonders die Mittel müssen danach bemessen werden, ob durch ihre Anwendung eine sinnvolle Besserung der Gesamtsituation des Menschen erreicht wird. Die Wahl der Mittel bestimmt sich vom anzustrebenden und zu erwartenden Erfolg her, so daß eine – wie in der kath. Morallehre teils heute noch übliche – Scheidung von ‚natürlichen‘ bzw. gewöhnlichen und außergewöhnlichen Mitteln hinfällig ist. Außergewöhnlich wären die Mittel, die mit einem zu großen Risiko für die Person und ohne große Aussicht auf Erfolg angewendet werden, so daß nicht der Grad der Technisierung und des finanziellen Aufwands die ‚Außerordentlichkeit‘ ausmacht (vgl. Eibach, 1974, 299ff., 330ff.).“226 Ähnlich kritisch äußerte sich bereits in den 60er Jahren der Mediziner Rudolf Kautzky: „Die alte Formel von den gebotenen media ordinaria gegenüber den nicht verpflichtenden media extraordinaria befriedigt in unserer Frage nicht ausreichend. Denn einmal sind diese Begriffe sehr zeitgebunden, und ferner beschränken sich die vorliegenden Überlegungen auf die extreme Situation der unmittelbaren Lebensbedrohung […].“227 Festzuhalten ist also, dass eine alleinige Betrachtung der „medizinischen Mittel“ hinsichtlich ihrer Verhältnismäßigkeit in Aporien führt. Angesichts der Innovationen in Medizin und Technik gehen keine Klärungen hervor und die oben erwähnte Kritik an den Begriffen wäre damit zutreffend. Zudem wäre eine solche Betrachtung ungenügsam, da dann die Gesamtsituation des Patienten nicht berücksichtigt werden würde.

3.2.3. Zwischenfazit: Das „Missverständnis“ als materielle Bestimmung hinsichtlich der Mittel und Maßnahmen einer Behandlung

Lässt man die referierten kritischen Auseinandersetzungen mit dem Kriterium der Verhältnismäßigkeit Revue passieren, dann muss resümierend festgehalten werden: Entscheidungen über Behandlungen stehen stets in konkreten Kontexten medizinischer und technischer Entwicklungen. Doch: In der Frage nach Verhältnismäßigkeit geht es um ein ethisches Kriterium. Wie die vorhergehende Auswertung zeigt, führt eine bloß materielle Bestimmung des Kriteriums auf die Mittel und Maßnahmen einer Behandlung in Aporien. Schließlich wurde insbesondere im 20. Jahrhundert von Autoren Kritik an einer solchen Herangehensweise geübt und dem Kriterium eine medizinethische Relevanz abgesprochen. Eine solche Einseitigkeit kann hier letztlich nur als Missverständnis gekennzeichnet werden. Es wird der Komplexität des Kriteriums – wie in der Begriffsgeschichte gezeigt – in keinster Weise gerecht. Die Verabschiedung des Kriteriums der Verhältnismäßigkeit für die ethische Bewältigung der gegenwärtig noch einmal gestiegenen Schwierigkeit in der ethischen Beurteilung des Einsatzes bzw. der Begrenzung medizinischer Maßnahmen muss jedoch entschieden zurückgewiesen werden. Der Bezug auf die subjektive Entscheidungssituation ist dabei ausschlaggebend. Die Frage stellt sich wohl, inwieweit in diesem Sinne die Relevanz und Tragfähigkeit des Kriteriums der Verhältnismäßigkeit für die persönlichen Entscheidungen des Patienten tatsächlich aufgezeigt werden kann. Gibt es eine belastbare Bedeutung der Frage nach Verhältnismäßigkeit der modernen Behandlungen für den Patienten? Lässt sie sich näher beschreiben?

Exkurs: Zur Problematik der Begrenzung medizinischer Mittel anhand von Persönlichkeitsmerkmalen – eine notwendige Abgrenzung

Bevor in diesem Sinne das Kapitel in seinem Ertrag im Ganzen abschließend gewürdigt werden kann, bedarf es noch der Abgrenzung von einem weiteren Missverständnis, das in seiner Auswirkung noch verheerender wäre als die gerade angesprochene und zurückgewiesene „materielle“ Reduktion.

Neben einseitigen Bestrebungen, den Begriff Verhältnismäßigkeit über „medizinische Mittel“ zu definieren, bestehen bei einzelnen Autoren auch Ansätze, Kriterien für einen Behandlungsabbruch/-verzicht anhand von Persönlichkeitsmerkmalen des Patienten zu bestimmen. Was „verhältnismäßig“ sei, solle vor allem von der physischen und psychischen Konstitution des Patienten abhängig sein. In der Formulierung von Persönlichkeitsmerkmalen zeigt sich dabei die Hoffnung einer präzisen Entscheidungsfindung.

Eine solche Vorstellung könnte sogar hinter Positionen des kirchlichen Lehramts vermutet werden, dort, wo es sich das erste Mal explizit dem Kriterium der Verhältnismäßigkeit medizinischer Interventionen zuwendet. Pius XII. verweist in seinen Ausführungen zum Behandlungsabbruch und zum Kriterium der Verhältnismäßigkeit darauf, dass es bei medizinischen Behandlungen – insbesondere in schwierigen Phasen – nicht allein um die Erhaltung biologischen Lebens gehen sollte.228 Das biologische Leben solle nicht zu Lasten der Freiheit und Würde der menschlichen Person unter allen Umständen und mit allen Mitteln durchgesetzt werden.

Die Interpretation Pius’ XII. wurde später von einzelnen Moraltheologen aufgegriffen. So bezieht sich beispielsweise Auer in der Frage der Begrenzungen von Behandlungen auf eine Ansprache Pius’ XII. vom 19. August 1956, in der anthropologische Grundannahmen als ein Ausschlusskriterium angenommen werden: „In Fragen bezüglich der Lebensverlängerung liegt die ethische Norm nicht in der Erhaltung des Lebens schlechthin, sondern in der Erhaltung des wirklich menschlichen Lebens. Deshalb sind bei den Versuchen zur Lebensverlängerung nicht nur die körperlichen Konditionen und die körperlichen Möglichkeiten, sondern auch und vor allem die emotionalen, psychischen und sozialen Aspekte für die Normierung ausschlaggebend.“229 Doch was bedeutet nun die Aussage „wirklich menschliches Leben“? Als Prämisse für eine Lebenserhaltung schlussfolgert Auer die Erhaltung von Freiheit und Würde der menschlichen Person: „Das biologische Leben darf nicht auf Kosten der Freiheit und Würde der menschlichen Person unter allen Umständen und mit allen Mitteln durchgesetzt werden.“230

In der bereits zitierten Ansprache anlässlich des Ersten Internationalen Kongresses für Histopathologie des Nervensystems am 14. September 1952 hat Pius XII. in naturrechtlicher Argumentationsform im Kontext des Totalitätsprinzips die „sittlichen Grenzen der ärztlichen Forschungs- und Behandlungsmethoden“ zu bestimmen versucht: „So kann z. B. der Mensch keine medizinischen – seien es psychische, seien es somatische – Maßnahmen bei sich treffen oder an sich vornehmen lassen, die zwar eine Behebung schwerer physischer oder psychischer Beschwerden oder Hemmungen bewirken, gleichzeitig aber die dauernde Auslöschung oder eine dauernde enorme Herabminderung der freien Selbstbestimmung, d. h. der menschlichen Persönlichkeit in ihrer typischen und charakteristischen Funktion bewirken; die den Menschen also zu einem dressierten bloßen Sinnenwesen oder zu einem lebenden Automaten degradieren.“231 Ein medizinischer Eingriff stünde demnach unter der Prämisse, die Autonomie des Patienten zu wahren. Die Wahrung oder Wiederherstellung der Autonomie und moralischen Integrität wären demnach die einzigen Ziele einer Behandlung.

Auer verweist im Kontext der Ansprache von Pius XII. aus dem Jahr 1952 ebenfalls darauf, dass es nicht um eine unbedingte Erhaltung des „Lebens schlechthin“ geht.232 Ein wesentliches Merkmal stellt für Auer die Entfaltung der Identität dar, was bei Pius XII. mit freier Selbstbestimmung bzw. menschlicher Persönlichkeit beschrieben wurde:233 Identität des Menschen und Kommunikation mit den Mitmenschen, die sich in den lebensgeschichtlichen Phasen auf verschiedene Weise ereignen.234

Wenngleich die oben genannten Ausführungen die Eröffnung der Möglichkeit eines Behandlungsverzichts von Seiten des Patienten aufzeigen, so bergen sie in anthropologischer und theologisch-ethischer Perspektive Schwierigkeiten in sich. Freiheit und Selbstbestimmung werden dabei in religiöser und ethischer Hinsicht zu den typischen und charakteristischen Eigenschaften des Menschen gezählt. Das irreversibel erloschene Bewusstsein eines Patienten stellt darin für einzelne Autoren ein Ausschlusskriterium dar. Im Vordergrund steht die anthropologische Auffassung vom Menschen als einem moralischen Subjekt.235

Die Problematik einer solchen „Präzisierung der Vorstellung vom menschlichen Leben“ besteht dann, wenn es als ein Ausschlusskriterium Verwendung findet und eine bestimmte Patientengruppe aufgrund bestimmter Eigenschaften diskriminiert wird.236 Diagnose und Prognose lassen in schwierigen Behandlungsbereichen mitunter keine zuverlässigen Aussagen zu. Dies trifft unter anderem auf Menschen zu, die in einem künstlichen Koma, in einem so genannten persistierenden Wachkoma oder in einem Koma mit irreversiblem Bewusstsein liegen.237 Mit Eibach ist darauf zu verweisen, dass Bewusstsein sowie Selbstbewusstsein keine spezifisch menschlichen Qualitäten sind und über das subjektive Erleben von Menschen mit schweren Hirnschäden und beeinträchtigtem Bewusstsein keine Aussagen gemacht werden können. Daher sind Bezeichnungen wie „geistig tot“ u. ä. ungeeignet, den Zustand eines Menschen zu beschreiben.238

In ethischer Perspektive erscheint die Zuschreibung von bestimmten Eigenschaften, die ein menschliches Leben charakterisieren, ebenfalls als problematisch. Hier sind individuelle Unterschiede in der Gewichtung einzelner Eigenschaften zu berücksichtigen; zudem sind einzelne Eigenschaften nie eindeutig, sondern immer nur analog wahrnehmbar. So räumt schließlich auch Auer ein, dass sich die „Vorstellung vom menschlichen Leben“ nur ungenügend bestimmen lässt: „Die Vorstellung vom menschlichen Leben läßt sich schwer präzisieren. Selbst wenn man eine einigermaßen praktikable Vorstellung vom menschlichen Leben hat, bleibt die Frage nach den Mitteln für eine künstliche Verlängerung ein theoretisch nahezu unlösbares Problem.“239 Vom Zustand eines Menschen lässt sich daher nicht automatisch anhand eines Kriterienkataloges auf die Behandlungsmöglichkeiten schließen.

Zu kritisieren sind daher ethische Konzepte, die eine sehr enge und einseitige Auffassung vom Menschen haben.240 Ein schwerwiegender Mangel solcher Ansätze besteht dann, wenn sie sich fast nur an den höchsten Möglichkeiten des Menschseins, an der vollen Entfaltung der personalen Fähigkeiten orientieren, dabei aber nicht beachten, dass viele Menschen aufgrund angeborener oder erworbener Krankheiten nicht oder nicht mehr die psychophysiologischen Voraussetzungen zum Vollzug derart hoher geistiger Leistungen haben.241 Ob nun der durch Krankheit, Unfall bedingte Ausfall oder das durch genetische oder embryonale Dysfunktionen verursachte Fehlen von solchen „Persönlichkeitsmerkmalen“ mit dem Verlust des Person- und Menschseins gleichzusetzen ist und so auch zur Todesdefinition herangezogen werden darf, hängt auch davon ab, ob die Wertschätzung einer Person nur aufgrund der Betrachtung bestimmter Leistungen konstruiert wird. Das Mensch- und Personsein würde demzufolge mit dem Grad der eigentätigen Ausgestaltung spezifischer individueller Merkmale der Person gleichgesetzt werden.242 Es genügt daher nicht, allein auf der Ebene eines engen Verständnisses von Person zu argumentieren, da für manche Patienten eine Verhältnismäßigkeit der Mittel nicht mehr angenommen werden würde und diese dann aus einer solchen Grenzziehung herausfallen würden.243 Menschsein wird eben nicht nur durch ein Organteil – wie etwa dem Gehirn – und von bestimmten Leistungen her begründet, sondern aus der Ganzheit der leibseelischen Beschaffenheit und Vollzüge des Menschen.244

Hinsichtlich der Problematik einer Rede von den „Präzisierungen der Vorstellungen vom menschlichen Leben“ bedeutet dies, dass der Mensch in theologisch-ethischer Perspektive als Organismus in seiner integrierten Ganzheit der Lebensträger ist und daher der irreversible Zusammenbruch des Gesamtsystems, nicht aber der Ausfall von Teilfunktionen, das Ende und den Tod des Organismus als beseelter Leib und Individuum bedeutet. Dies hat zur Konsequenz, dass keine Unterscheidungen in höhere und niedere Lebensäußerungen vorgenommen werden können.245 Die Ausführungen Pius’ XII. zum Kriterium der Verhältnismäßigkeit zielen dabei gerade auf eine subjektive Abwägung des Patienten im Sinne seiner Fähigkeit zu Gebet und existentieller Bewältigung seiner Situation und sind eben nicht als ein Ausschlusskriterium für eine Behandlung zu verstehen.

3.3. Konsequenzen für ein Verständnis des Kriteriums der Verhältnismäßigkeit in heutiger Zeit

So lässt sich der Ertrag des zurückliegenden dritten Kapitels dieser Arbeit für die hier fokussierte Forschungsfrage nach dem Sinn des Kriteriums der Verhältnismäßigkeit in der Medizin von heute abschließend und umgreifend auswerten. Es geht darum, aus den von der Begriffsgeschichte und -kritik her gewonnenen Einsichten nun zu fragen: Welche Konsequenzen können für ein Verständnis von „Verhältnismäßigkeit“ in der heutigen Zeit gezogen werden? Inwieweit kann die Frage nach der Verhältnismäßigkeit einer Behandlung auch in heutiger Zeit weiterführend sein?

Im folgenden Abschnitt soll daher ausgehend vom begriffsgeschichtlichen Befund untersucht werden, inwieweit tatsächlich vorwiegend personale, d. h. auf die Situation des Patienten und seine Entscheidung bezogene Aspekte im Kriterium der Verhältnismäßigkeit eine Bedeutung besitzen, diese Interpretationslinie folglich maßgeblich und weiterführend für die folgende Untersuchung ist (3.3.1). Als Hintergrund für ein personales Verständnis des Kriteriums der Verhältnismäßigkeit wird vorausgesetzt, dass in der Begriffsgeschichte – wie gezeigt werden konnte – zahlreiche Autoren mit der Verwendung des Kriteriums auf die notwendige Berücksichtigung der Situation des Patienten bei einer Entscheidung über eine Behandlung verweisen.

Anschließend soll noch einmal kritisch absichernd gefragt werden, inwieweit sich diese Interpretation der Verhältnismäßigkeit wirklich als ein Kontinuum in der Begriffsgeschichte nachweisen lässt (3.3.2). In einem letzten Abschnitt soll in Vorbereitung der weiteren Kapitel dieser Arbeit der Frage nachgegangen werden, auf welche Weise die Verhältnismäßigkeit einer Behandlung in diesem an der Patientensituation orientierten Sinne für den Patienten im Kontext moderner Medizin in seinen Konturen näher bestimmt werden kann (3.3.3).

3.3.1. Die Berücksichtigung personaler Aspekte im Kriterium der Verhältnismäßigkeit

Ausgangspunkt der Überlegungen ist die These, dass mit dem Kriterium der Verhältnismäßigkeit auf eine notwendige Berücksichtigung der Situation eines Patienten in der Entscheidung über eine Behandlung verwiesen wird.246 Im folgenden Abschnitt soll daher der Frage nachgegangen werden, an welchen Aspekten sich die Entscheidung zu orientieren hat, was mit „personaler Dimension des Kriteriums der Verhältnismäßigkeit“ gemeint ist und welche Ressourcen das Kriterium dafür bietet.

Wird auf den Anspruch, mit Hilfe des Kriteriums konkrete medizinische Mittel zu benennen, die verpflichtend für den Patienten wären, verzichtet, so hat das gravierende Konsequenzen für das Verständnis des Begriffes von Verhältnismäßigkeit.247 Die terminologische Differenzierung einer Therapie in außergewöhnlich/gewöhnlich, außerordentlich/ordentlich, aber auch in unverhältnismäßig/verhältnismäßig, so kann mit Arntz gesagt werden, liegt nicht a priori fest. Sie bleibt ungenau, solange die Angemessenheit einer medizinischen Maßnahme nur in sich selbst und nicht in strikter Relation zum Wohl des Patienten bestimmt wird.248 Die herausragende Bedeutung der Ansprache Pius’ XII. am 24. November 1957 liegt daher in der näheren Bestimmung „unüblicher medizinischer Mittel“ als „außergewöhnliche Belastung“ für den Patienten.249 Das entscheidende inhaltliche Kriterium ist hierbei die „Belastung“ für den Patienten. Dieses Bestimmungsmerkmal ist vielschichtig und es kann damit die Berücksichtigung der Patientenwirklichkeit ausgedrückt werden. Auch in der Erklärung der Glaubenskongregation zur Euthanasie wird bei einer Entscheidung über eine Behandlung im Kontext der Frage nach der Verhältnismäßigkeit auf die notwendige Berücksichtigung der Kräfte des Patienten verwiesen: Demnach könne eine Abwägung der Mittel nur gelingen, „[…] wenn die Art der Therapie, der Grad ihrer Schwierigkeiten und Gefahren, der benötigte Aufwand sowie die Möglichkeiten ihrer Anwendung mit den Resultaten verglichen werden, die man unter Berücksichtigung des Zustandes des Kranken sowie seiner körperlichen und seelischen Kräfte erwarten kann“250. Als bedenklich wird daher vor allem in der nachkonziliaren Moraltheologie im Kontext der modernen Medizin die Tendenz gesehen, nur das Heilen und die Lebensverlängerung im Blick zu haben.251

Die Berücksichtigung des Schmerzes ist – so wird immer wieder deutlich – darin offensichtlich ein wichtiges Beispiel für den Bezug auf die personale Dimension bei der Entscheidung über eine Behandlung. Aber die personale Ausrichtung des Kriteriums der Verhältnismäßigkeit lässt sich dabei sogar auch durch die Analyse der Relation des Begriffes „Mittel“ illustrieren. Juan de Lugo u. a. greift als Kriterium für einen Behandlungsabbruch und -verzicht den Schmerz auf.252 Zahlreiche moraltheologische Autoren beschreiben anhand medizinischer „Mittel“ näher, was mit ungewöhnlichen und außergewöhnlichen Mitteln gemeint ist. Nach Laymann zählen dazu sehr schwierige (valde difficile) Behandlungen, wie z. B. die Abtrennung der Gliedmaßen.253 Das aber heißt: Bedeutsam sind insbesondere Bestimmungen, welche die Folgen einer Behandlung für den Patienten im Blick haben. So bestimmt Gury „außergewöhnliche Mittel“ als solche, die „sehr große Schmerzen“ verursachen; niemand sei daher verpflichtet, das Leben unter allen Umständen zu erhalten.254 In der vormodernen Medizin erscheint dadurch – angesichts der beschränkten Optionen – noch relativ eindeutig, wann eine Behandlung abgebrochen oder auf sie verzichtet werden kann.

Festzuhalten bleibt: Notwendiger Ausgangspunkt der folgenden Fragestellungen muss daher die personale Dimension des Kriteriums der Verhältnismäßigkeit in dem Sinne sein, dass die Frage nach der Behandlung unter Berücksichtigung der Situation des Patienten jeweils konkret und im Blick auf die Belastung für ihn gestellt wird.

3.3.2. Kontinuität in der Berücksichtigung der personalen Dimension

Dieser Blickwinkel lässt sich als ein kontinuierliches – wenn auch nicht alleiniges – Motiv in der Entwicklung des Begriffs der Verhältnismäßigkeit nachweisen. Während sich in der Deutung des Begriffes der Verhältnismäßigkeit stets auch die Frage nach der Außergewöhnlichkeit medizinischer Mittel finden lässt, die der jeweiligen „materiellen“ Entwicklung und Verfügbarkeit unterworfen ist und deshalb sehr unterschiedlich beantwortet wird, ist bei vielen Autoren eben die Frage der Belastung einer medizinischen Behandlung für den Patienten immer wieder zu finden.255 Im Blick auf die historischen Entwicklungsgänge lässt sich dies dabei im Gegensatz zu den zeitbedingten Diskursen über die objektiven Mittel einer Behandlung in einer durchgängigen Kontinuität fassen. Ja, für die moderne Entwicklung muss sogar gesagt werden, dass dieser Aspekt als die eigentliche Spitze der Verhältnismäßigkeit in Bezug auf die Relevanz des Kriteriums übrig bleibt! Denn: Gerade die zunehmende Differenzierung des modernen Medizinbetriebs, die diffizilen Entscheidungsstrukturen wie auch die vertiefte Einsicht in die Notwendigkeit einer patientenorientierten Medizin haben die Objektivität dieser begrifflichen Unterscheidung grundlegend in Frage gestellt.256

So lässt sich eine Kontinuität dieser Interpretationslinie feststellen. Ein Beispiel, an dem diese Beständigkeit besonders deutlich wird, ist innerhalb der vormodernen Medizin die Amputation. Bei den moraltheologischen Autoren, die sich als erste zu den „mediis extraordinariis“ äußern, werden immer wieder die Abnahme von Gliedmaßen oder die Entfernung von Steinen in Organen als Beispiele angeführt.257 Diese Behandlungen galten in damaliger Zeit nicht nur als schwierig, sondern auch als lebensgefährlich. Da notwendige Technik für Anästhesie und Chirurgie noch nicht entwickelt war, stellten sich solche Behandlungen, wenn sie denn durchgeführt wurden, als äußerst schmerzhaft und damit als eine große Belastung für den Patienten heraus und wurden vor allem deshalb als unverhältnismäßig eingeschätzt.

Solche Fragen nach einem Abbruch oder Verzicht auf eine Behandlung bestehen in der modernen Medizin nun ebenfalls bei schweren Krankheiten. Das Paradigma der Belastung durch die Behandlung wird auf diese gewandelten Bedingungen im Kontext der modernen Möglichkeiten der Medizin übertragen. Deutlich wird dies in der Ansprache Pius XII. zur Frage der Wiederbelebung. Er weist ausdrücklich darauf hin, dass im Falle einer „ernsten Krankheit“ alle Maßnahmen zu treffen sind, die nötig sind, um das Leben und die Gesundheit eines Patienten zu erhalten.258 Dies schließt laut Pius XII. aber nur den Gebrauch der „üblichen Mittel“, d. h. der entsprechend den Umständen, dem Ort, der Zeit, der Kultur verwendeten medizinischen Maßnahmen ein.259 Dahinter steht der in der traditionellen Moraltheologie entwickelte Gedanke, dass es ein Übermaß der Behandlung geben kann. Das Beispiel der Amputation mit seiner Schmerzhaftigkeit tritt angesichts moderner Narkotika zurück. Aber das Bewusstsein um mögliche unverhältnismäßige Belastungen für den Patienten bleibt in Form von Risiken eines leidvollen Outcomes aus der Situation der Wiederbelebung.

Grundlegend ist somit noch einmal ausdrücklich und mit Nachdruck festzuhalten, dass sich zwar die Frage der medizinischen Mittel je nach Entwicklungsstand der Medizin verändert hat, die Frage eines möglichen Behandlungsabbruchs oder -verzichts aber gerade in den kirchenamtlichen Texten stets über das Kriterium der Belastung einer Behandlung für den Patienten bestimmt wird.

Mit Cahill ist daher auf die beiden grundlegenden semantischen Linien in der Interpretation der Kriterien hinzuweisen: „Im Verlauf ihrer Entwicklung verfeinerte sich die Unterscheidung von gewöhnlichen und außergewöhnlichen Maßnahmen der Lebensverlängerung ständig, immer neue Nuancen wurden ihr abgewonnen. […] In den letzten Jahrzehnten kam jedoch eine weitere Bedeutungsvariante hinzu und verlieh dem Begriff der ‚gewöhnlichen Behandlungsmaßnahme‘ eine neue Schattierung. Diese neue Variante zieht in Betracht, inwieweit eine gewöhnliche Maßnahme dem physischen Zustand des Patienten insgesamt förderlich ist.“260

Zusammenfassend lässt sich nun sagen: Obwohl jede der verschiedenen historischen Phasen der Entwicklung einer Begriffsbestimmung von gewöhnlichen und ungewöhnlichen Maßnahmen der Lebensverlängerung ihre eigenen Vorschläge und Beispiele aufzuweisen hat, lassen sich jedoch zu jeder Zeit Aspekte finden, dass diese Maßnahmen sich an der physischen Konstitution und den persönlichen Kräften eines Patienten auszurichten haben und auch mit der Wirksamkeit der jeweils verfügbaren medizinischen Behandlungsmethoden variieren müssen.261

Dabei ist auf eine Sprachänderung bei den Begriffen hinzuweisen, die sich jetzt als nicht zufällig erweist. Während zahlreiche Autoren klassisch die Wendung „außergewöhnliche Mittel“ nutzten, ist nun zumeist von „Verhältnismäßigkeit“ die Rede.262 Demmer vermutet dabei an dieser Stelle einen „stillschweigenden Paradigmenwechsel“.263 Beide Formulierungen lassen einen weiten Freiraum für normative Interpretationen. Dafür sind sowohl objektive als auch subjektive Faktoren ausschlaggebend.264 Der Verweis auf die Geschichte des Begriffes zeigt aber, dass sich bei den meisten Autoren, die sich zum Kriterium der Verhältnismäßigkeit äußern, die Situation des Patienten in den Blick genommen wurde. Genau diese subjektive Dimension kommt im Begriff der Verhältnismäßigkeit gegenüber dem der Außergewöhnlichkeit eigentlich erst richtig zur Geltung. Der von Demmer vermutete Paradigmenwechsel lässt sich in diesem Sinne in seiner Motivation überhaupt erst schlüssig begründen: Ist es nicht die zunehmende Komplexität, welche die gerade persönliche Entscheidung in der modernen Medizin in den Vordergrund rückt? Verhältnismäßigkeit und Begrenzung medizinischer Behandlung kann nur aus der Perspektive des Patienten letztlich ethisch erfasst werden. Das scheint die Logik moderner differenziertester Optionen zeitgemäßer Medizin zu sein. Ist es nicht das, was von sich selbst her dazu zwingt, statt von außergewöhnlichen Mitteln von einer verhältnismäßigen Behandlung zu sprechen?

Sicherlich darf man an dieser Stelle nicht in unzulässiger Weise vereinfachen: Wenngleich eine Kontinuität in der Berücksichtigung der Situation des Patienten angenommen werden kann, so führt die Frage nach der Verhältnismäßigkeit zu den medizinischen Mitteln zurück. Schließlich stellt das Vorhandensein medizinischer Mittel die Voraussetzung für eine Behandlung dar. In der diachronen Untersuchung wurde zudem deutlich, dass Veränderungen im Begriffsverständnis durch die Entwicklungen in Medizin und Technik bedingt sind. Doch was bedeutet dieses begriffsgeschichtliche Faktum für das personale Verständnis von Verhältnismäßigkeit? Mit Ernst ist darauf zu verweisen, dass es zwar von Bedeutung ist, welche medizinischen und pflegerischen Mittel in einem kulturellen, geografischen oder gesellschaftlichen Kontext überhaupt verfügbar und zugänglich sind. Und doch gilt in einem letzten ethischen Sinn: Ob aber eine Behandlung „verhältnismäßig“ ist, betrifft letztlich die innere Struktur einer Behandlung und ist eine vom kulturellen und technischen Entwicklungsstand unterschiedene Frage.265

Die Berücksichtigung der Situation des Patienten in genau diesem Sinne wird auch in den Begriffsbestimmungen bei Kelly und Cronin deutlich. Kelly bestimmt außergewöhnliche Mittel folgendermaßen: „By these we mean all medicines, treatments, and operations, which cannot be obtained or used without excessive expense, pain, or other inconvenience, or which, if used, would not offer a reasonable hope of benefit.“266 Auch in Cronins zusammenfassender Definition „außergewöhnlicher Mittel“ lässt sich ein Hinweis auf eine solche „personale“ Dimension des Kriteriums finden: „Extraordinary means of conserving life are those means not commonly used in given circumstances, or those means in common use which this individual in his present physical, psychological and economic condition can not reasonably employ, or if he can, will not give him definite hope of proportionate benefit.“267 Damit ist gesagt: Maßgeblich für das Verständnis des Kriteriums der Verhältnismäßigkeit ist also die personale Dimension in der Reichweite, dass in der nach der Frage der Verhältnismäßigkeit medizinischer Behandlungen die Konstitution des Patienten in ihrer ganz konkreten psychophysischen Verfassung zu Grunde gelegt wird.

Wenn nun die Frage nach der Verhältnismäßigkeit medizinischer Behandlungen im Sinne dieses primären Ergebnisses der Untersuchung auf die Situation eines Patienten und nicht auf einen Kriterienkatalog abzielt, ist freilich danach zu fragen, auf welche Weise genau eine Entscheidung in ethischer Hinsicht getroffen werden kann. Lassen sich hier exaktere Konturen benennen?

3.3.3. Die Frage nach der Verhältnismäßigkeit als ein abwägendes Entscheiden

Der Bezug auf die personale Dimension des Kriteriums der Verhältnismäßigkeit führt bei einer Entscheidung über eine Behandlung dazu, dass Differenzierungen zwischen verhältnismäßig und unverhältnismäßig nicht scharf und eindeutig, sondern fließend sind, da sie sich auf den Zustand eines Patienten beziehen.268 Diese Unschärfe des Kriteriums kam im Voraufgehenden immer wieder zur Sprache. Jetzt wird der Grund dafür deutlicher: In der Frage nach dem Wohl des Patienten im Kontext des Kriteriums der Verhältnismäßigkeit scheint die Notwendigkeit einer Güterabwägung zu bestehen.269 In diesem Abschnitt muss daher, soll die Untersuchung das Kriterium fassbarer gemacht werden, auf diesen abwägenden Charakter der Entscheidung über eine Behandlung im Kontext des Kriteriums der Verhältnismäßigkeit eingegangen werden.

Sporken räumt trotz des Desiderates einer klaren ethischen Kriteriologie ein, dass vorrangig die individuelle Situation des Patienten Berücksichtigung bei einer Entscheidung über eine Therapie finden muss, auch wenn diese sich nicht durch konkrete Angaben benennen lässt: „Die Kompliziertheit der Probleme erfordert konkretere Normen. Es ist jedoch nicht möglich, Faustregeln für die Lösung individueller Fälle aufzustellen. Denn es handelt sich immer wieder um das Leben eines einzelnen Menschen in seiner ganz eigenen Lebenssituation.“270 In dem systematischen Problem, allgemeingültige Regeln aufzustellen, ist sogar ein Vorteil in der Entscheidungssituation zu finden: „Ohne aus der Not eine Tugend machen zu wollen, kann man sagen, daß das Fehlen klarer, leicht anzulegender Kriterien auch Vorteile mit sich bringt.“271 Dadurch wird es notwendig, den einzelnen Kranken nicht nach allgemein geltenden Regeln und Kriterien zu behandeln. Es muss immer wieder von neuem nach dem gesucht werden, was für den jeweiligen, individuellen Patienten zu tun ist. Die Aufstellung von Kriterien und die Festsetzung von Grenzen bringen schließlich auch Gefahren mit sich. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Kompliziertheit des Problems dadurch verschleiert wird und dass durch allzu konkrete Richtlinien von Verantwortung abgesehen wird. Das Fehlen klarer Kriterien kann zudem ein Anstoß zur Überlegung, zum Austausch von Erfahrungen und auch zur Besprechung tiefer liegender Motive bilden, die oft mitbestimmend sind für die Richtung, in der die Entscheidung getroffen wird.

Dies verdeutlicht, dass sich die Frage nach der Verhältnismäßigkeit nicht auf einfache Regeln mit allgemeiner Gültigkeit fixieren lässt. Hilfreich ist an dieser Stelle ein Rekurs auf die Klugheit im Kontext einer Abwägung. Prat sieht in dem Kriterium der Verhältnismäßigkeit eine Abwägungssituation, die im Sinne der Tugend der Klugheit entschieden werden muss: „Das Prinzip der Verhältnismäßigkeit muß der Tugend der Klugheit (Prudentia) zugeordnet werden. Klugheit im klassischen Sinn ist das Handeln gemäß der rechten Vernunft. Sie hat im sittlichen Bereich eine Steuermannsfunktion. Die Klugheit bestimmt, welche Werte bei einer bestimmten Handlung ausschlaggebend sind bzw. welche Tugenden zur Ausübung gelangen sollen.“272 Daraus folgt schließlich die Frage, was im Kontext der Verhältnismäßigkeit im Sinne dieser Klugheit abgewogen werden soll.

Es wird Aufgabe der erst folgenden Kapitel sein, auf diese Frage eine differenziertere Antwort zu geben. Wohl könnte eine erste Auskunft die zunächst grobe Richtung weisen und lauten: In der Entscheidung über eine Behandlung geht es insbesondere um die Abwägung der Folgen für den Patienten. Das würde heißen: Grundlegende Basis für die Entscheidung ist die Situation des Patienten, da dieser schließlich auch die Konsequenzen einer Behandlung tragen muss. Es gilt dabei offenbar festzustellen, ob das Gute das Schlechte in der Gesamtfolge überwiegt: „Die Anwendung dieses Kriteriums erfordert ein eingehendes Studium, das alle konkreten Umstände eines gegebenen Falles abwiegt. Im Falle des Behandlungsverzichts bzw- [sic!] -abbruchs müssen Faktoren wie Art der Krankheit, Familiensituation, die zur Verfügung stehenden finanziellen und medizinischen Mittel, Alter des Patienten, Lebenserwartung, voraussichtliche Lebensqualität, psychische Verfassung etc. mit berücksichtigt werden.“273

Worin dieses Gute oder Schlechte im Sinne der gesamten Folgen aber genauer besteht, das müssen die weiteren Überlegungen erst zeigen. Es genügt, hier im Blick auf die personale Qualität der Abwägung festzuhalten: In dieser Abwägungssituation geht es also nicht um eine bloße Einhaltung feststehender Normen, die sich auf vorhandene medizinische Mittel beschränkt. Vielmehr wird mit dem Kriterium auf die Berücksichtigung der Situation des Patienten und seine Lebensumstände verwiesen. Auch den weiteren physischen, psychischen und sozialen Aspekten neben der medizinischen Indikation kommt dabei in der Entscheidung eine wesentliche Rolle zu. Die Berücksichtigung der personalen Dimension der Verhältnismäßigkeit entspricht dabei einer individuellen Abwägung. Die Verwirklichung setzt bei den an der Entscheidung beteiligten Personen ein Wissen um die konkreten Gegebenheiten voraus.274 In der Abwägung gilt es einzuschätzen, ob ein bestimmtes Tun der Situation des Patienten gerecht werden kann. Abgezielt wird im Sinne der Verhältnismäßigkeit dabei auf die sachliche Abschätzung der konkreten Situation. Dabei besteht die Herausforderung, die Fähigkeit zur Analyse der Situation in eine konkrete Entscheidung umzuformen.

3.4. Zusammenfassung: Verhältnismäßigkeit als eine besondere Herausforderung personaler Orientierung im Kontext der vielfältigen Optionen moderner Medizin

So lässt sich am Ende dieses Kapitels festhalten: Angesichts der vielfältigen Möglichkeiten in der modernen Medizin wird die Notwendigkeit, die Behandlung zu gestalten, verstärkt. Im Sinne der Verhältnismäßigkeit gilt es dabei – so wurde in den vorangegangenen Überlegungen überaus deutlich – zu eruieren, welches „Maß“ an medizinischen Mitteln dem Patienten zukommen soll und seiner Situation entspricht. Dabei steht die Frage des Patienten nach seinem Zustand, seiner Konstitution und seinem Interesse im Fokus. Mit Hilfe des Kriteriums der Verhältnismäßigkeit wird darauf verwiesen, die Behandlung an den Bedürfnissen des Patienten auszurichten.275

Es ist genau diese Abwägung, die in den folgenden Kapiteln dieser Untersuchung in ihren prinzipiellen Charakteristika im Kontext heutiger Medizin näher beschrieben werden soll. Konnte bislang festgestellt werden, dass im Kriterium der Verhältnismäßigkeit eine Flexibilität hinsichtlich der Situation des Patienten berücksichtigt wird, so soll es in den folgenden Abschnitten um gegenwärtige medizinethische Desiderate und Anfragen gehen. Angestrebt werden dabei sowohl eine nähere Beschreibung der Differenzierung als auch ihre Relevanz in ausgewählten Fragestellungen gegenwärtiger Medizinethik.

99   Vgl. u. a. Pius XII., Über moralische Probleme der Wiederbelebung, in: HerKorr 12 (1957/58), 228230 (= AAS 49 [1957], 1027–1033).Pius XII., Die sittlichen Grenzen der ärztlichen Forschungs- und Behandlungsmethoden, in: HerKorr 7 (1952/53), 71–76 (= AAS 44 [1952], 779–789; Pius XII., Die naturrechtlichen Grenzen der ärztlichen Forschungs- und Behandlungsmethoden. Ansprache an die Teilnehmer des Ersten Internationalen Kongresses für Histopathologie des Nervensystems [13.9.1952], UG 2252–2286.).

100  Begriffsgeschichtliche Darstellungen bieten Cahill, Lisa Sowle, Hochachtung vor dem Leben und Herbeiführung des Todes im medizinischen Bereich, in: Conc 21 (1985), 184–191, 189. McCartney, James J., The Development of the Doctrine of Ordinary and Extraordinary Means of Preserving Life in Catholic Moral Theology before the Karen Quinlan Case, in: Linacre Quarterly 47 (1980), 215–224. O’Donnell, T. J., Medicine and Christian Morality, 47–51. Kelly, G., Medico-Moral Problems, 131f. Cronin, D. A., The Moral Law, 34–76.

101  In Abschnitt 3.1.1. wird auf die Verwendung des Kriteriums in moraltheologischen Diskursen bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts eingegangen. Es folgt in 3.1.2. eine Untersuchung der Rezeption des Kriteriums in kirchenamtlichen Dokumenten, die in der Mitte des 20. Jahrhunderts einsetzt.

102  Die Entwicklung und die Rezeption des Kriteriums stehen dabei im Zusammenhang mit den jeweiligen Möglichkeiten der medizinischen Behandlung. Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts wird das Kriterium der Verhältnismäßigkeit in der damals üblichen Form der naturrechtlichen Ethik aufgegriffen. Vgl. Cronin, D. A., The Moral Law, 44f.

103  Cronin beginnt seine Begriffsgeschichte schon mit Thomas von Aquin (1225–1274). Wenngleich Thomas keinen Beitrag zur Begriffsbestimmung leistet, so greift er in der Summa theologiae die Fragestellung des Suizids auf und bietet damit einen theologisch-ethischen Hintergrund für die Frage der Lebenserhaltung für die späteren Autoren (S. th. II II, q. 65, a. 5). Ebenso steht die Reflexion der Verstümmelung (mutilatio) im Hintergrund (S. th. II II, a. 1) der Diskussion über gewöhnliche und außergewöhnliche Mittel zur Lebenserhaltung. Demnach sei der Mensch zunächst in Gesundheit und Krankheit verpflichtet, für seinen Leib zu sorgen: „Praecipitur autem homini quod corpus suum sustentet, alias, enim est homicida sui ipsius […] ex praecepto ergo tenetur homo corpus suum nutrire et similiter ad omnia sine quibus corpus non potest vivere, tenemur.“ Thomas von Aquin, Super Epistolas S. Pauli. Taurini-Romae 1953, II Thess, Lec.11, n. 77.Vgl. Cronin, D. A., The Moral Law, 33f.

104  Vgl. zur medizinethischen Diskussion in der Moraltheologie u. a. Leher, Stephan; Rosenberger, Michael; Schaupp, Walter; Wolbert, Werner; Virt, Günter, Auf ein Wort. Sterben zulassen. 23. März 2007, in: ZME 53 (2007), 295–298, 297. Fleming, Julia, When ‚Meat is Like Medicines‘. Early Modern Catholic Moral Thought on the Role of Food in the Duty to Preserve Life, vorgetragen bei der Jahrestagung der Society of Christian Ethics, Januar 2007 in Dallas. Johannes Paul II., Enzyklika „Evangelium vitae“. Über den Wert und die Unantastbarkeit des menschlichen Lebens (25.03.1995). (Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls, 120) Bonn 52001, 79ff. (Nr. 65). Vgl. dazu auch Abschnitt 3.1.2.

105  Die Übersetzungen ausgewählter Passagen in Abschnitt 3.1 wurden durch den Verfasser vorgenommen. „Ad argumentum in contrarium, ad primum […] Secundo dico quod si aegrotus potest sumere cibum, vel alimentum cum aliqua spe vitae, tenetur sumere cibum, sicut teneretur dare aegrotanti. TYertio dico, quod si animi dejecto tanta est et appetitivae virtutis tanta consternatio, ut non nisi per summum laborem et quasi cruciatum quendam, aegrotus possit sumere cibum, jam reputatur quaedam impossibilitatis et ideo excusatur, saltem a mortali, maxime ubi est exiga spes vitae aut nulla. Ad confirmationem respondetur. Primo, quod non est simile de pharmaco et alimento. Alimentum enim per se medium ordinatum et vitam animalis et naturale, non autem pharmacum: nec tenetur homo adhibere, omnia media possibilia ad conservandam vitam, sed media per se ad hoc ordinate […] Tertio dicimus quod si quis haberet certitudinem moraliter, quod per pharmacum reciperet incolumitatem, sine pharmaco autem moreretur, non videtur profecto excusari a mortali: quia si non daret pharmacum proximo sic aegrotanti, peccaret mortaliter et medicina per se etiam ordinate est ad salutem a natura, sed quia hoc xiv potest esse certum, ideo non sunt damnandi de mortali, qui in universum decreverunt abstinere a pharmacis, licet non sit laudabile, cum creaverit Deus medicinam propter necessitatem ut aid Salomon […].“ Vitoria, Francesco a, Relectio de Temperantia, n. 1. Zit. n. Cronin, D. A., The Moral Law, 35f.

106  Vgl. Vitoria, Francesco a, Relectio de Temperantia, n. 1.

107  Vgl. Vitoria, Francesco a, Relectio de Temperantia, n. 1.

108  „Secunda conclusio: non tenetur quis protelare vitam per alimenta quantum potest. Patet, quia non tenetur uti cibis optimis et delicatissimis et pretoisissimis etiamsi ea sint saluberrima, imo hoc est reprehensible.“ Vitoria, Francesco a, Relectio de Temperantia, n. 12. Zit. n. Cronin, D. A., The Moral Law, 36.

109  Vgl. Vitoria, Francesco a, Relectio de Temperantia, n. 12.

110  Vgl. Vitoria, Francesco a, Comentarios a la Secunda Secundae de Santo Tomas. Salamanca 1952, in: II II, q. 147, a. 1.

111  Vgl. dazu auch Leher, S. [u. a.], Auf ein Wort. Sterben zulassen, 297. Fleming, J., When ‚Meat is Like Medicines‘, o. S.

112  Cronin, D. A., The Moral Law, 39.

113  Vgl. Kieltyka, Robert, Der Umgang mit Wachkoma-Patienten. Ein moraltheologischer Beitrag zur aktuellen Debatte. Freiburg/Schweiz 2006, 180.

114  Cronin, D. A., The Moral Law, 41.

115  Vgl. Cronin, D. A., The Moral Law, 38.

116  „[…] praelatus vero cogere posset subditum propter singularem obedientiam illi promissam, ut medicamina admittat quae commode recipere potest. At vero quod ingentissimum dolorem in amputatione membri aut corporis incisione ferat, profecto nemo cogi potest: quia nemo tenetur tanto cruciatu vitam servare. Neque ille censendus est sui homicida.“ Soto, Domingo de, Theologia Moralis. Lugduni 1582, Tract. de Justitia et Jure, Lib. V. q. 1, a. 5. Zit. n. Cronin, D. A., The Moral Law, 38. Ähnlich Sayrus, Gregorius, Clavis Regia Casuum Conscientiae. Venetiis 1625, Lib. VII, cap. IX, n. 38.

117  „Et ratio est quia quamvis homo teneatur conservare vitam propriam, non tenetur per media extraordinaria, sed per victum et vestitum communem, per medicinas communes, per dolorem quendam communem et ordinarium: non tamen per quendam dolorem extraordinarium et horribilem, neque etiam per sumpus extraordinarios, secundum proportionem status ipsius hominis.“ Báñez, Domingo, Scholastica Commentaria in Partem Angelici Doctoris S. Thomae. Duaci 1614, in: II II, q. 65, a.1. Zit. n. Cronin, D. A., The Moral Law, 42. Vgl. auch Kieltyka, R., Der Umgang mit Wachkoma-Patienten, 180.

118  Vgl. im Folgenden Sánchez, Tomás, Consilia seu opuscula moralia. Coloniae Agrippinae 1640, Tom. II, Lib. V, cap. 1, dub. 33.

119  „Nullus tenetur prolongare vitam, immo nec illam conservare utendo optimis et delicatissimis alimentis, immo hoc est reprehensible“ Sánchez, T., Consilia seu opuscula moralia, Tom. II, Lib. V, cap. 1, dub. 33. Zit. n. Cronin, D. A., The Moral Law, 43.

120  „Ratio est quia tenetur vitae suae periclitanti, emdiis ordinariis non admodum difficilibus opitulari. Si tamen ingentes essent cruciatus tolerandi, non tenetur permittere, neque etiam potest ad hoc cogi. Ratio est quia non tenetur quisquam cum tanto cruciatu vitam incerto eventu conservare.“ Lessius, Leonardus, De Iustitia Et Iure. Lugduni 1653, Lib. II, Cap. 9, dub. 14, n. 96. Zit. n. Cronin, D. A., The Moral Law, 45.

121  Vgl. Lessius, L., De Justitia et Jure. Lib. II, Cap. 9, dub. 14, n. 96. Ähnlich Martin Bonacina († 1631). Vgl. Bonacina, Martin, Moralis Theologica. Tom. II. Lugduni 1627, Disp. 2, Quaest Ultim., Sect. 1, Punct. 6, n. 2.

122  Laymann, P., Theologia Moralis (Quinque Libros), Liber tertius, 200 [= Lib. III., tr. III, III. pars, cap. I, n. 4.]. Die Erörterung über den Verzicht auf eine medizinische Behandlung ist dabei grundlegend für nachfolgende Ausführungen von Moraltheologen zum Kriterium der Verhältnismäßigkeit. Vgl. O’Donnell, T. J., Medicine and Christian Morality, 47.

123  Vgl. Laymann, P., Theologia Moralis (Quinque Libros), Liber tertius, 202 [= Lib. III., tr. III, III. pars, cap. I, n. 4.]: „Resoluitur secundo: Quod propriam vitam a morbo, vel extrinseca violentia plerumque liberare non tenemur per medium valde difficile, & insolitum; u. g. pedum sectione, medicamentis pretiosissimis. Ratio est: Quod præceptum seuandi vitam affirmatum sit, non omni tempore, acmodo obligans.“

124  „Dixi tamen, contra pericula, et mortem ex causis naturalibus provenientem debere hominem mediis ordinariis, vitam tueri […] quia qui media ordinaria negligit, videtur negligere vitam, atque ideo negligentem se in ejus gubernatione gerere, et moraliter consetur velle mortem, qui mediis ordinariis non utitur, quae natura providit ad ordinariam vitae conservationem […].“ Lugo, Juan de, De Iustitia Et Iure. Lugduni 1670, Disp. 10, Sect. I, n. 29. Zit. n. Cronin, D. A., The Moral Law, 52.

125  Vgl. Lugo, J. de, De Iustitia Et Iure, Disp. 10, Sect. 1.

126  „[…] debere eam curationem permittere, quando medici neccessarium judicarent, et absque intenso dolore fieri posset; secus si acerbissimo dolore fieret; quia non tenetur homo media extraordinaria et difficilima adhibere ad vita conservationem […].“ Lugo, J. de, De Iustitia Et Iure, Disp. 10, Sect. I, n. 21. Zit. n. Cronin, D. A., The Moral Law, 48. Vgl. auch O’Donnell, T. J., Medicine and Christian Morality, 48.

127  Vgl. Lugo, J. de, De Iustitia Et Iure, Disp. 10, Sect. I, n. 21.

128  Vgl. Lugo, J. de, De Iustitia Et Iure, Disp. 10, Sect. I, n. 28.

129  Vgl. Lugo, J. de, De Iustitia Et Iure, Disp. 10, Sect. I, n. 30.

130  Vgl. Lugo, J. de, De Iustitia Et Iure, Disp. 10, Sect. I, n. 36. Auch Antonio Diana (1585–1663) deutet die Unterscheidung zwischen gewöhnlichen und außergewöhnlichen Mitteln hinsichtlich des Wohls des Patienten. Er zitiert dabei Vitoria, der es für erlaubt hält, dass eine kranke Person, die keine Aussicht auf Besserung hat, die Einnahme von Medikamenten ablehnen kann, auch wenn diese das Leben für einige Tage verlängern würden. Auch hinsichtlich der Verstümmelung folgt Diana der gängigen Lehrmeinung: Eine Amputation sei für den Patienten als obligatorisch anzusehen, wenn eine medizinische Indikation besteht; außer die Behandlung wird von starken Schmerzen begleitet und stellt eine Tortur für den Patienten dar. Vgl. Diana, Antonio, Coordinatus, per R. P. Mrtinum [sic!] de Alcolea. Lugduni 1667, Tom. VIII, Tract. V., Resol. 53–57.

131  Vgl. Tournely, Honorati, Theologia Moralis. Venetiis 1756, Tom. III, Tract. de Decalogo, cap. 2, de Quinto Praec., Art. I, conc. 2.

132  Vgl. O’Donnell, T. J., Medicine and Christian Morality, 47. Salamanticenses, Curses Theologia Moralis. Parisiis 1870, Tom. III, Tract. XIII, de restit., Cap. II, Punct. 2, Sect. 2, n. 26.

133  Vgl. O’Donnell, T. J., Medicine and Christian Morality, 47. Die erste Auflage der Moraltheologie von Alfons basiert auf der Medulla Theologiae Moralis von H. Busenbaum, an der Alfons einige Ergänzungen vornahm. Auch bei Alfons befindet sich der Abschnitt zu den gewöhnlichen Mitteln in der Medizin im Kapitel über das Fünfte Gebot im Dekalog. Vgl. Ligorio, Alphonsus Maria de, Theologia Moralis, 1. Graz 1954.

134  „Addit Laymann non teneri quemquam mediis extraordinariis et nimis duris, v. gr. abscissione cruris, etc., vitam conservare: nisi tamen ea communi bono sit necessaria.“ Ligorio, A. M. de, Theologia Moralis, 1, 627 [= III, no. 372.].

135  Vgl. Ligorio, A. M. de, Theologia Moralis, 1, 627 [= III, no. 372.].

136  Dazu zählen der Jesuit Juan de Lugo, die Dominikaner Soto und Báñez, Bonacina und Salmant sowie Tournely und Sylvius. O’Donnell merkt dabei an, dass Alfons von außergewöhnlichen und schwierigen Mitteln, zum Beispiel der Amputation von Beinen spricht und sich bei seiner Aussage auf Juan de Lugo und andere bezieht, Juan de Lugo dagegen überhaupt nicht eine außergewöhnliche Schwierigkeit einer Beinamputation voraussetzt, wie Alfons dies tut. Vgl. O’Donnell, T. J., Medicine and Christian Morality, 47f.

137  Vgl. Cronin, D. A., The Moral Law, 59.

138  Vgl. hierzu Kapitel 2.

139  Vgl. Gury, Joanne Petro, Compendium Theologiae Moralis. Ratisbonae 41968, 175. Gury, Johannes Peter, Moraltheologie. Ins Deutsche übertr. v. Johann Georg Wesselack. Regensburg 21869. Das Compendium theologiae moralis Gurys ist dabei von H. Busenbaum, Alfons M. v. Liguori und Th. Gousset beeinflusst. Vgl. Hofmann, Rudolf, Art. Gury, Jean-Pierre, in: LThK 4. Freiburg [u. a.] 21960, 1281–1282.

140  Gury, J. P., Moraltheologie. Ins Deutsche übertr. v. Johann Georg Wesselack, 184. Für den Terminus „außerordentliche Mittel“ findet sich in der lateinischen Ausgabe die auch bei Alfons M. v. Liguori genutzte Wendung „remediis extraordinariis“. Vgl. Gury, J. P., Compendium Theologiae Moralis, 175.

141  In der lateinischen Ausgabe findet sich für ‚gewöhnliche Mittel‘ die Wendung „remediis ordinariis“. Vgl. Gury, J. P., Compendium Theologiae Moralis, 175. Ähnlich auch bei Antonio Ballerini (1805–1881). Vgl. Schmelter, Jürgen, Art. Ballerini, Antonio, in: LThK 2. (Sonderausgabe) Freiburg [u. a.] 2006, 1373. O’Donnell, T. J., Medicine and Christian Morality, 48. Ballerini, A., Opus Theologicum Morale. Volumen II, 614.

142  So bei Gury, Joanne Petro; Ballerini, Antonio; Palmieri, Dominicus, Compendium Theologiae Moralis. Romae 141907, I, nn. 389–391, jedoch nicht in Gury, J. P., Compendium Theologiae Moralis.

143  So u. a. Koch, Anton, Lehrbuch der Moraltheologie. Freiburg [u. a.] 31910, 254f.

144  Linsenmann und Koch ordnen diese Fragestellungen in den Bereich der „Sorge für die individuelle Existenz“ innerhalb der „Verwirklichung der sittlichen Ordnung“ ein. Linsenmann behandelt die Frage der Unterscheidung zwischen gewöhnlichen und außergewöhnlichen Mitteln in der Medizin unter dem Abschnitt des „Verfügungsrechtes über das Leibesleben“ (§ 79). Vgl. Linsenmann, Franz Xaver, Lehrbuch der Moraltheologie. Freiburg 1878, XII. Koch, A., Lehrbuch der Moraltheologie, VIII. Koch verweist in seinem Vorwort ausdrücklich darauf, dass er sein Lehrbuch der Moraltheologie in Abhängigkeit von Linsenmann verfasst hat. Diese Abhängigkeit wird besonders im Aufbau des Werkes ersichtlich. In weiten Teilen ist Koch aber ausführlicher als Linsenmann. Zur Bedeutung des Theologen Linsenmann vgl. Häring, Bernhard, Frei in Christus. Moraltheologie für die Praxis des christlichen Lebens. Bd. 1. Das Fundament aus Schrift und Tradition. (Sonderausgabe) Freiburg [u. a.] 1989, 69. Häring würdigt vor allem die glückliche Synthese von spekulativer und praktischer Methode des Lehrbuchs.

145  Linsenmann, F. X., Lehrbuch der Moraltheologie, 259.

146  Schließlich verweist Linsenmann darauf, dass Frauen aus Rücksicht auf ihre Scham Untersuchungen und Operationen zurückweisen dürfen, selbst in Fällen der Lebensgefahr. Vgl. Linsenmann, F. X., Lehrbuch der Moraltheologie, 258f.

147  „Es hat somit der Mensch das Recht und unter Umständen auch die Pflicht, um eines höheres Gutes willen sein Leben zu opfern. Dieses Verfügungsrecht über das eigene Leibesleben ist daher in doppelter Hinsicht, nämlich negativ und positiv, näher zu bestimmen. Es ist unter allen Umständen unerlaubt, […] eigenmächtig sein Leben und seine Gesundheit zu zerstören, sich selbst zu töten oder sein Leben ohne Not (sine iusta causa) in eine solche Gefahr zu bringen, die sicher und notwendig den Tod herbeiführt […].“ Koch, A., Lehrbuch der Moraltheologie, 248.

148  Vgl. Koch, A., Lehrbuch der Moraltheologie, 252.

149  Koch, A., Lehrbuch der Moraltheologie, 254. Vgl. Linsenmann, F. X., Lehrbuch der Moraltheologie, 258f.

150  Koch, A., Lehrbuch der Moraltheologie, 254f.

151  Vgl. Capellmann, Carl, Pastoralmedizin. Hg. v. Wilhelm Bergmann. Paderborn 181920, 53ff. Capellmann, Carl, Pastoral-Medizin. Hg. v. Wilhelm Bergmann. Aachen 141904, 24ff. Seine traditionelle spezielle Moraltheologie orientiert sich am 4., 5. und 6. Gebot sowie den Kirchengeboten und den Sakramenten. Der Abschnitt „Lebensgefährliche Operationen“ wird unter dem 5. Gebot („Du sollst nicht töten!“) abgehandelt.

152  Capellmann, C., Pastoralmedizin, 53f.

153  Capellmann, C., Pastoralmedizin, 53f.

154  „Non tenetur quis servare vitam remediis extraordinariis, quaeque maximum dolorem afferant; non datur enim obligatio servandae vitae, nisi mediis ordinariis, quae magna non adducunt incommoda […] neque dolores valde acerbos causant.“ Zit. n. Capellmann, C., Pastoralmedizin, 55. Vgl. dazu Gury, J. P., tract. d. V. praecept. 391. 3. Scavini, Petrus, Theologia moralis universa. Editio tertia Parisiensis. – Parisi 1859. Tract. VII. disput. II. cap. 1, art. 1, § 2, qu. 3.

155  Vgl. Noldin, Hieronymus, Summa Theologiae Moralis, Bd. 2 De Praeceptis. Regensburg [u. a.] 131921, 344ff. (Nr. 325ff. Liber quintus. De quinto decalogi praecepto).

156  Vgl. O’Donnell, T. J., Medicine and Christian Morality, 49. Noldin, H., Summa Theologiae Moralis. 141922, vol. II, no. 326.

157  Noldin-Schmitt (1941) sehen dagegen durch die Anästhesie, die Desinfektionsmöglichkeiten sowie die medizinische Technik eine bessere Aussicht auf Erfolg. Für die Patienten stehen nach Amputationen zudem die Möglichkeit der plastischen Chirurgie und der Anpassung von Prothesen offen. Daher könne bei Operationen nicht mehr von „außergewöhnlichen Mitteln“ gesprochen werden, außer es bestehe eine große Furcht davor. Vgl. O’Donnell, T. J., Medicine and Christian Morality, 49f. Noldin, Hieronymus; A. Schmitt (Hg.), Summa Theologiae Moralis. Regensburg 271941, vol. II, no. 328.

158  Cronin, D. A., The Moral Law, 56.

159  Die lehramtlichen Aussagen zur Möglichkeit eines Behandlungsabbruch oder eines Therapieverzichts und des Kriteriums der Verhältnismäßigkeit bauen dabei auf den moraltheologischen Diskursen auf. Pius XII. kommt an dieser Stelle eine außerordentlich große Bedeutung zu, da er sich auf vielfältige Weise in Ansprachen und Erklärungen zu medizinethischen Fragestellungen äußerte. Zur Bedeutung der medizinethischen Aussagen Pius’ XII. vgl. u. a. Arntz, K., Unbegrenzte Lebensqualität?, 346. Götz, C., Medizinische Ethik und katholische Kirche, 20.

160  Medizinethische Ansprachen, Erklärungen und Verlautbarungen Pius’ XII. zum Behandlungsabbruch und -verzicht vgl. u. a. Pius XII., Ärztliche Gewissensfragen, in: HerKorr 9 (1954/55), 76–79 (= AAS 46 [1954], 587–605). Pius XII., Über Ärztemoral im Krieg und internationales Ärzterecht, in: HerKorr 8 (1953/54), 125–129 (= AAS 45 [1953], 744–754). Pius XII., Die sittlichen Grenzen, 71.

161  Vgl. Pius XII., Die sittlichen Grenzen, 71ff. Pius XII., Über moralische Probleme der Wiederbelebung, 229. Wie die moraltheologischen Diskurse zum Behandlungsabbruch und -verzicht vor Pius XII. stehen auch die Aussagen des Papstes und der nachfolgenden Verlautbarungen im Kontext naturrechtlicher Moraltheologie. Johannes Paul II. verweist in der Enzyklika „Evangelium vitae“ explizit auf den moraltheologischen Hintergrund der Naturrechtslehre und dem Wort Gottes. Vgl. Enzyklika „Evangelium vitae“, 8; 81. Vgl. grundlegend dazu Demmer, Klaus, Art. Naturrecht. II. Theologisch-ethisch, in: LThK 7. (Sonderausgabe) Freiburg [u. a.] 2006, 688–690. Götz, C., Medizinische Ethik und katholische Kirche, 301ff.

162  Vgl. dazu auch Pius XII., Ärztliche Gewissensfragen, 76–79. Pius XII., Die sittlichen Grenzen, 71. Dieser Vortrag ist, laut Einführungstext des Herder-Verlages, in eine Reihe von Ansprachen zu damaligen moralischen Fragestellungen eingebettet.

163  Pius XII., Über moralische Probleme der Wiederbelebung, 228.

164  Pius XII., Über moralische Probleme der Wiederbelebung, 228.

165  Pius XII., Über moralische Probleme der Wiederbelebung, 228.

166  Vgl. Pius XII., Über moralische Probleme der Wiederbelebung, 228f.

167  Pius XII., Über moralische Probleme der Wiederbelebung, 229. Auch diese Aussage Pius’ XII. erstreckt sich nicht nur auf lebensrettende Maßnahmen. „Mais il n’oblige habituellment qu’à l’emploi des moyens ordinaires (suivant les circonstances de personnes, de lieux, d’époques, de culture), c’est-à-dire des moyens qui n’imposent aucune charge extraordinaire pour soi-même on pour un autre.“ AAS 49 (1957), 1030.

168  Vgl. dazu u. a. Götz, C., Medizinische Ethik und katholische Kirche, 311ff. Weber, H., Allgemeine Moraltheologie, 153ff.

169  Vgl. Kieltyka, R., Der Umgang mit Wachkoma-Patienten, 182f. Kelly, Gerald, The duty to preserve life, in: TS 12 (1951), 550–556, 550.

170  Direkt, jedoch ohne Kommentar zitiert u. a. bei Mausbach, Joseph, Katholische Moraltheologie. Die spezielle Moraltheologie (3. Bd.). Der irdische Pflichtenkreis, Die Lehre von den sittlichen Pflichten des Apostolates zur Auferbauung des Reiches Gottes in Kirche und Welt (2. Teil). Münster 101961, 266f. Vgl. auch Zalba, Marcellinus, Theologiae Moralis Summa, II. Madrid 1957, 69f.

171  Arntz, K., Unbegrenzte Lebensqualität?, 347.

172  Die Deutschen Bischöfe, Das Lebensrecht des Menschen und die Euthanasie (01.06.1975). Hg. v. Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz. (Die Deutschen Bischöfe, 4) Bonn 1975, 4. http://www.dbk.de/schriften/deutsche_bischoefe/hirtenschreiben/index.html (16.07.2007).

173  Die Deutschen Bischöfe, Das Lebensrecht des Menschen, 5.

174  Die Deutschen Bischöfe, Das Lebensrecht des Menschen, 5.

175  Die Deutschen Bischöfe, Das Lebensrecht des Menschen, 6.

176  In einer Reihe von Dokumenten äußern sich die deutschen Bischöfe zur Hospizarbeit, Palliativmedizin sowie zur christlichen Bedeutung von Sterben und Tod: Die Deutschen Bischöfe, Menschenwürdig sterben und christlich sterben (20.11.1978), in: Die Deutschen Bischöfe, 47. Hg. v. Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz. Bonn 1996, 5–32. Die Deutschen Bischöfe, Schwerstkranken und Sterbenden beistehen (20.02.1991), in: Die Deutschen Bischöfe, 47. Hg. v. Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz. Bonn 1996, 33–41. Erklärung der Pastoralkommission, Die Hospizbewegung – Profil eines hilfreichen Weges in katholischem Verständnis (23.09.1993), in: Die Deutschen Bischöfe, 47. Hg. v. Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz. Bonn 1996, 43–57. http://www.dbk.de/schriften/deutsche_bischoefe/hirtenschreiben/index.html (16.07.2007). Im Sterben: Umfangen vom Leben. Gemeinsames Wort zur Woche für das Leben 1996. „Leben bis zuletzt – Sterben als Teil des Lebens“. Hg. v. Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland u. v. Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz. (Gemeinsame Texte, 6) Hannover – Bonn 1996.

177  Vgl. Erklärung der Kongregation für die Glaubenslehre zur Euthanasie (20.05.1980). Hg. v. Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz. (Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls, 20) Bonn 1980, 11f. (= AAS 72 [1980], 542–552).

178  Erklärung der Kongregation für die Glaubenslehre zur Euthanasie, 11.

179  Erklärung der Kongregation für die Glaubenslehre zur Euthanasie, 11.

180  Erklärung der Kongregation für die Glaubenslehre zur Euthanasie, 11.

181  Vgl. zu Veränderungen in der Terminologie Häring, B., Frei in Christus, Bd. 3, 123ff. Erklärung der Kongregation für die Glaubenslehre zur Euthanasie, 11.

182  Erklärung der Kongregation für die Glaubenslehre zur Euthanasie, 11.

183  McCormick, Richard, Life and its Preservation, in: TS 42 (1981), 100–110, 101. Vgl. auch Cahill, L. S., Hochachtung vor dem Leben, 184–191. McCartney, James J., The Development of the Doctrine of Ordinary and Extraordinary Means of Preserving Life in Catholic Moral Theology before the Karen Quinlan Case, in: Linacre Quarterly 47 (1980), 215–224.

184  Katechismus der Katholischen Kirche. München [u. a.] 1993, 580 (Nr. 2278).

185  Katechismus der Katholischen Kirche, 580 (Nr. 2278). Es wird dazu erläutert: „Man will dadurch den Tod nicht herbeiführen, sondern nimmt nur hin, ihn nicht verhindern zu können.“ Ähnlich Deutsche Bischofskonferenz (Hg.), Katholischer Erwachsenen-Katechismus. Bd. 2: Leben aus dem Glauben. Freiburg/Br. [u. a.] 1995, 306ff.

186  In der Enzyklika wird dabei zunächst terminologisch zwischen Euthanasie und Behandlungsabbruch und -verzicht unterschieden. Vgl. Johannes Paul II., Enzyklika „Evangelium vitae“, 79f. (Nr. 64). Zur Auseinandersetzung mit der aktiven Euthanasie in der Enzyklika „Evangelium vitae“ vgl. Römelt, Josef, Kultur des Todes – Kultur des Lebens. Moraltheologie zwischen Rezeption und Kritik der modernen pluralistischen Gesellschaft, in: ZKTh 120 (1998), 290–301.

187  Johannes Paul II., Enzyklika „Evangelium vitae“, 80. (Nr. 65). Auch in der Enzyklika werden die herkömmlichen Termini aufgegriffen. Vgl. Johannes Paul II., Enzyklika „Evangelium vitae“, 80. (Nr. 65).

188  Johannes Paul II., Enzyklika „Evangelium vitae“, 80. (Nr. 65).

189  Vgl. Johannes Paul II., Ansprache für Teilnehmer des Kongresses für Wachkoma-Patienten (Thema „Lebenserhaltende Behandlungen und vegetativer Zustand: Wissenschaftliche Fortschritte und ethische Dilemmata“), 20. März 2004, Nr. 4. http://www.vatican.va/holy_father/john_paul_ii/speeches/2004/march/documents/hf_jp-ii_spe_20040320_congress-fiamc_ge.html (18.07.2007). Johannes Paul II. verweist in seinen Ausführungen auf die Erklärung der Glaubenskongregation zur Euthanasie (1980) und die Enzyklika „Evangelium vitae“ (1995).

190  Johannes Paul II., Ansprache für Teilnehmer des Kongresses für Wachkoma-Patienten, Nr. 4. Ähnliche Begriffe verwendet auch die Kongregation für die Glaubenslehre im Jahr 2007 in einer Antwort auf eine Anfrage der Bischofskonferenz der Vereinigten Staaten bezüglich der künstlichen Ernährung: „Die Verabreichung von Nahrung und Wasser, auch auf künstlichen Wegen, ist prinzipiell ein gewöhnliches und verhältnismäßiges Mittel der Lebenserhaltung. Sie ist darum verpflichtend in dem Maß, in dem und solange sie nachweislich ihre eigene Zielsetzung erreicht, die in der Wasser- und Nahrungsversorgung des Patienten besteht. Auf diese Weise werden Leiden und Tod durch Verhungern und Verdursten verhindert.“ Kongregation für die Glaubenslehre, Antworten auf Fragen der Bischofskonferenz der Vereinigten Staaten bezüglich der künstlichen Ernährung und Wasserversorgung (01.08.2007). http://www.radiovaticana.org/ted/Articolo.asp?c=154972 (27.09.2007). Vgl. dazu u. a. Leher, S. [u. a.], Auf ein Wort. Sterben zulassen, 295–298, 295f.

191  Auch die Bischöfe aus den USA greifen in dieser Debatte auf den Terminus Verhältnismäßigkeit zurück. Vgl. dazu United States Conference of Catholic Bishops, Ethical and Religious Directives for Catholic Health Care Services. 42001, no. 56ff. http://www.usccb.org/bishops/directives.shtml (18.07.2007).

192  Gemeinsames Hirtenschreiben der Bischöfe von Freiburg, Strasbourg und Basel, „Die Herausforderung des Sterbens annehmen“ (Juni 2006). Freiburg [u. a.] 2006, 2. http://www.erzbistumfreiburg.de/html/media/hirtenbriefe.html (07.06.2014). Die österreichischen Bischöfe zitieren zur Frage der Verhältnismäßigkeit medizinischer Maßnahmen in ihrem Schreiben „Leben in Fülle“ (2006) aus der Enzyklika „Evangelium vitae“ (Nr. 65). Vgl. Die österreichischen Bischöfe, Leben in Fülle. Leitlinien für katholische Einrichtungen im Dienst der Gesundheitsfürsorge. Hg. v. Generalsekretariat der Österreichischen Bischofskonferenz. (Die österreichischen Bischöfe, 6) Wien 2006, 23.

193  Gemeinsames Hirtenschreiben der Bischöfe von Freiburg, Strasbourg und Basel, „Die Herausforderung des Sterbens annehmen“, 5f.

194  Gemeinsames Hirtenschreiben der Bischöfe von Freiburg, Strasbourg und Basel, „Die Herausforderung des Sterbens annehmen“, 6.

195  Vgl. dazu u. a. Leher, S. [u. a.], Auf ein Wort. Sterben zulassen, 295. Vgl. dazu auch Abschnitt 2.2 im zweiten Kapitel.

196  Vgl. u. a. Auer, A., Art. Behandlungsabbruch/Behandlungsverzicht, 2. Ethik, 179. Capellmann, C., Pastoralmedizin, 55f.

197  Vgl. u. a. Häring, B., Frei in Christus, Bd. 3, 124f. Erklärung der Kongregation für die Glaubenslehre zur Euthanasie, 11.

198  Häring, B., Frei in Christus, Bd. 3, 124.

199  Vgl. Fleckenstein, Heinz, Christliche Bewältigung ärztlicher Ausweglosigkeit, in: ArztChr 11 (1965), 235–245, 239f.

200  Vgl. Fleckenstein, H., Christliche Bewältigung, 239f.

201  Kelly, G., Medico-Moral Problems, 134.

202  Peschke, Karl-Heinz, Christliche Ethik. Spezielle Moraltheologie. Trier 1995, 288f. Vgl. auch Häring, B., Heilender Dienst, 126f. Kautzky, Rudolf, Der ärztliche Kampf um das Leben des Patienten „bis zum letzten Atemzug“, in: Hochland 53 (1961), 303–317, 309.

203  Vgl. Auer, A., Art. Behandlungsabbruch/Behandlungsverzicht, 2. Ethik, 179. Zu den Facetten des Begriffes „Lebensqualität“ vgl. u. a. Lanzerath, Dirk, Art. Lebensqualität, in: LBE 1. (Studienausgabe) Gütersloh 2000, 563–569. Arntz, K., Unbegrenzte Lebensqualität?, 80ff.; 150ff.

204  Sporken, Paul, Die Sorge um den kranken Menschen. Grundlagen einer neuen medizinischen Ethik. Düsseldorf 41988, 221.

205  Sporken, Paul, Probleme um das Lebensende, in: Wilhelm Ernst (Hg. u. a.), Theologisches Jahrbuch 1976. Leipzig 1976, 369–388, 377. Vgl. Sporken, Paul, Darf die Medizin, was sie kann? Düsseldorf 1971, 186–212.

206  Schockenhoff, E., Ethik des Lebens, 251. Vgl. Koch, Hans-Georg, Art. Behandlungsabbruch/ Behandlungsverzicht. 3. Recht, in: in: LMed. Freiburg [u. a.] 1989, 181–191, 184. In ethischen Diskursen weisen Autoren in Bezug auf das Kriterium der Verhältnismäßigkeit auch auf Probleme der Abgrenzung des Behandlungsabbruchs und -verzichts gegenüber der aktiven Euthanasie hin. Schockenhoff macht darauf aufmerksam, dass früher manche Autoren eine Pflicht zur Weiterführung einer aussichtslos gewordenen Behandlung begründeten, um die Grenzen zur aktiven Sterbehilfe nicht aufzuweichen. Ein Beispiel stellen die Ausführungen Jörg Wunderlis aus dem Jahr 1974 dar. Während er eine Unterlassung der Reanimation bei Menschen mit einem irreversiblen Koma für vertretbar hält (Behandlungsverzicht), sieht er Probleme im Bereich eines Behandlungsabbruchs: „Anders verhält es sich dagegen, wenn eine bereits bestehende Therapie abgesetzt wird; denn dies stellt den Übergang zur aktiven Euthanasie dar, bei Bewußtlosigkeit und damit fehlender Einwilligung des Patienten sogar den Übergang zur Auslöschung von sogenanntem lebensunwertem Leben – es sei denn, daß bereits der klinische Tod eingetreten ist oder unvermeidlich unmittelbar bevorsteht.“ Wunderli, Jörg, Euthanasie oder über die Würde des Sterbens. Ein Beitrag zur Diskussion. Stuttgart 1974, 129. Zur Begriffsproblematik vgl. u. a. Zimmermann-Acklin, M., Euthanasie, 19–87. Schockenhoff, E., Ethik des Lebens, 251. Eibach, U., Medizin und Menschenwürde, 267–339. Vgl. zur Kontroverse u. a. Ernst, S., Verhältnismäßige und unverhältnismäßige Mittel, 43–57, 43. Kaiser, Helmut, Ethische Urteilsfindung im Bereich der passiven Euthanasie – Reichweite und Grenzen ethischer Argumentationsmodelle, in: ZEE 25 (1981), 130–145. Birnbacher, Dieter, Tun und Unterlassen. (RUB 9392) Stuttgart 1995, 348–365. Birnbacher geht dabei nur kurz auf die Position von Papst Pius XII. zu den „außergewöhnlichen“ Maßnahmen ein und wendet sich dann wieder der Differenzierung von aktiver und passiver Sterbehilfe zu. Singer, Peter, Praktische Ethik. (RUB 8033) Stuttgart 21994, 269ff.

207  Vgl. Beauchamp, T. L.; Childress J. F., Principles of Biomedical Ethics, 125.

208  Vgl. Beauchamp, T. L.; Childress J. F., Principles of Biomedical Ethics, 125.

209  Vgl. Auer, A., Art. Behandlungsabbruch/Behandlungsverzicht, 2. Ethik, 181.

210  Vgl. Demmer, Klaus, Leben in Menschenhand. Grundlagen des bioethischen Gesprächs. (SThE 23) Freiburg [u. a.] 1987, 147.

211  Bergdoldt, Klaus, Art. Medizinische Ethik, 1. Historisch, in: LBE 2. (Studienausgabe) Gütersloh 2000, 647–652, 649.

212  An dieser Stelle soll sich der philosophischen Begriffskritik an der Tugend der Mäßigkeit bzw. des Maßes angeschlossen werden. Die Tugend der Mäßigkeit bzw. des Maßes (lat. temperantia) besitzt zwar keine Begriffsverwandtschaft zu den in Kapitel 3 aufgeführten Begriffen, jedoch eine semantische Beziehung.

213  Pieper, Josef, Das Viergespann. Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit, Mass. München 1964, 202. Vgl. dazu auch Scheule, Rupert M., Maßhalten. Eine christliche Kardinaltugend als Entscheidungshilfe, in: Rupert M. Scheule (Hg.), Ethik der Entscheidung. Entscheidungshilfen im interdisziplinären Diskurs. Regensburg 2009, 134–146.

214  Vgl. im Folgenden Pieper, J., Das Viergespann, 202f.

215  Vgl. Schockenhoff, Eberhard, Grundlegung der Ethik. Ein theologischer Entwurf. Freiburg 2007, 89f.

216  Vgl. u. a. Ernst, S., Verhältnismäßige und unverhältnismäßige Mittel, 43.

217  Vgl. Häring, B., Frei in Christus, Bd. 3, 123.

218  Vgl. Erklärung der Kongregation für die Glaubenslehre zur Euthanasie, 11.

219  Vgl. u. a. Ligorio, A. M. de, Theologia Moralis, 1, 627 [= III, no. 372.]. Gury, J. P., Moraltheologie, 184. Ballerini, A., Opus Theologicum Morale. Volumen II, 612. Capellmann, C., Pastoralmedizin, 55. Jone, Heribert, Katholische Moraltheologie. Paderborn 141949, 170f. [= Nr. 207]. Zum Teil wird das Kriterium „mediis extraordinariis“ mit weiteren Bestimmungen – z. B. „duris“ – kombiniert. Vgl. u. a. Ligorio, A. M. de, Theologia Moralis, 1, 627 [= III, no. 372.].

220  Zu den außerordentlichen Mitteln werden in der Moraltheologie zudem Behandlungen mit experimentellem Charakter gezählt. Für solche Behandlungen ist die Zustimmung des Patienten notwendig. Vgl. u. a. Mausbach, Joseph, Katholische Moraltheologie. Die spezielle Moraltheologie (3. Bd.). Der irdische Pflichtenkreis, Die Lehre von den sittlichen Pflichten des Apostolates zur Auferbauung des Reiches Gottes in Kirche und Welt (2. Teil). Münster 91953, 79. Fleckenstein, H., Christliche Bewältigung, 240.

221  McCormick, R., Life and its Preservation, 104.

222  Vgl. u. a. Laymann, P., Theologia Moralis (Quinque Libros), Liber tertius, 202 [= Lib. III., tr. III, III. pars, cap. I, n. 4.]: „medium insolitum“. Pius XII., Über moralische Probleme der Wiederbelebung, 229: „übliche Mittel“. Johannes Paul II., Enzyklika „Evangelium vitae“, 80 (Nr. 65): „außergewöhnliche oder unverhältnismäßige Heilmittel“. Weber, H., Spezielle Moraltheologie, 228: „außergewöhnliche und unverhältnismäßige Mittel“. Zum Teil wird „mediis ordinariis“ auch mit „gewöhnliche Heilmittel“ übersetzt.

223  Ein Beispiel stellt die Begriffsbestimmung im kanonistisch orientierten Handbuch der Moraltheologie Heribert Jones dar, das in neuscholastisch-kasuistischer Tradition steht. Dabei formuliert Jone einen Kriterienkatalog zur Frage der verpflichtenden „ordentlichen Mittel“. Vgl. Jone, H., Katholische Moraltheologie, 170–173 [= Nr. 207–210].

224  So u. a. bei Jone, H., Katholische Moraltheologie, 172f.

225  Enzyklika „Evangelium vitae“, 80 (Nr. 65). Zur Kritik vgl. u. a. Eibach, U., Medizin und Menschenwürde, 176. Ausführlich dazu in Kapitel 4 dieser Arbeit.

226  Eibach, U., Medizin und Menschenwürde, 176.

227  Kautzky, R., Der ärztliche Kampf, 309.

228  Vgl. u. a. Zimmermann-Acklin, M., Euthanasie, 191. Arntz, K., Unbegrenzte Lebensqualität?, 261–267. Reiter, J., Es geht um den Patienten, 442. Sporken, P., Die Sorge um den kranken Menschen, 106f.; 216f. Cahill, L. S., Hochachtung vor dem Leben, 185. Pius XII., Die sittlichen Grenzen, 73.

229  Pius XII., Ansprache an den Kongreß der Internationalen Vereinigung zur Krebsbekämpfung (Unio internationalis contra cancerum) (19.8.1956), in: AAS 48 (1956), 666–670. Zit. n. Sporken, P., Menschlich sterben, 27 (dort in Übersetzung indirekt zitiert).

230  Auer, A., Die Unverfügbarkeit des Lebens und das Recht auf einen natürlichen Tod, 23.

231  Pius XII., Die sittlichen Grenzen, 73. Zum Totalitätsprinzip vgl. u. a. Virt, Günter, Art. Totalität, Totalitätsprinzip, II. Theologisch-ethisch, in: LThK 10. (Sonderausgabe) Freiburg [u. a.] 2006, 120. Zimmermann-Acklin, M., Euthanasie, 188f. Elsässer, Antonellus, Art. Totalitätsprinzip, in: LBE 3. (Studienausgabe) Gütersloh 2000, 587–588, 587f. Furger, Franz, Ethik der Lebensbereiche. Entscheidungshilfen. Freiburg [u. a.] 1985, 34f. Thomas von Aquino, Summe der Theologie, Bd. 3, 300–310. (S. th. II, q 64). Hamelin, Alonzo M., Das Prinzip vom Ganzen und seinen Teilen und die freie Verfügung des Menschen über sich selbst, in: Conc 2 (1966), 362–368. Egenter, Richard, Die Verfügung des Menschen über seinen Leib im Licht des Totalitätsprinzips, in: MThZ 16 (1965), 167–178. Kelly, Gerald, The Morality of Mutilation: Towards a Revision of the Treatise, in: TS 17 (1956), 322–344. Kelly, Gerald, Pope Pius XII. and the Principle of Totality, in: TS 16 (1955), 373–396. Mit Demmer ist auf den Wandel zur personalen Interpretation des Totalitäts- und Ganzheitlichkeitsprinzips hinzuweisen. Vgl. Demmer, K., Leben in Menschenhand, 128f.

232  Vgl. Auer, A., Die Unverfügbarkeit des Lebens und das Recht auf einen natürlichen Tod, 24.

233  Vgl. Pius XII., Die sittlichen Grenzen, 73.

234  Vgl. Auer, A., Die Unverfügbarkeit des Lebens und das Recht auf einen natürlichen Tod, 25. Ähnlich betrachten Sporken, Häring, Kautzky u. a. die „sinnvolle Verwirklichung menschlicher Freiheit“ als Hauptkriterium für eine Lebensverlängerung. Vgl. Sporken, Paul, Darf die Medizin, was sie kann? Düsseldorf 1971, 198. Häring, B., Heilender Dienst, 124–127. Kautzky, R., Der ärztliche Kampf, 313ff. Reiter, J., Es geht um den Patienten, 442. Dagegen bezieht z. B. Böckle das Attribut „sinnvoll“ allein auf die Therapie: Böckle, F., Verantwortlich leben, 62f.

235  Vgl. Pius XII., Die sittlichen Grenzen, 73. Vgl. u. a. auch Häring, B., Heilender Dienst, 125f. Kautzky, R., Der ärztliche Kampf, 312ff.

236  Vgl. u. a. Häring, B., Heilender Dienst, 126.

237  Vgl. Jörg, J., Art. Apallisches Syndrom, 184–188. Vgl. dazu insbesondere die Stellungnahmen von Papst Johannes Paul II.: Johannes Paul II., Ansprache an die Teilnehmer der XIX. Internationalen Konferenz des Päpstlichen Rates für die Krankenpastoral am 12. November 2004. http://www.vatican.va/holy_father/john_paul_ii/speeches/2004/november/documents/hf_jp-ii_spe_20041112_pc-hlthwork_ge.html (18.08.2007). Johannes Paul II., Ansprache für Teilnehmer des Kongresses für Wachkoma-Patienten.

238  Vgl. Eibach, U., Medizin und Menschenwürde, 71.

239  Auer, A., Die Unverfügbarkeit des Lebens und das Recht auf einen natürlichen Tod, 28.

240  Vgl. u. a. Kuhse, Helga, Die „Heiligkeit des Lebens“ in der Medizin. Eine philosophische Kritik. Erlangen 1994. Singer, P., Praktische Ethik. Zur anthropologischen Auseinandersetzung vgl. u. a. Arntz, K., Unbegrenzte Lebensqualität?, 314. Eibach, Ulrich, Sterbehilfe – Tötung auf Verlangen? Eine theologisch-ethische Stellungnahme zur Frage der Euthanasie. Wuppertal 1988, 55–59. Rahner, Karl, Bewährung in der Zeit der Krankheit, in: Karl Rahner, Schriften zur Theologie, Bd. VII. Einsiedeln [u. a.] 21971, 265–272.

241  Vgl. Eibach, U., Medizin und Menschenwürde, 53f. Eibach, U., Menschenwürde an den Grenzen des Lebens, 167.

242  Vgl. Eibach, U., Medizin und Menschenwürde, 61.

243  Vgl. Eibach, U., Menschenwürde an den Grenzen des Lebens, 168.

244  Vgl. Eibach, U., Medizin und Menschenwürde, 62. Zum Begriff Ganzheitlichkeit vgl. in Kapitel 4 Abschnitt 4.1.

245  Vgl. Eibach, U., Medizin und Menschenwürde, 65.

246  Zur christlichen Ethik in personaler Verantwortung vgl. u. a. Römelt, Josef, Vom Sinn moralischer Verantwortung. Zu den Grundlagen christlicher Ethik in komplexer Gesellschaft. Handbuch der Moraltheologie Bd. 1. Regensburg 1996, 129ff.

247  Vgl. dazu Abschnitt 3.2.

248  Vgl. Arntz, K., Unbegrenzte Lebensqualität?, 347f.

249  Vgl. Pius XII., Über moralische Probleme der Wiederbelebung, 229.

250  Erklärung der Kongregation für die Glaubenslehre zur Euthanasie, 11.

251  Vgl. u. a. Häring, B., Frei in Christus, Bd. 3, 117. Eid, Volker, Muss die Medizin alles tun, was sie kann? Ein Problem medizinischer Ethik aus der Sicht theologischer Ethik, in: Volker Eid; Rudolf Frey (Hg.), Sterbehilfe oder wie weit reicht die ärztliche Behandlungspflicht? Mainz 1978, 115–132, 116. Vgl. dagegen: Kammertöns, H.-B.; Lebert, S., Ich hasse den Tod, in: Die Zeit, Nr. 24 (06.06.2007), 15–18.

252  Vgl. u. a. Lugo, J. de, De Iustitia Et Iure, disp. 10, no. 21. Auch für Gury sind Behandlungen, die große Schmerze verursachen, außerordentlich. Vgl. Gury, J. P., Moraltheologie, 184. Vgl. auch Linsenmann, F. X., Lehrbuch der Moraltheologie, 259. Koch, A., Lehrbuch der Moraltheologie, 254.

253  Vgl. u. a. Laymann, P., Theologia Moralis (Quinque Libros), Liber tertius, 202. Ligorio, A. M. de, Theologia Moralis, 1, III, no. 372.

254  Vgl. u. a. Gury, J. P., Moraltheologie, 184. Linsenmann, F. X., Lehrbuch der Moraltheologie, 258f. Koch, A., Lehrbuch der Moraltheologie, 255.

255  Vgl. dazu u. a. McCormick, R., Life and its Preservation, 104. Kelly, G., Medico-Moral Problems, 129.

256  Vgl. Arntz, K., Unbegrenzte Lebensqualität?, 347.

257  Vgl. u. a. Laymann, P., Theologia Moralis (Quinque Libros), Liber tertius, 202. Ligorio, A. M. de, Theologia Moralis, 1, 627 [= III, no. 372.]. Gury, J. P., Moraltheologie, 184.

258  Vgl. Pius XII., Über moralische Probleme der Wiederbelebung, 229. Pius XII. begründet diese Pflicht mit „[…] der geordneten Nächstenliebe (caritas), dem Gehorsam gegenüber dem Schöpfer, der sozialen Gerechtigkeit und selbst der Gerechtigkeit schlechthin sowie der Rücksicht auf die Angehörigen“. Pius XII., Über moralische Probleme der Wiederbelebung, 229.

259  Medizinische Fälle bei denen ein Behandlungsabbruch oder -verzicht virulent werden könnte, sind z. B. Wiederbelebungen, künstliche Ernährung, Therapien, Herzkrankheiten. Vgl. Kapitel 2.

260  Cahill, L. S., Hochachtung vor dem Leben, 189.

261  Vgl. Cahill, L. S., Hochachtung vor dem Leben, 186.

262  Vgl. u. a. Ernst, Stephan, Grundfragen theologischer Ethik. Eine Einführung. München 2009, 207–211. Ernst, S., Verhältnismäßige und unverhältnismäßige Mittel, 43. Erklärung der Kongregation für die Glaubenslehre zur Euthanasie, 11.

263  Vgl. Demmer, K., Leben in Menschenhand, 146f.

264  Vgl. dazu die Abschnitte 3.2.1. und 3.3.1.

265  Vgl. Ernst, S., Verhältnismäßige und unverhältnismäßige Mittel, 44.

266  Kelly, G., Medico-Moral Problems, 129.

267  Cronin, D. A., The Moral Law, 112f.

268  Vgl. u. a. Peschke, K.-H., Christliche Ethik, 289.

269  Vgl. Arntz, K., Unbegrenzte Lebensqualität?, 348. Zur Bedeutung der Abwägung als zentrale Kategorie in der theologischen Ethik vgl. u. a. Merks, Karl-Wilhelm, Probleme der Selbstverfügung des Menschen. Überlegungen zu Fragen heutiger medizinischer Ethik, in: Wilhelm Ernst (Hg. u. a.), Theologisches Jahrbuch 1976. Leipzig 1976, 355–368, 363.

270  Sporken, P., Die Sorge um den kranken Menschen, 217.

271  Sporken, P., Die Sorge um den kranken Menschen, 218f.

272  Prat, E. H., Behandlungsabbruch und Behandlungsverzicht. Vgl. zur Tugend der Klugheit u. a. Schockenhoff, E., Grundlegung der Ethik, 68ff. Pieper, J., Das Viergespann, 20ff. Thomas von Aquino, Summe der Theologie, Bd. 2, 368f. (S. th. I.II, q. 64, a. 2). Thomas von Aquino, Summe der Theologie, Bd. 3, 206ff. (S. th. II.II, q. 47).

273  Prat, E. H., Behandlungsabbruch und Behandlungsverzicht.

274  Vgl. Lutterotti, M. v., Art. Behandlungsabbruch/Behandlungsverzicht, 1. Medizin, 171.

275  So v. a. Ernst, S., Verhältnismäßige und unverhältnismäßige Mittel, 43–57. Erklärung der Kongregation für die Glaubenslehre zur Euthanasie, 11.