5 Direktmodellierung eines Modellbau-Häuschens mit SketchUp

Nun kannst du alles vergessen, was du gelernt hast – naja, fast jedenfalls. Nachdem wir uns in Kapitel 4 (FreeCAD) viel mit parametrischer Modellierung und dem strikten Ablauf von Skizzen, Extrusionen und Referenzen beschäftigt haben, kehren wir nun in vielen Aspekten wieder zurück zu Kapitel 3. In diesem Kapitel werden wir jedoch nicht mit Tinkercad arbeiten, sondern mit SketchUp.

SketchUp kam im Jahr 2000 auf den Markt und war damals für den Architekturbereich konzipiert. Der Hersteller @Last Software wurde im März 2006 von Google gekauft. Damals wurde dann auch eine kostenlose, in der Funktion abgespeckte Version angeboten, um die Erstellung von 3D-Gebäuden für Google Earth zu erleichtern. Im April 2012 verkaufte Google die Software schließlich an den heutigen Hersteller Trimble Navigation. Trimble bietet nun „zweieinhalb“ Versionen der Software an. Offiziell sind dies das lokal installierbare, kostenpflichtige SketchUp Pro sowie die im Browser laufende, kostenlose Online-Version SketchUp Free. Bislang wurde für den nicht kommerziellen Einsatz das kostenfreie SketchUp Make angeboten, das es nach wie vor gibt. Es wird allerdings seit Version 2017 nicht mehr weiterentwickelt. Da die SketchUp-Free-Version nicht den Funktionsumfang hat, den SketchUp Make bietet, werden wir mit SketchUp Make arbeiten. Der Downloadlink ist etwas versteckt, aber ich zeige dir den Weg dorthin.

Nach der Installation arbeitest du übrigens 30 Tage lang mit der Vollversion SketchUp Pro. Danach reduziert sich der Funktionsumfang automatisch. Ich habe bewusst diesen Zeitraum abgewartet, bevor ich mit dem Projekt begann. Das gesamte Projekt kann also mit SketchUp Make durchgeführt werden. Trimble Navigation hat natürlich ein Interesse daran, seine Pro-Version zu verkaufen, und hat den Funktionsumfang der freien Version in den letzten Jahren immer weiter beschnitten. So ist es beispielsweise nicht mehr möglich, Vektordaten im DXF-Format zu exportieren. Deshalb ist es leider nicht möglich, die in SketchUp erstellten Daten an einen Lasercutter zu übergeben.

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HINWEIS: Die letzte von Google veröffentlichte SketchUp-Version 8 (Release: 2010) ist derzeit noch im Internet zu finden. Sie bietet teils einen größeren Funktionsumfang. Ob und wie lange diese Version allerdings noch verwendbar sein wird, lässt sich schwer sagen.

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Für das Projekt, das wir in diesem Kapitel realisieren werden, habe ich mit der Version 17.2.25 559 (64 Bit) von SketchUp Make gearbeitet. An SketchUp Make gelangt man nur über Umwege – und zwar über eine App. Wähle auf der Website https://www.sketchup.com/de unter Unsere Produkte den Eintrag SketchUp Free. Dies bringt dich zu einer neuen Seite. Dort klickst Du auf den roten Button Mit dem Modellieren loslegen. Dann startet die App.

Allerdings benötigst du einen Trimble-Account. Sobald du auf das Hamburger-Menü – das sind die drei Striche oben links in der Ecke – klickst, öffnet sich ein Login-Dialog, in dem du einen Account erzeugen kannst. Sobald du diesen erstellt und dich eingeloggt hast, musst du wieder auf das Hamburger-Menü klicken. Nun öffnet sich das Menü und zeigt ganz unten links den unscheinbaren Button App Downloads an. Ein Klick darauf lässt zwei weitere Buttons mit dem SketchUp-Logo erscheinen. Der linke führt zu SketchUp Pro, der rechte zu unserem eigentlichen Ziel: SketchUp Make 2017 in der Windows- oder Mac OS-Version. Lade die Datei herunter und installiere die Software.

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HINWEIS: Zwischen der Version 16, mit der dieses Projekt in der 1. Auflage (ISBN 978-3-446-45 020-2) erarbeitet wurde, und der aktuellen Version SketchUp Make 2017 besteht nahezu kein Unterschied – zumindest nicht in der entscheidenden Funktionalität, sodass ich die Screenshots nicht aktualisiert habe. Diese würden bis auf die Titelzeile und das Icon für den Extension Manager ohnehin identisch aussehen.

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Eine Stärke von SketchUp ist das 3D Warehouse – eine riesige Bibliothek von 3D-Modellen, die sich direkt in der SketchUp-Oberfläche suchen und ins Modell laden lassen. Viele Möbelhersteller haben ihre Produkte hier eingestellt. Darüber hinaus wurden zahlreiche Produkte von SketchUp-Usern modelliert und in der Bibliothek veröffentlicht. Alleine die Suche nach dem Stichwort „IKEA“ fördert fast 10 000 Ergebnisse zutage.

Eine weitere Bibliothek ist das Extension Warehouse, aus dem du Hunderte von Plug-ins herunterladen und teils kaufen kannst. Viele Plug-ins sind jedoch kostenlos, beispielsweise das SketchUp-STL-Plug-in, das vom Hersteller selbst stammt. Dieses werden wir später noch benötigen. Du kannst es also gerne gleich installieren.

Der Extension Manager in SketchUp 2017 (letzter Button ganz rechts) gibt einen Überblick über die installierten Extensions und sorgt dafür, dass die Extensions immer up to date sind.

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HINWEIS: Beim ersten Klicken auf Installieren öffnet sich ein Dialog, in dem du die Geschäftsbedingungen des Warehouse annehmen musst. Danach passiert erst einmal nichts. Du musst nun abermals den Installationsbutton anklicken.

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SketchUp ist eine Direktmodellierungssoftware. Das bedeutet, dass nicht mit (steuernden) Skizzen und Maßen gearbeitet wird, sondern die gewünschte Form einfach durch das Extrudieren von Flächen, durch das Hinzufügen und Wegnehmen von Körpern sowie durch Ziehen und Drücken entsteht. Man kann also z. B. die Oberfläche eines Quaders einfach ziehen und schieben, um die gewünschte Größe einzustellen. Man kann die Oberfläche aber auch mit einer Linie unterteilen und die beiden Teile danach sofort unabhängig voneinander bewegen. So lassen sich sehr schnell komplexe Formen erzeugen. Falls man jedoch nachträglich Änderungen vornehmen will, liegen einem keine Skizzen vor, die man anpassen kann.

Die Software ist aus zwei Gründen interessant für Maker: Man kann zum einen schnell und einfach loslegen, zum anderen kann man mithilfe eines Plug-ins SketchUp-STL-Dateien nicht nur im- und exportieren, sondern auch bearbeiten. Da SketchUp-Geometrien (genau wie STL) aus Dreiecken aufgebaut sind, funktioniert das recht gut.

5.1 Das Projekt: ein 3D-druckbares Hausmodell für die Modelleisenbahn

Im Folgenden wollen wir mit SketchUp das Modell eines beliebigen, real existierenden Hauses in SketchUp erstellen (Bild 5.1), um davon dann im Anschluss einen 3D-Druck zu produzieren. Bei der Modellierung der einzelnen Stockwerke des Hauses wirst du die Handhabung der Software schnell erlernen.

Das entstandene Modell lässt sich im Anschluss sehr schön auf dem 3D-Drucker ausdrucken und nach dem Zusammenkleben der einzelnen Ebenen zum Beispiel in eine Modelleisenbahnlandschaft integrieren. Das Dach und den Balkon lassen wir beim 3D-Drucken weg, weil beide sehr viel Stützmaterial erfordern würden. Das Hausmodell lässt sich stattdessen mit den im Handel erhältlichen Dachziegel-Bastelplatten für Modellbauer schließen. Alternativ lässt sich das Hausmodell auch als Anschauungsmodell – beispielsweise zur Veranschaulichung der Platzverhältnisse in einem Haus, das noch nicht existiert (Bild 5.2).

Bild 5.1 Ein 3D-Modell des eigenen Hauses – vielfältig verwendbar und toll anzusehen

Bild 5.2 Ein 3D-gedrucktes Modell des eigenen Hauses als Anschauungsobjekt? Das lässt sich in SketchUp einfach umsetzen.

Eine weitere Nutzungsmöglichkeit des Modells ist virtueller Natur: Du kannst dein Haus in SketchUp möblieren und so Innenraumplanung betreiben (Bild 5.3). Wände, Böden und Decke lassen sich realistisch einfärben, sodass du mit der integrierten Walk Through-Funktionalität durch die Räume deines Hauses streifen und beispielsweise die Wirkung einer bunt gestrichenen Wand beurteilen kannst (siehe Abschnitt 5.6 und Abschnitt 5.7).

Bild 5.3 Das SketchUp-Modell kann realistisch eingerichtet werden. So macht Innenarchitektur Spaß!

Dabei kann SketchUp sogar die Sonneneinstrahlung simulieren. Das bedeutet, dass du den Schattenwurf an einem bestimmten Tag und zu einer bestimmten Uhrzeit realistisch angezeigt bekommst (Bild 5.4).

Im letzten Schritt werden wir die Fähigkeiten der Software nutzen, Fotos so zu entzerren, dass man diese als Vorlage für die Modellierung nutzen kann (Abschnitt 5.8). Das hat den Vorteil, dass man auch ohne genaue Pläne zu einem Ergebnis kommt, beispielsweise, wenn man ein öffentliches Gebäude in seine Modelleisenbahnlandschaft integrieren möchte. Dieses Modell ist innen leer und kann direkt verwendet werden.

Ich nutze für das Projekt die Pläne meines eigenen Hauses und bitte um Verständnis, dass ich diese hier nicht komplett veröffentliche. Ich werde dir aber in jedem Fall so viele Informationen geben, dass du das Projekt durcharbeiten kannst. Natürlich kannst du das Kapitel auch anhand deines eigenen Hauses oder auf Basis frei verfügbarer Pläne angehen. Detaillierte Pläne schöner und exklusiver Gebäude findet man an vielen Stellen im Internet. Pläne sehr schöner Einfamilienhäuser findest du beispielsweise in der Zeitschrift Schöner Wohnen unter http://www.schoener-wohnen.de/architektur/grundrisse. Einen gewaltigen Schatz an historischen Bauplänen hat das Architekturmuseum der Universität Berlin unter http://architekturmuseum.ub.tu-berlin.de online gestellt.

Bild 5.4 SketchUp hat eine Schattensimulation, die in diesem Beispiel den Schattenwurf des Ulmer Münsters am 28.11.2016 um 13:30 Uhr anzeigt. Beachte auch die Schatten der Strebebögen auf dem Dach!

Noch eine Vorüberlegung, bevor wir endlich loslegen: Einem CAD-System ist es grundsätzlich egal, wie groß das Modell ist. Wir können deshalb einfach in realer Größe modellieren und müssen nicht mühsam jedes Maß beispielsweise in den HO-Maßstab von 1:87 umrechnen. Stattdessen skalieren wir ganz am Ende, bevor wir die virtuelle Welt verlassen. Dies vermeidet Fehler, ermöglicht uns eine universellere Nutzung des Modells (beispielsweise für das Einrichten mit Möbeln) und spart Rechenarbeit.

5.2 Erste Schritte in SketchUp

Beim Starten von SketchUp musst du zunächst eine Vorlage auswählen. Wähle bitte EINFACHE VORLAGE > METER aus. Daraufhin öffnet sich das Hauptfenster von SketchUp mit einem grünen Boden, blauem Himmel und einer Frauenfigur neben dem Koordinatenursprung. Diese soll bei der Modellierung helfen, da sie einen Größenvergleich ermöglicht. Natürlich kannst du die Figur auch entfernen. Klicke sie dazu an. Die jetzt erscheinenden blauen Umrisse zeigen an, dass die betreffende Geometrie aktiv ist. Drücke nun die Entf-Taste.

Die meisten Architekturpläne sind in Zentimetern bemaßt. Also wollen wir nun auch diese Maßeinheit einstellen, denn das vermeidet Fehler. Gehe dazu in der Menüleiste auf FENSTER > MODELLINFORMATIONEN. Dort kannst du, nachdem du die Unterteilung EINHEITEN ausgewählt hast, rechts oben auf Zentimeter umstellen. Ab jetzt versteht das System jede Zahleneingabe als Zentimeterangabe. Eine Unterteilung tiefer kannst du übrigens den Ort eingeben, an dem das Haus steht. Dann ist es möglich, in Google Earth die exakte Position deines Hauses zu definieren und die Earth-Ansicht als Definition der geografischen Position und Ausrichtung des Hauses in SketchUp hereinzuziehen. Dies ist die Voraussetzung dafür, dass du die Sonnensimulation in SketchUp nutzen kannst (Bild 5.5).

In der Grundeinstellung ist das Koordinatensystem nach Norden ausgerichtet, was bei meinem wie den allermeisten Häusern wenig Sinn macht. Klicke auf FUNKTIONEN > ACHSEN, um dies zu ändern. Dort kannst du den Nullpunkt auf eine Gebäudeecke setzen und die rote und grüne Achse an den Gebäudekanten ausrichten.

Bild 5.5 In den Modelleigenschaften lässt sich ein geografischer Standort definieren. Das System lädt dann einen „Boden“ aus Google Earth.

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TIPP: In unserem Projekt kommt es übrigens nicht auf millimetergenaue Modellierung an. Ob das Haus nun einen Millimeter größer oder kleiner ist oder dreißig Zentimeter neben dem tatsächlichen Standort steht, ist hier nicht relevant. Die wenigsten Häuser entsprechen genau den Plänen, nach denen sie gebaut werden.

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Bevor wir mit der Modellierung beginnen, schauen wir uns die Benutzeroberfläche von SketchUp zunächst noch ein bisschen genauer an. Unterhalb der Menüleiste findest du eine kompakte Icon-Leiste, die – neben dem Auswahlpfeil ganz links – Bereiche für die GEOMETRIEERSTELLUNG, die GEOMETRIEMANIPULATION sowie das MESSEN und FÜLLEN beinhaltet und das Sprungbrett zum 3D Warehouse und zum Extension Warehouse darstellt. Die Ablage, die ganz rechts im Programmfenster zu finden ist, bietet in den sogenannten Dialogen Zugriff auf wichtige Funktionen und Informationen (Bild 5.6). Mit einem Rechtsklick oben in die Fensterleiste kannst du die Inhalte der Ablage verwalten und Dialoge hinzufügen oder abschalten. Zudem lassen sich weitere Ablagen definieren, aber es steht nur eine begrenzte Anzahl von Dialogen zur Verfügung. Ich habe die Dialoge etwas umsortiert und Elementinformationen, Materialien, Stile, Layer, Szenen und Gliederung auf eine zweite Ablage namens Steuerung umsortiert. Da die Ablagen „hintereinander“ in derselben Spalte der Fensteroberfläche liegen, gewinnt man so etwas Platz.

Bild 5.6 Die Dialogelemente in der rechten Spalte lassen sich auf beliebig viele Ablagen verteilen.

Eine große Hilfe beim Einarbeiten ist der Dialog Mentor, der passend zum aktiven Befehl Informationen liefert (Bild 5.7). Eine kleine Animation zeigt die Bedienung. Danach folgt eine Beschreibung der Funktion und des Ablaufs des Befehls. Zudem werden die Tastenkombinationen des Befehls angezeigt sowie Links zum im Internet verfügbaren Benutzerhandbuch, die aber bei mir nicht funktionierten.

Informationen zum aktuellen Befehl werden zudem in der Statusleiste ganz unten dargestellt. Eine sehr wichtige Information ist das Eingabefeld unten rechts in der Statusleiste, das je nach Befehl mit Abmessungen, Abstand, Maßstab usw. beschriftet ist.

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HINWEIS: Das Feld verhält sich etwas ungewöhnlich. Es gibt keine optische Rückmeldung, wenn man es anklickt. Es ist also beispielsweise kein senkrechter Strich zu sehen, der sonst meist eine mögliche Tastatureingabe anzeigt. Erst wenn du Zahlen eintippst, färbt sich das Feld gelb und ermöglicht die Zahleneingabe.

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Bild 5.7 Der Mentor erklärt in Bild und Wort, wie eine Funktion bedient werden muss, was sie kann und welche Tastenkombinationen es gibt.

Du kannst in SketchUp übrigens keine Arbeitsebene frei wählen, sondern zeichnest immer auf der Ebene, die „am parallelsten“ zum Bildschirm ist. Das ist zunächst ungewohnt, du wirst dich aber schnell daran gewöhnen. Es funktioniert automatisch und damit intuitiv.

5.3 Los geht’s! Das Hausmodell entsteht

Nun lass uns loslegen! Aktiviere dazu das Formenwerkzeug in der Icon-Leiste oben und stelle es auf Rechteck. Du kannst hier auch Kreise und Vielecke zeichnen. Unter Gedrehtes Rechteck versteht die Software Rechtecke, die nicht in einer der Grundebenen liegen. Hier legst du mit dem ersten Klick die erste Ecke und dann die Ebenen-Ausrichtung fest.

Bei uns geht es wie gesagt mit einem Rechteck los. Klicke auf die erste Hausecke im Google Earth-Bild und ziehe das Rechteck auf. Nun folgt der interessante Schritt der Maßeingabe. Bevor du zum zweiten Mal klickst (oder direkt danach), beginnst du einfach mit der Eingabe von Maßen – und zwar in der Form Quermaß; Längsmaß. Die Werte werden also durch einen Strichpunkt getrennt, Kommawerte sind natürlich möglich. Da wir die Eigenschaften auf Zentimeter eingestellt haben, erwartet das System jetzt dieses Format. Bei meinem Haus gebe ich beispielsweise 1294; 1058 ein.

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TIPP: Welches Maß das erste und welches das zweite ist, kannst du feststellen, indem Du das Rechteck vor dem zweiten Klick mit der Maus in der Größe änderst. Dann siehst du schnell, in welche Richtung welches Maß gilt.

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Falls es nicht geklappt hat, kannst du das Rechteck mit dem Radiergummi-Werkzeug löschen. Doch Achtung: Das Rechteck zerfällt, sobald es erzeugt ist, in eine Fläche und die vier Begrenzungslinien. Diese müssen alle einzeln gelöscht werden. Du kannst mit dem Radiergummi-Werkzeug quer über das Rechteck fahren. Dann wird alles gelöscht, was der Mauscursor berührt.

Werkzeuge in SketchUp lassen sich nicht, wie bisher gewohnt, per Esc-Taste deaktivieren. Es ist sozusagen immer ein Werkzeug aktiv. Das siehst du auch am Mauszeiger. Gewöhne dir an, nach jedem Arbeitsschritt wieder auf Auswahl zu klicken, damit nicht aus Versehen eine Aktion ausgelöst wird.

Jetzt geht es in die dritte Dimension. Aktiviere das Werkzeug Drücken/Ziehen und klicke auf die Rechteckfläche. Diese ändert ihre Darstellung und wird mit einem dunkelblauen Punktmuster markiert. Nun kannst du sie anfassen und hochziehen. Gib die lichte Höhe, also die Entfernung von Boden zu Decke, plus zehn Zentimeter an. So bleibt uns später, wenn wir die Räume von oben her aushöhlen, ein zehn Zentimeter dicker Boden stehen. Achtung: Die Geschosshöhe beinhaltet die lichte Höhe plus die Dicke der Decke, wird also von Fußboden zu Fußboden gemessen.

Nun nutzen wir das zweite Werkzeug (Versatz) in der Leiste, um die Außenmauerdicke zu definieren. Das Werkzeug Versatz funktioniert wie der Offset in Onshape. Wenn du einen Kantenzug, in diesem Fall die obere Kante des Rechtecks, anklickst, zeichnet das System einen Linienzug parallel zu diesen Kanten. In diesem Fall ist es ein weiteres Rechteck, das du jetzt nach innen ziehst. Durch Eingabe von „14“ definierst du den Abstand (Bild 5.8).

Diese innere Linie ist unsere Hilfslinie, an der wir die Rechtecke ausrichten, aus denen die Räume entstehen. Beginne in einer Ecke mit dem ersten Raum. Wenn du den ersten Punkt des Rechtecks auf die Ecke der Innenwand setzt, bleibt das Rechteck an der Innenwand fixiert. Sie ist 585,5 cm lang und 365 cm breit. Auch hier kannst du die Maße wieder direkt nach dem ersten Klick eingeben.

Bild 5.8 Das erste Rechteck ist erstellt. Nun werden die Außenmauern per Versatz definiert.

Nun kannst du die direkte Modellierung ausprobieren: Nur durch Zeichnen des Raumes auf der Oberfläche wird die Deckfläche des Rechtecks in mehrere Bereiche zerschnitten. Aktiviere das Werkzeug Drücken/Schieben und drücke die Fläche des Raums nach unten. So entsteht der erste Raum unseres Hauses. Benutze jetzt die Tastenkombination Alt + Rücktaste, um die Flächenverschiebung rückgängig zu machen. Wir werden alle Räume in einem Rutsch erzeugen. Aber nun zeichnen wir erst einmal die weiteren Räume.

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HINWEIS: Achtung! SketchUp verschiebt jede Fläche und jeden Strich ohne Rückfrage und ohne Möglichkeit, dies ungeschehen zu machen, wenn man die Software das nächste Mal schließt. Gucke also genau, welche Flächen und Kanten blau sind, bevor du etwas bewegst.

Ich habe zum Beispiel erst beim Setzen der Fenster bemerkt, dass ich irgendwann die obere Fläche der Wände bewegt hatte. Dadurch waren Innen- und Außenwände nicht parallel und das Durchbrechen der Wände nicht mehr möglich. Einziger Ausweg: Neu beginnen.

Speichere deshalb alle paar Minuten oder nach wichtigen Schritten das Modell unter einem neuen Namen, um im Falle des Falles nicht komplett neu beginnen zu müssen.

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Doch wie positionierst du die Räume, die nicht an einer Hausecke liegen? Zeichne sie in der richtigen Größe, aber erst einmal nur grob zwischen die anderen Räume. Nun wählst du unter FUNKTIONEN den Punkt ABMESSUNGEN. Damit kannst du Maße anbringen – entweder an einer Line oder zwischen zwei Eckpunkten. In diesem Fall bringst du zwischen der Ecke des nächsten, positionierten Raums und der daneben liegenden Ecke des neuen Raums das Maß an. So siehst du die Wandstärke. Dann markierst du alle Linien und die Fläche des Raums und verschiebst den Raum so lange, bis die Wandstärke stimmt.

Das Auswahl-Werkzeug in SketchUp ist sehr mächtig. Mit gedrückter Strg-Taste sammelst du mehrere Elemente, mit gedrückter Umschalttaste kannst du versehentlich gewählte Elemente wieder abwählen. Ziehst du eine Box von links nach rechts, werden alle Elemente markiert, die vollständig innerhalb der Box liegen. Ziehst du die Box von rechts nach links, werden alle Elemente aktiv, die von der Box berührt werden. So lassen sich mehrere Elemente schnell markieren.

So baust du nach und nach den kompletten Grundriss aller Wände im Erdgeschoss auf (Bild 5.9). Die Türen und Fenster bauen wir später ein. Ich habe am Ende die Wände noch etwas zurechtgezupft, um gleichmäßige Wandstärken zu erhalten. Achte dabei darauf, wirklich rechtwinklig zu ziehen, damit aus den rechteckigen Wänden keine Parallelogramme werden. Eine Hilfe beim rechtwinkligen Ziehen sind die Pfeiltasten. Wird eine der Tasten Pfeil Rechts (X-Achse, rot), Pfeil Links (Y-Achse, grün), Pfeil Oben (Z-Achse, blau) gedrückt, wird die Zugrichtung auf die jeweils genannte Richtung beschränkt.

Bild 5.9 Schritt für Schritt entsteht der Grundriss. Ich habe am Ende die Wände noch etwas zurechtgezupft, um gleichmäßig dicke Wände zu erhalten.

Im nächsten Schritt höhlen wir den Block aus und erzeugen die Räume. Markiere dazu die Fläche eines Raums mit dem Werkzeug Drücken/Schieben und drücke die Fläche nach unten. Tippe „262“ ein, sobald du etwas nach unten gefahren bist. Nun springt der Boden auf das gewünschte Niveau.

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HINWEIS: Achtung Denkfalle! Das Maßeingabefeld zeigt beim Schieben nach unten zunächst negative Werte an, also beispielsweise −20,54 cm. Wenn du nun logisch richtig „−262“ Zentimeter eintippst, springt die Fläche des Raums 262 cm nach oben. Das macht für mich keinen wirklichen Sinn, ist aber nun mal so implementiert.

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Nun wäre es ja relativ mühsam, dies für jeden Raum wiederholen zu müssen. Zum Glück bietet SketchUp eine Abkürzung. Doppelklicke dazu auf die nächste Fläche. Diese springt dann automatisch auf die Tiefe des ersten Raums. So ist mit wenigen Doppelklicks das Erdgeschoss fertiggestellt.

Hast du wie ich eine Wand vergessen, die im Plan fehlt, aber nachträglich eingebaut wurde? Kein Problem! Zeichne einfach zwei parallele Linien auf den Boden und ziehe die Fläche dazwischen hoch. Die Extrusion wird dann automatisch auf die Oberkante der anderen Wände begrenzt. Achte darauf, die Linie, die zwischen der Oberkante der neuen Wand und der bestehenden Querwand entstanden ist, zu löschen (Bild 5.10).

Bild 5.10 Um eine gesamte Wandoberfläche zu behalten, muss die Linie gelöscht werden, die alte und neue Wand trennt.

Diese Linie trennt die obere Fläche der neuen Wand von der bisherigen Fläche, die alle oberen Flächen aller Wände umfasst. Würdest du nun alle Wände etwas nach unten schieben wollen, würde die neue Wand die Verschiebung nicht mitmachen. In SketchUp werden Werkzeuge immer auf eine Fläche oder eine Linie angewandt. Du kannst also einfach durch Ziehen einer Querlinie einen Teil einer Wand abtrennen und diesen Teil der Wand in der Höhe verändern (Bild 5.11).

Bild 5.11 Nur durch Einzeichnen einer Querlinie, die als obere Kante an der Decke über der Brüstung stehen bleibt, entsteht eine Öffnung.

So entstand beispielsweise die Trennwand in meinem Heizungskeller, welche die im hinteren Teil befindlichen Öltanks abtrennt und gleichzeitig die Sicherheitswanne bindet, falls die Tanks auslaufen. Der Raum ist nur über eine Öffnung mit einer hohen Brüstung zugänglich. Ich zeichnete erst die Wand und zog diese dann nach oben, fügte nun einen Querstrich ein und erzeugte durch Abwärtsdrücken die Öffnung. Das ist die Stärke von SketchUp: Komplexe Formen entstehen auf einfachste Weise, indem Bereiche markiert und dann gedrückt und gezogen werden.

Zum Erzeugen eines Wanddurchbruchs zeichnest du auf Innen- oder Außenwand ein Rechteck der gewünschten Größe und schiebst dessen Fläche dann nach innen, bis am Cursor Auf Fläche erscheint und sich die Fläche der Farbe ändert (Bild 5.12). Dann überdecken sich Innen- und Außenfläche und eliminieren sich gegenseitig. Eine Öffnung entsteht. Bei den Türen musst du die Rechtecke auf die Innenflächen zeichnen, sonst erwischst du die Unterkante des Hauses statt des Innenbodens (wir haben ja eine „Bodenplatte“ von zehn Zentimetern eingebaut).

Bild 5.12 Die Fläche muss nach innen geschoben werden, bis sie auf der Außenfläche zu liegen kommt. Dann entsteht eine Öffnung.

5.4 Vorsicht instabil! SketchUp-Modelle sind schnell verbogen

Als ich den am Ende von Abschnitt 5.1 geschilderten Modellstand erreicht hatte, bemerkte ich, dass mein Modell nicht mehr funktionierte. Wie bereits erwähnt, hatte ich irgendwann die obere Fläche verschoben und die Innen- und Außenflächen der Wände waren nicht mehr parallel. So überdecken sich die Flächen nicht mehr und es entsteht keine Öffnung. Auch ein Neuausrichten der Wände brachte nichts. Ich musste von vorn beginnen.

An dieser Stelle muss ich SketchUp kritisieren: Es gibt praktisch keinen Mechanismus, bestimmte Geometrien zu sperren. Optimal wäre es ja, wenn man die Wände sperren könnte, damit man diese beim Erstellen der Öffnungen nicht mehr verändern kann. Sinnvollerweise sortiert man die Geometrien nach Typ und Art, also „Wände Erdgeschoss“, „Türen erster Stock“ und so weiter. Das ist in SketchUp leider so nicht vorgesehen.

Zwar bietet SketchUp sogenannte Layer, also Ebenen, an, diese funktionieren aber leider nicht so, wie man es beispielsweise aus Photoshop oder vielen anderen CAD-Systemen kennt. Dort lassen sich Elemente oder Geometrien in Layern organisieren. Man kann immer nur mit der Geometrie des aktuellen Layers arbeiten, alle anderen Layer sind gesperrt. So könnte man beispielsweise Hilfsgeometrien auf einen Layer legen, um zu verhindern, dass sie die Modellierung verändern. In SketchUp steuern Layer lediglich die Sichtbarkeit. Man kann also Elemente sichtbar beziehungsweise unsichtbar schalten. Der Hersteller selbst empfiehlt, Geometrie nur auf Layer 0 zu erstellen.

Die zweite Funktionalität in diesem Bereich wird in SketchUp Gruppen genannt. Durch Markieren und Rechtsklick kann man viele Elemente zu einer Gruppe zusammenfassen, die sich dann aber nicht mehr bearbeiten lässt. Sind also alle Wände in einer Gruppe, kann ich keine Fenster hineinschneiden – es sei denn, ich öffne die Gruppe zur Bearbeitung. Dann aber ist wieder jedes Element frei beweglich. Gruppen machen also nur Sinn, wenn man einen Bereich komplett abgeschlossen hat, beispielsweise das Erdgeschoss.

Die dritte Art, Geometrie zu erzeugen, ist eine Komponente. Komponenten verhalten sich ähnlich wie Gruppen, lassen sich aber extern abspeichern oder beispielsweise aus dem 3D Warehouse laden. So habe ich das Erdgeschoss zum Beispiel mit einigen Fenstern und Türen aus dem 3D Warehouse vervollständigt (Bild 5.13). Auf Innentüren habe ich bewusst verzichtet, da diese beim Durchgehen und 3D-Drucken nur stören würden.

Bild 5.13 Das Erdgeschoss ist mit Türen und Fenstern sowie Materialien vervollständigt.

5.5 Materialkunde: Schönheitsoperationen in SketchUp

Der Schönheit wegen belegen wir die Oberflächen nun noch mit realistischen Materialien. Dazu liefert SketchUp in der Standard-Ablage unter Materialien eine Vielzahl von Oberflächen mit – vom weißen Putz bis zum Parkett. Die von mir ausgewählte gelbe Außenwand entstand durch Bearbeiten des weißen Stuckmaterials in der Bibliothek Backstein, Fassade und Schalung.

Du musst das Material zunächst auf irgendeine Wand auftragen, um es bearbeiten zu können. Gehe dann im Materialien-Dialog auf Bearbeiten. Nun kannst du die Farbe irgendwo vom Bildschirm abnehmen. Dies machen wir uns zunutze. Rufe das dritte Symbol rechts neben der Auswahlbox Farbrad auf und klicke auf die Fassade eines Fotos des Hauses, das du vorher auf dem Bildschirm aufgerufen hast (Bild 5.14). Zum Abspeichern klickst du auf das Bücher-Symbol mit dem Pluszeichen rechts oben im Materialien-Dialog. Jetzt öffnet sich ein Fenster, in dem du dem neuen Material einen Namen geben kannst.

Bild 5.14 Wir erstellen ein eigenes Material für die Außenwand und nehmen die Farbe von einem Foto des Originals ab.

Nach dem Schließen des Dialogs ist das neue Material allerdings nicht in der Bibliothek Backstein, Fassade und Schalung, sondern in der automatisch erstellten Bibliothek Im Modell zu finden. Um das Material in die SketchUp-Datenbank zu transferieren, um es in allen Modellen zur Verfügung zu haben, suchst du das neue Material in der Modell-Bibliothek und klickst mit der rechten Maustaste auf das Symbol. Daraufhin erscheint ein SPEICHERN UNTER …-Dialog. Dank der Windows-Berechtigungen können wir leider nicht direkt in das Bibliotheksverzeichnis (C:\Program Files\SketchUp\SketchUp 2016\Materials\Brick, Cladding and Siding) speichern. Lege die Datei, welche die Endung .skm hat, auf dem Desktop ab und verschiebe sie dann manuell in das gewünschte Verzeichnis. Nun befindet sich das neue Material in der Fassaden-Bibliothek.

Am Ende definierst du das ganze Erdgeschoss als eine Gruppe, indem du im Menü BEARBEITEN auf ALLES AUSWÄHLEN klickst und dann mit der rechten Maustaste gruppierst. Nun wird beim Klicken mit dem Auswahl-Werkzeug immer die gesamte Gruppe ausgewählt. Wenn du nun noch im Kontextmenü SPERREN auswählst, ist die Gruppe komplett fixiert und nicht mehr veränderbar. Zum Bearbeiten kannst du das Sperren auf demselben Weg wieder rückgängig machen. Zum Bearbeiten der Gruppe kannst du GRUPPE BEARBEITEN nutzen. Dann öffnet sich die Gruppe zur Bearbeitung, bleibt aber insgesamt bestehen. Noch weiter geht der Befehl IN EINZELTEILE AUFLÖSEN, der die Gruppierung komplett löscht.

5.6 Weiter geht’s – jetzt aber genau! Die weiteren Stockwerke entstehen

Die Oberkante des Erdgeschosses hatten wir ja genau auf die Deckenhöhe gesetzt. Also ziehst du jetzt ein neues Rechteck auf, indem du die Maus an den Eckpunkten ansetzt. Extrudiere die Decke 281 cm (das ist die Deckendicke von 23 cm plus die Raumhöhe von 258 cm im ersten Stock). Auch hier zeichnest du wieder den Grundriss auf die Oberseite des Quaders und drückst dann alle Flächen 258 cm nach unten.

Diesmal wollen wir aber genauer vorgehen. Schließlich wollen wir hier Möbel einstellen, um Inneneinrichtungen testen zu können. Dazu nutzen wir Hilfslinien, die in SketchUp Führungen heißen. Mit ihnen bauen wir die Maßketten im Stockwerkplan des ersten Stocks auf (Bild 5.15). Architekten legen gerne alle Hauptmaße der Zimmer außerhalb des eigentlichen Grundrisses, um mehr Überblick zu haben und Platz für das Einzeichnen von Einrichtungsgegenständen zu haben. Diese Maßketten bauen wir nun nach, um ein Netz von Hilfslinien zu erhalten.

Drehe das Modell nun so, dass du genau von oben auf das Modell blickst, und achte auf die Ausrichtung. Diese sollte mit dem Plan oder deiner selbst gemessenen Skizze übereinstimmen. Zur besseren Sichtbarkeit kannst du das Google Earth-Bild temporär ausblenden. Gehe dazu in den Dialog Gliederung in der Ablage. Diesen musst du eventuell erst noch sichtbar schalten, indem du einen Rechtsklick auf die Titelzeile der Ablage ausführst und Ablagen verwalten anwählst.

Bild 5.15 Maßketten beschreiben die Größenverhältnisse im Gebäudeplan.

Die Gliederung zeigt die Gruppenstruktur des Modells. Bislang besteht diese aus einer Gruppe – das ist das Erdgeschoss – und dem Eintrag Location Snapshot. Führe einen Rechtsklick auf diesen Eintrag aus, entsperre ihn und blende ihn dann aus. Nun verschwindet das Google-Bild, bleibt aber intern erhalten und kann später wieder angeschaltet werden.

An der Ecke, an der ich angefangen habe, ragt keine Achse heraus. Deshalb klicke ich mit dem Maßband-Werkzeug erst einmal auf die Kante des Rechtecks und ziehe eine Hilfslinie parallel zur Kante. Das Maßband rastet auf diese Richtung ein – etwas entfernt von der Geometrie, um den Startpunkt der Maßkette zu erstellen. Berühre nun den Endpunkt der Hilfslinie – der Punkt wird daraufhin etwas größer – und ziehe in Richtung der Maßkette. Die Linie wird rot oder grün, wenn sie parallel zu einer der Achsen ist. Liegt die Linie richtig, dann tippe die erste Länge ein. Die Linie springt jetzt auf diese Länge. Wiederhole dies so lange, bis die gesamte Kette eingegeben ist (Bild 5.16).

Von den Endpunkten ziehst du nun rechtwinklig Hilfslinien über das gesamte Rechteck und baust so Stück für Stück das Netz der Maßlinien auf. Je nach Plan sitzen an allen Seiten des Grundrisses Maßketten, die sich aber teils überschneiden. Ziehst du eine Hilfslinie von einer zur anderen Kette, interpretiert SketchUp das als unendlich lange Hilfslinie.

Bild 5.16 Die Maßkette entsteht: Wenn eine Linie achsparallel liegt, ändert sie ihre Farbe. (Ich habe zur besseren Sichtbarkeit das Google Maps-Bild ausgeblendet.)

Ist das ganze Netz ausgelegt, folgt die Fleißarbeit. Ziehe mit dem Linien- und dem Rechteck‑Werkzeug alle Mauerlinien nach, bis der gesamte Grundriss steht (Bild 5.17). Vergiss auch nicht, Mauerenden zu schließen, sonst entsteht keine geschlossene Umrandung, die SketchUp zum Aufbau einer Fläche benutzen kann.

Leider sind nur die unendlich langen Hilfslinien magnetisch, sodass sie den Cursor „einrasten“ lassen. Treffen sich zwei kurze Linien, wird der Linienschnittpunkt nicht erkannt. Gehe mit der Zoomfunktion nahe an die Linienkreuzung, dann kannst du diese genau auswählen. Es ist auch klug, zunächst ein großes Rechteck für die Innenseite der Außenwände zu ziehen, dann ist wenigstens eine der zwei Linien einer Kreuzung magnetisch.

Mache es dir auch hier zur Gewohnheit, so einfach wie möglich zu arbeiten, also zunächst einmal die Räume als Rechteck modellieren und erst später die Details einzeichnen. Ich habe das beispielsweise mit der Gästetoilette und dem Kamin in Bild 5.18 so gemacht.

Die Hilfslinien kannst du am Ende mit dem Befehl FÜHRUNGEN LÖSCHEN im Menü BEARBEITEN komplett entfernen.

Modelliere die weiteren Räume in gleicher Weise und erzeuge im nächsten Schritt die benötigten Fenster- und Türöffnungen. Ob du die Türen, Fenster und andere Bereiche mit Komponenten ausstattest, ist Geschmackssache. Beim 3D-Druck stören die kleinen Details eher, als dass sie helfen.

Bild 5.17 Durch Nachzeichnen der Hilfslinien entsteht Stück für Stück der exakte Grundriss des ersten Stocks.

Bild 5.18 Die Details wie die Gästetoilette und der Kamin werden erst nach dem Erstellen der Räume modelliert.

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TIPP: Bei den großen Fenstern in der Vorderfront habe ich einen kleinen Trick angewandt, um sie schnell und einfach gleich groß zu bekommen. Ich habe zum Ausrichten der Rechtecke in der Höhe die Linie markiert, habe dann mit der Pfeil-nach-oben-Taste die Verschiebung auf die Senkrechte beschränkt und bin mit der Maus quer auf das andere Fenster gefahren, um dort die Höhe „abzunehmen“.

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Den ersten Stock gruppierst du ebenfalls. Das geht ganz einfach, wenn du mit Strg-A alles markierst und dann mit gedrückter Umschalttaste das Erdgeschoss wieder abwählst. Nun führst du wieder Rechtsklick auf die Auswahl aus und wählst Gruppieren.

Die Modellierung des Dachgeschosses überlasse ich dir. Verwende eine clevere Kombination aus Hilfslinien und Linien, um die beiden Giebelwände zu erzeugen. Mit dem Befehl Achsen kannst du das Koordinatensystem auch auf die Dachschräge setzen, wenn du einen 90-Grad-Winkel am First konstruieren möchtest. Setze für die Räume einen Klotz dazwischen, auf den du wieder den Grundriss zeichnest und dann die Flächen bis aufs Bodenniveau schiebst.

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HINWEIS: Pass auf, dass du das Koordinatensystem wieder genau auf die Kanten des Hauses zurücksetzt. Ich hatte einen winzigen Versatz drin, der dazu führte, dass am Ende die Wände im Dach nicht zu 100 % rechtwinklig waren und sich die Türen nicht durchstoßen ließen.

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5.7 STL-Export für den 3D-Druck und Datenaufbereitung in 3D Builder

Die Dachflächen lassen wir bewusst weg, da diese beim 3D-Druck sehr viel Stützmaterial erforderlich machen würden. Für Modelleisenbahn-Häuschen findest du im Handel fertig geprägte Dachverkleidungsplatten, die du auf das 3D-gedruckte Modell setzen kannst. Auch den Balkon bauen wir aus Konstruktionsplatten und Holzstäben für die Säulen. Ich habe für Balkon und „Dekomaterial“ sowie für das Dach zwei weitere Gruppen erstellt.

Im Standard-Lieferumfang kann SketchUp keine STL-Dateien lesen und schreiben. Du musst also spätestens jetzt das STL-Plug-in installieren. Dazu klickst du auf den Button EXTENSION WAREHOUSE und suchst im folgenden Fenster nach „STL“. Klicke auf SKETCHUP STL und dann auf INSTALL (Bild 5.19). Danach besitzt dein SketchUp-Programm Import- und Exportschnittstellen für STL.

Bild 5.19 Hier steht auf dem Installationsbutton für das STL-Plug-in Uninstall statt Install, weil ich dieses schon geladen habe.

Speichere das Modell unter einem neuen Namen, der beispielsweise mit …_3DDruck endet. Lösche nun alle Fenster und Türen, denn diese stören beim 3D-Druck. Außerdem soll das Häuschen später beleuchtet werden. Deshalb muss durchscheinendes Material hinter die Fensteröffnungen geklebt werden.

Für den 3D-Druck brauchen wir STL-Modelle aller Stockwerke. Diese erhältst du, wenn du – nachdem du die gewünschte Stockwerkgruppe aktiviert hast – im Menü DATEI den Punkt EXPORTIERE STL… anwählst (Bild 5.20). Nun öffnet sich ein Optionsfenster, in dem du den ersten Punkt Export selected geometry only aktivierst. Die Einheit stellen wir auf „Millimeter“, das Dateiformat auf ASCII. Mit dem Export in Millimetern wissen wir im nächsten Schritt, dem Import in 3D Builder, welche Einheiten wir definieren müssen.

Die entstehende Datei würde jeden 3D-Drucker überfordern, da sie das Stockwerk in Originalgröße enthält. Das Skalieren auf den H0-Maßstab für die Modelleisenbahn erledigt am einfachsten das in Windows enthaltene Programm3D Builder. Lade das Modell in 3D Builder und klicke zunächst auf den Menüpunkt Importieren, um die Bearbeitung zu ermöglichen. Hierbei legst du die Einheiten auf Millimeter fest, um dieselbe Größe zu erhalten wie beim SketchUp-Export definiert. Am unteren Bildschirmrand klickst du nun auf den dritten Button von Links, um das Modell auf H0 zu skalieren. Die Skalierungsfunktion erlaubt die Eingabe eines Endmaßes in Millimeter oder eines Skalierungsfaktors in Prozent. 1:87 bedeutet einen Skalierungsfaktor von 0,0 114 942, was gerundet 1,15 % entspricht. Vergiss nicht, das Schlosssymbol umzustellen, um alle drei Dimensionen identisch zu skalieren (Bild 5.21).

Bild 5.20 Der Export für den 3D-Druck klappt stockwerkweise mit dem Häkchen in der ersten Auswahl des Exportfensters.

Bild 5.21 Vergiss nicht, beim Skalieren die Dimensionen zu sperren, damit die Seitenverhältnisse erhalten bleiben.

Das Modell ist, wie man in der Infoleiste von 3D Builder sehen kann, nun ungefähr 167 × 183 × 31 mm groß. Nun passt es in die meisten Drucker. Am Ende kannst du das Modell wieder als STL exportieren – jetzt in der richtigen Größe. Die schiefe Orientierung kommt übrigens davon, dass SketchUp sein Hauptkoordinatensystem nach Norden ausrichtet und mein Haus nicht rechtwinklig zu den Windrichtungen steht.

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TIPP: Ich musste nach dem ersten 3D-Druck feststellen, dass das Modell im Verhältnis zu anderen H0-Modellhäuschen viel zu groß ist. Etwas Recherche ergab, dass die für die Modellbahn gedachten Hausbausätze in sehr viel kleinerem Maßstab im Bereich von 1:90 bis 1:110 gehalten sind, weil wirklich maßstabsgerechte Gebäude viel zu viel Platz erfordern würden. Sogar viele Bahnwagen sind in der Länge eher 1:100 als 1:87.

Wenn du also dein Haus in eine Modelleisenbahnlandschaft stellen möchtest, mache zunächst mit Zeichnungen oder Pappdummys einen Test auf der Anlage, um herauszufinden, wie groß das Haus sein muss, um zum Restensemble zu passen. Im nächsten Schritt kannst du das Modell dann entsprechend verkleinern. 3D Builder zeigt ja vor dem Skalieren die Größe des STL-Modells an. Daran kannst du dich orientieren.

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5.8 Sortieren und schalten in SketchUp

Für die Nutzung als virtuelles Inneneinrichtungsmodell wäre es schön, wenn man jedes Stockwerk einzeln ein- und ausblenden könnte. Dies geht auch tatsächlich mit dem Dialog Gliederung in der Ablage. Zu Beginn des Projekts hatte ich diesen Dialog in die Ablage Steuerung verlegt. Ansonsten gelangst du zum Dialog, indem du mit der rechten Maustaste auf die Fensterleiste der Ablage rechts klickst und dort unter ABLAGEN VERWALTEN bei Gliederung ein Häkchen setzt.

Hier sollten nun – wenn du wie ich vier Gruppen erstellt hast – vier Elemente mit dem Namen Gruppe und ein Element namens Location Snapshot zu sehen sein. Wenn du ein Gruppenelement nach dem anderen anklickst, kannst du sie im Modell identifizieren und per Rechtsklick umbenennen. Dazu musst du die jeweilige Gruppe allerdings erst entsperren. Auch das lässt sich über das Kontextmenü erledigen (Bild 5.22).

Ob eine Gruppe gesperrt oder entsperrt ist, siehst du an den Symbolen vor dem Gruppennamen. Ein graues Rechteck mit schwarzem Schloss kennzeichnet eine gesperrte Gruppe, ein schwarzes Rechteck eine entsperrte. Entsperrte Gruppen lassen sich nun im Kontextmenü ausblenden. Dann wird der Name grau und kursiv dargestellt. Einen Nachteil hat das Ausblenden: Die ausgeblendeten Gruppen werden auch in der Sonnensimulation nicht mehr berücksichtigt. Die Sonne scheint also zur Decke hinein, wenn das darüber liegende Stockwerk ausgeblendet ist.

Bild 5.22 Rechts im Gliederungsdialog lassen sich Gruppen ein- und ausblenden sowie umbenennen.

Übrigens tauchen in der Gliederung als Untergruppen auch die Fenster und Türen auf, denn die eingesetzten Komponenten sind nichts anderes als Gruppen. Mit Komponenten – diesmal in Form von Möbeln – geht’s nun auch in Abschnitt 5.9 weiter.

5.9 SketchUp für den Innenarchitekten

Wie bereits angekündigt, wollen wir uns nun der Einrichtung des Hauses zuwenden. Dazu nutzen wir die Vielfalt des 3D Warehouse, das eine fast unendliche Auswahl an Möbeln und Einrichtungsgegenständen bereithält. In der Komponenten-Bibliothek finden sich sowohl Einzelmöbel als auch Sammlungen, die von anderen Anwendern modelliert und zusammengestellt wurden. Das bedeutet auch, dass die Qualität der Modelle sehr schwankt. Teils stimmt der Maßstab nicht, teils ist ein „Vergleichsmännchen“ dabei, teils stimmt die Ausrichtung nicht.

Zum Auswählen von Komponenten öffnest du den entsprechenden Dialog in der Standard-Ablage. Dort findest du ein Suchfeld, in welchem du die gewünschten Möbel suchen kannst. Dabei lohnt es sich, neben der deutschen Bezeichnung auch die englischen Begriffe auszuprobieren. So findet sich unter „Ikea Lack Birke“ kein einziger Eintrag, unter „Ikea Lack Birch“ dagegen ganze 23 Einträge.

Je nachdem, wohin du bei einem Eintrag klickst, werden verschiedene Aktionen ausgelöst. Klickst du auf das Vorschaubild, wird die Komponente direkt in dein Modell geladen und du kannst sie platzieren (Bild 5.23). Ein Klick auf den blau dargestellten Namen der Komponente öffnet ein neues Fenster mit zusätzlichen Informationen. Dort findest du auch die Hinweise „Andere Modelle, die Sie interessieren könnten“ und „Sammlungen mit diesem Modell“ mit ähnlichen Objekten. Das hilft beim Suchen anderer Elemente einer Möbelserie.

Bild 5.23 Ein komplett und realistisch ausgestattetes Wohnzimmer ist schnell zusammengeklickt.

Hast du ein schönes Objekt gefunden, kann es sich lohnen, auf den grün dargestellten Namen des Autors der Komponente zu klicken, vielleicht hat der Autor ja weitere, ebenso sorgfältig modellierte Komponenten veröffentlicht. Ein User namens „Nina S.“ hat zum Beispiel eine Vielzahl von Komponenten aus dem Ikea-Programm modelliert, es lohnt sich, hier hineinzuschauen (Bild 5.24).

Nach dem Herunterladen hängt die Komponente am Mauszeiger und kann positioniert werden. Dabei erkennt SketchUp unter anderem den Boden und zeigt dies durch den Hinweis Auf Fläche in Gruppe, wenn die Komponente auf dem Boden – der ja zur Gruppe „1. Stock“ gehört – aufliegt. Mit den üblichen Verschiebe- und Drehwerkzeugen lässt sich die Komponente danach genauer positionieren. Berührst du eine Fläche des blauen Quaders, der die Komponente umschließt, tauchen rote Griffe auf, mit denen sich das Modell drehen lässt. So kannst du das Modell sehr frei positionieren und drehen. Du kannst jede Komponente per Doppelklick öffnen und ändern und auf diese Weise beispielsweise das erwähnte „Vergleichsmännchen“ herauslöschen.

Bild 5.24 Manche SketchUp-User bieten Dutzende qualitativ hochwertiger Modelle an.

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TIPP: Spätestens beim Einrichten des Modells lohnt sich die Anschaffung einer 3D-Maus, wie sie in Kapitel 2 beschrieben wurde. Sie ermöglicht es, sehr einfach im Raum zu navigieren und die Möbel zu positionieren.

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5.10 Ein Spaziergang durch das Haus

Wenn du fertig mit dem Einrichten bist, solltest du einen Spaziergang durchs Haus machen und dabei die Sonneneinstrahlung beurteilen. Dazu nutzen wir den Schatten-Dialog und die Tools Kamera positionieren, Gehen und Umschauen.

SketchUp berechnet anhand der geografischen Lage und Ausrichtung den Sonnenstand und daraus wiederum die Sonneneinstrahlung. Da die Sonne im Tages- und Jahreslauf wandert, sind natürlich auch noch ein Datum und eine Uhrzeitangabe notwendig. Diese kannst du im Schatten-Dialog in der Standard-Ablage einstellen. Erweitere den Dialog mit einem Klick auf das schwarz-weiße Symbol oben rechts. Nun kannst du den Schatten Auf Flächen einschalten (Bild 5.25). Mit der Option Auf Boden wirft das Haus einen Schatten auf die Google Earth-Oberfläche.

Bild 5.25 Um 16:00 Uhr im Oktober fällt Sonne auf den Fernseher. Dieser sollte also etwas anders gestellt werden.

Wie schon in Kapitel 2 erwähnt, arbeiten CAD-Systeme (und damit auch SketchUp) mit einem Kameramodell. Die Darstellung auf dem Bildschirm ist so, wie es eine Kamera von einer bestimmten Stelle aus sehen würde. Rotieren auf dem Bildschirm bedeutet nicht, dass sich ein Objekt vor deinem Auge dreht, sondern dass dein Auge beziehungsweise die Kamera um einen Punkt vor dir schwenkt und das Objekt umkreist. Die Bildschirmansicht entspricht also immer einer ganz bestimmten Position im Raum. Genau das macht sich der Walk Through-Modus von SketchUp zunutze.

Mit dem Tool Kamera positionieren im Menü KAMERA stellst du die Startposition der Kamera ein. Klicke auf eine Fläche (sinnvollerweise den Zimmerboden), dann siehst du im Eingabefeld die Augenhöhe. In der aktuellen Version bezieht sich diese allerdings seltsamerweise auf den Erdboden statt auf deine Augenhöhe. Die stellt man mit dem Gehen-Tool besser ein. Interessant ist das Positioniertool allerdings, wenn du einen ganz bestimmten Blickwinkel einnehmen willst. Dazu klickst du beispielsweise auf den Kopf der Figur, deren Stelle du einnehmen möchtest, und ziehst bei gedrückter linker Maustaste eine Linie zu dem Objekt, das du ansehen möchtest. Dann wird die Kamera genau so positioniert, dass du entlang dieser Linie schaust. Dies kannst du beispielsweise nutzen, um die Sicht vom Sofa auf den Fernseher zu zeigen (Bild 5.26). Nachdem die Kamera positioniert ist, nimmt diese den neuen Ort ein und das Tool schaltet auf Umschauen um.

Bild 5.26 Mit einer Mausbewegung legst du eine Blickachse vom Sofa auf den Fernseher fest.

Jetzt wird es in der dreidimensionalen Vorstellung kompliziert: Das Tool Umschauen belässt die Kamera an ihrem Ort, dreht sie aber. Bewegst du die Maus, dreht sich die Kamera in die gewünschte Richtung. In Verbindung mit dem Tool Gehen macht das Sinn. Klicke mit der rechten Maustaste in das Bild und wähle Gehen aus (alternativ steht der Befehl auch im KAMERA-Menü zur Verfügung). Der Cursor verändert sich zu zwei Schuhen. Klicke nun irgendwo ins Bild und halte die Maustaste gedrückt. Es erscheint ein Kreuz. Je weiter du den Mauszeiger von diesem Kreuz entfernst, desto schneller geht es in diese Richtung – wobei oberhalb des Kreuzes „nach vorn gehen“ bedeutet, unterhalb des Kreuzes bewegst du dich nach hinten.

Alternativ kannst du dich über die Maustasten bewegen. Das ist oft einfacher zu steuern. Im Gehen-Modus kannst du übrigens nicht durch Wände gehen. Das führt manchmal zu seltsamen Situationen, wenn du dich in einer Ecke „verkeilst“. Schaue mal in die Statusleiste. Dort steht nun rechts im Eingabefeld Augenhöhe und die Höhe über dem aktuellen Boden. Tippst du eine Zahl ein – wie üblich ohne Aktivieren des Felds –, kannst du die Augenhöhe genau auf deine Größe einstellen.

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TIPP: Denk dran! Deine Augen sind nicht oben auf deinem Kopf. Ziehe von deiner Körpergröße etwa zehn bis zwölf Zentimeter ab, um realistische Blickwinkel zu erhalten.

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Gehen bedeutet also ein Bewegen der Kamera in der waagerechten Ebene. Wenn du im Gehen-Modus die mittlere Maustaste drückst, wechselt SketchUp in den Umschauen-Modus. Das ist also genau so, als ob du stehen bleiben und nur noch den Kopf drehen würdest. Hast du das einmal richtig verstanden, wird die Navigation im Hausmodell ganz natürlich funktionieren. Du kannst nun herumgehen, den Sonnenlichteinfall beobachten, Wände umfärben und die Wirkung beurteilen (nicht vergessen: mit rechter Maustaste GRUPPE ENTSPERREN wählen und dann GRUPPE BEARBEITEN aktivieren) – wie in einem realen Haus, nur dass die Änderungen viel einfacher rückgängig zu machen sind (Bild 5.27).

Damit sind wir am Ende dieses Projekts angelangt. Du hast nun gelernt, wie man sehr schnell ein Hausmodell mit SketchUp erstellen und im Anschluss ein reales ein 3D-Druck-Objekt herstellen kann. Ich habe das Modell bewusst einfach gehalten. Wenn du dein Haus mit Schnörkeln und Details verfeinern möchtest, hast du nun das notwendige Rüstzeug dafür. Alles andere ist Fleiß und Übung. Viel Spaß dabei!

Bild 5.27 Die rote Wand ist etwas heftig, oder? Gut, dass wir das am virtuellen Modell getestet haben, bevor wir die Farbe kauften.

5.11 Exkurs: ein Hausmodell aus zwei Fotos erstellen

Anstatt 3D-Modelle aus dem Nichts zu erschaffen, bietet SketchUp noch eine weitere Möglichkeit, 3D-Modelle zu erzeugen – und zwar per Fotogrammetrie. Dazu benötigst du lediglich zwei Bilder des Hauses, die in der Verlängerung zweier gegenüberliegender Ecken aufgenommen wurden. Das Haus sollte so fotografiert sein, dass die beiden sichtbaren Seitenwände möglichst im gleichen Winkel abgebildet sind, sonst wird der Winkel für eine der beiden Wände schnell zu steil (Bild 5.28).

Bild 5.28 Ein fast optimaler Standpunkt – negativ sind nur die harten Schlagschatten des Dachs und die Büsche, die den unteren Rand des Hauses verdecken.

Dies ist auch schon das größte Problem: In der Innenstadt wird es kaum möglich sein, diese zwei Bilder zu machen, ohne Autos, Straßenlaternen oder anderes im Vordergrund zu haben (Bild 5.29). Trotzdem wollen wir die Fotoversion ausprobieren, denn sie eignet sich beispielsweise auch für die Duplizierung von Modellbahngebäuden.

Die Funktionsweise ist schnell erklärt, aber schwer verständlich: Wenn man weiß, wo der Horizont ist und auf jeder Fläche zwei Linien findet, die im Original parallel sind, im Bild aber aufeinander zulaufen, kann man die Fluchtpunkte des Bildes konstruieren. Diese liegen auf dem Kreuzungspunkt von Horizont und der Verlängerung der Linien im Bild. Der Horizont zeigt dabei die Höhe an, die die Kamera in Bezug auf das Objekt eingenommen hat.

Auf Basis der Fluchtpunkte lässt sich dann die Verzerrung des Bildes und daraus wiederum die dreidimensionale Form des fotografierten Objekts berechnen. SketchUp verzerrt dann die Bildteile so, dass sie wieder auf die Geometrie passen, und nutzt sie als Texturen.

Bild 5.29 Wegen eines Baums hat es nicht geklappt, das Haus sauber von der Ecke zu fotografieren. Das wird uns noch Schwierigkeiten machen.

Die einfachere Version: Es funktioniert, und zwar umso besser, je genauer man die Linien am Objekt platziert und je genauer das Bild so aufgenommen wurde wie vorangehend beschrieben.

Um an dein Hausmodell zu gelangen, gehst du wie folgt vor: Starte SketchUp und lade ein neues, leeres Projekt. In der Standard-Ablage findest du den Dialog Mit Foto abgleichen. Alternativ findest du die Funktion auch im Menü KAMERA. Arbeitest du mit dem Dialog, musst du das Pluszeichen im Kreis drücken. Dann kannst du das erste Foto laden. Wähle das bessere der Bilder aus, dann wird es später einfacher.

Nun erscheinen das Foto und ein wilder Wust aus Linien und Gitternetzen (Bild 5.30). Um eine bessere Übersicht zu bekommen, kannst du im Dialog den Punkt Gitter von Ein (dann sind die Gitter immer sichtbar) auf Autom. stellen. Jetzt erscheinen die Gitter nur beim Verschieben der sogenannten Achsenleisten. Darunter sind die wichtigen Einstellungen Stil und Ebenen angeordnet. Mit Stil stellst du ein, wie das Foto zu verstehen ist: Handelt es sich um eine Innenansicht, ein Foto von oben oder vor dem Gebäude? Wir stellen natürlich den dritten Punkt Außerhalb ein. Die Ebenen-Einstellung schaltet die Gitter ein, welche die grüne, rote und blaue Ebene visualisieren. Aktiviere die beiden senkrechten Ebenen Rot/Blau und Grün/Blau, denn diese sollen ja später auf den Wandflächen des Hauses liegen. Mit Abstand stellst du die Gitterweite ein. Das ist für die Skalierung des Hauses sehr praktisch.

Über dem Bild siehst du den Nullpunkt des Koordinatensystems mit den Achsen und jeweils zwei rote und grüne Achsenleisten. Dies sind die gestrichelten Linien mit Anfassern am Ende. Die gelbe, waagerechte Linie ist der Horizont. Ziehe den Nullpunkt auf das untere Ende der dir zugewandten Hausecke. Dabei verformen sich die Gitter und die Achsen, die den Nullpunkt mit den Fluchtpunkten verbinden, bewegen sich mit.

Bild 5.30 Das sieht wild aus! Links und rechts des Fotos sind die noch nicht passenden Fluchtpunkte zu sehen.

Beim Anklicken des gelben Quadrats, das den Nullpunkt darstellt, wird der Mauszeiger zu einer weißen Hand mit ausgestrecktem Zeigefinger. Berührst du eine der Achsen, erscheinen waagerechte Pfeile, die zeigen, dass du hier die Achsen skalieren kannst. Der Horizont zeigt Pfeile nach oben und unten und kann nur in der Höhe verschoben werden.

Nun kannst du beginnen, die Ebenen an das Foto anzupassen. Dazu verschiebst du die Achsenleisten so, dass sie möglichst genau einer der fliehenden Kanten im Foto folgen. Ich habe für die roten Linien die Dachkante und die Kante zwischen Erdgeschoss und erstem Stock gewählt, auf der anderen Ebene die Fenstersimse. Je genauer du das machst, desto besser wird das Ergebnis am Ende aussehen (Bild 5.31).

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TIPP: Nutze die Zoomfunktion mit dem Scrollrad der Maus, um ganz nah an die Anfasser der Achsenleisten heranzugehen, und drücke das Scrollrad, um den sichtbaren Bildausschnitt zu verschieben.

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Nimm dir Zeit und setze die Achsenleisten erst grob an die gewünschte Stelle. Zoome dann auf die Anfasser, um die Leiste so genau wie irgend möglich zu positionieren. Hier kommt es wirklich auf höchstmögliche Genauigkeit an. Schiebe die Horizontleiste so, dass sie der Kamerahöhe beim Fotografieren entspricht – und ja, dabei verschieben sich die Achsenleisten wieder. Zupfe sie wieder an die gewünschten Stellen. Das ist ein langwieriger, iterativer Prozess. Wenn man ein Teil bewegt, bewegt man alle anderen mit, bis es irgendwann passt. Habe Geduld! Ich habe alleine für diese eine Perspektive mehr als eine halbe Stunde Zeit benötigt (Bild 5.32).

Bild 5.31 Hier ist extrem genaues Arbeiten gefragt. Die Zoomfunktion hilft beim genauen Positionieren.

Bild 5.32 Nicht genau genug: Die Achsenleiste liegt nicht exakt entlang des Fenstersimses. Das muss genauer positioniert werden.

Und wann passt es? Ein guter Anzeiger ist die blaue Achse. Sie sollte genau auf der dir zugewandten Kante des Hauses liegen. Für die Feinsteinstellung am Ende kannst du natürlich auch so an den Achsleisten zupfen, dass die blaue Achse die Kante genau trifft. Am Ende sollte jedenfalls die blaue Achse wie beschrieben liegen, die rote und grüne Achse folgen der Kante zwischen Haus und Boden – wenn der Boden waagerecht ist. Solltest du das erreicht haben, dann speichere unbedingt ab. Es wäre schade, all diese Arbeit zu verlieren.

Messe jetzt ein Fenster in Höhe und Breite ab. Ich habe das untere Fenster auf der rechten, „grünen“ Seite gewählt, dessen äußere Öffnung 1,48 m breit und 1,28 m hoch ist. Tippe den Wert in das Feld Abstand ein, dann ändert sich das Gitter entsprechend und du kannst an der grünen Achse die Skalierung so verstellen, dass die Gitterbreite der Fensterbreite entspricht. Gib dann die 1,28 m ein und überprüfe den Höhenmaßstab (Bild 5.33). Sobald alles zur vollen Zufriedenheit passt, klickst du im Dialog auf FERTIG. Die Hilfslinien verschwinden nun.

Bild 5.33 Nun passen alle Linien, Fluchtpunkte und Skalierfaktoren.

Nun geht’s ans Zeichnen. Wähle das Linienwerkzeug und zeichne die Giebelseite nach. Dabei ist mir ein seltsames Verhalten aufgefallen: SketchUp versucht ja, eigene Logik in die Zeichnungsfunktion einzubringen, also beispielsweise die Zeichenebene zu erraten. Beim Umzeichnen der Giebelwand fing SketchUp den Giebelpunkt immer auf der roten Achse, sodass sich kein flaches Fünfeck ergab, sondern das obere Giebeldreieck nach vorn kippte (Bild 5.34).

Ich musste am Ende erst ein Rechteck zeichnen, dessen obere Linie ich leicht knickte, um einen Anfasspunkt in der Mitte der Linie zu erhalten, und dann in einem zweiten Schritt, wenn alle Punkte auf einer Ebene liegen, die Linien am Foto ausrichten. Das Foto ist nur in einer Perspektive zu sehen. Verschwindet es, weil du die Kamera bewegst, kannst du auf den Reiter unterhalb der Buttonleiste klicken. Dann bewegt sich die Kamera an den Fotostandort und das Foto erscheint wieder.

Sobald die Fläche dem Umriss der Giebelwand entspricht, schiebst du die Fläche nach hinten, um einen Block zu erzeugen, der der Grundform des Hauses entspricht. Auch hier kannst du dich in der Tiefe nach dem Foto richten. Wenn du dir das Modell jetzt genau anschaust und die Winkel der Längsseiten nachmisst, wirst du feststellen, dass diese nicht genau senkrecht stehen, denn so genau kann niemand zeichnen. Es ist aber wichtig, später zum Durchbrechen der Fenster genau parallele Flächen zu haben. Verlege deshalb bitte das Koordinatensystem an jede Hausecke und richte die Kante zwischen Längswand und Dachfläche möglichst genau an der blauen Achse aus, bis die Flächen exakt senkrecht stehen.

Bild 5.34 Mist, das ging daneben! Die Giebelfläche ist abgekippt.

Dann ziehst du das Foto als Textur auf das 3D-Modell, indem du im Dialog Mit Foto abgleichen den Button TEXTUREN VOM FOTO PROJIZIEREN anklickst. Wenn dein Modell wie meines an einer Stelle über das Foto hinausragt, splittet die Abfrage im folgenden Fenster Teilweise sichtbare Flächen stutzen beim Bejahen die Flächen auf. Da wir das nicht wollen, wählen wir hier Nein aus. Wenn du nun das Modell drehst, verschwindet zwar das Foto, nicht aber die Textur auf der Oberfläche des Hausmodells. Und sie ist so verzerrt beziehungsweise entzerrt, dass die Fenster, die vorher ja „hinten“ niedriger waren als „vorn“, rechteckig sind. Das sieht natürlich etwas seltsam aus, die Umrisse sind aber klar erkennbar und könnten nun genutzt werden, um die Fenster als Rechteck nachzuziehen und nach innen zu schieben (Bild 5.35).

Bild 5.35 Das Foto ist entzerrt und als Textur auf das 3D-Modell aufgebracht.

Vorher wollen wir aber noch das zweite Foto auf die anderen Seiten aufbringen. Dazu müssen wir das Koordinatensystem auf die gegenüberliegende Ecke verlegen und die rote und grüne Achse entlang der Unterkanten des Hauses platzieren. Dann wählst du den Menüpunkt MIT NEUEM FOTO ABGLEICHEN und lädst das zweite Foto. Im nächsten Schritt folgt wieder das langwierige Abgleichen der Fluchtpunkte – mit dem Unterschied, dass jetzt schon ein 3D-Modell vorhanden ist und sich beim Anpassen mitbewegt.

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TIPP: Auf diese Weise lässt sich natürlich auch ein bestehendes 3D-Modell nachträglich mit Texturen vervollständigen.

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Mein Foto ist, wie anfangs erwähnt, nicht gut geeignet für die Fotogrammetrie, da die beiden Hausflächen sehr unterschiedlich groß abgebildet sind. Deshalb ist es hier nahezu unmöglich, das Foto und das Modell tatsächlich genau übereinander gelegt zu bekommen (Bild 5.36). Für die Zwecke, schnell ein buntes Häuschen zu erstellen, reicht es dennoch. Natürlich könnte man noch weitere Fotos aus anderen Perspektiven einbauen und deren Texturen auf die schlecht fotografierten Seiten legen.

Bild 5.36 Das passt so einigermaßen. Die zweite Fotografie konnte nicht von der richtigen Stelle aus aufgenommen werden und lässt sich nicht exakt anpassen.

Nun projizierst du auch auf dieser Seite die Texturen wie vorangehend beschrieben auf das Objekt. Alle Seiten bis auf eine Dachhälfte sind nun mit Texturen belegt, allerdings ist eine Giebelseite sehr stark verzerrt. Doch das macht beides nichts, weil die Texturen ja nur zum Positionieren der Details dienen.

Im nächsten Schritt höhlen wir das Modell aus. Zeichne dazu einen Versatz mit 18 cm Abstand auf die Unterseite des Hauses und schiebe die Fläche so weit, bis sie beginnt, sich mit den Dachflächen zu verschneiden. Ziehe die Fläche nun ein kleines Stück zurück. Zeichne eine Linie auf die Innenfläche parallel zum Dachfirst und schiebe diese Linie nach oben. Du merkst, dass du zu weit bist, wenn die Flächen sich verformen. So erhalten wir natürlich keine exakte Geometrie, das macht aber für den 3D-Druck nichts. Wichtig ist nur, dass die senkrechten Flächen parallel sind.

Und nun ist wieder Fleißarbeit angesagt: Fenster nachzeichnen, durchschieben und Details modellieren (Bild 5.37).

Am Ende exportierst du das 3D-Modell als STL und kannst es drucken (Bild 5.38). Zum Verzieren schlage ich vor, dass du das Haus nochmals frontal von allen Seiten fotografierst, skalierst, das Foto in einer Bildbearbeitung entzerrst und die Bilder dann ausdruckst. Diese kannst du nun außen auf das 3D-Druck-Häuschen kleben.

Oder du bemalst das 3D-Druck-Teil einfach. Viel Spaß mit deinem neuen Modelleisenbahn-Haus!

Bild 5.37 Stück für Stück werden Rechtecke über die Fenster gezeichnet und die Flächen nach innen geschoben, bis Löcher entstehen.

Bild 5.38 Nun hast du aus zwei Fotos ein dreidimensionales digitales Modell erstellt. Herzlichen Glückwunsch!