Gentile Bellini (1429-1507)
Obwohl Gentile Bellini die Prinzipien der Perspektive ziemlich eigenwillig anwendete und in gewissen Einzelheiten sogar den gotischen Gestaltungsprinzipien treu blieb, brachte er es zum ersten Staatsmaler Venedigs.
1479 sandte die Seerepublik den Künstler an den Hof Mohammeds II. nach Konstantinopel, denn der Sultan wollte sich von dem besten Porträtisten Venedigs malen lassen. Ein Bildnis Mohammeds II. befindet sich heute in der National Gallery von London; es zeigt den Herrscher mit rotem Mantel und weißem Turban, dessen blutloses Gesicht mit den müden Augen und dem gierigen Mund viel Sinnlichkeit verrät.
Gentile Bellini verdanken wir die ersten authentischen Stadtansichten von Venedig, die noch heute einen unvergleichlichen, märchenhaften Zauber ausüben. In seinem Hauptwerk „Errettung des Wahren Kreuzes aus dem Wasser“ (Galleria dell’Accademia → S. 199) schildert Gentile ein perfekt inszeniertes Szenario mit aufmerksamen und disziplinierten Zuschauern, die die ihnen zugewiesenen Plätze an einem venezianischen Kanal nach strenger hierarchischer Ordnung eingenommen haben und die wie in einem modernen Theater das Parkett, die Ränge und die Logen besetzt halten und ihre Aufmerksamkeit auf die in den Mittelpunkt des Bildes gerückte wundersame Errettung der Reliquie richten. Auf einem anderen Bild, „Prozession auf dem Markusplatz“ (ebenfalls in der Galleria dell’Accademia), dient die Markuskirche als Kulisse für eine festliche Prozession. Auf dieser detailgenauen Ansicht sind mit größter Genauigkeit auch die später verloren gegangenen Außenmosaiken an der Fassade von San Marco wiedergegeben.