Kapitel 3

Ordervarianten – und wie man sie richtig verwendet

In diesem Kapitel stelle ich Ihnen die wichtigsten und gebräuchlichsten Orderarten vor. Basis für eine Preisfeststellung sind Angebot und Nachfrage – also Kauf- und Verkaufsorders, die von den Anlegern aufgegeben werden. Orderarten gibt es in unterschiedlichen Varianten – Preisvarianten, Zeitvarianten und Volumenvarianten – und sie können kombiniert werden.

In Sachen Orderarten hat sich in den letzten Jahren einiges getan. Orderarten, die lange Zeit nur im Forex- oder Futureshandel verwendet werden konnten, haben nun Einzug in die klassische Parkettbörse und damit den Wertpapierhandel gefunden. Auch bei Aktien und Zertifikaten können Sie an einigen Wertpapierbörsen und mit einigen Brokern mit Trailing-Stops, OCO oder anderen Ordervarianten arbeiten.

Mit welchen Orderarten Sie traden können, hängt zunächst einmal davon ab, welche Ihr Broker anbietet – der eine bietet mehr, der andere weniger Varianten an.

Setzen Sie sich intensiv mit der Funktionsweise der verschiedenen Orderarten auseinander. Übung macht den Meister: Üben Sie die korrekte Ordererfassung im Demokonto. Sie können das natürlich auch mit echtem Geld im echten Konto durchziehen, aber eine falsche Ordereingabe kann durchaus Geld kosten. Sinn und Zweck der verschiedenen Orderarten ist es, je nach Marktlage und Strategie die »richtige« Orderart für den »richtigen« Einstieg oder Ausstieg zu wählen.

Die möglichen Orderarten und Orderzusätze lassen sich unterteilen in:

image Varianten hinsichtlich des Preises

image Varianten hinsichtlich der Ordergültigkeit, bezogen auf die Zeit

image Varianten hinsichtlich des Volumens

Preisvarianten

Ordervarianten hinsichtlich des Preises werden am häufigsten verwendet: Die Market-Order ohne preisliche Limitierung, bei der Limit-Order geben Sie den Preis vor, zu dem Sie kaufen oder verkaufen wollen, und mit einem Stop-Loss sichern Sie eine bestehende Position gegen Verluste ab.

Verluste begrenzen: Stop-Loss-Order

Egal ob Sie die perfekte fundamentale oder technische Analyse für einen Wert erstellt haben, durch unvorhersehbare Ereignisse kann Ihre Analyse Makulatur werden. Der Kurs bewegt sich in die andere als von Ihnen prognostizierte Richtung. Bedenken Sie: Banken, die sich verspekulieren, werden vom Staat gerettet – Sie nicht! Ein Stop-Loss sichert Ihr Konto vor dem Ruin, mit dieser Orderart begrenzen Sie Ihre Verluste. Denn:

Beim Trading können Sie nur eine Größe beeinflussen: Ihren maximalen Verlust!

Wie funktioniert ein Stop-Loss? Ein Stop-Loss (= SL) dient der Verlustbegrenzung, kommt also dann zur Anwendung, wenn der Kurs sich für Sie negativ entwickelt. Sie müssen der Tatsache ins Auge sehen, dass sich die Kurse nicht immer in die von Ihnen präferierte Richtung bewegen!

Wie Sie den Stop-Loss geschickt einsetzen, kann man ganz gut mit Candlestickcharts veranschaulichen (mehr dazu in Kapitel 9):

image Sind Sie long, liegt der Stop-Loss unterhalb des aktuellen Preises.

Sie haben beim Scannen verschiedener Aktien eine Aktie in einem intakten Aufwärtstrend entdeckt, die seit einigen Tagen seitwärts verläuft. Nach Ihrer Strategie gehen Sie long, wenn ein höheres Hoch über der Seitwärtsbewegung ausgebildet wird. In Abbildung 3.1 sind zwei Candlestickcharts dieser Aktie abgebildet. Links die Situation mit der Seitwärtsbewegung. Sie legen knapp über das Hoch der Seitwärtsbewegung einen Stop-Buy. Den Stop-Loss legen Sie unter das Tief der langen weißen Kerze, die die Seitwärtsbewegung eingeläutet hat. Der rechte Chart zeigt, wie dann Ihre Longposition einen Tag später eingestoppt wurde und die Aktie in den Folgetagen auch steigt. Aber dann, ein paar Tage später, wurde Ihre Position mit einer schwarzen Monsterkerze ausgestoppt. Die Aktien werden verkauft, weil der Kurs unter Ihren Stop gefallen ist. Größere Verluste können Sie so vermeiden.

Abbildung 3.1: Schema Stop-Loss bei einer Long-Position, Chart erstellt mit ProRealTime

image Sind Sie short, liegt der Stop-Loss oberhalb des aktuellen Preises.

Nach Ihrer Strategie gehen Sie short, wenn ein tieferes Tief ausgebildet wird. In Abbildung 3.2 sind zwei Candlestickcharts einer Aktie abgebildet. Die Aktie hat eine lange schwarze Kerze (1) ausgebildet, gefolgt von zehn „gemischten” Kerzen, alle innerhalb der Handelsspanne dieser ersten langen schwarzen Kerze. Nach diesen vielen Inside-Candles wird erneut eine lange schwarze Kerze (2) ausgebildet. Sie legen einen Stop-Sell unter das Tief der ersten langen schwarzen Kerze und einen Stop-Loss über das Hoch der zweiten langen schwarzen Kerze. Der rechte Chart zeigt, wie Sie zwei Tage später eingestoppt werden, aber so richtig nach unten geht es nicht. Ein paar Tage später wird Ihre Short-Position ausgestoppt. Die Aktien werden gekauft, weil der Kurs über den Stop gestiegen ist. Auch in diesem Fall vermeiden Sie so größere Verluste.

Abbildung 3.2: Schema Stop-Loss bei einer Short-Position, Chart erstellt mit ProRealTime

Ein Stop-Loss muss erst von einem Bezahlt-Preis – also einer Preisfeststellung mit Umsatz – angetriggert und zu einer Market-Order umgewandelt werden, bevor er ausgeführt werden kann. Das kann dazu führen, dass der tatsächlich abgerechnete Preis nicht mit Ihrem Stop-Loss-Preis übereinstimmt.

Das Allerwichtigste bei einem Stop-Loss ist: Setzen Sie ihn! Nicht mental – das klappt nicht. Legen Sie ihn an die Börse, dann kann Ihnen der Rechner abstürzen, der Bagger das Strom- oder Telefonkabel zerfetzen oder Sie können ein Nickerchen machen. Läuft der Preis in die andere Richtung, ist Ihr Verlust begrenzt und Ihr Konto vor dem Ruin gesichert.

Kaufen oder verkaufen, wenn – Stop-Buy/Stop-Sell

Ein Stop-Buy ist eine limitierte Kauforder. Mit dem Limit definieren Sie den Preis, oberhalb dessen gekauft werden soll. Auf den ersten Blick erscheint das nicht sinnvoll, da teurer gekauft wird. Aber schauen Sie sich den Chart in Abbildung 3.4 an. Die Aktie befindet sich in einer Seitwärtsbewegung. Sie gehen davon aus, dass die Aktie vor einem Ausbruch nach oben steht. Sie legen eine Kauforder bei 60,50 Euro in den Markt – und zwar als Stop-Buy-Order. Sobald der Preis der Aktie über die obere Begrenzung der Seitwärtsbewegung ausbricht, wird die Stop-Buy-Order in eine Market-Order umgewandelt. Zum nächsten Preis werden dann die Aktien gekauft – Sie wurden in den Markt eingestoppt.

Abbildung 3.4: Stop-Buy am Beispiel einer Aktie aus dem DAX, Chart erstellt mit ProRealTime

Wenn Sie davon ausgehen, dass die Aktie die Seitwärtsbewegung nach unten verlassen wird, lassen Sie sich mit einem Stop-Sell in den Markt einstoppen. Schauen Sie sich Abbildung 3.5 an. Das Gold bewegt sich seitwärts zwischen 1.440 und 1.480 US-Dollar je Feinunze. Ihre Marktmeinung ist Short. Also legen Sie einen Stop-Sell bei 1.439 US-Dollar in den Markt. Sobald dieser Preis erreicht wird, wird die Stop-Sell-Order in eine Market-Order umgewandelt und zum nächsten Preis gehen Sie short im Gold.

Abbildung 3.5: Stop-Sell am Beispiel von Gold, Chart erstellt mit ProRealTime

Intelligente Ordervarianten

Als »intelligent« werden kombinierte Orders bezeichnet. Damit können Sie zum Beispiel sonntagabends eine Kauforder aufgeben und wenn diese ausgeführt worden ist, wird automatisch der Stop-Loss und der Take-Profit platziert.

Bis vor wenigen Jahren war es an einer Präsenzbörse nicht möglich, eine Position zweimal zu »verbraten«: Sie mussten sich entscheiden, ob Sie die Position gegen Verluste mit einem Stop-Loss absichern oder ob Sie einen Take-Profit eingeben.

Eine nach der anderen: If done

Mit der If-done-Variante können Sie eine ganze Serie von Orders eingeben, die voneinander abhängen. Nehmen Sie nochmals das Beispiel von Gold (siehe Abbildung 3.6):

image Die erste Order ist der Stop-Sell bei 1.439 US-Dollar Euro.

image Der Stop-Loss bei 1.490 US-Dollar und der Take-Profit bei 1.400 US-Dollar werden als OCO miteinander verknüpft.

image Der Stop-Buy wird mit der OCO als »if done« verknüpft.

Übersetzt heißt das: Sobald die Gold Short-Position eingestoppt wurde (= if done), wird die OCO aktiviert. Je nachdem, welches Preisniveau zuerst erreicht wird – der Stop-Loss bei 1.490 US-Dollar oder der Take-Profit bei 1.400 US-Dollar –, wird diese Order ausgeführt und die andere gelöscht.

Wenn Sie eine Position – gleichzeitig – durch einen Stop gegen Verluste absichern und mit einer Limit-Order die Gewinne sichern, nennt sich das auch Bracket-Order.

Ordervarianten gibt es jede Menge. In diesem Kapitel habe ich Ihnen nur eine repräsentative Auswahl vorgestellt. Die drei elementaren Varianten sind die Market-Order, die Limit-Order und der Stop-Loss. Noch bevor Sie eine Position eröffnen müssen Sie sich Gedanken über den maximal tolerierbaren Verlust machen. Schützen Sie Ihr Kapital und setzen Sie immer einen Stop-Loss!

Insbesondere bei den miteinander kombinierten Orders sollten Sie das Handling in einer Demoversion Ihrer Handelsplattform üben!

Abbildung 3.6: Verknüpfung von drei Orders mit if done und OCO, Chart erstellt mit ProRealTime

Wann welche Orderart? Strategien

Verwirrt? Bei so vielen verschiedenen Orderarten ist das kein Wunder.

Hier einige Tipps, wie Sie die »richtige« Order für eine konkrete Situation auswählen:

Long-Position

Erster Schritt: Sie wollen sich long in einem Markt positionieren, bei unserem Beispiel die Daimler-Aktie kaufen:

image Jetzt sofort und gleich: Kaufen Sie über die Market-Order.

image Die Aktie ist Ihnen jetzt zu teuer, Sie spekulieren auf einen Rücksetzer: Sie geben eine limitierte Kauforder mit einem Preis unter dem aktuellen Preis ein. Sobald die Daimler-Aktie auf Ihr Limit gefallen ist, wird die limitierte Kauforder ausgeführt. Bei der Limit-Order müssen Sie auch Angaben zur Ordergültigkeit machen. Erwarten Sie den Rücksetzer am selben Tag? Dann tagesgültig. Geben Sie dem Rücksetzer ein paar Tage Zeit, dann zum Beispiel bis zum Monatsende.

image Die Aktie verläuft seitwärts und Sie möchten warten, bis der Widerstand nach oben durchbrochen wird: Sie wählen den Stop-Buy, wobei der Preis über dem aktuellen Preis der Daimler-Aktie liegt. Auch beim Stop-Buy müssen Sie Angaben zur Ordergültigkeit machen. Tagesgültig oder zum Beispiel bis Ultimo?

Zweiter Schritt: Die Daimler-Aktie ist gekauft und in Ihrem Depot.

image Zuerst sichern Sie die Long-Position mit einer Stop-Loss-Order gegen Verluste ab. Das ist dann eine Verkaufsorder. Das Limit des Stop-Loss liegt unterhalb des aktuellen Preises der Daimler. Achten Sie beim Stop-Loss auch auf die Ordergültigkeit! Ein »GTC« ist eine gute Wahl.

image Dann bestimmen Sie ein Kursziel in Gewinnrichtung, bei der Long-Position über Ihrem Einkaufspreis und auch über dem aktuellen Kurs, um Ihre Gewinne zu sichern und mitzunehmen. Sie geben eine limitierte Verkaufsorder ein mit einem Preis über dem aktuellen Kurs. Achten Sie auch hier bitte auf die Ordergültigkeit.

image Diese beiden Orders – der Stop-Loss und die limitierte Verkaufsorder – verknüpfen Sie als OCO. Wird die eine ausgeführt, wird die andere automatisch gelöscht.

image Alternative: Anstatt die Position mit einem statischen Stop-Loss gegen Verluste abzusichern und mit einer ebenso statischen limitierten Verkaufsorder die Gewinne mitzunehmen, verwenden Sie einen Trailing-Stop. Dafür wählen Sie einen Stop-Loss-Level unterhalb des aktuellen Preises und die Schrittgröße, mit der der Stop dann dynamisch nachgezogen wird. Solange sich die Daimler-Aktie nach oben bewegt, wird der Stop nun automatisch nachgezogen. Mit einer einzigen Order können Sie Ihre Verluste begrenzen und die Gewinne mitnehmen. Auch beim Trailing-Stop bietet sich ein »GTC« für die Ordergültigkeit an.

Dritter Schritt: Überprüfen Sie die eingegebenen Orders auf ihre Richtigkeit! Und zwar regelmäßig. Vielleicht wird die eine oder andere Order – aus welchem Grund auch immer – gelöscht. Nicht dass Ihre Position dann ohne Stop ist!

Vierter Schritt: Wurden Orders ausgeführt, prüfen Sie die übrig gebliebenen auf Plausibilität und nehmen gegebenenfalls Löschungen vor.

Short-Position

Erster Schritt: Sie haben einen Chart von EUR/USD analysiert und sind der Meinung, dass der Euro gegen den US-Dollar fallen wird:

image Jetzt sofort und gleich: Verkaufen Sie über die Market-Order.

image Sie spekulieren auf einen Rücksetzer im Währungspaar: Sie geben eine limitierte Verkaufsorder ein, wobei der Preis über dem aktuellen Kurs von EUR/USD liegt. Sobald EUR/USD auf Ihr Limit gestiegen ist, wird die limitierte Verkaufsorder ausgeführt. Bei der Limit-Order müssen Sie auch Angaben zur Ordergültigkeit machen. Erwarten Sie den Rücksetzer am selben Tag? Dann tagesgültig. Geben Sie dem Rücksetzer ein paar Tage Zeit, dann zum Beispiel bis zum Monatsende.

image Das Währungspaar verläuft seitwärts und Sie möchten warten, bis die Unterstützung nach unten durchbrochen wird: Sie wählen den Stop-Sell, wobei der Preis unter dem aktuellen Preis von EUR/USD liegt. Auch beim Stop-Sell müssen Sie Angaben zur Ordergültigkeit machen. Tagesgültig oder zum Beispiel bis Ultimo?

Zweiter Schritt: EUR/USD ist verkauft und eingebucht.

image Zuerst sichern Sie die Short-Position mit einer Stop-Loss-Order gegen Verluste ab. Das ist dann eine Kauforder. Das Limit des Stop-Loss liegt oberhalb des aktuellen Preises von EUR/USD. Achten Sie beim Stop-Loss auch auf die Ordergültigkeit! Ein »GTC« ist eine gute Wahl.

image Dann bestimmen Sie ein Kursziel in Gewinnrichtung, bei der Short-Position unter Ihrem Einkaufspreis und auch unter dem aktuellen Kurs, um Ihre Gewinne zu sichern und mitzunehmen. Sie geben eine limitierte Kauforder ein, der Preis liegt unter dem aktuellen Kurs. Auch hier achten Sie bitte auf die Ordergültigkeit.

image Diese beiden Orders – der Stop-Loss und die limitierte Kauforder – verknüpfen Sie als OCO. Wird die eine ausgeführt, wird die andere automatisch gelöscht.

image Alternative: Anstatt die Position mit einem statischen Stop-Loss gegen Verluste abzusichern und mit einer ebenso statischen limitierten Kauforder die Gewinne mitzunehmen, verwenden Sie einen Trailing-Stop. Dafür wählen Sie einen Stop-Loss-Level oberhalb des aktuellen Preises und die Schrittgröße, mit der der Stop dann dynamisch nachgezogen wird. Solange EUR/USD fällt, wird der Stop nun automatisch nachgezogen. Mit einer einzigen Order können Sie Ihre Verluste begrenzen und die Gewinne mitnehmen. Auch beim Trailing-Stop bietet sich ein »GTC« für die Ordergültigkeit an.

Dritter Schritt: Überprüfen Sie die eingegebenen Orders regelmäßig auf ihre Richtigkeit. Wenn die eine oder andere Order gelöscht wird, steht sie vielleicht plötzlich ohne Sicherung und ohne Stop da.

Vierter Schritt: Wurden Orders ausgeführt, prüfen Sie die übrig gebliebenen auf Plausibilität und nehmen gegebenenfalls Löschungen vor.

Orderlöschung

Auch dem versiertesten Trader ist es schon mal passiert, dass er eine Order »vergessen« hat. Entweder vergessen einzustellen oder eine eingestellte Order vergessen, die dann auf einmal ausgeführt wird. Um dem entgegenzuwirken, haben sich Checklisten bewährt; mehr dazu in Kapitel 12.

Eingestellte Orders können aber auch von Amts wegen gelöscht werden. Wenn Sie mit Aktien handeln, sollten Sie sich immer darüber informieren, wann die Hauptversammlung stattfindet. Laufende Aufträge werden in der Nacht vor Dividendenausschüttung gelöscht, denn am nächsten Handelstag nach der Hauptversammlung notiert die Aktie ex D (siehe auch Ka­pitel 2).

Bei Dividendenzahlung, sonstigen Ausschüttungen, der Einräumung von Bezugsrechten, Kapitalveränderungen oder Aktiensplits werden alle preislich limitierten Aufträge mit Ablauf des letzten Handelstages inklusive dieser Rechte an der Börse gelöscht!

Die EU und die Vereinheitlichung vieler Gesetze macht uns Bürgern der EU das Leben nicht unbedingt leichter. Seit dem 01.01.2017 hat sich der Zahlbarkeitstag für Dividenden der deutschen Unternehmen geändert. Hintergrund ist die Vereinheitlichung des Wertpapiergeschäftes innerhalb der EU und die damit verbundene Änderung des § 58 Aktiengesetz. Ab diesem Jahr sind Dividenden inländischer Unternehmen am dritten Bankarbeitstag nach der Hauptversammlung fällig. Unverändert bleibt jedoch der Zeitpunkt für die Dividendenberechtigung. Dieser ist bei Handelsschluss am Tag der jeweiligen Hauptversammlung. Aber um die Verwirrung doch noch etwas größer zu machen, gibt es beim Dividendenabschlag beim Aktienkurs keine Änderung. Die Aktie wird weiterhin am ersten Handelstag nach der Hauptversammlung ex Dividende gehandelt.

Abbildung 3.7: Preisverlauf der Daimler-Aktie vom 28.02.2017 bis zum 04.05.2017 im Tageschart. Chart erstellt mit ProRealTime

Wie sich das jetzt mit dem Dividendenabschlag und mit der Dividendenausschüttung genau verhält habe ich Ihnen in den Chart der Daimler Aktie (Abbildung 3.7) für den relevanten Zeitraum 2017 eingezeichnet. So ein Dividendenabschlag macht sich in der Regel auch im Chart bemerkbar.

Die Daimler Hauptversammlung fand am Mittwoch, den 29.03.2017 statt. Auf der Hauptversammlung wurde der Beschluss gefasst, je Aktie eine Dividende von 3,25 Euro auszuschütten. Am nächsten Handelstag, Donnerstag, den 30.03.2017, notierte die Aktie dann ex Dividende. Im Chart macht sich der Dividendenabschlag durch ein Down Gap bemerkbar: der Schlusskurs am Mittwoch lag bei 72,36 Euro, am Donnerstag ging es dann mit einem Eröffnungskurs bei 69,56 Euro weiter. Macht eine Differenz von 2,80 Euro. Alle, die am Tag der Hauptversammlung, also am Mittwoch, Daimler Aktien in Ihrem Depot gehalten haben, haben dann am dritten Bankarbeitstag nach der Hauptversammlung – in diesem Fall war das Montag der 03.04.2017 – die Dividendengutschrift erhalten. Und in der Nacht von der Hauptversammlung zum ex Dividenden-Tag wurden die Orderbücher gelöscht.

In diesem Chart ist die Daimler-Aktie als Candlestickchart auf Tagesbasis dargestellt. Jede Kerze (Candle) bildet den Preisverlauf eines Tages ab. Wie Sie einen Candlestickchart interpretieren, erfahren Sie in Kapitel 9.

Doch noch ein paar Sätze zur Orderlöschung: Wieso das so ist?

Nun, wenn Sie eine Aktie zum Zeitpunkt X ordern, sind in dem Wertpapier Nebenrechte enthalten. Dazu zählt zum Beispiel die Dividendenausschüttung. Damit der Anleger nicht von der Ausübung der Nebenrechte überrascht wird, werden die Orders vor Ausübung der Nebenrechte gelöscht. Sie mögen jetzt einwenden, dass das bei einer Dividendenausschüttung von »nur« 3,25 Euro, das waren bei der Daimler-Aktie knapp 5 Prozent Dividendenrendite, harmlos ist, aber in Abbildung 3.8 sehen Sie ein besonders krasses Beispiel der Ausübung von Nebenrechten und deren Auswirkungen auf den Aktienpreis, das Verhalten der Altana-Aktie im Mai 2007.

Abbildung 3.8: Preisverlauf der Altana-Aktie vom 2.1.2007 bis zum 31.7.2007 im Wochenchart, Chart erstellt mit Tai-Pan

Am 3.5.2007 schloss die Altana-Aktie bei 47,10 Euro (SK = Schlusskurs, der letzte Preis des Tages). Am 4.5.2007 lag die Eröffnung bei 16,99 Euro (EK = Eröffnungskurs, der erste Preis des Tages). Das macht eine satte Differenz von 30,11 Euro – einfach so über Nacht pulverisiert? Nein, nicht ganz: Das Nebenrecht in diesem Fall war die Ausschüttung einer Sonderdividende von 33,00 Euro, hinzu kamen die reguläre Jahresdividende von 1,30 Euro sowie eine Bonusdividende von 0,50 Euro. Macht in der Summe eine Gesamtdividende von 34,80 Euro je Aktie für die Aktionäre. Die Sonderdividende resultierte aus dem Verkauf eines Geschäftsfeldes, der Verkaufserlös wurde an die Aktionäre ausgeschüttet.

Dieses Beispiel zeigt zweierlei:

1.Die Orderlöschung vor Anwendung von Nebenrechten macht Sinn.

2.Bevor Sie in eine Aktie investieren, sollten Sie sich zumindest kurz über die aktuelle, fundamentale Lage des Unternehmens informieren. Zum Beispiel wann die nächste Hauptversammlung ansteht, ob die Ausschüttung einer Sonderdividende geplant ist oder gar ein Aktiensplit ansteht. Was ein Aktiensplit ist, erfahren Sie in Kapitel 16.

Einen weiteren wichtigen Termin bezüglich Orderlöschung sollten Sie sich unbedingt merken: Es ist der 31. Dezember jeden Jahres. An diesem Tag werden sämtliche Orders von der Börse gelöscht. Haben Sie zum Beispiel eine Aktienposition mit einer Stop-Loss-Order abgesichert, so müssen Sie diese zum ersten Börsenhandelstag eines jeden Jahres neu eingeben.