Der Juni verzaubert alle Wesen mit der Süße des Lebens. Überall erblühen Blumen und Blüten, die Bienen fliegen eifrig umher und sammeln für den Honig. Der Vollmond im Juni trägt dementsprechend auch den Namen „Honigmond“. Während erste Früchte reifen und viele Heilkräuter gerade nur so vor Wirkkraft strotzen, entfaltet sich der Sommer. Insbesondere in der Mittsommerzeit um den 20. bis 24. Juni sind eine ganze Reihe an Bräuchen rund um die Kräuter bekannt.45 In diesem Linding, Rosenmond oder Liebesmond fanden auch allerlei Orakel mit Blüten und Kräutern statt.
Auch „Brachmond“ oder „Brachet“ sind Namen für den Juni, die daran erinnern, dass in der Dreifelderwirtschaft nun das Brachfeld beackert wurde. Die alten Bezeichnungen „Sommermond“ und „Sonnenmonat“ weisen hingegen klar auf die Sonne, den Sommer, auf Licht und Helligkeit (auch Trockenheit) hin. Genau wie die Natur im Außen können wir in dieser Zeit in unserem Inneren wachsen und uns mehr und mehr zum Licht hin ausrichten – und dazu auch alles zu uns nehmen, was bisher brachgelegen hat. Dazu bekommen auch die Bewusstseinsrituale in der Natur eine gewisse spielerische Leichtigkeit, denn dadurch, dass es gerade so hell wie sonst nie im Jahreslauf ist und die Sonne mit ihrer großen Strahlkraft absolut alle (dunklen) Ecken beleuchtet, ist es gerade die beste Zeit, allem (auch der Schwere im Leben) mit Leichtigkeit und tänzerischer Hingabe zu begegnen.
Vorbereitung und Materialien
Das achtsame Journaling dazu, was in dir zu den Themen dieses Monats auftaucht, kannst du gern bei dir zu Hause machen. Bringe da in aller Ruhe zu Papier, was dich gerade umtreibt. Für die beiden folgenden Rituale bitte ich dich jedoch nach draußen, um ganz viel Sonne als Wachstumsenergie zu tanken und dich mit der süßen, summenden, bunten Natur tief verbunden zu fühlen.
Nutze gern wieder die folgenden Impulsfragen:
–Was erfreut dein Herz? Was bringt dich zum Lachen?
–Wo stellst du dein Licht noch unter den Scheffel? Und wo kannst du den Scheffel über deinem Licht getrost wegnehmen?
–Wo bzw. bei wem kannst du ganz und gar du selbst sein?
–Was in deinem Leben steht dem entspannten Sein, Genießen, Leichtigkeit und Lachen im Wege?
–Wo wünschst du dir mehr Buntheit oder „Süße des Lebens“?
–Wann bist du frei und entfaltest dich wie ein Schmetterling?
–Was könnte dein erster (gern auch winziger) Schritt in diese Richtung sein?
–Was lässt dich jederzeit Licht, Wärme und Geborgenheit spüren?
Was wir in dieser Zeit des Sonnwendmonats erkennen, während die Welt süß duftet und wir Leichtigkeit atmen, können wir umso entspannter in die Monate nach dem „Wendert“ (ein weiterer Name für den Juni) einbringen. Zum Wenden und spielerischen Ent-Wirren dient auch dieses Neumond-Ritual, damit du voller Freude ins Strahlende hineintanzen kannst.
„Ziele nach dem Mond. Selbst wenn du ihn verfehlst, wirst du zwischen den Sternen landen.“
FRIEDRICH NIETZSCHE
Du benötigst für das Ritual eigentlich keine besonderen Materialien, „nur“ dich selbst und einen für dich passenden Ort in der Natur, an dem du ungestört viel Platz zur Verfügung hast (und ggf. etwas, um Musik abzuspielen, wie dein Smartphone oder einen anderen MP3-Player mit Box).
Schön sind aber natürlich wie immer auch ein paar biologisch abbaubare Gaben für den Ritualort, die du im Anschluss als Dank zurücklassen kannst.
ALLTAGSZAUBER-TIPP
Wenn du dein Ritual intensivieren möchtest und viel Zeit zur Verfügung hast (oder du das Ritual auch – passend zur Zeitqualität – gesellig mit anderen gemeinsam erleben magst), so empfehle ich dir, eine richtig große Spirale aus Steinen zu legen. Dies ist besonders schön an einem Ort, an dem du die Steine liegen lassen darfst und die Spirale nach und nach durch wiederkehrendes Zelebrieren zu einem ganz eigenen Kraftort für deine Weiblichkeit wird.
Ihr könnt den ganzen Tag gemeinsam – oder du allein in inniger Verbindung mit allen dich umgebenden Wesen – draußen verbringen und zunächst auf euren Medizingängen (siehe dazu die Anleitung auf S. 47 f. im Kapitel „Immerwährendes Naturritual – die Medizinwanderung“) mittelgroße Steine suchen. Sie alle werden an eurem Ritualplatz zusammengetragen und schließlich für das Ritual zu einer Spirale ausgelegt, in der man problemlos gehen kann (also ausreichend Platz zwischen den Spiralstein-Kurven besteht). Baue auch gern ein Tor für den Eintritt in und den Austritt aus dieser Spirale, indem du z. B. zwei längere Stöcke suchst und etwas schräg geneigt in die Erde steckst, sodass sie sich oben berühren. Die Stöcke dürfen gern lang genug sein, damit du dann noch zwischen den beiden Stöcken hindurch in deine Spirale hineingehen oder zumindest hindurchkrabbeln kannst (Letzteres erinnert vielleicht ein wenig an eine Schwitzhütte und die damit verbundene Neugeburtsstimmung). So erschaffst du dir einen sinnbildlichen Übergang und vertiefst dein Erleben.
Es kann zudem ein Sonnenaltar in Wertschätzung an die Kraft der Sonne am Ritualplatz gelegt werden. Auch Blumenkränze und Blumenkronen zu wickeln oder aus blühenden Pflanzen Gürtel zu flechten, um die Fruchtbarkeit in sich zu mehren, können wunderbare Ergänzungen sein und hier spielerisch zu einem Teil des Ritualtages werden.
Jetzt ist genau die richtige Zeit, um dich auf die heiligen Rhythmen der Natur auszurichten, genau wie alle anderen Wesen in deinem strahlendsten Seelenkleid zu tanzen und das einzigartige Lied deiner Seele zu singen – und all diese Energie für dein Wirken in der Welt zur Verfügung zu haben.
Falls sich doch eine gewisse Schwere, Müdigkeit, vielleicht Verwirrung oder Schatten bei dir bemerkbar machen, kannst du all das nun im wahrsten Sinne „wenden“ und damit wieder ganz bei dir ankommen.
„Die trommelnde Priesterin war die Vermittlerin zwischen göttlicher und menschlicher Sphäre. Indem sie sich an heiligen Rhythmen orientierte, fungierte sie als Beschwörerin und Wandlerin, die göttliche Energie anrief und sie an die Gemeinschaft weitergab.“46 —LAYNE REDMOND
Du kannst zu einer Mondpriesterin für dich selbst werden, die alle wesentlichen Rhythmen und Zyklen wieder voll in ihr Leben integriert, und zugleich zu einer Sonnenpriesterin für dein lebendiges Wachstum. Tanze dich in die Sphären der heiligen Rhythmen hinein und lass dabei alles Schwere oder Neblige los, um in die zweite Jahreshälfte unbelastet einzutauchen. Tanze zugleich den Sommer in diese nun wieder dunkler werdende Zeit hinüber, auf dass er dir innerlich mit all seiner Kraft und Leichtigkeit noch lange zur Verfügung steht. Auch wenn in unseren Breiten oftmals noch zwei oder gar drei sommerliche Monate folgen, können wir in diesem Monat den „Samen“ des Sommers am besten säen, sie dann über die folgenden Monate in uns aufgehen und noch lange nach Ende des Sommers in unseren Herzen erblühen lassen.
•Kreiere dir auf deine Weise einen heiligen Raum, in dem du ungestört ausreichend Zeit für deine Zeremonie hast. Gehe dazu am besten in die freie Natur (oder nutze den Boden deines Zimmers als Verbindung zum Erdboden und webe dich darüber in die tieferen Schichten der Erde ein).
•Rufe gern wie immer alle hilfreichen Kräfte hinzu, die dir nun wichtig sind (Elemente, Ahnen, Spirits, Krafttiere, Geistführer, Göttinnen und Götter usw.) und dich in deinem Anliegen unterstützen können.
•Spüre dich ein. Lege dafür deine Hände auf die Erde. Spüre eine Weile dem Herzschlag der Erdmutter nach. Spüre, wie dieser Herzschlag und dein eigener sich verbinden, wie sie gemeinsam und doch individuell schlagen.
•Setze dann deine Intention: „Ich lasse nun los, was mir nicht länger dienlich ist. Ich bin bereit, alles zu empfangen, was mir hilft, meine volle Kraft zu empfangen.“ (Nutze gern diese Worte oder formuliere die Intention auch gern in deinen eigenen Worten, ausgehend von dem, was dich heute eben bewegt.) Visualisiere, wie nun alles, was du loslassen möchtest, über deine Handflächen in die Erde abfließt, und spüre dem nach. Lass alles los, was dich belastet, einschränkt, hindert, kleinhält …
•Spiele eine (archaische Trommel-)Musik ab (oder musiziert alle gemeinsam mit Trommeln, Rasseln und Gesang), die dich dabei unterstützt, nun aufzustehen und alles von dir abzuschütteln, was dir zuvor vielleicht durch den Kopf gegangen ist. Schüttele im Stehen noch einmal deine Hände ganz intensiv Richtung Boden aus, auch deine Füße und Beine, deine Schultern, deinen Kopf (hier bitte Vorsicht mit der Halswirbelsäule), dein Becken usw. Schüttele so nach und nach alles ab.
Lass all die Energien, die du übers Jahr in dir angesammelt hast, nun energetisch und auch ganz körperlich los. Bringe dich in Bewegung und verändere damit deine gesamte Energie. Tanze, und wenn du magst, lass dabei auch alle Töne frei, die aus deiner Kehle herausdrängen – so seltsam diese sich auch anhören mögen, alles ist willkommen.
•Wenn du so weit bist, durchschreite bewusst dein Tor (ob materiell in Form der Stöcke oder von dir visualisiert, beides ist hilfreich).
•Tanze dann einmal in die Spirale hinein (sofern du eine aufgebaut hast; ansonsten betritt symbolisch durch das Tor diesen heiligen Spiralraum und tanze aus dir heraus eine Spirale, die einfach so geschieht, sich entfaltet).
ALLTAGSZAUBER-TIPP 1
Es macht einen Unterschied, in welche Richtung deine Spirale sich dreht. Eine nach links drehende Spirale (gegen den Uhrzeigersinn) steht für eine Innenwendung, hin zu sich selbst, hin zur eigenen/heiligen Mitte. Es ist eine Einwärtsbewegung, die nach kurzem Innehalten dort zu einer Auswärtsbewegung wird, die rechts drehend (im Uhrzeigersinn) der Spur des Lebens folgt, die zu kraftvollem Neubeginn führt (mehr zur generellen Symbolik einer Spirale findest du ab Seite 152).
„Während ich tanze, kann ich nicht urteilen, ich kann nicht hassen, ich kann mich nicht vom Leben trennen. Ich kann nur fröhlich und ganz sein. Das ist der Grund, warum ich tanze.“ —DEM BALLETTTÄNZER HEINZ BOSL ZUGESCHRIEBEN
Falls dir gar nicht nach einem wilden, durchrüttelnden Tanz ist oder dieser (körperlich) gerade nicht möglich sein sollte, kannst du stattdessen auch trommeln oder noch besser: dich „abtrommeln“ lassen (wenn du eine Trommel besitzt und dich jemand dabei unterstützt) und dann in die Spirale hinein und wieder hinaus tänzeln oder gehen – was immer dir möglich ist.
•Halte in der Mitte der Spirale, sozusagen ihrem „Auge“ oder inneren Kern, inne. Lege erneut deine Hände auf den Erdboden und lass auch all das abschließend abfließen, was nun aufgerüttelt wurde.
Wenn du spürst, dass alles abgeflossen ist, auch die letzten Reste, dann erhebe dich und tanze gegenläufig von der Mitte ausgehend wieder die Spirale – hinaus ins Leben.
Heiße dich selbst willkommen. Durchschreite wieder (symbolisch und dabei immer auch ganz real) das Tor und bringe deine volle Strahlkraft ins Leben. Nimm dich gern selbst in den Arm und danke dir selbst. Tanze erneut so ausgelassen, frei und fröhlich, wie du magst. Lass einfach geschehen, was dir jetzt guttut. (Das Ganze kann hier in ein dazugehöriges ausgelassenes Sommerfest übergehen oder:)
•Wenn du spürst, dass alles getan ist, alle Energie, die dir nicht mehr dienlich ist, gewichen ist und du aufgeladen bist mit allem, wonach dir gerade war, komm zur Ruhe. Spüre nach – gern im Sitzen, mit beiden Beinen fest verwurzelt auf dem Erdboden stehend oder liegend und dem Getragensein von Mutter Erde nachspürend. Wähle die Position, die für dich jetzt stimmig ist.
Spüre dir selbst nach in dieser tief verbundenen Ruhe.
An welchem Punkt in deinem Leben stehst du gerade?
Was wünschst du dir für die kommende Jahreshälfte?
Schreibe all das auf, was dir dazu einfällt …
•Nimm dir zum Abschluss dann gern noch die Zeit, daraus deine Neumond-Wünsche auszuformulieren und diese einmal laut vorzulesen, sodass alle Ahnen, guten Geister, Spirits, gern auch Zwerge oder Feen (also „das Kleine Volk“), … einfach alle, die für dich passend erscheinen und die dich unterstützen können, dich hören können.
•Sprich ein paar Worte des Dankes zum Abschluss und hinterlasse eine kleine (biologisch abbaubare) Gabe von dir in der Natur (oder auf deinem Altar zu Hause) und schließe deinen heiligen Raum auf deine Weise.
Nicht vom Leben getrennt zu sein, sondern es lebendig zu umarmen – voll und ganz –, das wünsche ich dir und uns allen. Der Junimond bietet dir nahezu täglich eine wunderbare warme Sommernacht als Gelegenheit für einen innigen Tanz mit dir, mit deiner Seele, dem Leben selbst. Wann immer du dich von dir oder dem Leben getrennt fühlst – spüre dem zarten (vielleicht auch manchmal schmerzhaften) Sehnen deines Herzens nach und nähre dein inneres Wissen: Du bist ganz sicher in den Armen von Mutter Erde gehalten und in der geöffneten Hand Gottes/der Göttin geborgen. In deinem Atem, in deinem Blut, in all deinen Zellen – in dir –pulsiert das Leben. Genau wie in mir. Wir können gar nicht getrennt sein … und uns doch von Zeit zu Zeit genau so fühlen. Lass dich von den Sonnenstrahlen an dein Strahlen erinnern.
Hintergrundwissen zur Symbolkraft und der Bedeutung der Spirale
In diesem Monat taucht die Spirale in beiden Ritualen auf, und daher möchte ich dir zu diesem uralten weiblichen Symbol ein wenig mehr vermitteln.
In einer Zeit, in der sehr viel mehr Tierbevölkerung als Menschen unterwegs waren, in wilder ursprünglicher Landschaft und ungebändigter Natur in allen Wesen, musste man stets auch auf der Hut sein vor Ungewissheit, vor plötzlichen Gefahren (durch wilde Tiere) oder dem Tod durch fehlende Nahrung oder fehlendem Schutz vor der Witterung. In jener Zeit vor Zehntausenden von Jahren entstanden wohl aus dem elementaren menschlichen Bedürfnis, sich auszudrücken und in dem gesamten Geschehen zu verorten bzw. dem Ungewissen, Numinosen oder Unerklärlichen anzunähern, Höhlenmalereien und Felsbilder (Petroglyphen) mit der Darstellung wichtiger Symbole und ritueller Handlungen.47 Etymologisch findet sich in dem Wort „Symbol“ sowohl das griechische Verb symballein = „zusammenwerfen, zusammentragen“) als auch das griechische Nomen symbolon = „Merkmal, Kennzeichen“, das zu dem lateinischen symbolum wurde. Wir können heute vielfach aus den alten Überlieferungen nur mehr die Bruchstücke „zusammenwerfen“ und dabei hoffen, die „Zeichen zu erkennen“.
In Ritualen wird die Kraft der Spirale wieder spürbar und kann auch von dir ganz achtsam tief erspürt werden, wenn du dem Zeit und Raum geben magst.
„Wenn die Seele das Symbol erforscht, wird sie zu Vorstellungen geführt, die jenseits des Zugriffs des Verstandes liegen.“ —CARL GUSTAV JUNG
Ein Weg, mit deiner Seele ein Symbol zu erforschen und damit zu wirken, kann das Wandeln oder Tanzen darin sein (wie im obigen Neumond-Ritual beschrieben). Außerdem kann dies über ausführende Handlungen geschehen, wie im folgenden Vollmond-Ritual. Auch das Einbinden in sogenannte Gebild-Gebäcke (siehe im Kapitel zum Monat August, auf den Seiten 192 ff., und zum November auf den Seiten 240 ff.) und das rituelle „Einverleiben“, das Zeichnen der Symbole, z. B. in Sand oder auf Papier, sind weitere Möglichkeiten, um die Seele ganz intuitiv im Wirken das Symbol „erschmecken“ zu lassen und sich immer näher heranzutasten.
Spiralen finden sich häufig in Höhlen und tauchen oft an Megalith-Kultur-Stätten auf, die mit der Wintersonnenwende oder Sommersonnenwende in Verbindung stehen. Entsprechend gelten Spiralen, Kreise und Drehwirbel oft als Zeichen der Sonne. Hier sollen sie Bewegungen des Gestirns widerspiegeln oder mit den Bögen und Windungen als Fortbestand des Lebens und des Lebendigen gelten. Letzteres trifft auch auf die Spiralen zu, die an Quellen gefunden wurden: Sie verbinden mit den Wassern des Lebens. Für mich persönlich zeigt sich immer wieder, dass die Spirale uns (sowohl in der Verbindung zur Sonne, und damit zu Feuer und Wärme, als auch in der Verbindung zu lebensspendendem Wasser und der Qualität des Fließens) mit elementar wichtigen Lebenskräften verbindet und uns damit lebendig hält und nährt.
Gestalte dieses Ritual möglichst spielerisch und frei für dich. Dazu mag ich auch nicht zu viel vorgeben, denn letztlich ist mein tiefer Wunsch für dich, dass du immer mehr von deiner Intuition und Naturverbundenheit geleitet wirst und von da ausgehend deine Rituale selbst gestaltest. Du kannst dies entweder als Alltagsritual gemeinsam mit deiner Familie und Freund*innen erleben oder auch allein für dich, du kannst es üppig rituell ausschmücken oder ganz gesellig im Tun versinken. Was immer sich gerade stimmig anfühlt.
Ich gebe dir hier dafür ein paar Hintergrundinformationen an die Hand, aus denen du alles jeweils zusammensetzen oder dich auch einfach nur inspirieren lassen kannst.
Materialien
Da die Wirkkraft der meisten Heilkräuter nun am höchsten ist und seit jeher im Juni viele Kräuterrituale stattfanden, wäre ein Buch zu Naturritualen ohne die Anleitung für das Binden von Kräuterbuschen/Räuchersticks48 nicht komplett.
Du benötigst dafür Heilkräuter, Baumwollfaden (ohne Synthetikanteil) und eine Schere.
•Sammle Heilkräuter deiner Wahl. Bitte recherchiere hier zunächst verantwortungsbewusst zu den Kräutern, die du verwenden möchtest, und stelle (ggf. durch professionelle Beratung) sicher, dass sie keine Kontraindikationen zu einer derzeit bestehenden Schwangerschaft oder einer Erkrankung und Medikamenteneinnahme aufweisen. Zudem empfehle ich dir von Herzen, die Kräuter selbst zu sammeln oder auf biologisch angebaute Kräuter zurückzugreifen, um in naturspirituellen Ritualen wertschätzend und nachhaltig mit der Erde und ihren Kindern umzugehen.
•Lege dir diese in kleinen Büscheln zurecht.
•Nimm dann jeweils einen Kräuterbüschel in die Hand und drücke die Kräuter liebevoll zusammen. Lass dabei gern auch Worte der Dankbarkeit einfließen. Bringe so die Büschel zunächst ein wenig in Form, um sie dann gut binden zu können.
•Binde anschließend ein Ende deines Büschels mit dem Faden zusammen und verknote ihn dort. Winde den Faden dann spiralförmig um die Kräuter und führe ihn dabei fest und achtsam herum – Spiralwindung um Spiralwindung. So verhinderst du, dass der Räucherstick bzw. Kräuterbuschen zu locker wird.
•Wenn du am anderen Ende angekommen bist (beim traditionellen Kräuterbuschen geht dies bis zur Hälfte bzw. zu zwei Dritteln, während der letzte Teil von Umwickelung frei belassen wird), umwickele dieses gern (heilige) drei Mal und wickele deinen Faden dann entgegengesetzt wieder nach unten. So erhältst du zum einen eine schöne Kreuzung auf dem Räucherstick und festigst ihn, zum anderen „erleben“ die Kräuter energetisch Ähnliches wie du in deinem Spiraltanz-Ritual: Es geht hinein in die Spirale (und damit in das Loslassen des Seins auf der Wiese) und schließlich hinaus aus der Spirale in eine ganz neue Wirkkraft (die als Räucherwerk verströmt wird).
•Am unteren Ende wieder angekommen, verknote den Faden gern wieder (heilige) drei Mal und schneide ihn ab.
•Gern kannst du nun die Kräuter in deinem Räucherstick bzw. Kräuterbuschen um ihren Segen bitten oder darum, dass sie anderen und deren Zuhause Segen bringen werden (wenn du sie verschenken möchtest). Bitte auch die Große Göttin um ihren Segen der Fülle und Kraft.
•Bei Bedarf: Falls du im ersten Durchgang noch keine Blüten mit eingewoben hast, du diese aber gern darin hättest (ob zu dekorativen, symbolischen oder energetischen Zwecken), dann könntest du nun auch eine zweite Lage mit Blüten wickeln.
•Lass deine Räuchersticks nach dem Binden für mehrere Wochen gut durchtrocknen. Wenn du dir (auch) einen Kräuterbuschen bindest, den du dir z. B. über deine Eingangstür hängst, so kannst du diesen nun natürlich direkt anbringen. Er trocknet dann gleich an Ort und Stelle.
Mögest du den Segen der Grünkraft unserer Mutter Erde dankbar empfangen. Mögen die Pflanzenwesen dir heilsam und reinigend zur Seite stehen und deinen Weg stärken.
Möge der Sommer in dieser besonderen Form bis in die dunkle Zeit des Winters für dich spürbar bleiben und deine Rauhnächte erwärmen.
Hintergrundwissen zu alten Bräuchen rund um Kräuter
Welche Kräuter und wie viele davon traditionell in die Kräuterbuschen gebunden wurden, unterscheidet sich regional. Du kannst dich daher im Grunde ganz intuitiv dem Sammeln hingeben.49
In der Regel werden neun verschiedene Kräuter in den Strauß gebunden, um die heilige Drei dreimal zu binden und damit Vollkommenheit in den Strauß einzubinden. Die Große Göttin spielt in ihrer Dreifaltigkeit in den alten Bräuchen sicher ebenso eine Rolle wie die neun Welten aus dem nordischen/germanischen Weltbild.
Die folgende Zusammenstellung gilt z. B. als sehr wirksam:50 Arnika, Beifuß, Thymian, Eisenkraut, Baldrian, Raute, Ringelblume, Wegwarte und Johanniskraut (Letzteres ist ohnehin fast immer in den Sträußchen enthalten, zumal es auch gerade im Juni als Heilkraut große rituelle Bedeutung hat). Diese Kräuter entfalten sich besonders, so sagt man, wenn sie um eine Königskerze in ihrer Mitte gebunden werden.
Ich selbst binde gern zumindest zwölf oder dreizehn Kräuterbuschen, eines für jeden Mond/Monat, zum Räuchern für mich, sozusagen ein gebundenes Heilkräuter-Jahresrad.
Auch den schützenden Strauß über der Eingangstür erneuere ich gern jedes Jahr und hänge ihn feierlich auf.
Bekannt ist auch der Brauch eines geflochtenen Heilkräutergürtels, den sich die Frauen um die Hüften legten und schließlich in der Nacht der Sommersonnenwende oder in der Johannisnacht im (Johannis-)Feuer verbrannten, um Unglück fernzuhalten und Unfruchtbarkeit im Feuer mit zu verbrennen, also darin zu transformieren. Bei diesen Fruchtbarkeitsriten band man u. a. Gürtel aus Johanniskraut, Rittersporn, Eisenkraut und Beifuß. Zu gleichen Zwecken sprang man auch symbolisch über die Sommersonnenwende-Feuer. Diese Sprünge über die „Not(wende)-Feuer“ sollten von unheilvollen Energien reinigen, feurig-fruchtbar machen und Glück anziehen. Wenn dich in diesem Monat ein Ritual zum Feuersprung ruft, so nutze zur Inspiration auch gern das Ritual im Kapitel zum Monat Mai (ab Seite 130).