Ihr Diabetesteam kann Ihnen Tipps und Empfehlungen mitgeben. Was Sie davon umsetzen möchten, bestimmen jedoch Sie. Dafür müssen Sie zum Diabetes-Experten werden.
Die ersten Informationen zu Ihrer Erkrankung erhalten Sie von Ihrem Diabetesteam aus Hausärztin, Diabetologen und Diabetesberater. Diese Menschen werden Ihnen die ersten wichtigen Schritte zeigen, etwa den Umgang mit einem Blutzuckermessgerät oder die Urinzuckermessung. Scheuen Sie sich nicht, nachzufragen, wenn Sie etwas nicht gleich verstanden haben oder wenn Sie mehr zu einem Thema wissen möchten.
Bei der Diabetesschulung wird Ihnen dann vertieft alles Wissenswerte über Ihren Diabetes vermittelt, etwa alles rund um das Thema „Essen und Trinken“, aber Sie lernen auch viel über den Umgang mit Diabetes im Alltag. Zudem können Sie sich mit anderen Betroffenen austauschen und viel Hilfe und Rat erhalten. Wie eine Schulung abläuft, lesen Sie im Kapitel „Lassen Sie sich unterstützen“, ab S. 28.
Immer mehr Menschen nutzen natürlich auch die Vielzahl an Informationen, die frei im Internet zur Verfügung stehen, um mehr zu erfahren. Wissenschaftlich gesicherte Informationen zu finden, kann hier aber durchaus schwierig werden. Zum Thema Diabetes gibt es sehr viele und teilweise widersprüchliche Angaben. Für Betroffene und deren Angehörige gibt es jedoch eine Patientenleitlinie, in der alle wichtigen Informationen zusammengetragen sind. Diese Leitlinie wurde von Experten speziell für Sie entwickelt. Eine Liste von weiteren Adressen und Internetseiten, die für Sie hilfreich sein können und Sie gut und wissenschaftlich fundiert informieren, finden Sie im Service ab S. 172. Stoßen Sie nun im Internet auf Informationen, die Sie mit besonders vielen Versprechen locken, prüfen Sie gut und fragen Sie Ihren Arzt.
Für Sie ist aber erst einmal hilfreich zu verstehen, was ein Diabetes ist und warum gerade „Zucker“ eine so wichtige Rolle spielt.
Unser Körper braucht Zucker: Das hört sich zuerst einmal banal an, ist jedoch lebensnotwendig. Ohne Traubenzucker (Glukose) kann der Körper nicht arbeiten. Insbesondere Ihr Gehirn und Ihre Muskeln brauchen diesen Energielieferanten. Sie wollen sich bewegen, sprechen oder den Arm heben – all das sind Muskelarbeiten, wofür Sie Zucker benötigen.
Insulin ist der Schlüssel
Die Zellen (rosa) sind verschlossen. Der Zucker aus der Nahrung (hellblaue Würfel) steht vor der Tür und kann nicht hinein. Insulin (blaue Schlüssel) wird in der Bauchspeicheldrüse produziert und ins Blut abgegeben. Erst wenn das Insulin an den Zellen angekommen ist, schließt es die Zellen auf (über Insulinrezeptoren an der Zelloberfläche, Bild rechts). Der Zucker kann nun eintreten. Wird der Zucker vom Blut in die Zellen aufgenommen, sinkt der Zuckergehalt im Blut ab. Dieser Vorgang dauert etwa zwei bis vier Stunden nach dem Essen (je nachdem wie viel Sie gegessen haben). Bei einem Diabetes ist dieses wichtige Schlüssel-Schloss-Prinzip gestört.
Schnelle Energie
Traubenzucker (Glukose) erhöht den Blutzucker. Das ist den meisten Menschen klar. Bei einer Unterzuckerung ein paar Plättchen Traubenzucker gegessen – danach geht‘s einem schnell wieder besser. Doch Traubenzucker ist nicht nur in Süßigkeiten oder Kuchen enthalten, sondern auch in Obst, Milch, Kartoffeln oder Brot. Deswegen kann der Körper aus diesen Lebensmitteln Energie ziehen. Von Natur aus steckt Traubenzucker in allen diesen Lebensmitteln und erhöht damit den Blutzucker. Wie das sein kann, lesen Sie im Kapitel „Aus dem Vollen schöpfen: Ernährung“.
Wenn Sie beispielsweise einen Apfel oder Kartoffeln essen, werden diese Lebensmittel im Magen und Darm verdaut. Dabei entsteht Traubenzucker, der anschließend vom Darm ins Blut gelangt. Ist der Traubenzucker im Blut angekommen, steigt der Zuckergehalt im Blut an. Das ist ein ganz normaler Vorgang und passiert bei Menschen mit und ohne Diabetes.
Es nützt Ihnen jedoch nichts, wenn der Traubenzucker nur im Blut kreist. Ihr Körper kann den Traubenzucker in dieser Form schlicht nicht verwerten. Erst wenn der Zucker in den Zellen, zum Beispiel den Muskelzellen, angekommen ist, wird daraus Energie gewonnen. Leider ist es nicht so einfach, den Traubenzucker dorthin zu transportieren. Dafür ist ein „Schlüssel“ notwendig: das Insulin.
Das Hormon Insulin sorgt dafür, dass die Zellen den Traubenzucker aus dem Blut aufnehmen können. Insulin wird in den Betazellen (auch Langerhans´sche Inselzellen genannt, siehe unten) der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) produziert und gelangt ebenfalls über das Blut dorthin, wo es gebraucht wird: zu den „Zielzellen“ wie zum Beispiel Muskel- oder Fettzellen. Dort angekommen, dockt Insulin an den Insulinrezeptoren der Zelloberfläche an und lässt den Zucker in die Zellen eintreten. Sie können sich diesen Vorgang als „Schlüssel-Schloss-Prinzip“ vorstellen (siehe Abbildung S. 19).
Der Körper hält den Zuckergehalt im Blut über feinste Regulationsmechanismen immer im Gleichgewicht. Dabei ist eine Vielzahl von Hormonen und Stoffwechselprozessen beteiligt. So ist gewährleistet, dass der Blutzucker bei Menschen ohne Diabetes immer in einem bestimmten Bereich gehalten wird: 3,3 bis 7,8 mmol/l (60 bis 140 mg/dl). Entgleisungen nach oben oder unten werden damit vermieden. Die Leber spielt dabei eine entscheidende Rolle bei der Versorgung des Körpers mit Zucker. Sie speichert einen Teil des Traubenzuckers (Glukose), der über die Nahrung aufgenommen wird, als Reserve ab. Dieser Speicherzucker wird Glykogen genannt. In bestimmten Situationen können die Glykogenreserven mobilisiert werden. Glykogen wird wieder in Traubenzucker umgewandelt und ins Blut abgegeben. Somit wird sichergestellt, dass der Körper auch in „Notsituationen“ wie mehrstündigen Fastenzeiten gut versorgt ist. Droht eine Unterzuckerung, wird Zucker aus der Leber freigesetzt und ins Blut abgegeben. Der Blutzucker steigt wieder. Diese „Notsituationen„ treten jede Nacht auf, wenn Sie während des Schlafens nichts essen oder trinken. Ihr Körper arbeitet trotzdem und benötigt Energie.
Unsere Insulinfabrik, die Bauchspeicheldrüse, besteht aus den sogenannten Langerhans´schen Inselzellen. Paul Langerhans war ein deutscher Pathologe und hat Medizin in Jena und Berlin studiert. Während seiner Doktorarbeit entdeckte er in den 1860er Jahren in der Bauchspeicheldrüse gelegene inselartige „Zellhaufen“, die Insulin herstellen. Diese Zellen wurden später nach ihm benannt.
Zucker im Gehirn ohne Insulin. Wussten Sie, dass das Gehirn kein Insulin braucht, um den Traubenzucker in die Gehirnzellen aufzunehmen? Die Tür zu den Gehirnzellen öffnet sich, ohne dass Insulin benötigt wird. Dies ist eine clevere Lösung des Körpers, damit auch bei Insulinmangel (zum Beispiel Insulinspritzen vergessen) immer ausreichend Zucker im Gehirn vorhanden ist.
Speicherplatz Leber
Die Leber kann etwa 150 Gramm Glukose als Reserve speichern. Dies entspricht ungefähr zehn Prozent ihrer eigenen Masse. 150 Gramm Zucker sind zum Beispiel in drei Tafeln Schokolade oder acht Bananen enthalten.
Spritzen Sie Insulin oder nehmen insulinfreisetzende Tabletten (sogenannte Sulfonylharnstoffe oder Glinide) ein, kann es trotz der Glykogenreserven zu einer Unterzuckerung kommen (siehe S. 44). Hier sollten Sie schnell handeln und Traubenzucker essen.
Auf der anderen Seite ist auch immer ein wenig Insulin im Blut vorhanden, um schnell auf einen Blutzuckeranstieg, beispielsweise nach dem Essen, reagieren zu können. Der Blutzucker steigt so bei Menschen ohne Diabetes in der Regel nicht über 7,8 mmol/l (140 mg/dl) an.
Das Feintuning des Körpers funktioniert auch wunderbar bei sportlichen Aktivitäten. Dafür wird mehr Energie in den Muskelzellen gebraucht, die Zellen nehmen dazu mehr Zucker aus dem Blut auf. Der Blutzucker sinkt. Sollten Sie über eine längere Zeit ohne etwas zu essen oder trinken ausgiebig Sport treiben, kommt hier die Leber und Muskulatur zum Einsatz. Zuckerreserven werden mobilisiert und ins Blut freigesetzt. Auf diese Weise wird bei Menschen ohne Diabetes sichergestellt, dass Sport und eine anstrengende körperliche Arbeit nicht zu einer Unterzuckerung führen.
Sie wundern sich, warum Ihre Blutzuckerwerte morgens höher liegen als am Vorabend vor dem Schlafengehen? Und das, obwohl Sie nachts nichts gegessen oder getrunken haben? Sie brauchen auch im Schlaf Energie für die Herztätigkeit, zum Atmen, Schnarchen, Träumen und zur Aufrechterhaltung Ihrer Körpertemperatur. Dazu werden vermehrt Stresshormone ins Blut ausgeschüttet. Sie geben der Leber das Signal „zusätzlich Zucker auszuschütten“. Damit erhöht sich Ihr Zuckerspiegel, ohne dass Sie essen oder trinken.
Unterstützung durch die Nieren
Steigt der Blutzucker über 10 mmol/l (180 mg/dl), wird Zucker über den Urin ausgeschieden. Ihre Nieren sind am unteren Ende des Brustkorbs rechts und links neben der Wirbelsäule gelegen.
Was läuft nun schief bei einem Diabetes Typ 2? Bei Diabetes Typ 2 funktioniert das Feintuning leider nicht mehr so, wie es sein soll. Es gibt zwei mögliche Ursachen: Entweder Ihre Bauchspeicheldrüse produziert nicht mehr genügend Insulin (das nennt man relativer Insulinmangel) oder das produzierte Insulin wirkt an der Zielzelle nicht ausreichend (Insulinresistenz). Kurz gesagt, der Schlüssel hakt oder kann das Schloss nicht mehr öffnen.
Insulinmangel. Die Bauchspeicheldrüse produziert nicht mehr die Menge an Insulin, die benötigt wird, oder das Insulin wird zu spät in das Blut abgegeben. Somit kann nur ein Teil des Zuckers aus dem Blut in die Zellen befördert werden.
Insulinresistenz. Die Bauchspeicheldrüse produziert genügend Insulin (manchmal sogar sehr viel Insulin), es kann jedoch an den Zellen nicht richtig wirken. Es gelangt zu wenig Zucker aus dem Blut in die Zellen.
Häufig ist eine Kombination aus beidem die Ursache für die Erkrankung mit einem Diabetes Typ 2. Ob jedoch Insulinmangel oder Insulinresistenz – die Therapie bleibt dieselbe. Über die verschiedenen Therapieoptionen, die Ihnen zur Verfügung stehen, lesen Sie mehr im Kapitel „Die richtige Therapie finden“, S. 35.
Wenn der Zucker nicht oder nur teilweise in die Zellen aufgenommen wird, steigt der Zuckerspiegel im Blut an. So kann der Körper die Energie jedoch nicht nutzen. Sie merken das, indem Sie sich müde und schlapp fühlen. Der Blutzucker ist dann meist über das Vierfache erhöht.
Jetzt versucht der Körper, den überschüssigen Zucker auf anderen Wegen loszuwerden. Dies funktioniert am einfachsten über den Urin. Steigt der Zuckergehalt im Blut über einen bestimmten Grenzwert, öffnen die Nieren eine Art Ventil und der Zucker wird teilweise ausgeschieden.
Insulintherapie der Zukunft. Viele Menschen kommen im Schnitt zehn bis zwölf Jahre (manchmal auch noch länger) ohne Insulin aus, manche müssen sogar nie Insulin spritzen. Wenn blutzuckersenkende Tabletten nicht mehr wirken und die eigene Insulinproduktion weiter abnimmt, kann es hilfreich sein, Insulin zu spritzen (siehe S. 143). Momentan kann Insulin nur gespritzt werden. Die Wissenschaft ist jedoch dran, neue Methoden zu entwickeln.
Der Grenzwert liegt bei etwa 10 mmol/l (180 mg/dl) und wird „Nierenschwelle“ genannt. Immer wenn die Nierenschwelle erreicht wird, sind die Transporter, die den Traubenzucker aus dem Urin zurück holen, überfordert. Der erhöhte Zucker im Blut wird zum Teil über den Urin heraustransportiert. Die Nierenschwelle kann bei manchen Menschen auch etwas nach oben oder unten verschoben sein.
Ein einfacher Selbsttest
Sie können den Zuckergehalt im Urin mit Urinzuckerteststreifen aus der Apotheke rezeptfrei testen. 100 Teststreifen kosten etwa fünf bis zehn Euro.
Wenn der Körper sehr viel Zucker über die Nieren ausscheidet, muss man häufig zur Toilette. Daher ist die Urinmenge sehr groß und sie haben auch viel Durst und trinken dementsprechend viel. Bleibt ein stark erhöhter Blutzucker über einige Woche bestehen, kann es möglich sein, dass Sie drei bis vier Liter täglich trinken. Dies sollte ein Warnsignal für Sie sein, sofort einen Arzt aufzusuchen. Bei Menschen mit Diabetes Typ 2 sind solche Stoffwechselentgleisungen aber glücklicherweise sehr selten.
Sie fragen sich, ob der Blutzucker nicht auch nur durch die Arbeit der Nieren gesenkt werden kann? Leider scheiden die Nieren nie den gesamten überschüssigen Zucker aus. Steigt der Blutzucker sehr hoch an, müssen sie außerdem auf Hochtouren arbeiten. Dies funktioniert eine Zeit lang sehr gut. Besteht dieser Zustand jedoch über viele Jahre hinweg, können die Nieren Schaden nehmen (siehe S. 61).
Diabetes ist tückisch. Leicht erhöhte Blutzuckerwerte können über viele Jahre vorliegen, jedoch keine Beschwerden auslösen. Denn ein erhöhter Blutzucker tut nicht weh. Erst wenn der Zuckergehalt im Blut sehr stark (über ca. 16–22 mmol/l bzw. 300–400 mg/dl) angestiegen ist, treten Beschwerden, wie zum Beispiel viel Durst und Müdigkeit, auf. Oft wird nur durch Zufall bei einem routinemäßigen Check-up „Diabetes mellitus“ festgestellt.
Gestörte Glukosetoleranz oder Diabetes Typ 2?
Ob bei Ihnen eine Vorstufe des Diabetes (gestörte Glukosetoleranz) oder ein Diabetes Typ 2 vorliegt, kann anhand des Zuckerbelastungstests ermittelt werden.
* Diese Werte gelten nur bis zum 60. Lebensjahr. Dann steigt der HbA1c auch bei Menschen ohne Diabetes an.
Wenn Sie selbst schon einen Verdacht haben, dass etwas nicht in Ordnung ist: Verlassen Sie sich lieber nicht auf ein handelsübliches Blutzuckermessgerät, das Sie beispielsweise von Ihrer Mutter oder Ihrem Nachbarn bekommen haben. Alte Teststreifen können ungenau sein und einen falschen Wert anzeigen. Weiterhin ist entscheidend, wann Sie diese Messung durchführen: morgens nüchtern oder nach dem Essen? Haben Sie das Gefühl, dass bei Ihnen etwas nicht stimmt, gehen Sie in Ihre Arztpraxis und lassen sich dort testen.
Übrigens: Ein einmalig leicht erhöhter Blutzuckerwert reicht nicht aus, um einen Diabetes festzustellen. Von Diabetes Typ 2 spricht man erst, wenn bestimmte Grenzwerte überschritten wurden (siehe Tabelle oben). Davor gibt es eine Art Vorstufe, die als „gestörte Glukosetoleranz“ bezeichnet wird. Falls Sie sich unsicher sind, welche Form bei Ihnen vorliegt, sollten Sie dies mit Ihrem Arzt besprechen.
Ob eine gestörte Glukosetoleranz (Vorstufe) oder ein Diabetes Typ 2 bei Ihnen besteht, kann anhand des Nüchtern- bzw. Gelegenheitsblutzuckers oder eines Zuckerbelastungstests bestimmt werden. Den sogenannte oralen Glukosetoleranztest (oGTT) kennen Frauen eventuell aus der Schwangerschaft, da dieser seit 2013 routinemäßig zwischen der 24. und 28. Schwangerschaftswoche durchgeführt wird, um einen Schwangerschaftsdiabetes auszuschließen. Nur selten hängt die Entscheidung zu einer Behandlung vom oGTT ab. Ihr Hausarzt wird den Test meist nicht benötigen.
Bei einem oralen Glukosetoleranztest gibt man Ihnen 75 Gramm Traubenzucker (= Glukose), aufgelöst in 300 ml Wasser oder Tee, zu trinken. Vor sowie zwei Stunden nach dem Test wird Ihr Blutzuckerwert aus der Vene bestimmt. 12 Stunden vor und während des Tests dürfen Sie nichts essen und trinken.
Sollte bei Ihnen ein Zuckerbelastungstest geplant sein, ist es wichtig, dass Sie sich an bestimmte Regeln halten (siehe Checkliste). Wenn Sie zum Beispiel direkt vor dem Test ein Glas Apfelschorle getrunken haben, kann der Ausgangswert (= Nüchternwert) bereits erhöht sein. Dann kann auch die Diagnose falsch sein. Man spricht hier von einem falsch-positiven Testergebnis.
Anhand des Zuckerbelastungstests kann bestimmt werden, ob alles in Ordnung ist oder eine Vorstufe bzw. Diabetes Typ 2 vorliegt. Manchmal ist dieser Test jedoch nicht notwendig, da der HbA1c (Langzeitzuckerwert) schon ein eindeutiges Ergebnis liefert. Beträgt der Wert mindestens 6,5 % (bzw. 48 mmol/mol), kann die Diagnose „Diabetes mellitus“ laut Leitlinie gestellt werden. Da es aber auch Einschränkungen geben kann, wird ein leicht erhöhter HbA1c-Wert (6,5 bis 7,0 %) nicht alleinig zur Diagnosestellung empfohlen (lesen Sie dazu mehr im Kapitel „Auf lange Sicht: der HbA1c-Wert“, S. 43).
Checkliste
Der Zuckerbelastungstest
Für den Zuckerbelastungstest gibt es einige Regeln zu beachten:
Vor dem Test:
2 bis 3 Tage normal essen
1 Tag vorher normal essen, kein Alkohol, keine übermäßige Bewegung
12 Stunden vorher nichts essen, nur reines Wasser trinken
Am Morgen des Tests:
nichts essen, nur Wasser trinken
nicht rauchen
wichtige Medikamente einnehmen (in Rücksprache mit Arzt)
Während des Tests:
keine Bewegung
nicht rauchen
nichts essen oder trinken (ein wenig reines Wasser ist erlaubt)
Es stimmt, Diabetes Typ 2 ist eine Volkskrankheit. Dafür sind aber nicht nur unsere Essgewohnheiten verantwortlich. Auch die gesteigerte Lebenserwartung führt dazu, dass es immer mehr Menschen mit Diabetes Typ 2 gibt. Diabetes Typ 2 tritt vorrangig im hohen Lebensalter auf, da die Bauchspeicheldrüse ein „Verschleißorgan“ ist und mit zunehmendem Alter immer weniger Insulin produziert oder das Insulin schlechter an der Zelle wirkt. Mit jeder Altersdekade steigt das Risiko an.
Es gibt nicht nur den einen Diabetes, sondern eine ganze Reihe unterschiedlicher Formen. Neben dem Typ 2 ist Diabetes Typ 1 am bekanntesten. Diabetes Typ 1 tritt vorrangig im Kindes- und Jugendalter auf. In Deutschland leben etwa 400 000 Menschen mit Diabetes Typ 1 (dies entspricht etwa fünf Prozent der Diabetespatienten in Deutschland).
Warum und wie ein Diabetes Typ 1 entsteht, ist bis heute nicht geklärt. Man weiß, dass das eigene Abwehrsystem die insulinproduzierenden ß-Zellen in den Langerhans‘schen Inseln zerstört und somit kein Insulin mehr produziert werden kann. Man spricht hier von einem „absoluten Insulinmangel“. Meist sind dann Antikörper gegen ß-Zellen, sogenannte GAD-II-Antikörper, im Blut nachweisbar. Warum das Abwehrsystem so überaktiv ist, ist jedoch nicht bekannt. Sollte dies irgendwann ein Wissenschaftler herausfinden, wird die Entdeckung sicherlich mit einem Nobelpreis belohnt werden.
Menschen mit Diabetes Typ 1 können ausschließlich mit Insulin therapiert werden. Das Spritzen des Insulins ist lebensnotwendig.
Neben Diabetes Typ 1 und Typ 2 gibt es noch Sonderformen, wie beispielsweise Schwangerschaftsdiabetes (auch Gestationsdiabetes genannt). Die Hormonumstellungen im Verlauf der Schwangerschaft können nämlich dazu führen, dass die Blutzuckerwerte ansteigen. Hormone, welche während der Schwangerschaft vom Mutterkuchen (Plazenta) produziert werden, sorgen dafür, dass das eigene Insulin schlechter wirken kann und mehr Zucker aus der Leber ausgeschüttet wird.
Der erhöhte Zuckergehalt im Blut der Mutter erreicht über die Nabelschnur auch das ungeborene Kind. Wegen des vielen Zuckers produziert die Bauchspeicheldrüse des Ungeborenen mehr Insulin. Die Folge: Das Kind wird zu groß und zu schwer. Nach der Entbindung, wenn die Nabelschnur abgetrennt wird, kann das Neugeborene Unterzuckerungen bekommen.
Deswegen gibt es seit 2013 für jede Schwangere zwischen der 24. und 28. Schwangerschaftswoche einen Zuckerbelastungstest entweder mit 50 oder 75 Gramm Traubenzucker bzw. Glukose (ähnlich wie auf S. 25 beschrieben). Sollte bei Ihnen ein Schwangerschaftsdiabetes vorliegen, müssen Sie sich aber keine Sorgen machen. In den meisten Fällen lässt sich eine Therapie mit Insulin vermeiden, wenn Sie Ihre Ernährung umstellen und mehr Bewegung in Ihr Leben einbauen.
Zur Überprüfung messen Sie Ihren Blutzucker nüchtern und nach den Mahlzeiten mehrfach täglich. Sollte dies dennoch nicht ausreichen, kann während der Schwangerschaft das Insulinspritzen notwendig werden. Tabletten (wie z. B. Metformin) dürfen nur in Ausnahmesituationen eingenommen werden. Drei bis sechs Monate nach der Geburt wird mittels eines erneuten Zuckerbelastungstest überprüft, ob alles wieder in Ordnung ist. Bei den meisten Frauen ist das der Fall.
Wenn Sie schwanger sind und mehr über die Untersuchung auf Schwangerschaftsdiabetes erfahren wollen, hilft Ihnen die Broschüre des Gemeinsamen Bundesausschusses, die Sie unter https://www.g-ba.de/downloads/17–98–3215/2012–03–03_Merkblatt_Schwangerschaftsdiabetes_bf.pdf herunterladen können.
HÄTTEN SIE’S GEWUSST?
Bis zur Entdeckung des Insulins 1921 sind Menschen mit Diabetes Typ 1 sehr rasch an dieser Erkrankung verstorben. Diabetes Typ 1 galt als nicht behandelbar.
Diabetes Typ 2 war über einige Jahre durch Verzicht auf blutzuckererhöhende Nahrungsmittel behandelbar.
Im Januar 1922 wurde der erste Mensch mit Diabetes Typ 1, der 13-jährige Leonard Thompson, mit Insulin behandelt und so vor dem sicheren Tode bewahrt.