Tiergarten, Kulturforum und Diplomatenviertel
Viel Kunst, Kultur und spannende Architektur bieten das Kulturforum und das Diplomatenviertel. Ruhe vor dem Tohuwabohu der Stadt findet man im angrenzenden Tiergarten. Nicht verwirren lassen: Unter „Tiergarten“ versteht man sowohl den Park als solchen, wie er hier beschrieben wird, als auch einen Stadtteil des Bezirks Berlin-Mitte.
Der 210 ha große Tiergarten wurde einst als Jagdrevier angelegt, im 19. Jh. in einen Volkspark umgewandelt, nach dem Krieg kahl geschlagen, verheizt und als Kartoffelacker gegen den Hunger genutzt. Heute ist er wieder Berlins grüne Lunge - mit Wiesen, Inselchen, Gärten und vielen, vielen Denkmälern. Hier joggt man, bräunt sich in der Sonne und picknickt - das Grillen ist mittlerweile leider verboten, weil immer so viel Dreck liegen blieb.
Durchschnitten wird der Tiergarten von der Straße des 17. Juni, die vom Brandenburger Tor im Osten zum Charlottenburger Tor im Westen führt. Auf etwa halber Strecke umtost der Verkehr die → Siegessäule. Zwischen Siegessäule und Brandenburger Tor flankieren zwei T-34-Panzer ein Sowjetisches Ehrenmal für die im Kampf um Berlin gefallenen Soldaten. Dieser Abschnitt ist zugleich eine beliebte Demonstrations- und Partymeile, am lustigsten geht’s am Christopher Street Day zu. Folgt man von der Siegessäule dem Spreeweg gen Nordosten, passiert man das ovale Bundespräsidialamt (linker Hand hinter Bäumen versteckt) und dahinter den ersten klassizistischen Schlossbau Preußens, das Schloss Bellevue (1785/86). Es ist heute der Amtssitz des Bundespräsidenten. Achten Sie auf die Beflaggung: „Ist der Lappen oben, ist der Lump unten“, lästert der Volksmund. Vom Schloss Bellevue bringt Sie die John-Foster-Dulles-Allee zum → Haus der Kulturen der Welt. Von der Siegessäule führt Richtung Nordwesten die Altonaer Straße zum → Hansaviertel, einem Viertel, bei dessen Anblick man sich streiten kann, ob die Nachkriegsarchitektur schön oder hässlich ist. Hier befindet sich die Dependance der → Akademie der Künste mit immer wieder interessanten Ausstellungen. Das wasserreiche südwestliche Eck des Tiergartens ist besonders reizvoll. Immer eine Backhendl-und-Weizen-Pause wert ist das Café am Neuen See - herrlicher Biergarten. Nahe der Schleuseninsel gibt es noch ein frei zugängliches Gaslaternen-Freilichtmuseum mit 90 Laternen aus deutschen und weiteren europäischen Städten. Südlich des Tiergartens bzw. westlich des Potsdamer Platzes erstreckt sich das Kulturforum (s. u.), an welches wiederum das Diplomatenviertel anschließt. Dieses Gebiet war einst die bevorzugte Wohnadresse der Industriellen und großbürgerlichen Gesellschaft. Anfang des 20. Jh. zog es die hohe Diplomatie hierher. Klassizistische und italienisch angehauchte Villen und Wohnhäuser mit Schmuckgärten prägten dieses Eck. Für Speers Germania-Pläne (→ Kasten, S. 22) standen ein paar Prunkbauten im Wege und wurden abgerissen, den Rest zerstörte größtenteils der Krieg. Der Grundstein für das Kulturforum wurde gelegt, als die Stadt noch geteilt war. Ostberlin besaß die Museumsinsel und die Oper „Unter den Linden“ - Westberlin hingegen nichts Vergleichbares, bis man das Brachland nahe der Mauer in einen Schmelztiegel der Kunst, Kultur und Wissenschaft verwandelte. Für nette Spaziergänge eignet sich das Kulturforum nicht. Einst in Randlage erbaut, präsentiert es sich bis heute wie ein Einkaufs- oder Industriepark am Stadtrand: durchbrochen von breiten Verkehrsschneisen, ohne urbanes Leben. Zum Kulturforum gehören die → Gemäldegalerie, das → Kupferstichkabinett und die Kunstbibliothek, das → Kunstgewerbemuseum, die → Neue Nationalgalerie, die → Philharmonie, das → Musikinstrumenten-Museum, die Staatsbibliothek (Haus 2), das Ibero-Amerikanische Institut (Veranstaltungskalender unter www.iai.spk-berlin.de) und das Wissenschaftszentrum für Sozialforschung (spannende Vorträge, Infos unter www.wzb.eu). Als Architekten verwirklichten sich hier u. a. Hans Scharoun, Mies van der Rohe und James Stirling. Zwischen all den modernen Bauten hat einzig und allein die St.-Matthäus-Kirche, ein neoromanischer Backsteinbau von August Stüler aus der Mitte des 19. Jh., den Krieg überlebt. Ihr bekanntester Prediger, der Theologe und Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer, wurde 1945 im KZ Flossenbürg hingerichtet. Mexikanische Botschaft im Diplomatenviertel
Mit dem Regierungsumzug nach Berlin zog auch die hohe Diplomatie wieder an den Tiergarten. Rund 20 Nationen haben sich im Diplomatenviertel z. T. attraktive Visitenkarten geleistet, allen voran Österreich (toller Bau von Hans Hollein), die nordischen Länder (sechs Gebäude, die von einem geschwungenen Band aus Kupferlamellen umgeben sind) und Mexiko (ebenfalls ein sehenswerter Bau der zeitgenössischen Moderne). Aber auch die Friedrich-Ebert- und die Konrad-Adenauer-Stiftung haben das Botschaftsviertel zu ihrer neuen Adresse erkoren, zudem sitzen hier die CDU-Zentrale und ein paar Vertretungen der deutschen Länder. Buntes Großstadtleben jedoch sucht man auch hier vergebens. Dafür gibt es zwei Sehenswürdigkeiten: die → Gedenkstätte Deutscher Widerstand und das → Bauhaus-Archiv.