Der Sachmangel ist zu unterscheiden vom Rechtsmangel und vom Umwelt- oder Umfeldmangel. Vielfach wird der Ver- oder Entsorgungsmangel auch noch als eigener Typ von Mängeln betrachtet, also wenn die Müllbeseitigung nicht funktioniert. Gerade die fehlende Beheizung oder Wasserversorgung zeigt aber die Nähe von Versorgungsmängeln zu Sachmängeln. Ein Sachmangel ist ein Mangel des Bauteils. Für die mietrechtliche Gewährleistung ist es im Prinzip unerheblich, wie man den Mangel qualifiziert. Entscheidend ist, dass von ihm eine Gebrauchsbeeinträchtigung ausgeht.
Rechtsprechungsübersicht:
0 % Sado-Maso-Café im Haus mit separatem Eingang (AG Hamburg – 23.3.2006 – 49C 474/05)
→ Badezimmer, → Toilette
Der Mieter kann unter bestimmten Voraussetzungen aufgrund eines Mangels auch Schadensersatzansprüche gegen den Vermieter haben. Gemäß § 536a Abs. 1 BGB kommt ein solcher Anspruch unter folgenden drei alternativen Voraussetzungen in Betracht:
Für einen Mangel, der bei Vertragsschluss bereits vorlag, haftet der Vermieter ohne Rücksicht auf ein eigenes Verschulden auf Schadensersatz. Dabei ist es nicht erforderlich, dass der Mangel schon bei Vertragsschluss sichtbar hervorgetreten ist – es genügt, wenn der Mangel latent vorhanden war, z. B. als verborgener Baumangel, wie z. B. eine unfachmännisch zugemauerte Wandöffnung (BGH Urt. v. 7.6.2006 – XII ZR 34/04 – NZM 2006, 626 = NJW 2006, 2918 = MietPrax-AK § 536 BGB Nr. 15).
Der Vermieter hat einen Mangel zu vertreten, wenn er seiner Erhaltungspflicht gem. § 535 Abs. 1 S. 2 BGB nicht nachgekommen ist. Dabei hat der Vermieter für das Verschulden seiner Erfüllungsgehilfen, wie z. B. des Hausmeisters, der Handwerker und der Putzfrau, gemäß § 278 BGB einzustehen.
Die Höhe des Schadensersatzes richtet sich nach dem Interesse des Mieters an der Erfüllung des Vertrages. Dabei muss eine Vergleichsrechnung zwischen der Vermögenslage des Mieters mit und ohne das schädigende Ereignis durchgeführt werden. Werden durch den Mangel der Mietsache Gegenstände des Mieters beschädigt, z. B. Feuchtigkeitsschäden an Möbeln oder Kleidungsstücken des Mieters, so muss dieser Sachschaden ersetzt werden. Kann der Mieter seiner Arbeit nicht nachgehen, kommt auch Verdienstausfall in Betracht. Bei Gesundheitsbeeinträchtigung kann ggf. gem. § 253 Abs. 2 BGB auch die Zahlung von Schmerzensgeld geschuldet werden.
183Anstelle des Schadensersatzanspruchs kann der Mieter in bestimmten Fällen auch Aufwendungsersatz verlangen.
→ Aufwendungsersatz, → Immaterieller Schaden
→ Lärm
Rechtsprechungsübersicht:
0 % Schallschutz entspricht nicht den aktuellen Normen (AG Karlsruhe – 16.12.2004 – 8C 240/04 – DWW 2005, 71)
0 % mangelhafter Schallschutz nach Verschärfung technischer Normen (LG Berlin – 18.6.1999 – 64S 63/99 – ZMR 2000, 532)
10 % unzureichender Schallschutz (LG Berlin – 14.9.2005 – 64S 77/05 – GE 2005, 1489)
20 % starke Hellhörigkeit des Hauses (AG Wedding – 22.5.1985 – 6C 211/85 – MM 1986, Nr. 2, 48)
20 % erhebliche Lärmbelästigung durch benachbarte Gaststätte und Werkstatt bei mangelhaftem Schallschutz der Wohnung (AG Gelsenkirchen – 22.12.1975 – 3C 29/75 – WuM 1978, 66 = ZMR 1978, 238)
Schimmelschäden in Wohnungen stellen heute einen der Hauptmängel in der Praxis dar. Ursache für Schimmelbildung in der Wohnung ist zu hohe Raumfeuchtigkeit. Da diese Feuchtigkeit in der Regel nicht von außen kommt, also durch Risse oder undichte Dächer – was immer ein Mangel ist – ist der Hauptstreitpunkt immer der, ob die Ursache der Raumfeuchtigkeit in einem Mangel des Bauwerks oder einem Fehlverhalten des Mieters zu sehen ist.
Rechtsprechungsübersicht:
0 % Schimmelpilzbildung durch falsches Lüftungsverhalten des Mieters (AG Halle – 8.11.1990 – 2C 178/90 – DWW 1991, 220)
1845 % Feuchtigkeitsflecken und Schimmel, die nur durch extremes Lüften vermieden werden könnten (LG Hamburg – 29.8.1997 – 311S 88/96 – NZM 1998, 571 = NJW-RR 1998, 1309)
8 % Schimmelpilzbildung in Küche und Flur ohne Verschulden des Mieters (AG Tempelhof-Kreuzberg – 23.12.2008 – 9C 14/08 – GE 2009, 331)
10 % Feuchtigkeitsschäden und Schimmel in der ganzen Wohnung nach Einbau neuer Fenster (AG Gotha – 24.3.2003 – 2C 116/02 – WuM 2003, 601)
15 % Schimmelpilz im Wohn- und Kinderzimmer (LG Berlin – 10.8.2006 – 62S 101/06 – GE 2007, 151)
20 % Schimmelpilzbefall der Wohnung wegen mangelhafter Wärmedämmung (AG Osnabrück – 4.7.2005 – 14C 385/04 – NZM 2006, 224 = NJW-RR 2006, 515)
20 % Schimmelbefall wegen falschen Wohnverhaltens ohne Belehrung nach Einbau von Isolierglasfenstern (LG Gießen – 12.4.2000 – 1S 63/00 – GE 2000, 1256 = ZMR 2000, 537 = MDR 2000, 761)
25 % Feuchtigkeitsschäden mit gesundheitsschädlicher Schimmelbildung in der Wohnung in einem Altbau, der ohne Heizungsausstattung überlassen wurde (AG Marbach – 24.5.2007 – 3C 462/06 – WuM 2007, 385)
40 % Schimmelbefall im Schlafzimmer sowie in der Küche (AG Oldenburg – 5.2.2008 – 23C 378/07 – NZM 2008, 803)
80 % Küche, Wohn- und Schlafzimmer sind ständig durchfeuchtet, modrig und von Schimmel befallen; Aufenthalt nur in einem kleinen Zimmer als untergeordneter Teil der Wohnung möglich (LG Berlin – 8.1.1991 – 65S 205/89 – GE 1991, 625)
100 % Schimmelbefall in der Wohnung, der zu lebensgefährlichen Erkrankungen geführt hat (LG Berlin – 20.1.2009 – 65S 345/07 – GE 2009, 845)
→ Haustür
Die gesetzliche Schriftform erfordert gem. § 126 BGB eine Unterschrift. Für eine dem Schriftformerfordernis genügende Unterschrift ist erforderlich, aber auch genügend, das Vorliegen eines die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnenden Schriftzugs, der individuelle und entsprechend charakteristische Merkmale aufweist, die die Nachahmung erschweren, sich als Wiedergabe eines Namens darstellt und die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung erkennen lässt, selbst wenn er nur flüchtig niedergelegt und von einem starken Abschleifungsprozess gekennzeichnet ist. Im Mietrecht ist die Schriftform nur für die Kündigung gem. § 568 BGB vorgeschrieben. Langfristige Mietverträge sind lediglich kündbar, wenn sie nicht schriftlich abgeschlossen wurden, § 550 BGB.
Daneben gibt es gem. § 127 BGB noch die gewillkürte Schriftform, also die, die die Parteien selbst vereinbart haben. Hier genügt z. B. auch ein Fax zur Einhaltung der Form.
→ Fogging
Das selbstständige Beweisverfahren ist sowohl ein Instrument zur Prozessvermeidung als auch zur vorprozessualen Sachaufklärung. Auch im mietrechtlichen Gewährleistungsrecht hat es deshalb seine Bedeutung. Dabei dient das selbstständige Beweisverfahren je nach aktuellem Verfahrensstand unterschiedlichen Zwecken, nämlich
Zeitlich kommt das selbstständige Beweisverfahren bei Mängeln in der Wohnung vor allem vor Rechtshängigkeit einer eventuellen Zahlungs-, Räumungs- oder Mängelbeseitigungsklage in Betracht. 186In Einzelfällen mag das Verfahren auch während eines solchen Prozesses notwendig werden, wenn der Verlust des Beweismittels z. B. durch Baumaßnahmen droht.
Bei den Voraussetzungen des selbstständigen Beweisverfahrens ist danach zu differenzieren, ob das Verfahren nach § 485 Abs. 1 ZPO oder nach § 485 Abs. 2 ZPO betrieben werden soll:
Gemäß § 485 ZPO ist das selbstständige Beweisverfahren zulässig, wenn neben den allgemeinen Sachentscheidungsvoraussetzungen folgende besonderen Verfahrensvoraussetzungen alternativ gegeben sind:
Gemäß § 485 Abs. 2 ZPO kann eine Partei die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen u. a. beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse daran hat, dass
festgestellt werden soll.
Dem Sachverständigen kann die Feststellung von Mängeln der Mietsache, der deshalb vorliegenden Gebrauchsbeeinträchtigung und des Kostenaufwandes zur Mängelbeseitigung übertragen werden. Umstritten ist, ob der Sachverständige auch mit der Ermittlung der Minderungsquote beauftragt werden darf. Dafür sprechen pragmatische 187Gründe. Jedoch ist die Beurteilung einer evtl. Mietminderung eine Rechtsfrage, die dem Gericht obliegt.
Gerät der Vermieter mit der Beseitigung eines Mangels in Verzug, so kann der Mieter den Mangel gem. § 536a Abs. 2 BGB selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen. Voraussetzung hierfür ist, dass
Die Kosten für eine ohne Inverzugsetzung durchgeführte Instandsetzungsmaßnahme bekommt der Mieter weder nach § 536a Abs. 2 BGB noch nach irgendeiner anderen Norm erstattet (BGH Urt. v. 16.1.2008 – VIII ZR 222/06 – WuM 2008, 147 = MietPrax-AK § 536a BGB Nr. 4).
Sittenwidrige Rechtsgeschäfte sind gem. § 138 BGB nichtig. Sittenwidrig sind Vereinbarungen, die gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstoßen. Maßgeblich ist dabei sowohl die Art und Weise des Zustandekommens des Vertrages wie auch der Inhalt des Vertrages. In der Praxis haben sich verschiedene Fallgruppen herausgebildet. Hierzu zählen z. B. Knebelverträge oder auch der Wucher. Für das Mietrecht hat der Gesetzgeber besondere Regelungen, nämlich die Mietpreisüberhöhung in § 5 WiStG und den Mietwucher in § 291 StGB geschaffen. Eine Mietpreisüberhöhung liegt vor, wenn der Vermieter unter Ausnutzung einer Mangellage eine Miete fordert, die die ortsübliche Miete um mehr als 20 % übersteigt.
Unter Sollbeschaffenheit versteht man den Zustand, den die Mietsache nach den ausdrücklichen oder konkludent getroffenen Vereinbarungen haben soll. Weicht dieser Zustand vom tatsächlichen Zustand (Istbeschaffenheit) ab, spricht man von einem Mangel.
Für die Ermittlung der Sollbeschaffenheit ist in erster Linie die von den Mietvertragsparteien vereinbarte Beschaffenheit der Wohnung, nicht die Einhaltung bestimmter technischer Normen maßgebend (BGH Urt. v. 6.10.2004 – VIII ZR 355/03 – NZM 2005, 60 = NJW 2005, 218 = MietPrax-AK § 535 BGB Nr. 13). Solche ausdrücklichen Vereinbarungen kommen in der Praxis insbesondere bei der Wohnungsgröße vor. Möglich ist es aber auch, dass weitere Beschaffenheiten im Mietvertrag vereinbart werden. Aus dem Zusatz hinter der Anschrift der Wohnung „Wohnung über Gaststätte“ o. Ä. ergibt sich z. B., dass Störungen, die üblicherweise von einer Gaststätte ausgehen, als vertragsgemäß vereinbart werden und deshalb keinen Mangel darstellen. Nur wegen gaststättenuntypischer Mängel kann der Mieter Rechte herleiten, z. B. weil es sich um einen „Technoschuppen“ handelt. Welche Störungen durch solche Beschreibungen als vertragsgemäß vereinbart gelten, ist jeweils durch Auslegung zu ermitteln. Es kann auch ein über das Normale hinausgehender Standard vereinbart werden, z. B. durch die Formulierung „besonders ruhige Wohnung“. Die Vereinbarung bestimmter Standards kann auch konkludent erfolgen. Nach einer Entscheidung des BayObLG (NJW 1987, 1951) kann z. B. die Vereinbarung einer besonders niedrigen Miete im Einzelfall bedeuten, dass die Parteien den schlechten und/oder renovierungsbedürftigen Zustand einer Wohnung als vertragsgemäß vereinbart haben. Dies gilt nach einem Urteil des BGH (ZMR 1965, 340) auch dann, wenn die Parteien im Mietvertrag den schlechten Zustand oder den bestimmten Mangel (z. B. Lärm oder Gerüche) ausdrücklich beschrieben und vereinbart haben.
Mithin ist es weitgehend eine Frage der konkreten Vertragsgestaltung und damit des Einzelfalls, ob eine Mietsache mangelhaft ist. Generalisierende Regeln lassen sich dazu nur in engen Grenzen aufstellen. Als derartige Regel kann gelten, dass nach allgemeiner Meinung nicht nur Fehler in der Substanz der Mietsache selbst, sondern auch andere tauglichkeitsmindernde Verhältnisse der Mietsache, z. B. Immissionen von außen her oder Gefahrenquellen in der Umgebung, Mietmängel sein können. Da ein individuell vereinbarter vertragsgemäßer Gebrauch aber häufig nicht feststellbar ist, ist auch 189hier dann häufig auf den gewöhnlichen oder üblichen Gebrauch abzustellen.
Insbesondere in der Wohnraummiete werden häufig keine besonderen Standards vereinbart. Dann stellt sich die Frage, was der vereinbarte Standard ist. Hier kommt es auf die Verkehrsanschauung an, die durch Auslegung zu ermitteln ist. Bedeutsam ist dabei die Frage, auf welchen Baustandard abzustellen ist. Nach der Verkehrsauffassung kann ein Mieter, der eine Altbauwohnung anmietet, in der Regel nur erwarten, dass die Wohnung die zum Zeitpunkt der Errichtung geltenden Vorgaben erfüllt (BGH Urt. v. 6.10.2004 – VIII ZR 355/03 – NZM 2005, 60 = NJW 2005, 218 = MietPrax-AK § 535 BGB Nr. 13). Dies gilt insbesondere für den Schall- und Wärmeschutz sowie die Elektroinstallation, aber auch für alle anderen Gewerke. Deshalb weist eine Mietwohnung in einem älteren Gebäude, wenn nicht vertraglich etwas anderes vereinbart ist, in schallschutztechnischer Hinsicht keinen Mangel auf, sofern der Trittschallschutz den zur Zeit der Errichtung des Gebäudes geltenden DIN-Normen entspricht. Das gilt auch dann, wenn während der Mietzeit in der Wohnung darüber der Fußbodenbelag ausgetauscht wird und sich dadurch der Schallschutz gegenüber dem Zustand bei Anmietung der Wohnung verschlechtert (BGH Urt. v. 17.6.2009 – VIII ZR 131/08 – NJW 2009, 2441 = MietPrax-AK § 536 BGB Nr. 24). Etwas anderes kann sich aber daraus ergeben, dass eine Altbauwohnung als modernisiert oder renoviert angeboten wird. Hier kann der Mieter erwarten, dass die zum Zeitpunkt der Modernisierungsmaßnahme geltenden technischen Regeln für die tatsächlich durchgeführten Maßnahmen alle eingehalten wurden. Dies gilt auch, wenn der Vermieter bauliche Veränderungen vornimmt, die zu Lärmimmissionen führen können. Hier kann der Mieter erwarten, dass Lärmschutzmaßnahmen getroffen werden, die den Anforderungen der zur Zeit des Umbaus geltenden DIN-Normen genügen. So entsteht an der Mietwohnung in einem älteren Gebäude, die vor der Aufstockung im obersten Wohngeschoss gelegen war, ein Mangel, wenn das Wohnhaus nachträglich um ein weiteres Wohngeschoss aufgestockt wird, wenn die Trittschalldämmung der darüber errichteten Wohnung nicht den Anforderungen der im Zeitpunkt der Aufstockung geltenden DIN-Norm an normalen Trittschallschutz genügt (BGH Urt. v. 6.10.2004 – VIII ZR 355/03 – NZM 2005, 60 = NJW 2005, 218 = MietPrax-AK § 535 BGB Nr. 13).
Häufig wird ein Mangel schon dann angenommen, wenn die Mietsache „nur in der Befürchtung einer Gefahr benutzt werde könne“. Das 190OLG Hamm (ZMR 1987, 267) hatte sich hierzu einmal mit der Frage zu beschäftigen, ob es für die Annahme eines Mangels i.S.d. § 536 BGB ausreicht, dass sich das Mietobjekt auf durch giftige Chemikalien verseuchtem Untergrund befindet, wobei sich eine Gefahr für die Gesundheit der Bewohner nach den heutigen wissenschaftlichen Kenntnissen zwar nicht nachweisen, andererseits aber auch nicht ausschließen ließ. In der Entscheidung heißt es: „Eine Mietsache mit Beziehung zu einer Gefahrenquelle gilt nicht erst dann als mangelhaft, wenn der Mieter wirklich Schaden erleidet, sondern schon dann und deshalb, wenn und weil er sie nur in der Befürchtung der Gefahrverwirklichung benutzen kann.“
Die Bedeutung der Unmittelbarkeit der Beeinträchtigung spielt vor allem auch bei Zugangsbeschränkungen oder ähnlichen Umfeldfehlern eine Rolle. Letztendlich geht es immer um eine Risikoverteilung zwischen dem vom Mieter selbst zu tragenden allgemeinen Lebensrisiko und dem speziellen Risiko des Einstehenmüssens für Umfeldmängel, das das Gesetz im § 536 BGB dem Vermieter zugewiesen hat. Das Gesetz enthält hier außer der Bagatellgrenze in § 536 Abs. 1 S. 3 BGB keine ausdrückliche Regelung. Für die Risikoverteilung bei Umfeldmängeln kommt als Abgrenzungskriterium zunächst die Zweckbestimmung des Mietobjekts in Betracht. Die Zweckbestimmung regelt auf der einen Seite die Art und den Umfang der Nutzungsmöglichkeiten des Mieters und auf der anderen Seite den Leistungsumfang, den der Vermieter auch hinsichtlich der Rahmenbedingungen zu erbringen hat, damit das Objekt für den vereinbarten Zweck geeignet ist.
Anders ist es aber bei Einflüssen, die zwar auch von außen auf die Mietsache einwirken, aber den Gebrauch der Mietsache zum Wohnen beeinträchtigen, wie z. B.
Die Risikoverteilung wird besonders deutlich bei Zugangsbeschränkungen durch Bauarbeiten:
192Für die Beurteilung des objektiven Zustandes wird häufig auf DIN-Normen oder VDI-Richtlinien abgestellt. DIN-Normen stellen Empfehlungen ohne rechtliche Verbindlichkeit dar. Haben die Parteien aber keine ausdrückliche Beschaffenheitsvereinbarung getroffen, dann sind die den Vertragsschluss herbeiführenden Willenserklärungen nach dem maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont so auszulegen, dass der Zustand als vereinbart gilt, der sich bei Vertragsschluss als üblich ergibt. Und genau dieser übliche Zustand wird sich häufig – aber nicht immer – aus den technischen Regeln wie DIN-Normen ergeben (BGH Urt. v. 6.10.2004 – VIII ZR 355/03, NZM 2005, 60 = MietPrax-AK § 535 BGB Nr. 13). Dies ist nicht zwingend, da solche Normen nicht unbedingt den Stand der Technik zum jeweils entscheidenden Zeitpunkt wiedergeben müssen. Dabei ist zunächst die Norm in der Fassung, die bei Errichtung des Gebäudes oder zu einem späteren Zeitpunkt, zu dem das Gebäude ggf. renoviert wurde, galt, zu ermitteln. Aber auch dann können diese Normen hinter dem jeweiligen schon erreichten Stand der Technik zurückbleiben (so z. B. BGH Urt. v. 14.6.2007 – VII ZR 45/06 – NJW 2007, 2983 zum Schallschutz nach DIN 4109).
Im Mietrecht und insbesondere in der Wohnraummiete muss zwischen den verschiedenen Wohnungsbeständen unterschieden werden. Nicht alles, was bei Neubauten zwischenzeitlich üblich geworden ist, kann auch bei Altbauten als üblich angesehen werden.
Bei Neubauten geht die Vorstellung der Parteien dahin, dass der heute gültige Standard eingehalten wurde. Das kann mehr sein, als sich aus den einschlägigen DIN-Normen und sonstigen technischen Regeln ergibt. Dies gilt insbesondere dann, wenn diese technischen Regeln schon älter sind und sich der Stand der Technik fortentwickelt hat. Hinter den einschlägigen Normen darf der Zustand aber regelmäßig ohne ausdrückliche Vereinbarung nicht zurückbleiben, da die technischen Regeln keinen Oberwert festlegen, sondern regelmäßig den einzuhaltenden üblichen Standard beschreiben.
Beim unsanierten Altbau gehen die Parteien demgegenüber davon aus, dass die Wohnung den Standard ausweist, der zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes galt. Eine Nachbesserungspflicht gibt es im Mietrecht grundsätzlich nicht. Dies hat auch damit zu tun, dass der Vermieter bei Abschluss des Vertrages erkennen muss, welche Leistungen er schuldet. Deshalb muss ein Mieter einer als nicht modernisiert angebotenen Altbauwohnung auch mit knarrendem Parkett 193rechnen, unabhängig davon, ob dies eine Folge normaler Abnutzung oder einer unfachmännisch durchgeführten Reparatur ist.
Beim sanierten Altbau ist eine generalisierende Betrachtung schwieriger. Hier sind die Fallgestaltungen in der Praxis durchaus unterschiedlich. Es kommt dabei auf den Umfang der Sanierung und die Kenntnis des Mieters an. Hat der Vermieter die Wohnung als „saniert“ angeboten, dann kann der Mieter davon ausgehen, dass die zum Zeitpunkt der Sanierung geltenden technischen Regeln alle eingehalten wurden. Hat nur eine Sanierung einzelner Gewerke stattgefunden, dann gilt dies grundsätzlich nur für diese Gewerke, wobei zu beachten ist, dass nach zahlreichen Bauvorschriften umfangreiche Baumaßnahmen auch Nachbesserungspflichten bei anderen Gewerken auslösen. Auf die Einhaltung dieser Vorschriften darf der Mieter sich verlassen.
Neben dem Zeitpunkt der Errichtung oder der Sanierung der Wohnung kommt es auch auf den Zeitpunkt der Vermietung an. So kann für einen Mieter, der von Anfang an im Haus wohnt, der Neubaustandard aus dem Jahr der Errichtung des Gebäudes gelten, während für später einziehende Mieter der Altbaustandard gilt. Im ersten Fall hat der Vermieter diesen Zustand über die Mietzeit zu gewährleisten, muss also bei allen Abweichungen eine Instandsetzung vornehmen, im zweiten Fall sind die bis zur Vermietung eingetretenen Gebrauchsspuren und Abnutzungen bereits vom vertragsgemäßen Zustand abgedeckt, sodass u. U. kein Nachbesserungsanspruch in Betracht kommt. Dies gilt aber nicht für Gefahrenquellen und Verstöße gegen die Verkehrssicherungspflicht. Dies sind Mängel, die beseitigt werden müssen, selbst wenn sie seit Vertragsschluss vorliegen. Umgedreht kann bei der Vermietung einer sanierten Wohnung ein höherer Standard geschuldet werden als bei den übrigen nicht sanierten Wohnungen im Haus.
Nach der Rechtsprechung des BGH (BGH, Urt. v. 26.7.2004 – VIII ZR 281/03 – NJW 2004, 3174 = NZM 2004, 736 = MietPrax-AK § 536 BGB Nr. 7) kann aber auch bei der Vermietung von Altbauwohnungen ein Mangel vorliegen, wenn Mindeststandards nicht eingehalten wurden. Ausgangspunkt ist, wie oben bereits angesprochen, der Zweck des Vertrages, nämlich die Vermietung zum „Wohnen“. Für diesen Zweck muss die Wohnung geeignet sein. Auch wenn die Vorstellungen, was zum Wohnen notwendig ist, durchaus äußerst unterschiedlich sein können, so soll es nach Ansicht des BGH einen bestimmten Mindeststandard geben, der einzuhalten ist. Der Mieter 194einer Wohnung kann nach der allgemeinen Verkehrsanschauung erwarten, dass die von ihm angemieteten Räume einen Wohnstandard aufweisen, der der üblichen Ausstattung vergleichbarer Wohnungen entspricht. Hierbei sind insbesondere das Alter, die Ausstattung und die Art des Gebäudes, aber auch die Höhe der Miete und eine eventuelle Ortssitte zu berücksichtigen. Nicht alles, was bei Neubauten und im modernen Wohnungsbau zwischenzeitlich üblich geworden ist, kann auch bei Altbauten als üblich angesehen oder zum Maßstab gemacht werden.
Ein solcher Mindeststandard ist nicht objektiv und einheitlich für alle Wohnungen zu bestimmen. Auch bei Altbauten muss man noch differenzieren. So gibt es teilweise sicher noch Substandard-Wohnungen z. B. mit Toiletten im Treppenhaus. Dies entspricht sicher nicht mehr dem heute üblichen Standard. Trotzdem wird man kaum sagen können, dass den Vermieter hier eine Nachbesserungspflicht trifft, wonach er die Wohnung mit Innentoiletten ausstatten muss. Es handelt sich eben auch bei diesen den objektiven heutigen Mindeststandard unterschreitenden Wohnungen um einen eigenen Wohnungsteilmarkt. Auch nach der Rechtsprechung des BGH ist der Mindeststandard wohnungsteilmarktabhängig festzustellen. Konkret hat der BGH einen solchen Mindeststandard für den Bereich der Elektroinstallation entschieden. Der Mieter könne aufgrund des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts grundsätzlich erwarten, dass der vertragsgemäße Gebrauch einer Wohnung jedenfalls eine solche Lebensweise zulässt, die seit Jahrzehnten üblich ist und dem allgemeinen Lebensstandard entspricht (BGH Urt. v. 26.7.2004 – VIII ZR 281/03 – NJW 2004, 3174 = NZM 2004, 736 = MietPrax-AK § 535 BGB Nr. 7).
Achtung:
Dies gilt aber nur für Neuabschlüsse von Mietverträgen. Hier kann der Mieter, der nicht auf etwas anderes hingewiesen wurde, erwarten, dass der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltende Mindeststandard eingehalten wird. Bei Bestandsmietverhältnissen gilt das nicht.
Rechtsprechungsübersicht:
0 % Kinderlärm durch einen neuen Sandkasten im Hof (AG Aachen – 21.11.1986 – 14C 318/86 – WuM 1987, 83)
0 % Lärmbelästigung durch benachbarten Kinderspielplatz (AG Wedding – 26.6.2000 – 19C 644/99 – GE 2000, 1330)
5 % Kinderspielplatz ohne Sandkasten (LG Freiburg – 18.2.1975 – 9S 197/74 – ZMR 1976, 210)
Als Stoßlüften bezeichnet man das kurzzeitige und vollständige Öffnen von mindestens zwei Fenstern oder auch Außen- oder Terrassentüren einer Wohnung. Es entsteht Durchzug, wodurch die warme feuchte Luft durch kühlere trockene Luft ersetzt wird. Das Stoßlüften sollte im Idealfall drei- bis viermal täglich durchgeführt werden.
Rechtsprechungsübersicht:
0 % Lärmbelästigung durch eine veränderte Verkehrsführung (AG Neukölln – 6.6.2007 – 19C 105/07 – MM 2007, 299)
10 % Lärmbelästigung durch verstärkten Straßenlärm (LG Berlin – 27.2.1992 – 61S 259/91 – GE 1992, 1095)