Eine Schädelprellung ist eine stumpfe Verletzung des Schädels ohne Hirnbeteiligung, ohne offene Wunde und ohne Fraktur.
Am Schädel unterscheidet man:
Brüche der Schädelkapsel (Kalottenfraktur)
Schädelbasisfrakturen
Gesichtsschädelfrakturen
Die Prognose einer isolierten Schädelfraktur ist günstig. Nur bei zusätzlicher Verletzung von Hirnhäuten, Hirngewebe oder bei Hirnblutung entstehen Probleme.
Bei Kalottenfrakturen handelt es sich meist um schmale Bruchlinien in der Schädelkapsel ( ▶ Abb. 33.1). Durch ein direktes Trauma kann aber auch ein Knochenstück der Schädelkapsel nach innen eingedrückt (imprimiert) sein. Man spricht dann von einer Impressionsfraktur.
Abb. 33.1 Kalottenfraktur. Die Röntgenaufnahme des Schädels zeigt eine feine Bruchlinie (Pfeile).
Therapie Unkomplizierte Brüche ohne Hirnbeteiligung erfordern keine spezielle Behandlung. Dennoch muss der Patient über 1–2 Tage zum Ausschluss von Hirnblutungen (intrakraniellen Blutungen) oder einer später auftretenden neurologischen Symptomatik stationär überwacht werden.
Bei einer Impressionsfraktur besteht die Gefahr, dass die nach innen verlagerten Knochensplitter zu Verletzungen der Hirnhäute und des Hirngewebes führen können. Man entscheidet sich daher bei einer Stufenbildung von 3–5 mm zu einer operativen Behandlung mit Anhebung des eingebrochenen Knochenstücks.
Man unterscheidet offene und geschlossene Schädelbasisfrakturen. Bei offenen Schädelbasisfrakturen besteht eine offene Verbindung zwischen Liquorraum und Außenluft.
Symptome Verschiedene Symptome weisen auf eine Schädelbasisfraktur hin:
Blutung in die Umgebung der Augen ( ▶ Abb. 33.2):
Monokelhämatom: nur ein Auge betroffen,
Brillenhämatom: Blutung im Bereich beider Augen.
Blutung aus Ohr, Nase, Rachenhinterwand.
Liquorfluss (Liquorrhö) aus Ohr, Nase, Rachenhinterwand. In diesem Falle muss ein Antibiotikum verabreicht werden, da die Gefahr einer Infektion der Hirnhäute und des Gehirns durch von außen eindringende Keime besteht. Schließt sich die Liquorfistel nicht innerhalb weniger Tage spontan, muss ein operativer Verschluss erfolgen.
Neurologische Störungen an Hirnnerven (treten in bis zu 50 % der Schädelbasisbrüche auf). Besonders betroffen sind N. facialis (Prüfung durch Stirnrunzeln, Augenschluss, Zähnezeigen, Pfeifen), N. opticus (Gesichtsfeldausfälle), N. abducens (Doppelbilder) oder N. vestibulocochlearis (Gleichgewichtsstörungen, Schwindel, Hörverlust).
Trommelfelleinrisse verschließen sich innerhalb weniger Tage spontan.
Der Liquorfluss aus Ohr, Nase oder Rachenhinterwand ist der klinische Beweis für eine offene Schädelbasisfraktur.
Abb. 33.2 Schädelbasisbruch. Die Patientin zeigt ein typisches Brillenhämatom.
Diagnostik und Therapie Zur Diagnostik gehören spezielle Röntgenaufnahmen und ein CT. Die Therapie besteht i.d.R. in konservativen Maßnahmen (stationäre Überwachung, regelmäßige Kontrolle der neurologischen Situation) und richtet sich nach den Begleitverletzungen.
Zu Diagnostik und Therapie dieser Frakturen ist häufig die Zusammenarbeit zwischen Kieferchirurg, Augenarzt und HNO-Arzt nötig.
Nasenbeinfraktur Dies ist die häufigste Fraktur des Gesichtsschädels. Bei einer Dislokation sind aus kosmetischen Gründen Reposition und Fixation durch einen Stirn-Nasen-Gips (HNO-Arzt) erforderlich.
Mittelgesichtsfrakturen Sie betreffen den Oberkiefer und den Augenhöhlenboden. Bei Einklemmung von Augenmuskeln im Frakturspalt oder Stufenbildung der Zahnreihe ist eine operative Behandlung nötig. Letzteres ist wichtig, um eine normale Kaufunktion wiederherzustellen.
Unterkieferfrakturen Sie werden konservativ durch interdentale Drahtschienung ruhiggestellt, bei Zahnlosigkeit mittels Plattenosteosynthese.
Definition
Als Schädel-Hirn-Trauma (SHT) wird eine Kopfverletzung definiert, bei der eine Hirnbeteiligung vorliegt. Man spricht auch von Schädel-Hirn-Verletzung (SHV). Kopfplatzwunden und Schädelfrakturen sind kein SHT.
Einteilung In der Unfallchirurgie hält sich seit Jahrzehnten die Abgrenzung zwischen der Commotio (Gehirnerschütterung) und der Contusio (Gehirnquetschung) sowie der intrakraniellen Blutung. Diese Einteilung wird auch nachfolgend verwendet ( ▶ Abb. 33.3). Daneben ist aber auch die Klassifikation in drei Schweregrade gebräuchlich:
Schädel-Hirn-Trauma Grad I (ähnlich Commotio cerebri)
Schädel-Hirn-Trauma Grad II (ähnlich Contusio cerebri)
Schädel-Hirn-Trauma Grad III (schwere Contusio cerebri).
Die international gebräuchliche Glasgow-Koma-Skala unterteilt ebenfalls in 3 Schweregrade anhand von 3 leicht bestimmbaren Parametern (Augenöffnen, beste verbale Reaktion, beste motorische Reaktion, ▶ Tab. 33.1 ):
Leichtes Schädel-Hirn-Trauma (13–15 Punkte)
Mittelschweres Schädel-Hirn-Trauma (9–12 Punkte)
Schweres Schädel-Hirn-Trauma (3–8 Punkte)
Parameter |
zu beobachtende Reaktion |
Punktzahl |
Augenöffnung |
spontan |
4 |
auf Aufforderung |
3 |
|
auf Schmerzreiz |
2 |
|
keine Reaktion |
1 |
|
Verbale Antwort |
orientiert |
5 |
verwirrt |
4 |
|
inadäquat |
3 |
|
unverständliche Laute |
2 |
|
keine verbale Reaktion |
1 |
|
Motorische Antwort |
befolgt Aufforderung |
6 |
gezielte Schmerzabwehr |
5 |
|
ungezielte Schmerzabwehr |
4 |
|
abnorme Beugekrämpfe auf Schmerzreiz |
3 |
|
Streckkrämpfe auf Schmerzreiz |
2 |
|
keine Reaktion auf Schmerzreiz |
1 |
|
Summe pro Parameter |
= |
|
Die Punktzahl wird pro Parameter addiert, um so den Schweregrad des SHT festzustellen. |
Abb. 33.3 Schädel-Hirn-Trauma.
Definition
Unter einer Commotio cerebri (Gehirnerschütterung) versteht man eine leichte Hirnverletzung mit kurzfristiger Bewusstlosigkeit (max. 1 Stunde), die keine fassbaren Substanzveränderungen und keine Dauerfolgen hinterlässt.
Symptome Das klassische Vollbild einer Commotio (Gehirnerschütterung) ist durch 3 Symptome gekennzeichnet:
Bewusstlosigkeit: Sie beginnt immer sofort nach dem Trauma. Die Dauer beträgt meist nur wenige Sekunden bis einige Minuten, sodass der Patient bei Klinikaufnahme schon wieder ansprechbar ist. Lähmungen und Hirndruckzeichen gehören nicht zum klinischen Bild einer Gehirnerschütterung.
Amnesie: Die Gedächtnislücke erstreckt sich nicht nur auf den Augenblick des Traumas und die Zeit der Bewusstlosigkeit ( ▶ Abb. 33.4), sondern charakteristischerweise auch auf die letzten Sekunden vor dem Unfall (retrograde Amnesie) und – seltener – auf eine Zeitspanne nach dem Erwachen (antegrade Amnesie). Wegen der Amnesie kann der Patient zum Unfallhergang und zur Dauer der Bewusstlosigkeit keine oder nur unzuverlässige Angaben machen. Man ist deshalb auf die Fremdanamnese von Begleitpersonen angewiesen.
Erbrechen: Leichte vegetative Regulationsstörungen finden sich immer, das Erbrechen ist jedoch kein obligates Symptom.
Abb. 33.4 Amnesie. Nach Commotio oder Contusio cerebri findet sich charakteristischerweise eine Erinnerungslücke, die sowohl eine kurze Zeit vor dem Unfall umfasst als auch eine Phase nach dem Erwachen.
Zusatzinfo
Diagnostik. Benommenheit, ein Kollaps oder Erbrechen als einziges Symptom reichen für die Diagnose einer Commotio nicht aus. Wenn keine Bewusstlosigkeit vorlag und keine Amnesie besteht, handelt es sich lediglich um eine Schädelprellung.
Therapie und Prognose Die Behandlung der Commotio ist rein symptomatisch (durch z.B. Analgetikum bei Kopfschmerz, Antiemetikum bei Brechreiz, Antihypotonikum bei Vasolabilität). Ist der Kreislauf stabil, darf der Patient aufstehen. Die Commotio cerebri heilt immer folgenlos aus.
Zum Ausschluss einer Schädelfraktur ist eine Röntgenaufnahme erforderlich, bei Beeinträchtigung des Bewusstseins ein Schädel-CT, um eine sekundär auftretende intrakranielle Blutung nicht zu übersehen.
Pflegepraxis
Beratung. In leichten Fällen kann die Behandlung ambulant erfolgen, wenn der Patient zu Hause eine Begleitperson hat und beide ausreichend über Komplikationsmöglichkeiten (z.B. Bewusstseinseintrübung) aufgeklärt wurden.
Definition
Als Contusio cerebri (Gehirnquetschung) bezeichnet man eine schwere Hirnverletzung mit unterschiedlich langer Bewusstlosigkeit, die zu bleibenden, morphologisch fassbaren Hirnveränderungen führt und deshalb Dauerfolgen hinterlassen kann.
Symptome und Diagnostik Die wesentlichen Symptome einer Hirnkontusion sind:
initiale Bewusstlosigkeit beliebiger Dauer
zerebrale Herdsymptome
posttraumatischer Dauerschaden
Je länger die Bewusstlosigkeit, desto schwerer ist die Schädel-Hirn-Verletzung.
Die primäre Symptomatik kann einer Commotio cerebri ähneln. Die Bewusstlosigkeit dauert aber länger, meistens mehrere Stunden bis Tage.
Zerebrale Herdsymptome (z. B. Lähmungen, Krämpfe) deuten auf eine Kontusion und sind mit der Diagnose einer Commotio cerebri nicht vereinbar.
Ein Schädel-CT ist immer erforderlich, um eine begleitende (operationswürdige) intrakranielle Blutung auszuschließen bzw. zu erkennen.
Durchgangssyndrom Nach Wiedererlangen des Bewusstseins befindet sich der Verletzte in einem Zustand der verminderten zerebralen Leistungsfähigkeit. Diese pflegerisch anspruchsvolle Situation ist gekennzeichnet durch psychomotorische Verlangsamung, Desorientiertheit, Angst und Unruhe des Patienten. Je länger die Zeit der Bewusstlosigkeit war, desto ausgeprägter ist das Durchgangssyndrom.
Therapie Beim Schädel-Hirn-Verletzten sind folgende Erstmaßnahmen notwendig:
Atemwege freimachen, Seitenlagerung
bei Bewusstlosigkeit: Intubation
venösen Zugang legen (Notfallwerte abnehmen, hyperkolloidale Lösungen anhängen)
Magensonde und Harnblasenkatheter bei Bewusstlosen legen (obligatorisch!)
Reine Hirnkontusionen werden konservativ behandelt.
Pflegepraxis
Notfallmaßnahmen. Bewusstseinsgetrübte, nicht intubierte Verletzte müssen immer in stabile Seitenlage gebracht werden ( ▶ Abb. 33.5), um die Gefahr einer Aspiration zu vermindern!
Nach primärer Stabilisierung der Vitalfunktionen ist der Patient durch die Entwicklung eines Hirnödems bedroht (Schwellung des kontusionierten Hirngewebes durch Wassereinlagerung). Wegen der Unnachgiebigkeit der knöchernen Schädelkapsel führt das Hirnödem zu einer intrakraniellen Druckerhöhung ( ▶ Tab. 33.2 ).
Typische Symptome eines erhöhten Hirndrucks sind: |
|
Zusatzinfo
Babinski-Zeichen. Beim kräftigen Bestreichen der seitlichen Fußsohle von der Ferse Richtung Kleinzehe beugen sich normalerweise alle fünf Zehen nach unten (Plantarflexion). Diesen normalen Fußsohlenreflex nennt man „Babinski negativ“. Bei Läsionen des Gehirns oder Rückenmarkes kann sich die Großzehe Richtung Fußrücken strecken. Gleichzeitig werden die anderen vier Zehen gekrümmt oder abgespreizt. Diese bei Erwachsenen pathologische Reaktion bezeichnet man als „Babinski positiv“ oder positiven Babinski-Reflex.
Die Infusionsmenge soll wegen der intrakraniellen Druckerhöhung in den ersten Tagen nicht zu hoch angesetzt werden. Der Hirndruck kann bei schwerem Schädel-Hirn-Trauma mit einer Hirndrucksonde kontinuierlich gemessen werden. Bei manifestem Hirnödem werden hyperosmolare entwässernde Lösungen als Infusion verabreicht.
Pflegepraxis
Lagerung. Patienten mit einem SHT sollten mit erhöhtem Oberkörper (ca. 30°) gelagert werden. Eine Seitenlagerung ist auch möglich. Die Hochlagerung unterstützt die Hirnabschwellung ( ▶ Abb. 33.5). Der Hals darf nicht abgeknickt werden.
Abb. 33.5 Lagerung bei SHT. Das Kopfteil des Bettes ist um 30° angehoben, um einem Hirnödem entgegenzuwirken.
(Foto: A. Fischer, Thieme)
Merke
Das Hirnödem ist die häufigste und gefährlichste Komplikation nach einer Hirnkontusion.
Komplikationen und Prognose Es besteht immer die Gefahr einer sekundären Hirnschädigung durch ein Ödem oder eine intrakranielle Blutung. Je nach Ausdehnung des zerstörten Parenchyms kann der Tod eintreten oder eine Defektheilung durch Narbengewebe stattfinden.
Das Ausmaß des posttraumatischen Dauerschadens ist von der Ausdehnung und Lokalisation der geschädigten Hirnareale abhängig und oft erst nach Monaten definitiv zu beurteilen. Das Spektrum reicht von weitgehender Beschwerdefreiheit bis zum apallischen Syndrom (Wachkoma).
Zusatzinfo
Apallisches Syndrom. Es gibt Zustände nach einer Hirnkontusion, in denen die Patienten „wach“ aussehen. Sie haben die Augen zwar geöffnet, können aber nicht mit ihrer Umwelt kommunizieren. Wie viel und was die Betroffenen wahrnehmen, ist unklar.
Definition
Eine epidurale Blutung ist ein schweres Schädel-Hirn-Trauma mit arterieller Blutung zwischen Kalotteninnenfläche und Dura mater (Epiduralraum).
Die Einteilung der intrakraniellen Blutungen erfolgt nach der Lokalisation des Hämatoms ( ▶ Abb. 33.6).
Ursache Blutungsquelle sind zerrissene Äste der A. meningea media. Diese etwa 3 mm starke Arterie liegt unmittelbar an der Innenwand der knöchernen Schädelkalotte. Bei Schädelkalottenfrakturen (insbesondere im Schläfenbereich) kann die Meningea media zerrissen werden, womit es zur arteriellen Blutung in den Epiduralraum kommt.
Das epidurale Hämatom tritt häufig (aber nicht immer) bei einer Schädelfraktur auf.
Zusatzinfo
Verlauf. Die traumatische intrakranielle Blutung beginnt mit dem Zeitpunkt des ursächlichen Unfalls. Die klinischen Symptome entwickeln sich aber erst, wenn das Hämatom eine gewisse Größe erreicht hat und die dadurch bedingte Raumforderung auf das Gehirn Druck ausübt (Kompression).
Abb. 33.6 Intrakranielle Blutung. Anatomie der Hirnhäute und Lokalisation der Blutungen.
Symptome Das Epiduralhämatom äußert sich durch Zeichen des rasch progredienten Hirndrucks ( ▶ Tab. 33.2 in Kap. ▶ 33.2.2). Im Vordergrund stehen Eintrübung, Pupillendifferenz und Halbseitensymptomatik.
Pflegepraxis
Beobachtung. Die Hirndrucksymptome beginnen meistens 3–4 Stunden nach dem Unfall.
Mit Beginn der Eintrübung wird meist zuerst die Pupille auf der Seite der Blutung weit (homolaterale oder ipsilaterale Mydriasis). Dies ist Folge einer Okulomotoriuslähmung durch Druck des gleichseitigen Nervs gegen die knöcherne Schädelbasis. Typischerweise sind beide Augen zur Seite der Einblutung gerichtet („Der Patient schaut seinen Herd an“ = Déviation conjuguée). In der Körperperipherie treten Lähmungen bevorzugt auf der Gegenseite auf (kontralaterale Hemiparese), weil die betroffene Hirnhälfte anatomisch-funktionell der gegenseitigen Körperhälfte zugeordnet ist (Pyramidenbahnkreuzung). Später erfasst die Druckschädigung beide Hirnhälften.
In seltenen Fällen kann der Patient durch das ursächliche Trauma 2-mal bewusstlos werden. Primär durch eine Kontusion, einige Stunden später nochmals durch die intrakranielle Blutung. Dazwischen liegt das sog. „freie Intervall“ ( ▶ Abb. 33.7).
Zusatzinfo
Freies Intervall. Hierunter versteht man eine Zeitspanne relativer Bewusstseinsklarheit zwischen dem primären Koma (durch die zerebrale Verletzung bedingt) und der sekundären Bewusstseinstrübung (durch die Hirnkompression verursacht).
Abb. 33.7 Verlauf eines SHT mit epiduralem Hämatom. Klassischer 3-Phasen-Verlauf beim epiduralen Hämatom. Nach der primären Bewusstseinsstörung durch die Gehirnerschütterung oder Kontusion (Phase 1) erwacht der Patient nur vorübergehend (Phase 2). Eine erneute Eintrübung mit Halbseitensymptomen (Phase 3) spricht für die Entwicklung eines epiduralen Hämatoms.
Therapie Nach der Stabilisierung der Vitalfunktionen erfolgt ein Schädel-CT zur Diagnosesicherung. Operative Druckentlastung und Blutstillung erfolgen durch notfallmäßige Schädeltrepanation ( ▶ Abb. 33.8).
Abb. 33.8 Epidurale Blutung.
Abb. 33.8a Computertomografie des Schädels: Die Blutung (B) verdrängt das Gehirn und die Gehirnventrikel (Pfeil) zur Gegenseite.
Abb. 33.8b Intraoperativer Befund: Das epidurale Hämatom ist als dunkelrote Masse erkennbar. Links im Bild der herausgesägte Knochendeckel mit der unfallbedingten Schädelfraktur (Pfeil).
Prognose Etwa 85 % der erfolgreich Operierten werden wieder arbeitsfähig oder sind in der Lage, sich selbst zu versorgen.
Zusatzinfo
Nur ca. 1 % der Schädel-Hirn-Verletzten entwickelt eine posttraumatische intrakranielle Blutung.
Fallbeispiel
Epidurale Blutung. Der 14-jährige Moritz stürzt auf dem Heimweg von der Schule mit dem Fahrrad. Der Kopf schlägt auf die Straße. Er hatte keinen Helm auf. Er ist nicht ansprechbar, aber kreislaufstabil und atmet normal. Sein begleitender Freund wählt mit seinem Handy den Notruf „112“ und Moritz wird mit dem Notarztwagen ins Krankenhaus gebracht, wo er wieder voll bei Bewusstsein ist. Er kann sich aber an nichts erinnern. Die Röntgenaufnahme des Schädels ist unauffällig, keine Fraktur. Klinisch sieht man nur ein Hämatom an der Schläfe über dem rechten Ohr. Nicht mal eine Platzwunde. Die herbeigerufene Mutter will ihr Kind unbedingt mit nach Hause nehmen, weil es ihm eigentlich ganz gut geht. Moritz ist nur etwas schläfrig, hat Kopfschmerzen und weiß von nichts.
Abends um 18 Uhr alarmiert die Mutter den Rettungsdienst, weil ihr Kind nicht mehr auf Ansprache reagiert. Im Krankenhaus wird sofort ein Schädel-CT durchgeführt. Dabei zeigt sich ein Hämatom im Kopf intrakraniell, rechts temporal. Eine epidurale Blutung. Moritz wird als Notfall sofort operiert. Die das Hirn verdrängenden Blutmassen werden ausgeräumt und die Blutung wird gestillt.
Nach einem halben Jahr geht es Moritz wieder richtig gut. Er ist Klassenbester in der Schule und auch seine Mitschüler merken nichts mehr von dem Unfall. Die Narbe am Kopf wird durch seine Haare verdeckt.
Definition
Als akute subdurale Blutung bezeichnet man ein schweres Schädel-Hirn-Trauma mit vorwiegend venöser Blutung zwischen Dura mater und Arachnoidea (Subduralraum, ▶ Abb. 33.6), meist mit gleichzeitiger Hirnkontusion.
Symptome Der Patient ist i.d.R. wegen der begleitenden Hirnkontusion primär bewusstlos und klart nicht auf. Bei beidseits lichtstarren Pupillen und Streckkrämpfen ist die Prognose äußerst schlecht.
Therapie Nach dem CT erfolgt die operative Ausräumung des Hämatoms mit Versorgung der blutenden Hirnkontusion durch eine Kraniotomie ( ▶ Abb. 16.13).
Zusatzinfo
Chronische Blutung. Das chronische Subduralhämatom entsteht in höherem Alter mit zunehmender Gefäßbrüchigkeit meist unabhängig von einem Trauma. Ursachen sind Gefäßerkrankungen, Gerinnungsstörungen (Marcumar), chronischer Alkoholismus. Die Symptome mit Bewusstseinseintrübung erinnern an ein Durchgangssyndrom.
Definition
Als intrazerebrale Blutung bezeichnet man ein schweres Schädel-Hirn-Trauma mit kontusionsbedingter Blutung innerhalb des Hirnparenchyms. Die intrazerebrale Blutung kann auch als Folge eines Schlaganfalls (Gefäßruptur mit Blutung ins Hirngewebe) auftreten.
Symptome Das klinische Bild ist meist schwerwiegender als bei einer reinen Kontusion (tiefes Koma mit ausgeprägten Herdsymptomen). Weite lichtstarre Pupillen weisen auf die beginnende Einklemmung des Mittelhirns hin, d.h. die drohende Dezerebration.
Zusatzinfo
Dezerebration. Der Zustand der Dezerebration (Enthirnungsstarre, apallisches Syndrom) entspricht einer funktionellen Trennung zwischen Hirnmantel (Pallidum) und Hirnstamm. Überlebt der Patient, so wird er zum Apalliker. Die Großhirnfunktionen sind weitgehend ausgeschaltet, die lebenswichtigen untergeordneten Zentren funktionieren aber noch, evtl. über viele Jahre. Symptome der Dezerebration sind tiefes Koma, Streckkrämpfe mit Innenrotation (lockern sich später), Mydriasis mit eingeschränkter Lichtreaktion, unkoordinierte Augenbewegungen, Kau- und Saugbewegung (orale Automatismen).
Therapie Eine neurochirurgische Hämatomentfernung sollte angestrebt werden, ist wegen der Befundausdehnung und ungünstigen Lokalisation jedoch oft nicht möglich. Konservative Maßnahmen entsprechen der Therapie bei Contusio cerebri. Die Prognose ist sehr schlecht.
Definition
Als Subarachnoidalblutung (SAB) bezeichnet man die unfallunabhängige Ruptur eines Aneurysmas an der Hirnbasis. Häufig besteht eine schwere neurologische Symptomatik.
Ursache Die kurzstreckige Erweiterung einer Arterie an der Hirnbasis ist angeboren und entspricht einem echten Aneurysma. Die meisten bleiben zeitlebens asymptomatisch. Eine Ruptur kann jedoch jederzeit erfolgen, oft ohne erkennbaren Anlass. Das Blut breitet sich im Subarachnoidalraum aus ( ▶ Abb. 33.6).
Symptome und Diagnostik Das Ereignis verläuft hochdramatisch und endet oft tödlich. Zeichen sind: plötzlich beginnender, vernichtender Kopf- und Nackenschmerz, Krämpfe und Bewusstseinstrübung.
Möglichst rasch erfolgt ein CT des Schädels mit Kontrastmittel, das die Blutung zeigt. Die Lumbalpunktion fördert blutigen Liquor, weil das Blut auch in den Rückenmarkskanal gelangt.
Therapie Ziel ist die Ausschaltung des Hirnbasisaneurysmas durch eine offen chirurgische oder interventionelle Kathetermaßnahme. Bei der OP wird ein Metallclip eingebracht, der das Aneurysma und damit die Blutungsquelle verschließt ( ▶ Abb. 33.9). Bei der interventionellen Methode wird eine Leistenarterie punktiert. Über den Katheter wird das Aneurysma durch Einbringen kleiner Metallteile (Coils) verschlossen („embolisiert“).
Prophylaxe Intrakranielle Aneurysmen sollten ab einer Größe von ca. 10 mm vorsorglich ausgeschaltet werden, um einer Ruptur vorzubeugen. Die Beseitigung des Aneurysmas erfolgt durch neurochirurgisches Clipping oder endovaskuläre Embolisierung.
Abb. 33.9 Intrakranielles Aneurysma der Hirnarterien.
Abb. 33.9a Der operativ eingebrachte Metallclip (grau) klemmt die Blutzufuhr zu dem darübergelegenen Aneurysma ab (dreidimensionale CT-Darstellung).
Abb. 33.9b Postoperative Röntgenaufnahme: Metallclip im Schädel zur Aneurysmaausschaltung. Man sieht zudem die Hautklammern nach der Kraniotomie.
Ein Schädel-Hirn-Trauma kann verschiedene Ausprägungen annehmen ( ▶ Abb. 33.3), die jeweils ganz unterschiedliche Therapien und Pflegemaßnahmen erfordern. Im Vordergrund stehen stets die Sicherung der Vitalfunktionen und die schnellstmögliche Behandlung des verletzten Gehirns. Im Folgenden werden die pflegerischen Schwerpunkte im akuten Stadium nach einer Operation am Gehirn beschrieben.
Situation des Patienten Eine Verletzung am Gehirn ruft plötzlich und unerwartet eine meist schwere Pflegebedürftigkeit hervor. Ein Patient im Wachkoma ist ein „Gefangener seines Körpers“. Ein Betroffener im postoperativen Delir ist nicht fähig, seine Reaktionen zu steuern. Er wird bewegt und weiß nicht, wohin. Er weiß nicht, ob er liegt oder sitzt, wo oben und unten ist. Oder er kann sich bewegen, aber nur mit viel Mühe und nicht, wie er will. Andere Menschen sagen ihm, er solle sich anstrengen und sich Mühe geben, doch er spürt nicht, was seine Gliedmaßen tun oder dass ihm das Essen aus dem Mund läuft. Je mehr er sich bemüht, umso mehr verkrampft er. Er weiß nicht, was ein „Messer“ oder was eine „Zahnbürste“ ist.
Komplexe pflegetherapeutische Maßnahmen Im akuten Stadium und auch bei einer anhaltenden Bewusstlosigkeit sollten Pflegende den Patienten möglichst in alle Pflegehandlungen aktiv miteinbeziehen. Diese oft aufwendigen Maßnahmen können gesondert abgerechnet werden über den Pflegekomplexmaßnahmen-Score (PKMS).
Merke
Im Vordergrund aller pflegetherapeutischen Maßnahmen stehen die Förderung der Wahrnehmung und die Aktivierung des Gehirns.
ATLs mit dem Affolter-Modell® Lernen geschieht, laut Frau Dr. Félicie Affolter, in der Interaktion mit der Umwelt. Menschen mit Hirnschädigungen sind in dieser Interaktion beeinträchtigt. Im Rahmen des Affolter-Modells® (auch „Geführte Interaktionstherapie“ genannt) führt die Pflegekraft Handlungsabläufe gemeinsam mit dem Patienten aus. Gezieltes Führen, an Händen und Körper, während alltäglicher Geschehnisse trägt zur Verbesserung der gespürten Informationssuche bei.
„Führen“ bedeutet in diesem Fall, dass eine andere Person mit dem Körper des Patienten Handlungen so ausführt, dass gemeinsam Beziehungen zwischen dem Patienten und der Umwelt hergestellt werden. Durch diese geführten Interaktionserfahrungen werden motorische, kognitive und emotionale Leistungen gefördert, sodass Fortschritte in der gesamten Teilhabe möglich sind. Das Arbeiten nach Affolter gehört mittlerweile zu den wichtigsten therapeutischen Ansätzen in der Arbeit mit
hirnverletzten Patienten.
In der Interaktionstherapie nach Affolter wird in zwei Phasen der Intervention unterteilt. Betroffene, die absolut nichts zur Selbstpflege beitragen können, werden „Pflegerisch“ geführt. Patienten, die ihre Hände bereits etwas einsetzen, können „Elementar“ geführt werden.
Das Pflegerische Führen wird mit erhöhtem Druck (Stopfen) und klaren Berührungen am Patienten ausgeführt ( ▶ Abb. 33.10). Ziel ist, dass der Betroffene erkennt, was mit ihm gemacht wird und er mit Aufmerksamkeit der Pflegehandlung folgen kann.
Abb. 33.10 Pflegerisches Führen. Dem Patienten wird durch klare Berührungen (Stopfen) die richtige Information vermittelt.
Das Elementare Führen hingegen wird eingesetzt, um den Betroffenen dabei zu unterstützen, die eigenen Hände wieder zu steuern und um alltägliche Pflegehandlungen wieder selbstständig auszuführen. Die Pflegeperson führt die Hände bei den Pflegeaktivitäten und vermittelt so Handlungsplanung und Sicherheit ( ▶ Abb. 33.11). Bei beiden Arten des Führens wird immer wieder die Position des Patienten minimal verändert und durch kleine Schaukelbewegungen (Informationssuche) bestätigt.
Nähere Informationen: www.affolter.info
Abb. 33.11 Elementares Führen. Die Hände des Patienten werden bei Alltagsaktivitäten deckungsgleich geführt.
Lagern und Mobilisieren nach dem Bobath-Konzept Sich bewegen ist ein Grundbedürfnis eines jeden Menschen. Dies gelingt nach einer Hirnschädigung oft nicht immer. Wenn Pflegende nun dem Betroffenen bei der Bewegung behilflich sein müssen oder diese gar für ihn übernehmen (Lagerung und Mobilisation), sollte dies nach den Gesichtspunkten des Bobath-Konzeptes stattfinden.
Merke
Grundlagen im Bobath-Konzept
Fähigkeiten (wieder-)erlernen
Lernangebote für normale Bewegung ermöglichen
Bewegungsabläufe anbahnen, erleichtern und fördern
Haltungshintergrund schaffen
Spastik vermeiden
Pflegende sollten sich immer wieder bewusst machen, wie physiologische Bewegungsabläufe aussehen. Es kann hilfreich sein, sich selbst in die Situation und die Körperposition des Patienten zu begeben. Somit können Bewegungsabläufe, die von den Patienten verlangt werden, kontrolliert und Schritt für Schritt nachvollzogen werden.
Lagerung dient nicht nur der Dekubitusprophylaxe, sondern ist ein wichtiger Bestandteil der Wahrnehmungsförderung. Durch falsches Handling können Fehlhaltungen oder Spasmen ausgelöst werden. Lagerungen sind immer stabile Ausgangsstellungen, die den Körperbau und die Muskulatur des Betroffenen unterstützen, sodass er entweder ausruhen oder in einer aktiven Position handeln kann.
Mundpflege auf der Basis von FOTT Menschen nach einer Hirnschädigung leiden häufig an einer Dysphagie (Schluckstörung, ▶ Abb. 33.12). Eine Schluckstörung ist die mangelnde oder fehlende Fähigkeit, Nahrung oder Speichel in den Magen zu transportieren. Die Aspirationsgefahr ist dadurch stark erhöht. Hat der Patient eine Trachealkanüle, so kann diese geblockt werden, um die Gefahr der Aspiration zu reduzieren. Durch die häufig lange Behandlungszeit auf der Intensivstation sind die Funktionen des Mundes vernachlässigt.
Abb. 33.12 Dysphagie. Der Kehldeckel bleibt beim physiologischen Schluckakt verschlossen. Bei einer Schluckstörung kann Nahrung, Flüssigkeit oder Speichel durch Dysfunktion des Kehlkopfes auch in die Luftröhre (Trachea) gelangen.
Der Mund-Rachen-Raum hat vielfältige Funktionen (Atmen, Schlucken, Sprechen …), durch die Fazio-orale Trakt-Therapie (FOTT) können diese unterstützt werden.
Merke
Voraussetzung für eine sichere Mundpflege ist die aufrechte Sitzposition oder Seitenlage.
Grundlage der FOTT ist die deutliche Stimulation des Gesicht- und Mundraums während des Waschens des Gesichts und bei der Mundpflege. Die sog. Grundstimulation fördert das Schlucken und die Wahrnehmung im Mund. Der Mund ist sensorisch sehr gut mit Nerven versorgt und Geschehnisse im Mund fördern Wachheit und Orientierung. Diese Bewegungen sind denen ähnlich, die gesunde Menschen erfahren, wenn ihre Zunge den Mund reinigt.
Gedanklich unterteilt man den Mund in 4 Quadranten, von denen jeder gesondert nacheinander behandelt wird. Die Stimulation wird auf der weniger betroffenen Seite begonnen. Die angefeuchtete Zahnbürste wird 3-mal mit spürbarem Druck am Zahnfleisch entlang, von vorne nach hinten, geführt. Dann wird die Zahnbürste so gedreht, dass die Wange etwas nach außen gedehnt wird. Dem Patienten wird eine kurze Pause zum Schlucken gegeben. So werden alle 4 Quadranten behandelt. Danach beginnt man mit der Stimulation der Zunge in 3 Schritten von vorne nach hinten. Die Zahnbürste wird danach gedreht, um den harten Gaumen zu stimulieren. Für den Patienten ist es angenehmer und verständlicher, wenn für die Mundpflege normale Utensilien wie Zahnbürste und Mundwasser verwendet werden.
Beobachtung der Vitalzeichen Das Herz-Kreislauf-Monitoring ist in der Akutphase unumgänglich. Neben der Kontrolle von Blutdruck, Puls, Temperatur und Bewusstsein ist die engmaschige Kontrolle der Pupillen wichtig. In den meisten Fällen muss der Patient intubiert und apparativ beatmet werden. Er sollte nur so lange wie unbedingt nötig sediert werden, da dadurch die Wahrnehmung stark eingeschränkt wird.
Hirndruckmessung Eine der schwierigsten Komplikationen nach einer Verletzung am Gehirn sind die Folgen eines erhöhten Hirndrucks. Durch eine implantierte Hirndrucksonde können die Druckverhältnisse in der Schädelkalotte genau beobachtet werden.
Absaugung Beim Absaugen von Sekret aus der Trachealkanüle müssen Pflegende sehr behutsam vorgehen, da die Maßnahme den Patienten stark belastet und ein Hustenanfall den Hirndruck erhöhen kann. Der Patient wird verbal und mit einer deutlichen Berührung am Brustkorb auf das Absaugen vorbereitet. Um einen Sauerstoffmangel während des Absaugens zu reduzieren, sollte die Absaugprozedur nicht länger als 20 Sekunden dauern.
Lagerung und Mobilisation Bei erhöhtem Hirndruck wird meist eine Rückenlage mit 30°-Hochlagerung des Oberkörpers empfohlen. Um den venösen Rückfluss zu gewährleisten, darf der Kopf nicht gedreht oder gedehnt werden (sog. achsengerechte Lagerung). Um die Gefahr einer Minderdurchblutung des Gehirns zu reduzieren, sollte der Betroffene außerdem nicht höher als 45° gelagert werden. Wenn möglich, kann das gesamte Bett schräggestellt werden, um die entsprechende Position zu erhalten.
Ernährung Bei der Ernährung und auch bei der Infusionstherapie muss beachtet werden, dass bei polytraumatisierten oder fiebernden Patienten der Energiebedarf um bis zu 50 % gegenüber der Norm gesteigert sein kann. Die Umstellung von der parenteralen Ernährung auf die enterale Sondenkost kann mit kleinen Mengen von ca. 100 ml 3 × tgl. begonnen werden (möglichst als Bolusgabe). Wenn der Patient dies gut verträgt, kann die Menge je nach Zustand des Patienten gesteigert werden. Falls absehbar ist, dass eine vollständige orale Ernährung in den nächsten Wochen nicht möglich ist, sollte eine PEG der nasalen Ernährungssonde unbedingt vorgezogen werden, da diese vom Patienten besser toleriert wird und im Verlauf der Rehabilitation weniger störend ist.
Prophylaxen Bereits in der Akutphase wird mit prophylaktischen Maßnahmen begonnen.
Pneumonieprophylaxe: Die Gefahr einer Pneumonie, besonders einer Aspirationspneumonie, besteht hauptsächlich bei Schluckstörungen. Deshalb sollte das Anbahnen des Schluckens und Essens nur von erfahrenen Pflegenden durchgeführt werden. Auf das Abklopfen des Brustraums sollte aufgrund der schädlichen Erschütterungen für das Gehirn verzichtet werden.
Dekubitusprophylaxe: Wechseldruckmatratzen sollten bei zerebral geschädigten Patienten nicht zum Einsatz kommen, da diese durch ihre ständig wechselnde Auflagefläche den Patienten in seiner Wahrnehmungsfähigkeit stark beeinträchtigen und die Spastik erhöhen. Zur Dekubitusprophylaxe kommen daher besonders Mikrolagerungen zum Einsatz.
Obstipationsprophylaxe: Patienten dürfen beim Stuhlgang nicht pressen, da sonst der Hirndruck steigt und die Gefahr einer Hirnblutung besteht. Daher müssen Pflegende gegebenenfalls entsprechende Maßnahmen einleiten, um die Konsistenz des Stuhlgangs zu beeinflussen.
Kontrakturenprophylaxe: Steht der Patient mehrmals täglich auf seinen Füßen, z. B. beim Umsetzen, ist eine Spitzfußprophylaxe gewährleistet. Eine Spitzfußprophylaxe im Bett sollte nicht erfolgen, wenn es dadurch zu einem spastischen Strecken des Fußes kommt. Durch das Einbeziehen des Patienten in die Pflegehandlungen sollten alle Gelenke ausreichend bewegt werden.
Die obere Extremität setzt sich zusammen aus dem Schultergürtel mit Schlüsselbein (Klavikula) und Schulterblatt (Skapula), dem Oberarm mit Schulter- und Ellenbogengelenk, dem Unterarm mit Speiche (Radius), Elle (Ulna) und der Hand.
Schultergürtel und Schultergelenk bilden eine funktionelle Einheit. Der außerordentlich große Bewegungsumfang des Schultergelenks ist auf ein genau koordiniertes Zusammenspiel der Strukturen des Schultergürtels und des Oberarms angewiesen. Im Gegensatz zum Hüftgelenk ist das Schultergelenk ein muskelgeführtes Gelenk, das sehr viel verletzungsanfälliger ist und bei dem Fehlbelastungen häufig zu schwerwiegenden Funktionsstörungen führen können.
Häufige Ursachen von Funktionsstörungen sind Läsionen der Rotatorenmanschette (Muskeln zur Oberarmdrehung), Schleimbeutelentzündungen oder Osteophyten an der Akromion-Unterseite.
Zusatzinfo
Unter Rotatoren oder Rotatorenmanschette versteht man die Muskeln, die vom Schultergürtel zum Oberarm (Humerus) verlaufen und für die Drehbewegung des Oberarms nach außen oder innen (Außenrotation, Innenrotation) zuständig sind.
Schulter-Arm-Syndrom Dieser allgemein gehaltene Begriff beschreibt eine schmerzhafte Funktionsstörung der Schulter mit Bewegungseinschränkung. Ähnlich ist es mit der Periarthritis humeroscapularis oder dem Impingement-Syndrom. Heute werden ursachenbezogene Krankheitsbezeichnungen bevorzugt, was Folge der verbesserten Diagnosemöglichkeiten durch Sonografie und MRT ist.
Definition
Das Supraspinatussyndrom bezeichnet eine Ansatztendinose des M. supraspinatus an der Schulter: Es ist die häufigste Läsion der Rotatorenmanschette.
Ursache Durch die mechanische Einengung der Supraspinatussehne bei der Abduktion des Oberarms kommt es zu degenerativen Veränderungen und zur Minderdurchblutung mit Reizzustand. Häufig entwickelt sich ein Schleimbeutel unterhalb des Akromions (Bursa subacromialis), wodurch das Sehnengleitlager weiter zerstört wird.
Symptome Das Syndrom zeigt sich durch:
Schulterschmerzen bei Abduktion gegen Widerstand
schmerzhafte Bewegungseinschränkung bei Elevation des Armes (Painful-arc-Syndrom)
Druckschmerz am Tuberculum majus (Ansatzpunkt des M. supraspinatus)
Therapie Die Therapie erfolgt zunächst konservativ medikamentös und physiotherapeutisch kombiniert (Traktionsbehandlung, manuelle Mobilisation) und durch Medikamenteninfiltration am Triggerpunkt. Bei jüngeren Menschen kommt eine operative Behandlung infrage (arthroskopische subacromiale Dekompression) mit unmittelbarer physiotherapeutischer Weiterbehandlung.
Definition
Als Bursitis calcarea bezeichnet man die Kalkablagerung in den Sehnenansätzen der Rotatorenmanschette.
Ursache Ursache ist die Austrocknung der als Schutzpolster gebildeten Schleimbeutel zwischen Rotatorenmanschette und Schulterhöhe.
Symptome Die Symptome sind ähnlich wie beim Supraspinatussyndrom, jedoch mehr bewegungs- und weniger belastungsabhängig. Es bestehen eine schmerzbedingte Schonhaltung und die klassischen Entzündungszeichen ( ▶ Tab. 3.3 ).
Therapie Die Therapie erfolgt zunächst konservativ. Die Kalkablagerungen können bei Entlastung resorbiert und aufgelöst werden. Eventuell kann mit einer Stoßwellenbehandlung, Punktionen und der Spülung des Kalkherds therapiert werden. Bei Erfolglosigkeit wird der Kalkherd operativ mittels Arthroskopie entfernt (subakromiale Dekompression mit Abtragen von Akromionexophyten und Glätten der Schultergelenksexophyten).
Definition
Als Frozen Shoulder (Schultersteife) bezeichnet man eine Erkrankung der Gelenkkapsel der Schulter.
Ursache Zur Frozen Shoulder kommt es nach harmlosen Schulterzerrungen beim Sport, beim Vorliegen einer Schulterarthrose oder nach langfristiger Ruhigstellung im Desault- oder im Gilchrist-Verband. Die Schleimhaut im unteren Schultergelenksanteil verklebt, wodurch die Abduktion und Außenrotation des Oberarms im Schultergelenk eingeschränkt oder aufgehoben werden.
Symptome Es besteht eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung des Schultergelenks bis hin zur völligen Versteifung. Häufig betroffen sind Patienten zwischen 40 und 60 Jahren.
Zusatzinfo
Versteifung von Gelenken. Die Versteifung eines Gelenks wird als Ankylose bezeichnet. Die Ankylose ist von der Kontraktur abzugrenzen. Unter einer Kontraktur versteht man eine Funktionsstörung mit weitgehender Bewegungseinschränkung des Gelenks durch Verkürzung von Muskeln oder Sehnen.
Therapie und Prognose Die Therapie erfolgt zunächst konservativ mit Physiotherapie (manuelle Therapie unter Schmerzausschaltung), ggf. wird eine schonende Narkosemobilisation mit arthroskopischer Arthrolyse (Verwachsungslösung) durchgeführt.
Durch eine konsequente, aber schonende physikalische Therapie kann oft ein gutes schmerzarmes Endergebnis erreicht werden. Die Behandlung ist sehr langwierig.
Ursache und Symptome Ursache einer Schulterluxation ist ein Sturz auf den ausgestreckten Arm, den Ellenbogen oder direkt auf die Schulter. Die wichtigsten Symptome einer Schulterluxation sind:
starke Schmerzen
Deformierung der Schulter
aufgehobene Beweglichkeit des Oberarms mit „federndem“ Widerstand
tastbare Delle wegen „leerer“ Gelenkpfanne ( ▶ Abb. 33.13)
Die Schulterluxation tritt mit 50 % aller Luxationen am häufigsten auf.
Abb. 33.13 Schulterluxation.
Abb. 33.13a Verrenkung des Oberarmkopfs.
Abb. 33.13b Kontrolle nach Reposition.
Diagnostik und Therapie Auch bei sicheren Luxationszeichen ist zum Ausschluss einer Luxationsfraktur eine Röntgenaufnahme erforderlich.
Die Reposition erfolgt durch manuellen Zug primär ohne Narkose. Gelingt die Reposition nicht problemlos, sollten weitere Versuche in Narkose erfolgen. Anschließend ist eine Ruhigstellung der Schulter im Gilchrist- oder Desault-Verband ( ▶ Abb. 33.14) für ca. 5 Tage notwendig.
Wichtig ist die anschließende Physiotherapie zur Mobilisierung des betroffenen Schultergelenks und Armes.
Vor und nach jeder Reposition ist eine Kontrolle von Durchblutung, Motorik und Sensibilität der Extremität, v. a. der Finger auf der betroffenen Körperseite durchzuführen. Ferner ist vor und nach jeder Reposition eine Röntgenkontrolle erforderlich.
Pflegepraxis
Mobilisation. Wegen der Kontrakturgefahr bei älteren Menschen sollte die Schulter nach Luxation nicht länger als 1 Woche ruhiggestellt werden.
Die Bewegungseinschränkung im Schulter-Oberarm-Bereich erfordert verstärkt Hilfestellungen durch Pflegende bei den Aktivitäten des täglichen Lebens (z.B. beim Anziehen, bei der Nahrungsaufnahme, Körperpflege und beim Toilettengang.)
Zusatzinfo
Wiederkehrende Luxationen. Durch traumatische Abrisse der Gelenklippe (Bankart-Läsion) kann sich besonders bei jüngeren Menschen eine habituelle Schulterluxation entwickeln. Die Abklärung erfolgt durch Kernspintomografie. Bei jungen Patienten besteht meistens eine OP-Indikation.
Abb. 33.14 Ruhigstellung der Schulter mithilfe eines Gilchrist-Verbandes.
(Abb. aus I care Krankheitslehre. Thieme; 2020)
Definition
Als habituelle Schulterluxation bezeichnet man die gewohnheitsmäßige Verrenkung des Oberarmkopfs, meist nach vorne unten, infolge von muskulären Dysbalancen und nach traumatischer Erstluxation.
Ursache Im Gegensatz zum Hüftgelenk ist die knöcherne Führung des Oberarmkopfs in der Schulter sehr gering. Der Oberarmkopf kann dadurch leicht von der Schulterpfanne abrutschen und luxieren. Kommt es ohne Trauma wiederholt zu Verrenkungen der Schulter, sprechen wir von einer habituellen Schulterluxation.
Zusatzinfo
Manche Menschen können eine Schulterluxation auch willentlich hervorrufen.
Therapie Die Reposition (Einrenkung) gelingt leicht. Bei jüngeren Menschen kann eine operative Stabilisierung des Schultergelenks indiziert sein, um Reluxationen zu vermeiden und einer Schultergelenksarthrose vorzubeugen. OP-Verfahren sind:
Schrumpfung der instabilen Gelenkkapsel (Laser-Shrinking)
arthroskopische Refixierung der vorderen Gelenklippe zur Blockierung des Luxationswegs
Stabilisierung durch Transpositionen von Kapselteilen
Definition
Eine Verrenkung des Schultereckgelenks bezeichnet man auch als Luxation im Akromioklavikulargelenk, Luxation im AC-Gelenk oder AC-Gelenksprengung.
Das Akromioklavikulargelenk (AC-Gelenk) wird von lateraler Klavikula und einem knöchernen Vorsprung (Akromion) des Schulterblatts gebildet.
Ursache und Einteilung Durch einen Sturz auf die Schulter können die stabilisierenden ligamentären Strukturen zerreißen, sodass es zur Verrenkung des Schultereckgelenks kommt ( ▶ Abb. 33.15).
Das Ausmaß der Verletzung wird nach Rockwood (6 Schweregrade) oder Tossy (3 Schweregrade) klassifiziert:
Rockwood oder Tossy I: Bänderzerrung, keine Bandruptur nachweisbar
Rockwood oder Tossy II: Teile der Bänder sind zerrissen
Rockwood oder Tossy III: sämtliche Bänder des Gelenks sind rupturiert
Rockwood IV–VI: spezielle Verrenkungsformen
Abb. 33.15 AC-Gelenksprengung.
Abb. 33.15a Bei vollständiger Zerreißung aller Bandverbindungen (Grad III) luxiert das seitliche Schlüsselbeinende durch Muskelzug nach oben.
Abb. 33.15b Das Schlüsselbein steht hoch wie eine „Klaviertaste“.
Abb. 33.15c Röntgenbild.
Symptome und Diagnostik Bei kompletter Bandzerreißung (Grad III) kann man das „Klaviertastenphänomen“ auslösen: Das seitliche Schlüsselbeinende ist durch Muskelzug deutlich hochgezogen und gibt bei leichtem Fingerdruck wie eine Klaviertaste nach.
Die Röntgenaufnahme mit Zug am Arm (Patient trägt Gewichte in beiden Händen) zeigt eine Stufenbildung am Schultereckgelenk.
Therapie Bei Grad I und II erfolgt eine konservative Therapie durch Schulter-Tape-Behandlung oder den klassischen Gilchrist- oder Desault-Verband ( ▶ Abb. 33.14). Bei schwereren Verletzungen (ab Grad III) wird die operative Bandrekonstruktion erwogen.
Die Freigabe der Oberarmbewegung erfolgt stufenweise über 6 Wochen. Die Elevation (Anhebung) des Oberarms ist für 4 Wochen bis maximal 60°, dann für weitere 2 Wochen bis 90° erlaubt.
Pflegepraxis
Mobilisation. Während der Mobilisationsphase sind verstärkt Hilfestellungen notwendig (z. B. beim Anziehen, bei der Nahrungsaufnahme, bei der Körperpflege und beim Toilettengang).
Das Osteosynthesematerial sollte nach 6–8 Wochen entfernt werden, um Metallbrüche zu verhindern.
Ursache Die häufigste Ursache einer Klavikulafraktur (Schlüsselbeinfraktur) ist ein Sturz auf die Schulter oder den ausgestreckten Arm.
Therapie Bei der typischen Schlüsselbeinfraktur in Schlüsselbeinmitte erfolgt eine 3- bis 4-wöchige Ruhigstellung mittels Rucksackverband ( ▶ Abb. 33.16) oder entsprechend konfektionierter Orthese. Komplizierte Frakturen (z.B. nach Fahrradsturz) werden mit einer Rekonstruktionsplatte osteosynthetisch versorgt.
Abb. 33.16 Rucksackverband bei Klavikulafraktur. Durch den Zug der Schultern nach hinten wird eine günstige Frakturstellung erreicht. Der Verband muss alle 2 Tage nachgespannt werden, darf jedoch nicht so stark angezogen werden, dass Kribbeln, Taubheitsgefühl oder Stauungsgefühl im Arm auftreten.
Ursache Die häufigste Ursache einer Fraktur des Schulterblatts ist ein Sturz auf die Schulter oder den ausgestreckten Arm.
Therapie Bei der Fraktur des Skapulablatts erfolgt die Ruhigstellung im Gilchrist- oder Desault-Verband ( ▶ Abb. 33.14). Instabile Frakturen der Spina scapulae müssen oft operativ mit einer Plattenosteosynthese stabilisiert werden.
Definition
Als Omarthrose (Schultergelenksarthrose) bezeichnet man den Verschleiß des Schultergelenks.
Eine Arthrose (Gelenkverschleiß) entsteht auf dem Boden eines Missverhältnisses zwischen Belastungsfähigkeit eines Gelenks und dessen individueller Belastung (Kap. ▶ 32.2.1).
Ursache Man unterscheidet die primäre von der sekundären Omarthrose:
primäre Omarthrose: altersabhängiger Verschleiß des Gelenkknorpels bei Überlastung durch häufige Arbeit mit erhobenen Händen (Überkopfarbeit)
sekundäre Omarthrose: nach Verletzungen des Schultergelenks (posttraumatisch), bei rheumatischen Erkrankungen und bei Rotatorenmanschettenschaden
Therapie
Gelenkerhaltende Operationen Gelenkerhaltende Operationstechniken sind bei jungen Patienten und sekundärer Arthrose indiziert und sinnvoll. Beispiele: Rotatorenmanschettenrekonstruktion, Labrumrekonstruktion bei habitueller Luxation, exakte Osteosynthese nach Fraktur.
Zusatzinfo
Umschriebene Knorpelschäden werden auch heute meist konservativ behandelt.
Endoprothetischer Schultergelenkersatz Seit Mitte der 1990er Jahre deutliche Steigerung der Operationsfrequenz, doch zahlenmäßig im Vergleich zur Knie- und Hüftendoprothetik noch immer selten. Für den Schultergelenkersatz gibt es mehrere Prothesentypen ( ▶ Abb. 33.17):
Kappenprothese (Copeland-Cup): bei jungen Patienten bei posttraumatischer Zerstörung der Humeruskopfgelenkfläche indiziert.
Anatomische Schulterprothese: Unter Achsenkorrektur (modulare Prothesenmodelle) wird die komplette Knorpeloberfläche des Schultergelenks ersetzt, mit oder ohne Schulterpfanne (= Glenoid). Die Rotatorenmanschette (Muskulatur) muss so weit erhalten sein, dass eine stabile Schulterfunktion gesichert ist.
Inverse Schulterprothese: Bei zerstörter Rotatorenmanschette wird die Form des Schultergelenks umgedreht (daher „inverse“ Prothese). Die Schulterpfanne wird in den Humerus eingesetzt, der „Kopf“ ins Glenoid. Die Verankerung der Prothesenteile erfolgt meist unter Verwendung von Knochenzement. Vorteil: Der Humerus wird im Gelenk gehalten – Behebung des „Impingement-Schmerzes“. Nachteil: eingeschränkte Schulterfunktion – technisch sehr aufwendig.
Pflegepraxis
Mobilisation. Die postoperative Frühmobilisation ist entscheidend für den Erfolg des Operationsergebnisses.
Abb. 33.17 Schulter-TEP bei Omarthrose.
Abb. 33.17a Arthrose des Schultergelenks mit unregelmäßiger Gelenkoberfläche.
Abb. 33.17b Kappenprothese (Copeland-Cup).
Abb. 33.17c Anatomische Schulterprothese mit Ersatz des Oberarmkopfs ohne Schulterpfanne.
Abb. 33.17d Inverse Schulterprothese.
Ursache aller Oberarmfrakturen ist neben einem direkten Trauma der Sturz auf den ausgestreckten Arm oder den Ellenbogen. Frakturen des Oberarms werden konservativ behandelt. Zur Vermeidung von Gelenkversteifungen erfolgt früh eine funktionelle Behandlung.
Tuberculum-majus-Abriss Am großen Oberarmhöcker inserieren kräftige Muskeln für die Drehung des Oberarms (Rotatorenmanschette).
Therapie Bei dislozierten Frakturen erfolgt die operative Rekonstruktion ( ▶ Abb. 33.18), da am Tuberculum majus die Rotatorenmanschette ansetzt.
Pflegepraxis
Mobilisation. Wichtig ist die frühzeitige funktionelle Weiterbehandlung mit Physiotherapie, da sonst Gelenkeinsteifungen drohen.
Abb. 33.18 Tuberculum-majus-Abriss.
Abb. 33.18a Abriss des großen Oberarmhöckers (Pfeile).
Abb. 33.18b Postoperatives Bild nach Verschraubung, R: Redondrainage.
Subkapitale Humerusfraktur Der Bruch des Oberarmkopfs ist eine typische Verletzung bei älteren Menschen.
Therapie Es erfolgt eine nur kurzfristige Ruhigstellung im Gilchrist- oder Desault-Verband ( ▶ Abb. 33.14). Zur Kontraktionsprophylaxe in der Schulter wird eine frühzeitige aktive Bewegungstherapie durchgeführt.
Bei erheblicher Dislokation wird mit einem Hängegipsverband ( ▶ Abb. 32.19), Pendelgips oder durch Osteosynthese ( ▶ Abb. 33.19) therapiert.
Abb. 33.19 Subkapitale Humerusfraktur.
Abb. 33.19a Dislozierter Oberarmkopfbruch.
Abb. 33.19b Übungsstabile Plattensteosynthese.
Humerusschaftfraktur Im Bereich des Oberarmschafts verläuft der N. radialis. Die Verletzung dieses Nervs ist eine gefürchtete Begleitverletzung dieser Fraktur.
Therapie Die konservative Behandlung erfolgt durch spezielle Verbände (Brace-Verband, ▶ Abb. 33.20).
Pflegepraxis
Beobachtung. Eine Schädigung des N. radialis führt zur Parese der Handhebermuskeln und somit zur Fallhand. Sie ist eine Indikation zur operativen Therapie.
Abb. 33.20 Brace-Verband nach Sarmiento. Der Verband dient der funktionellen Behandlung der Humerusschaftfraktur.
Überwachung Neben den allgemeinen postoperativen Pflegemaßnahmen (Kap. ▶ 9.5) ist die Überwachung von Puls und Blutdruck in der frühen postoperativen Überwachung besonderswichtig. Da größere perioperative Blutverluste auftreten können, müssen die Redondrainagen engmaschig kontrolliert werden, um aktuelle Nachblutungen frühzeitig zu erkennen.
Häufig kommt es zu Schäden des N. axillaris auf der operierten Seite durch postoperative Einblutungen, daher muss eine regelmäßige ▶ DMS-Kontrolle erfolgen.
Lagerung Der operierte Arm wird postoperativ in einer flachen Schaumstoffschiene (z. B. Volkmann-Schiene) in leichter Abduktion gelagert. Beim Aufstehen ist für kurze Zeit ein Gilchrist-Verband ( ▶ Abb. 33.14) oder auch eine Armschlinge erlaubt.
Schmerzmanagement Auf Wunsch des Patienten und nach Rücksprache mit dem Arzt können zur Schmerzlinderung Kälteanwendungen zur Anwendung kommen. Besonders bei Mobilisation des Patienten müssen ausreichend Analgetika verabreicht werden.
Mobilisation Am 1. postoperativen Tag kann der Patient mobilisiert werden. Besonders wichtig ist dabei die Mobilisation zur Prophylaxe des brachialen Lymphödems durch die Physiotherapie.
Am 2. postoperativen Tag werden i.d.R. die Drainagen entfernt und die Patienten können passiv im CPM-Gerät mobilisiert (CPM = Continuous Passive Motion) werden. Der sog. „Schulter-Stuhl“ wird nach den Möglichkeiten der schmerzfreien Beweglichkeit täglich nachjustiert, um Gelenkversteifungen durch Kapseladhäsionen zu vermeiden.
Nach Rücksprache mit dem Operateur können zunehmend aktive Bewegungsübungen erfolgen, abhängig von der Schädigung der Rotatorenmanschette.
Prophylaxen Die postoperative Thromboseprophylaxe (Kap. ▶ 9.2) ist bei allen Patienten mit einer Endoprothese von besonderer Wichtigkeit. Der Patient soll frühzeitig aufstehen und dabei die Muskulatur anspannen (isometrische Übungen).
Entlassungsmanagement Meist schließt sich an den Klinikaufenthalt eine Rehabilitation in einer speziellen Rehabilitationsklinik oder in einem ambulanten Rehazentrum an. Pflegende informieren die Patienten vor Entlassung nochmals über die Verhaltensregeln zur Vermeidung von sekundären Rotatorenschäden.
Das selbstständige Autofahren nach einer Schulter-OP ist nach Rücksprache mit dem Operateur frühestens nach 8 Wochen erlaubt.
Sport sollte erst nach 3 Monaten und ebenso erst nach Arztrücksprache ausgeübt werden. Eine sportartspezifische Beratung bei Golf- und Tennisspielern ist oft sehr sinnvoll.
Definition
Eine Epikondylopathie ist eine Sehnenerkrankungen am Ellenbogen mit Belastungsschmerz.
Man unterscheidet:
Epicondylopathia humeroradialis (80 %): sog. Tennis-Ellenbogen mit Schmerzen am lateralen Oberarmhöcker
Epicondylopathia humeroulnaris (20 %): sog. Golfer-Ellenbogen mit Schmerzen am medialen Oberarmhöcker.
Ursache Eine Epikondylopathie entsteht durch monotone Überlastungen mit Mikrotraumatisierung der Sehnenansätze der Unterarmbeuger oder -strecker.
Therapie Die Behandlung erfolgt zunächst konservativ (Physiotherapie, Iontophorese, Querfriktionsbehandlung, ggf. Ruhigstellung im Oberarmgips für 3 Wochen). Bei Versagen der konservativen Maßnahmen kann eine Operation sinnvoll sein (OP nach Hohmann-Wilhelm: Einkerben des Sehnenspiegels am Periost des jeweiligen Epikondylus und subkutane Denervierung).
Definition
Die trans- und suprakondyläre Humerusfraktur (oberhalb des Ellenbogengelenks) stellt eine der häufigsten Verletzungen im Kindergarten- und Grundschulalter dar ( ▶ Abb. 33.21).
Ursache Typischer Unfallmechanismus ist der Sturz von der Schaukel.
Therapie Es erfolgt die Ruhigstellung im Oberarmgips. Transkondyläre abgekippte Frakturen müssen operativ rekonstruiert werden, da es sonst zu einem Fehlwuchs des Ellenbogens (Cubitus varum) kommen kann. Bei stabiler Gelenksituation wird postoperativ frühzeitig mit einer physiotherapeutischen Behandlung begonnen.
Abb. 33.21 Suprakondyläre Humerusfraktur beim Kind.
Abb. 33.21a Bruchstelle (Pfeile) oberhalb der Humeruskondylen.
Abb. 33.21b Röntgenkontrolle nach Spickdrahtosteosynthese. H: Humerus, R: Radius, U: Ulna
Definition
Bei der Subluxation des Radiusköpfchens gleitet das Radiusköpfchen aus seiner ligamentären Halterung. Man spricht auch vom Chassaignac-Syndrom (französischer Chirurg, 1805–1875).
Ursache Durch abrupten Zug am Arm, typischerweise durch die Mutter, die das Kind vor einem Sturz bewahren will, kommt es zur Subluxation des Radiusköpfchens ( ▶ Abb. 33.22).
Zusatzinfo
Diese Subluxation kommt nur bei Kleinkindern bis 4 Jahre vor. Bei der durch massive Gewalteinwirkung entstehenden Ellenbogenluxation des Erwachsenen handelt es sich hingegen um eine Verrenkung zwischen Humerus und Ulna.
Abb. 33.22 Subluxation des Radiusköpfchens. Durch plötzlichen Zug am hochgestreckten Arm des Kleinkinds gleitet das Speichenköpfchen aus seiner ligamentären Halterung. R: Radius, U: Ulna, H: Humerus.
Symptome Das Kind hat Schmerzen und kann den gebeugten Arm nicht strecken („Pseudolähmung“).
Diagnostik Die Diagnose wird aufgrund des Unfallhergangs und der Symptome gestellt. Eine Röntgenaufnahme ist nicht erforderlich.
Therapie Das luxierte Radiusköpfchen lässt sich leicht durch Beugung und Drehung (Supination) des kindlichen Unterarms reponieren. Dazu sind weder Analgetika noch eine Narkose erforderlich. Der reponierte Arm wird nicht ruhiggestellt.
Definition
Engpasssyndrome sind Funktionsstörungen infolge von Einengung und Quetschung einzelner Nerven.
Ursache Das Sulcus-ulnaris-Syndrom ist eine chronische Reizung des N. ulnaris durch Einengung am Ellenbogen (Musikantenknochen).
Symptome Typisch sind Kribbelparästhesien und Gefühlsstörungen in Ringfinger und kleinem Finger sowie eine Muskelschwäche dieser Finger beim Beugen. Diagnostische Maßnahme ist die Messung der Nervenleitgeschwindigkeit.
Therapie Wenn die konservative Behandlung nicht erfolgreich ist, erfolgt eine Entlastungsoperation oder die Ventralverlagerung des N. ulnaris auf die Ellenbeugeseite.
Ursache Das Supinator-Logen-Syndrom entsteht durch eine Einengung eines Astes (Ramus lateralis) des N. radialis (Speichennerv) in der Supinatorloge.
Symptome Kribbelparästhesien und ausstrahlende Schmerzen in den Daumen.
Therapie Die Behandlung erfolgt konservativ oder durch eine operative Erweiterung der Supinatorloge.
Ursache Das Karpaltunnelsyndrom entsteht durch eine Einengung des distalen N. medianus im Bereich der Handgelenksbeugeseite (Karpaltunnel). Das verdickte Querband (Dach des Karpaltunnels) drückt auf den Nerv.
Symptome und Diagnostik Kribbelparästhesien an Zeigefinger und Mittelfinger, v. a. nachts (Brachialgia nocturna). In fortgeschrittenen Fällen entwickelt sich eine Atrophie des Daumenballens. Zur Diagnostik wird die Nervenleitgeschwindigkeit gemessen.
Therapie In Plexusanästhesie wird das Querband (Retinaculum flexorum) offen oder endoskopisch gespalten.
Ursache Das Loge-de-Guyon-Syndrom entsteht durch die Einengung der Kleinfingernerven bei Drucküberlastung auf das Handgelenk (z.B. beim Fahrradfahren oder bei der Benutzung von Unterarmgehstützen).
Therapie Die Behandlung besteht in der Vermeidung der Überlastung, selten ist eine operative Dekompression angezeigt.
Die Handwurzel (Carpus) besteht aus mehreren kleinen Knochen. Nekrosen der Handwurzelknochen entstehen oft auch ohne fassbares Trauma.
Ursache Die Lunatum-Malazie (Morbus Kienböck) ist eine aseptische Knochennekrose des Mondbeins (Os lunatum) mit nachfolgendem Kollaps der Handwurzel und sekundärer Arthrose (Malazie = Erweichung, Nekrose = Absterben). Nach langjährigen Arbeiten mit dem Presslufthammer kommt eine Lunatum-Malazie besonders häufig vor.
Symptome Bewegungsschmerzen im Handgelenk infolge der Arthrose mit zunehmender Einsteifung sind die führenden Symptome.
Therapie Operative Behandlungsmöglichkeiten sind
die Auffütterung des abgestorbenen Knochens mit Spongiosa,
die interkarpale oder radiokarpale Arthrodese oder
die Implantation eines Platzhalters.
Ein Ganglion („Überbein“) ist ein gutartiger, bindegewebig abgekapselter, zystischer Tumor in Gelenknähe.
Zusatzinfo
Der Begriff „Ganglion“ taucht auch in der Neurologie auf. Dort bedeutet er „Nervenknoten“. Eine Baker-Zyste ist ein Ganglion (Überbein) in der Kniekehle.
Ursache Durch kleine Einrisse (Schwachstellen) in der fibrösen Gelenkkapsel tritt die Gelenkflüssigkeit durch die Gelenkkapsel aus und trocknet, unter Ausbildung eines derben prallelastischen Knotens, aus. Typische Lokalisation ist die Streckseite des Handgelenks ( ▶ Abb. 33.23).
Abb. 33.23 Ganglion. Typische Lokalisation an der Streckseite des Handgelenks.
Therapie Bei Beschwerdefreiheit wird konservativ therapiert, z.B. mit Bandagen, entzündungshemmenden Medikamenten, Schonung bzw. Ruhigstellung. Sonst erfolgt die operative Exstirpation des Ganglions mit anschließender Ruhigstellung zur Rezidivprophylaxe.
Eine Tendovaginitis (Sehnenscheidenentzündung) ist ein Reizzustand der Streck- oder Beugesehnen im Handgelenksbereich mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung.
Ursache Tendopathien sind Folge einer ungewohnten oder übermäßigen muskulären Anstrengung, z.B. bei Klavierspielern oder Handwerkern. Dadurch entsteht ein steriler Reizzustand im Bereich der Sehnen (tendo = Sehne).
Therapie Die schmerzhafte Region wird für einige Tage mit einem Tape- oder Schienenverband ruhiggestellt. Zusätzlich gibt man lokal (Salbe) oder systemisch entzündungshemmende Präparate (Antiphlogistika). Eine operative Behandlung (Spaltung der Sehnenscheide) ist nur selten indiziert.
Schnellender Finger Bei dem Versuch der Fingerbewegung ist anfänglich ein erhöhter Kraftaufwand erforderlich und die Streckung oder Beugung erfolgt nur langsam. Wenn der Widerstand in der erkrankten Sehnenscheide überwunden ist, führt der Finger die Bewegung ganz plötzlich („schnellend“) zu Ende. Die Therapie besteht in der Spaltung des Sehnenringbands.
Tendovaginitis de Quervain Es handelt sich um eine Entzündung des Sehnengleitgewebes der Sehnen des Daumens. Der Patient beklagt bewegungsabhängige Schmerzen im Bereich des Daumens. Die Therapie besteht primär in der Ruhigstellung. Bei Fortdauer der Beschwerden erfolgt die Spaltung des Sehnenfachs.
Ursache Bei der Dupuytren-Kontraktur (Morbus Dupuytren, Pariser Chirurg, 1777–1835) handelt es sich um eine Beugekontraktur der Finger infolge einer Verhärtung und Schrumpfung der Hohlhandfaszie (Palmaraponeurose). Es handelt sich um eine anlagebedingte Bindegewebserkrankung. Stoffwechselerkrankungen und chronischer Alkoholabusus sowie mechanische Überlastungen (z. B. bei Friseuren) können disponierend sein.
Symptome Die betroffenen Finger (meist Ringfinger und kleiner Finger) können nicht mehr gestreckt werden ( ▶ Abb. 33.24). An der Handfläche tastet man die verdickte Palmaraponeurose als derben, knotigen Strang. Betroffen sind meist Männer zwischen 50 und 70 Jahren. Eine Dupuytren-Kontraktur entwickelt sich über Jahre.
Abb. 33.24 Dupuytren-Kontraktur.
Abb. 33.24a Ringfinger und kleiner Finger können nicht mehr gestreckt werden.
Abb. 33.24b Operative Entfernung der Hohlhandfaszie.
Abb. 33.24c Entferntes Fasziengewebe der betroffenen Finger (Mittel- und Ringfinger sowie kleiner Finger).
Therapie Der Spontanverlauf kann gelegentlich durch konzentrierte Streckübungen hinausgezögert werden. Spätestens ab beginnender Beugekontraktur in den Fingergrundgelenken erfolgt die operative Entfernung der fibrös veränderten Faszienanteile (Fasziektomie, Palmarektomie) in Plexusanästhesie.
Ursache Die Rhizarthrose ist eine Arthrose des Daumensattelgelenks (Gelenk zwischen Os trapezium und 1. Mittelhandknochen).
Symptome
lokaler Druckschmerz
Subluxationsstellung des 1. Mittelhandknochens mit Instabilität des Daumensattelgelenks
Kraftlosigkeit und Unfähigkeit, z. B. eine Flasche zu halten
Therapie Bei entzündlicher Komponente wird konservativ mit Antiphlogistika, nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) und stabilisierender Orthese (Daumenschale) behandelt.
In fortgeschrittenem Zustand erfolgt die operative Behandlung durch
Interpositionsarthroplastik (Ersatz des Os trapezium durch Sehneninterponat),
Zügelungsoperation (durch den ersten Mittelhandknochen hindurchgeführte Sehnenbündel der Palmarsehne),
Daumensattelgelenksarthrodese (Gelenkversteifung) oder
prothetischen Ersatz des Os trapezium (Handwurzelknochen-Prothese).
Ursache Es handelt sich um eine schmerzhafte, entzündliche Einsteifung der Fingergrundgelenke mit progredienter Deformierung der Hand.
Symptome Typisch sind:
ulnare Deviation der Langfinger (Achsenabweichung Richtung Elle, ▶ Abb. 33.25)
teigige Schwellung der Fingergrundgelenke
Morgensteife
Kraftminderung bis zur völligen Gebrauchsunfähigkeit der Hand
Abb. 33.25 Rheumatoide Arthritis der Hand. Typische Abweichung der Finger in Richtung Elle (Ulnardeviation).
Therapie Die Behandlung erfolgt konservativ mit Antiphlogistika, nichtsteroidalen Antirheumatika und Kortison. In manchen Fällen muss eine Strahlentherapie (Radiosynoviorthese) oder Operation (Synovektomie, ggf. Fingergrundgelenksendoprothese) durchgeführt werden.
Die Frakturen des Unterarms und der Hand entstehen durch ein direktes Trauma oder einen Sturz auf den Ellenbogen oder die Hand.
Ursache Sturz auf den gebeugten Ellenbogen. Der kräftige M. triceps an der Rückseite des Oberarms inseriert direkt an der Ellenbogenspitze (Olekranon) und zieht an der Speiche. Bei einem Bruch des Olekranons entsteht deshalb ein klaffender Bruchspalt an der Speiche.
Therapie Um den klaffenden Bruchspalt zu beseitigen, ist eine Zuggurtungsosteosynthese erforderlich.
Ursache Sturz auf die Hand. Die isolierte Ulnafraktur in Schaftmitte durch direktes Trauma nennt man Parier-Fraktur.
Therapie Bei Kindern überwiegend konservative Behandlung, bei Erwachsenen Plattenosteosynthese ( ▶ Abb. 33.26).
Zusatzinfo
Weitere komplexe Unterarmverletzungen ( ▶ Abb. 33.27):
Monteggia-Fraktur: Kombination aus Ulnafraktur und Luxation des Radiusköpfchens. Therapie durch Plattenosteosynthese der Ulna.
Galeazzi-Fraktur: Kombination aus Radiusfraktur und Luxation der distalen Ulna. Therapie durch Plattenosteosynthese des Radius.
Abb. 33.26 Unterarmfraktur.
Abb. 33.26a Bruch der Elle und Speiche in Schaftmitte (Artefakte durch Notverband).
Abb. 33.26b Röntgenkontrolle nach Plattenosteosynthese.
Abb. 33.27 Komplexe Unterarmverletzungen.
Ursache Diese Fraktur entsteht durch Sturz auf die ausgestreckte Hand ( ▶ Abb. 33.28a). Das distale Fragment der Speiche (Radius) ist nach dorsal disloziert.
Merke
Die Radiusfraktur an typischer Stelle („loco typico“) ist die häufigste Fraktur des Menschen.
Abb. 33.28 Distale Radiusfraktur.
Abb. 33.28a Loco typico. Meistens ist das körperferne Fragment nach dorsal abgekippt.
Abb. 33.28b Smith-Fraktur. Das distale Fragment ist nach volar disloziert.
Therapie Reposition der Fragmente durch „Aushängen“ ( ▶ Abb. 33.29) oder durch manuellen Druck auf die Bruchstücke unter Röntgenkontrolle. Zur Schmerzausschaltung erfolgte eine Plexusanästhesie. Danach Ruhigstellung mittels Unterarmgips für 3–4 Wochen.
Lässt die Frakturform eine hohe Neigung zur Dislokation erkennen, sollte primär eine operative Stabilisierung durch Spickdrahtosteosynthese ( ▶ Abb. 33.30) erfolgen, weil wiederholte Nachrepositionen zu einem komplexen regionalen Schmerzsyndrom (CRPS, Sudeck-Dystrophie, Kap. ▶ 32.4.3) führen können. Die Spickdrahtosteosynthese ist nicht übungsstabil, sodass trotzdem eine Gipsbehandlung erforderlich ist.
Abb. 33.29 Extensionsbehandlung bei distaler Radiusfraktur. Reposition durch Extensionsgewicht am Humerus. Der verletzte Arm wird an den ersten 3 Fingern mit sog. „Mädchenfängern“ aufgehängt.
Abb. 33.30 Distale Radiusfraktur loco typico.
Abb. 33.30a Fraktur der Speiche an typischer Stelle (Pfeile).
Abb. 33.30b Spickdrahtosteosynthese mit 2 Kirschner-Drähten.
Ursache Die Fraktur entsteht durch einen Sturz auf die gebeugte Hand ( ▶ Abb. 33.28b). Das distale Fragment ist nach volar disloziert (Smith-Fraktur = Flexionsfraktur).
Therapie Aufgrund der erheblichen Instabilität ist fast immer ist eine operative Therapie durch Plattenosteosynthese nötig.
Von den Frakturen der Handwurzelknochen ist der Bruch des Kahnbeins (Os scaphoideum = Os naviculare) am bedeutendsten ( ▶ Abb. 33.31).
Ursache Die Skaphoidfraktur entsteht durch Sturz auf die gestreckte dorsal extendierte Hand.
Abb. 33.31 Kahnbeinfraktur. Das Röntgenbild der Handwurzel zeigt den Bruch (Pfeil) des Kahnbeins (K), M: Mondbein, S: Speiche.
Diagnostik Ein Kahnbeinbruch ist in der herkömmlichen Röntgenaufnahme oft nicht zu erkennen und kann deshalb übersehen werden. Bei klinischem Verdacht mit lokalem Druckschmerz, Achsenstoßschmerz am Daumen muss deshalb ein CT erfolgen.
Therapie Es erfolgt eine minimalinvasive Osteosynthese mit anschließender 3-wöchiger Ruhigstellung und frühfunktioneller Behandlung. Deshalb wird die konservative Behandlung mit 12 (!) Wochen Ruhigstellung im Gips und einer Nicht-Verheilungsquote von 25 % nicht mehr durchgeführt.
Eine perilunäre Luxation ist eine spezielle Verrenkung bzw. Fraktur im Handwurzelbereich (Os lunatum = Mondbein).
Ursache Sturz auf die dorsal extendierte Hand (Kellertreppensturz).
Symptome Es besteht ein Druckschmerz in der Hohlhandgrube, hier ist im Seitenvergleich eine Delle tastbar.
Diagnostik und Therapie Nach der Diagnosesicherung durch ein Röntgenbild und/oder CT erfolgen sofortige Reposition und Gipsruhigstellung, ggf. eine operative Behandlung.
Frakturen des ersten Mittelhandknochens haben eine herausragende klinische Bedeutung, da der Daumen für die Greiffähigkeit der Hand sehr wichtig ist. Einige spezielle Frakturformen des 1. Mittelhandknochens sind historisch und bis heute gebräuchlich mit Eigennamen versehen ( ▶ Abb. 33.32): entspricht funktionell
Bennett-Fraktur: Schrägfraktur mit Gelenkbeteiligung
Rolando-Fraktur: Y- oder T-Fraktur mit Gelenkbeteiligung
Winterstein-Fraktur: Basisfraktur außerhalb des Gelenks
Therapie Bei nicht dislozierten Frakturen wird ein Unterarmgips für 3–6 Wochen angelegt. Die Ruhigstellung über mehr als 3 Wochen hat jedoch oft schlechte funktionelle Ergebnisse. Deshalb erfolgt zunehmend häufig die operative Stabilisierung mit frühfunktioneller Nachbehandlung.
Bei der Bennett-Fraktur wird eine Verschraubung oder Spickdrahtosteosynthese durchgeführt. Liegt eine Roland- oder Winterstein-Fraktur vor, erfolgt eine Plattenosteosynthese.
Abb. 33.32 Basisnahe Frakturen des 1. Mittelhandknochens.
Man unterscheidet offene und geschlossene Sehnenverletzungen.
Ursache Offene Sehnenverletzungen sind Folge eines perforierenden Traumas (Schnittwunde) an Hand oder Finger.
Symptome und Diagnose Die klinische Untersuchung durch Überprüfung der Fingerfunktion (DMS = Durchblutung, Motorik, Sensibilität) muss vor der operativen Wundversorgung erfolgen und zeigt die Symptome einer Sehnendurchtrennung. Die Aufhebung oder Einschränkung einer Fingerbeweglichkeit spricht für eine Sehnenverletzung, auch wenn die Wunde „oberflächlich“ erscheint ( ▶ Abb. 33.33).
Merke
Bei Schnittwunden im Bereich von Hand oder Fingern muss immer eine Überprüfung der Motorik zum Ausschluss einer Sehnenverletzung erfolgen!
Abb. 33.33 Sehnenverletzung.
Abb. 33.33a Strecksehnendurchtrennung. Der Patient wird aufgefordert, die Finger zu strecken. Der verletzte Finger (hier D2) bleibt in Beugestellung.
Abb. 33.33b Beugesehnendurchtrennung. Der Patient wird aufgefordert, die Faust zu schließen. Der verletzte Finger (hier D5) bleibt in Streckstellung.
Therapie Offene Sehnendurchtrennungen werden grundsätzlich genäht. Nach der Wundversorgung darf die Sehnennaht bis zur endgültigen Heilung (nach 4–6 Wochen) nicht belastet werden. Deshalb ist eine Ruhigstellung im Unterarmgips mit Einschluss der betroffenen Finger erforderlich.
Spezielle Behandlungsverfahren
Knochenanker Sehnenrupturen werden bevorzugt nach adaptierender Naht zusätzlich mit einem resorbierbaren Knochenanker (Mitek) übungsstabil am Knochen fixiert.
Ausziehnaht nach Lengemann Es handelt sich um eine ältere Methode zur Behandlung von Strecksehnenverletzungen ( ▶ Abb. 33.34). Der Zug des proximalen Sehnenstumpfs wird durch einen dreieckigen Widerhaken aufgenommen und mittels eines durch die Sehne gezogenen Drahtes auf einen Knopf auf der äußeren Haut übertragen. Drahtentfernung nach 4 Wochen. So lange ist eine Ruhigstellung im Gipsverband erforderlich.
Abb. 33.34 Lengemann-Naht.
Abb. 33.34a Spezielle Drahtnaht bei Strecksehnenverletzungen (hier knöcherner Sehnenausriss). Zusätzliche Ruhigstellung der Fingergelenke durch einen in der Längsachse eingebrachten Kirschner-Draht.
Abb. 33.34b Klinisches Bild.
Kleinert-Gips Die „dynamische Gipsschiene“ wird zur Nachbehandlung von Beugesehnennähten ( ▶ Abb. 33.35) verwendet. Die Verbandanordnung bietet den Vorteil einer sofortigen postoperativen Bewegungsaufnahme, ohne die Nahtstelle unter Spannung zu setzen. Damit wird eine verwachsungsbedingte Einschränkung der Gleitfähigkeit verhindert, die bei sonst üblicher Ruhigstellung besonders an den Beugesehnen häufig ist. Der Patient darf nur die Fingerstreckung aktiv durchführen. Die Beugung erfolgt passiv durch den Zug eines Gummibands. Dadurch bleibt die Beugesehne entlastet. Nach 4 Wochen wird der Kleinert-Gips entfernt und eine freie Physiotherapie angeschlossen.
Abb. 33.35 Kleinert-Gips. Zur Nachbehandlung nach Beugesehnennaht (hier kleiner Finger). Der Finger kann aktiv gestreckt werden. Die Fingerbeugung erfolgt durch ein Gummiband, das am Fingernagel angenäht wird.
Ursache Geschlossene Sehnenrupturen kommen am Finger praktisch nur als Strecksehnenabriss am Fingerendglied vor ( ▶ Abb. 33.36). Typischerweise beim Bettenmachen, durch Überbeugung des Endgelenks beim Lakeneinziehen.
Abb. 33.36 Geschlossene Strecksehnenruptur.
Abb. 33.36a Das verletzte Fingerendglied (hier Ringfinger) steht in Beugestellung.
Abb. 33.36b Fixierung des Endgelenks mit einer Stack-Schiene.
Therapie Bei einer geschlossenen Sehnenruptur am Fingerendglied genügt die konservative Behandlung mit einer kleinen Kunststoffschiene (Stack-Schiene, ▶ Abb. 33.36). Nach 6 Wochen in Streckstellung darf die Bewegung langsam wiederaufgenommen werden.
Ursache Diese Bandruptur am Grundgelenk des Daumens entsteht typischerweise durch einen Sturz beim Skifahren, wenn der Daumen vom Skistock gewaltsam abgespreizt wird ( ▶ Abb. 33.37). Es bestehen Schmerzen und eine Gelenkinstabilität im Daumengrundgelenk.
Diagnostik und Therapie Nachdem eine Fraktur ausgeschlossen wurde, zeigt eine gehaltene Röntgenaufnahme die vermehrte Aufklappbarkeit des Gelenks. Es erfolgen die operative Bandnaht und die Anlage einer Daumengipsschiene oder Orthese für 3 Wochen.
Abb. 33.37 Skidaumen.
Abb. 33.37a Das ulnare Seitenband am Daumengrundgelenk ist gerissen.
Abb. 33.37b Die gehaltene Röntgenaufnahme zeigt die pathologische Aufklappbarkeit.
Abb. 33.37c Operative Naht der Sehne mit Draht (Lengemann-Naht).
Die Wirbelsäule (WS) besteht aus 24 beweglich miteinander verbundenen Wirbeln:
7 Halswirbel (HWK 1–7 oder C 1–C 7; C steht für „zervikal“)
12 Brustwirbel (BWK 1–12 oder Th 1–Th 12; Th steht für „thorakal“)
5 Lendenwirbel (LWK 1–5 oder L 1–L 5; L steht für „lumbal“)
Die Wirbelsäule bildet zusammen mit dem Becken das tragende Grundgerüst des Körpers. Die 24 Wirbel sind gelenkig miteinander verbunden. Das Kreuzbein besteht aus 6 verschmolzenen Wirbeln, an denen die 4 verkümmerten Steißbeinwirbel anhängen. Zwischen den freien Wirbeln liegen knorpelige Bandscheiben, die Stöße in der Längsachse abfedern und die Beweglichkeit der Wirbelsäule ermöglichen.
Aufgaben der Wirbelsäule sind das Aufrechterhalten der Körperstatik sowie der Schutz des Rückenmarks und der Nervenfasern.
Definition
Die Skoliose ist eine Wirbelsäulenverkrümmung. Die Verkrümmung ist C-bogen- oder S-förmig und mit einer Torsion der Wirbelsäule um ihre Längsachse kombiniert.
Ursache Bei unklarer Ätiologie spricht man von idiopathischer Skoliose, bei fassbarer Ursache von sekundärer Skoliose. Ursachen für eine sekundäre Skoliose sind z. B. angeborene Defekte (Spina bifida, Wirbelfehlbildungen), neurologische Störungen, Muskelerkrankungen oder Knochenerkrankungen (M. Scheuermann, Osteogenesis imperfecta).
Symptome und Diagnostik Die wichtigsten Symptome einer Skoliose sind:
asymmetrisches Taillendreieck
Schulter- und Beckenschiefstand
Rippenbuckel beim Vorbeugen bei der Betrachtung von hinten
Je früher eine Skoliose klinisch auffällig wird und je ausgeprägter diese ist, umso ungünstiger ist die Prognose.
Ausmaß und Grad der Skoliose werden anhand von Röntgenaufnahmen oder CT festgestellt und vermessen.
Therapie
Konservative Therapie Die Behandlungsstrategie ist abhängig vom Schweregrad und von der Symptomatik. In leichten Fällen können durch konsequente Physiotherapie auf neurophysiologischer Grundlage die neuromuskulären Dysbalancen beseitigt werden.
Verschiedene Therapiekonzepte sind speziell auf die konservative Behandlung der Skoliose ausgerichtet, z. B. Vojta, Bobath, PNF (propriozeptive neuromuskuläre Fazilitation) oder die Therapie nach Katharina Schroth.
In schwereren Fällen mit beginnender knöcherner Fixierung der Skoliose ist bis zum sicheren Abschluss des Wachstums eine Korsettbehandlung durchzuführen. Das Korsett (z. B. Cheneau-Korsett) muss bis zu 23 Stunden getragen werden.
Bei Progredienz der Skoliose (Kontrollröntgen in Abständen von 3–6 Monaten) muss über eine operative Korrektur der Skoliose entschieden werden.
Zusatzinfo
90 % aller behandlungspflichtigen Skoliosen können konservativ behandelt werden.
Operative Therapie Das Behandlungsprinzip sind Aufrichtung und Korrektur der Wirbelsäulenverkrümmung und die Stabilisierung durch Fusion des betroffenen Wirbelsäulenabschnitts. Behandlungsziel sind dabei die Aufrichtung der Wirbelsäule, die Besserung der Herz- und Lungenfunktion durch Normalisierung des Thoraxraums und die Vermeidung von sekundären Fehlbelastungen. Nachteilig ist, dass die Versteifung längerer WS-Abschnitte zum Verlust der physiologischen Wirbelsäulenschwingung und der Rumpfbeweglichkeit führt.
Die Operation entspricht der operativen Versteifung von einem oder mehreren Wirbelsegmenten, was man Spondylodese nennt. Meistens ist ein Zugang zur Wirbelsäule sowohl von hinten als auch von vorne (dorsoventrale Spondylodese nach Ziehlke und Harms) erforderlich.
Pflegepraxis
Postoperative Pflege. Der Schwerpunkt in der postoperativen Pflege von Patienten mit Skoliose sind die Wundversorgung, das Schmerzmanagement und die Mobilisation des Patienten. Zudem muss frühzeitig ein Mieder angepasst werden.
Definition
Als Spondylolyse bezeichnet man die einseitige oder beidseitige Spaltbildung in den Wirbelbögen zwischen oberem und unterem Gelenkfortsatz.
Spondylolisthesis (Wirbelgleiten) bedeutet das Abgleiten eines Wirbelkörpers nach vorn (meistens im Bereich der unteren LWS).
Symptome Eine Spondylolyse an sich hat keinen Krankheitswert. Sie ist häufig eine Zufallsdiagnose im Rahmen von Röntgen-, CT- oder Kernspinaufnahmen.
Bei der Spondylolisthesis klagt der Patient über belastungsabhängige Rückenschmerzen („als wenn ihm jemand in den Rücken tritt“). Die Stufenbildung in der Wirbelsäule ist bei schlanken Patienten manchmal sicht- und tastbar.
Therapie Die Therapie erfolgt möglichst konservativ mit einem Muskelaufbau zur Verbesserung der Belastbarkeit der Wirbelsäule (auch als OP-Vorbereitung sinnvoll). In schweren Fällen wird eine operative Verschraubung (Fusion) der betreffenden Wirbelsegmente vorgenommen. Dabei werden über einen Zugang vom Rücken die Schrauben für den internen Festhalter eingebracht (dorsale Sponylodese, ▶ Abb. 33.38). Oft wird die Operation durch einen zusätzlichen Zugang von vorne ergänzt, um körpereigenen oder künstlichen Knochen zwischen die verschraubten Wirbel einzubringen. Man spricht dann von einer dorsoventralen Spondylodese.
Abb. 33.38 Spondylolisthesis des 5. LWK.
Abb. 33.38a Der unterste Lendenwirbelkörper ist gegenüber dem Kreuzbein nach vorne verschoben (MR-Aufnahme).
Abb. 33.38b Postoperatives Röntgenbild seitlich. Fixierung des 5. LWK am 4. LWK durch von hinten eingebrachte Schrauben (dorsale Spondylodese).
Abb. 33.38c Postoperatives Röntgenbild a. p.
Definition
Der Morbus Scheuermann ist eine in der Adoleszenz auftretende Wachstumsstörung an der Wirbelkörper-Bandscheiben-Grenze, besonders im Bereich der Brustwirbelsäule (BWS). Sie ist benannt nach dem dänischen Radiologen H. W. Scheuermann (1877–1960).
Symptome Die wichtigsten sind:
Rückenschmerzen
Haltungsverfall mit Einschränkung der Wirbelsäulenbeweglichkeit
Bildung eines Rundrückens
Die Erkrankung ist sehr häufig (20 % aller Jugendlichen), aber meist harmlos.
In schweren Fällen kann es zum Zusammensacken der Wirbelkörpervorderkanten mit Keilwirbelbildung und nachfolgender Entwicklung einer fixierten Brustkyphose kommen. Die Erkrankung kommt nach dem Wachstumsabschluss zum Stillstand.
Therapie Solange der Rundrücken im mittleren BWS-Bereich manuell ausgeglichen werden kann, ist eine konservative Behandlung (Physiotherapie, Sport) ausreichend und sinnvoll. Mittelschwere Formen werden mit Korsettverordnungen bis zum Wachstumsabschluss behandelt. Die operative Behandlung (Wirbelkörperaufrichtungsoperation) erfolgt nur in schweren Fällen bei Beeinträchtigung der Atem- und Herzfunktion.
Definition
Eine Spinalkanalstenose ist eine Einengung des Rückenmarkskanals in Folge von z. B. Wirbelsäulenarthrosen (Spondylarthrosen) oder verkalkten Bandscheibenvorfällen.
Symptome Die Schmerzen sind unabhängig von der Lagerung und strahlen in verschiedene voneinander unabhängige Körperregionen aus, sodass keine segmentale Zuordnung möglich ist. Schmerzverstärkung bei Dorsalextension z.B. beim Treppenlaufen.
Therapie Konservativ werden der gezielte Aufbau der Rumpfmuskulatur und die Vermeidung von Fehlbelastung und Fehlbewegung angestrebt.
Ziel einer operativen Behandlung ist die Entfernung von einengendem Knochen- und Weichteilgewebe zur Entlastung der Rückenmarksnerven. Der Eingriff erfolgt über einen kleinen Hautschnitt am Rücken bevorzugt unter dem Mikroskop als mikrochirurgische Nervendekompression.
Zur Entlastung des betroffenen Wirbelsegments kann zusätzlich ein „Wirbelspreizer“ (Spacer) eingesetzt werden.
Zusatzinfo
Spacer. Ein Spacer ist ein elastischer Platzhalter aus Metall, der zwischen die Dornfortsätze von 2 benachbarten Wirbelkörpern eingesetzt wird. Der Spacer spreizt sich zwischen den Dornfortsätzen auf und entlastet dadurch die Wirbelgelenke. Eine gewisse Beweglichkeit des betroffenen WS-Abschnitts bleibt erhalten (im Gegensatz zu der Versteifungsoperation durch Spondylodese).
Definition
Beim Bandscheibenvorfall (Prolaps) drückt das Bandscheibengewebe nach hinten in den Wirbelkanal oder in die Zwischenwirbellöcher, was zu einer Kompression der Spinalnerven oder des Rückenmarks führen kann. Man spricht auch von Diskushernie (Diskus = Bandscheibe), Diskusprolaps, oder „eingeklemmter“ Bandscheibe. Bei einer Protrusion ist die Bandscheibe lediglich vorgewölbt, ohne dass Nervengewebe komprimiert wird.
Ursache Es besteht ein Missverhältnis zwischen Belastbarkeit des Bandscheibengewebes und der individuellen Belastung der Bandscheibe. Durch akute oder chronische Überlastung des Bandscheibengewebes kommt es zu Rissbildungen im bindegewebigen Ring (Anulus fibrosus) der Bandscheibe. Der gallertige Inhalt (Nucleus pulposus) wölbt den Bindegewebsring vor oder presst sich durch eine Lücke des Anulus fibrosus bis in den Rückenmarkskanal ( ▶ Abb. 33.39).
Bandscheibenvorwölbungen (Protrusionen ohne klinische Symptome) sind häufig. Meistens werden sie als Zufallsbefund im MRT nachgewiesen.
Abb. 33.39 Bandscheibenvorfall. Wenn der bindegewebige Ring der Bandscheibe einreißt, prolabiert der Nucleus pulposus in den Spinalkanal, wo er die aus dem Rückenmark austretenden Nervenbündel komprimiert.
Lokalisation Echte Bandscheibenvorfälle (= Prolaps) finden sich meist zwischen 4. und 5. LWK und im lumbosakralen Übergangsbereich (lumbaler Prolaps). Im Bereich der HWS sind sie zwischen dem 4. und 7. Halswirbel am häufigsten (zervikaler Prolaps).
Zusatzinfo
Die Häufigkeit der symptomatischen zervikalen Bandscheibenvorfälle stieg in den letzten Jahren deutlich an.
Symptome und Diagnostik Ein lumbaler Bandscheibenprolaps ist durch vom Rücken in das Bein ausstrahlende Schmerzen charakterisiert ( ▶ Abb. 33.40). Anhand zusätzlicher Sensibilitätsstörungen kann die komprimierte Nervenwurzel lokalisiert werden:
Wurzel L 5: Außenseite Unterschenkel, Fußrücken und Großzehe
Wurzel S 1: Fußaußenrand
Zusatzinfo
Lasègue-Zeichen. Beim Anheben des Beines beim liegenden Patienten werden Schmerzen ausgelöst, die vom Rücken in das Bein ausstrahlen. Dorsalflexion im Sprunggelenk verstärkt oft die Beschwerden (Bragard-Zeichen).
Abb. 33.40 Lumbaler Bandscheibenprolaps. Beim Vorfall einer Bandscheibe im LWS-Bereich kommt es zu akuten Rückenschmerzen mit Schonhaltung.
In schweren Fällen kommt es zu segmentalen motorischen Ausfällen mit Schwäche der Muskeln bis zur Lähmung:
Wurzel L 5: Fußhebermuskeln
Wurzel S 1: Fußsenkermuskeln
Bei der sog. Nervenwurzelamputation kommt es zur akuten kompletten Lähmung mit Ausbildung eines Fallfußes.
Kaudasyndrom Bei kompletter Kompression der Cauda equina (Nervenbündel unterhalb des Rückenmarks in Höhe L 4 und L 5) entwickelt sich eine bedrohliche Situation mit Sensibilitätsstörungen am Anus und an der Oberschenkelinnenseite (sog. „Reithosen-Anästhesie“). Es kommt sehr früh zu schlaffen Lähmungen der Beinmuskulatur, Blasen- und Darmentleerungsstörungen. In diesem Fall ist eine Operation erforderlich, da sonst irreversible Schäden auftreten.
Bei Verdacht auf ein Kaudasyndrom ist umgehend zur Diagnosestellung ein MRT durchzuführen ( ▶ Abb. 33.41).
Abb. 33.41 Zervikaler Bandscheibenprolaps. Die Kernspintomografie zeigt den Vorfall des Bandscheibengewebes (Pfeil) zwischen dem 5. und 6. Halswirbelkörper. Der Prolaps engt den Spinalkanal (*) ein und kann auf das Rückenmark drücken.
Therapie
Konservative Therapie Wenn kein Kaudasyndrom droht oder sich anbahnt, erfolgt zunächst immer ein konservativer Behandlungsversuch. Analgetika und entzündungshemmende Medikamente kommen zum Einsatz. Anschließend beginnt die physiotherapeutische Stabilisierungsbehandlung mit Muskelaufbau und Verbesserung der Koordination der Wirbelsäulenmuskulatur. Meist führen diese Maßnahmen zur Besserung der Beschwerden. Rezidive sind allerdings häufig. Chiropraktische Maßnahmen sind bei Bandscheibenvorfall umstritten.
Pflegepraxis
Beobachtung. Pflegende beobachten den Patienten auf Symptome eines Kaudasyndroms und sensibilisieren den Patienten, sich selbst auf Anzeichen hin zu beobachten. Mögliche Symptome des Syndroms: Sensibilitätsstörungen in der Analregion und an den Oberschenkelinnenseiten, frühe schlaffe Lähmung beider Beine, Miktions- und Defäkationsstörungen. Bereits erste Anzeichen müssen unverzüglich dem Arzt mitgeteilt werden.
Lagerung. Die Entlastungslagerung der LWS ( ▶ Abb. 33.42), auch doppeltrechtwinklige Lagerung oder Stufenbettlagerung genannt, kann schmerzlindernd wirken. Nachteilig dabei ist die permanente Rückenlage, weshalb Maßnahmen der Dekubitusprophylaxe wichtig sind.
Abb. 33.42 Entlastungslagerung. Kyphosierung der Lendenwirbelsäule, wodurch die dorsalen Anteile der Zwischenwirbelabschnitte erweitert werden.
Operative Therapie Bei reinen Sensibilitätsstörungen (Missempfindung ohne Lähmung) kann mit der OP-Indikation gewartet werden. Bestehen Lähmungserscheinungen, sollte der OP-Zeitpunkt nicht zu lange hinausgezögert werden, da Lähmungen eine schlechte Rückbildungschance haben.
Pflegepraxis
Notfallmaßnahmen. Beginnende motorische Ausfälle (Lähmungen) müssen sofort dem Arzt mitgeteilt werden, da sie eine OP-Indikation darstellen.
Es gibt unterschiedliche OP-Verfahren. Beispiele:
Mikrochirurgische Nukleotomie: minimalinvasives OP-Verfahren, bei dem der Bandscheibenvorfall über einen kleinen Schnitt am Rücken unter dem Mikroskop entfernt wird. (Synonyme: mikrochirurgische Diskotomie oder Sequestrotomie)
Künstlicher Bandscheibenersatz: Bei chronischen therapierefraktären Schmerzen durch degenerative Veränderungen der Bandscheibe und der benachbarten Wirbel (Osteochondrose) kann die Implantation einer künstlichen Bandscheibe indiziert sein ( ▶ Abb. 33.43). Der Zugang erfolgt von ventral retroperitoneal. Bei der Verwendung von Cages wird die feste knöcherne Verwachsung der benachbarten Wirbel angestrebt.
Wenn die benachbarten Wirbel miteinander fest verwachsen sollen, kann zum Höhenausgleich ein Cage (Stützkorb) implantiert werden.
Zusatzinfo
Cage. Ein Cage (engl.: Käfig) ist ein künstliches Implantat, meistens aus Metall („Titankorb“), seltener aus Kunststoff. Der Stützkorb wird zwischen zwei intakten Wirbelkörpern implantiert, um einen Defekt auszugleichen, z.B. nach Bandscheibenentfernung oder bei einer Wirbelkörperfraktur. Der Cage wird mit körpereigenem Knochengewebe (Spongiosa) oder mit künstlichem Knochenersatz aufgefüllt. Zusätzlich kann eine osteosynthetische Verschraubung erforderlich sein.
Abb. 33.43 Künstlicher Bandscheibenersatz. Zustand nach Implantation von 2 modularen Bandscheiben im Bereich der Lendenwirbelsäule.
Abb. 33.43a Postoperatives Röntgenbild seitlich
Abb. 33.43b und a.-p.
Wirbelbrüche entstehen fast immer durch indirektes Trauma wie Stauchung oder Überbiegung (z. B. Sturz aus großer Höhe).
Zusatzinfo
Besonders bei älteren Menschen mit Osteoporose gibt es häufig Spontanfrakturen ohne adäquates Trauma. Diese werden in Kap. ▶ 32.9 behandelt.
Frakturtypen Man unterscheidet Frakturen des Wirbelkörpers, des Wirbelbogens, der Gelenkfortsätze, der Dornfortsätze und der Querfortsätze ( ▶ Abb. 33.44).
Abb. 33.44 Wirbelbrüche. Die wichtigsten Frakturtypen.
Abb. 33.44a Querschnitt.
Abb. 33.44b Längsschnitt.
Symptome Wichtige Symptome bei Wirbelsäulenfrakturen sind:
Spontanschmerz in den betroffenen Segmenten mit lokaler Muskelverspannung
Stauchungs- und Klopfschmerz über den jeweiligen Dornfortsätzen
bei Mitverletzung des Rückenmarks neurologische Symptomatik (Lähmungen, Sensibilitätsstörungen) verschiedener Ausprägung – evtl. Querschnittsymptomatik
Schocksymptomatik durch inneren Blutverlust bei ausgedehntem retroperitonealem Hämatom im Rahmen einer LWK-Fraktur
Ileussymptomatik durch vorübergehende Darmlähmung, besonders bei LWK-Frakturen (Irritation der retroperitoneal gelegenen vegetativen Nerven)
Pflegepraxis
Notfallmaßnahmen. Bei Verdacht auf eine Wirbelsäulenverletzung muss jegliche Bewegung der Wirbelsäule vermieden werden:
Patienten flach liegend transportieren
Lagerung möglichst auf Vakuummatratze
Umlagern des Verletzten mittels Schaufeltrage
Blasenkatheter legen, um den Toilettengang zu umgehen
Diagnostik und Therapie Durch Röntgen oder ein CT lässt sich ein Wirbelbruch diagnostizieren. Für die Therapieauswahl ist entscheidend, ob die Wirbelfraktur stabil ist oder nicht. Stabile Frakturen werden konservativ behandelt, instabile Frakturen werden operativ stabilisiert.
Man spricht von stabiler Wirbelkörperfraktur, wenn die Hinterkante des Wirbelkörpers intakt bleibt. Dann besteht keine Gefahr der Rückenmarkverletzung durch Knochenfragmente. Es erfolgt eine konservative Behandlung mit frühzeitiger Mobilisierung und Physiotherapie.
Physiotherapie Die Patienten erhalten primär eine eingeschränkte Bettruhe, dürfen aber mit Hilfe aufstehen. Nach Abklingen der Schmerzsymptomatik (3–5 Tage) beginnt die Mobilisation durch die Physiotherapie im Bett zur Kräftigung der Rückenmuskulatur. Die Patienten erhalten ein Sitztraining und eine Anleitung zum Aufstehen ( ▶ Abb. 33.45), da eine Beugung der Wirbelsäule nach vorne (Kyphosierung) in den ersten Wochen unbedingt zu vermeiden ist.
Nach ca. 2 Wochen ist die Teilbelastung im Gehwagen oder an Gehstützen möglich. Um die Rückenmuskulatur zu stärken sollte der Patient ein angepasstes Aktivmieder erhalten und kein immobilisierendes Stützmieder (Korsett).
Abb. 33.45 Mobilisation bei Wirbelfraktur. Das Aufstehen vom Bett erfolgt bei Brüchen der BWS oder LWS unter Vermeidung einer Beugung nach vorn (keine Kyphosierung).
Bei der instabilen Wirbelkörperfraktur ist die Hinterkante des Wirbelkörpers defekt (z. B. bei Luxationsfrakturen), daher ist eine Schädigung des Rückenmarks möglich (Querschnittlähmung). Es erfolgt eine operative Behandlung, womit eine sofortige Belastungsstabilität erreicht wird. Die konservative Therapie bis zur Belastungsstabilität würde Monate dauern.
Merke
Hinterkante des Wirbelkörpers intakt → stabile Fraktur → konservative Therapie.
Hinterkante des Wirbelkörpers defekt → instabile Fraktur → operative Therapie.
Operationsverfahren bei instabiler Wirbelfraktur Instabile Wirbelfrakturen werden von hinten (dorsal) oder von vorne (ventral) operiert. Ausschlaggebend ist, über welchen Zugang eine belastungsstabile Osteosynthese am besten erreicht werden kann. Das eingebrachte Osteosynthesematerial wird bei Wirbelfrakturen wegen des hohen OP-Risikos meistens lebenslang belassen (keine Metallentfernung).
Bei instabilen Frakturen der BWS und LWS wird die dorsoventrale Stabilisierung bevorzugt. Der Patient wird also von hinten und von vorne operiert (2 Hautschnitte).
Über den dorsalen Zugang erfolgen Aufrichtung und Stabilisierung mit einem Fixateur interne ( ▶ Abb. 33.46). Die Wirbelkörper oberhalb und unterhalb der Fraktur werden über Schrauben und eine Metallverbindung belastungsstabil miteinander verbunden. Man spricht auch von Spondylodese oder Versteifungsoperation. Im Prinzip sind die meisten Frakturen mit dieser dorsalen Spondylodese ausreichend stabil.
Zusatzinfo
Gleiches Prinzip. Das Prinzip des Fixateur interne gleicht dem Fixateur externe, nur dass beim inneren Festhalter das gesamte Gestänge von Weichteilgewebe und Haut bedeckt und somit von außen nicht sichtbar ist.
Über den ventralen Zugang wird der zerbrochene Wirbelkörper durch einen künstlichen ▶ Stützkorb (Cage) ersetzt. Damit soll ein späteres Zusammensinken des Frakturbereichs mit Ausbildung einer Kyphose vermieden werden.
Abb. 33.46 Fixateur interne bei instabiler Fraktur der BWS oder LWS.
Abb. 33.46a Schematische Darstellung einer instabilen Fraktur.
Abb. 33.46b Schematische Darstellung eines Fixateur interne.
Abb. 33.46c Das CT zeigt die instabile Fraktur mit Bruch der Vorderkante (1) und Hinterkante (2), ferner Wirbelbogenbruch (3) und Querfortsatzabriss (4), S: Spinalkanal.
Abb. 33.46d Frische Kompressionsfraktur des LWK 1 (*), Artefakte durch Vakuummatratze (Pfeile).
Abb. 33.46e Postoperatives Bild mit Fixateur interne im a.-p.-Strahlengang.
Abb. 33.46f Seitlich.
Ursache Das Schleudertrauma ist eine Distorsion der Halswirbelsäule und entsteht durch eine Schleuderbewegung des Kopfes mit Energieübertragung auf die Nackenregion. Häufigste Ursache ist ein Autounfall. Die Zahl der Beschleunigungsverletzungen der Halswirbelsäule in Deutschland wird auf 200 000 pro Jahr geschätzt.
Symptome Die Nacken- und Kopfschmerzen sollten bei einfacher Distorsion ohne Band- und Knochenverletzungen nach wenigen Tagen verschwunden sein. Manchmal beklagen die Unfallverletzten langfristige Schmerzen und Schwindel. Das hat wegen der Schmerzensgeldansprüche eine erhebliche versicherungsrechtliche Bedeutung. Die Chronifizierung der Störungen nach einem HWS-Schleudertrauma ist ein gutachterliches Streitthema.
Behandlung mit einer Orthese Nach Ausschluss einer knöchernen Verletzung wird auch heute häufig eine weiche oder harte Zervikalbandage verordnet, auch wenn der therapeutische Nutzen gegenüber der sofortigen Mobilisierung nicht gesichert ist ( ▶ Abb. 33.47). Die Orthesen führen zu einer Bewegungseinschränkung, die Schmerzen kurzfristig lindern kann. Eine nennenswerte Ruhigstellung der HWS ist mit einer Bandage jedoch nicht möglich.
Abb. 33.47 HWS-Schleudertrauma (Distorsion). Weiche Bandagen am Hals werden als Halskrause oder Schanz-Krawatte auch heute noch verordnet.
Die Halswirbelsäule (HWS) besteht aus 7 Halswirbelkörpern (HWK) und ist gelenkig mit dem Kopf verbunden. HWS-Frakturen sind gefährlicher als andere Wirbelfrakturen, weil eine Verletzung des Rückenmarks in dieser Höhe zu einer kompletten Lähmung oder zum Tode führen kann. In Laienkreisen werden HWS-Frakturen als „Genickbruch“ zusammengefasst. Frakturen der oberen HWS betreffen den HWK 1 (Atlas) oder HWK 2 (Axis). Sie sind wegen der Drehbewegungen des Kopfes problematischer als Frakturen der unteren HWS (HWK 3–7). Mehrere spezielle Frakturformen der HWS werden unterschieden.
Beispiele für Frakturformen an der oberen HWS sind:
Jefferson-Fraktur: Berstungsfraktur des 1. HWK (Atlas)
Densfraktur: Bruch des zahnartigen Zapfens (Dens = Zahn) am 2. HWK (Axis), der die Drehbewegung des Kopfes stabilisiert
Hanged-Man-Fraktur: Bruch des Wirbelbogens des 2. HWK. Die Frakturform ist typisch beim Erhängen, tritt jedoch häufiger bei Auffahrunfällen (Luxationsfraktur) auf
Therapie Grundsätzlich gilt, dass dislozierte und instabile Frakturen im HWS-Bereich operativ stabilisiert werden.
Notfallmaßnahmen Bei Verdacht auf eine Fraktur im Halswirbelbereich wird möglichst schon am Unfallort eine feste Zervikalstütze vorsichtig angelegt (z.B. Philadelphia-Halskrawatte). Trägt der Patient einen Motorradhelm, sollte dieser nicht entfernt werden, sofern der Patient ansprechbar ist. Nach der bildgebenden Untersuchung durch Röntgen und ggf. CT erfolgt die Therapieentscheidung über konservatives oder operatives Vorgehen.
Konservative Therapie Abhängig von der Frakturform an der HWS muss die Orthese oder der Gips bis zu 4 Monate getragen werden. Die konservative Behandlung wird trotzdem bevorzugt, wenn der Wirbelbruch nicht disloziert ist und keine neurologischen Einschränkungen bestehen, weil damit die an der HWS hohen OP-Risiken vermieden werden.
Typische Ruhigstellungsmethoden der HWS werden z.B. als Diademgips (nur Hals) oder Minervagips (inkl. Brustkorb) bezeichnet, wenn keine Zugkraft auf die HWS erforderlich ist ( ▶ Abb. 33.48a). Moderne Orthesen haben ähnliche Namen und erfüllen den gleichen Zweck.
Wenn zur Vermeidung einer Dislokation der Bruchstücke eine Zugkraft auf die HWS ausgeübt werden muss, ist ein Halo-Fixateur erforderlich. In dem Halo (Ring um den Kopf) sind Schrauben verankert, die in den knöchernen Schädel eingedreht werden und über am Brustkorb fixierte Halterungen eine Zugkraft ausüben ( ▶ Abb. 33.48b).
Die monatelange Ruhigstellung des Halses ist für die Verletzten sehr belastend und unangenehm. Dennoch hat die konservative Behandlung bei stabilen HWS-Frakturen bis heute einen Stellenwert.
Abb. 33.48 Konservative Behandlungsmöglichkeiten bei stabiler Halswirbelfraktur.
Abb. 33.48a Minervagips.
Abb. 33.48b Halo-Fixateur.
(Foto: Eco Medizintechnik/Eco Rehatechnik)
Operative Therapie Instabile oder dislozierte HWS-Frakturen werden operativ behandelt ( ▶ Abb. 33.49). Vorteil der OP ist die sofortige Belastungsstabilität. Operationen an der HWS sind technisch schwierig und risikobehaftet. Deshalb sollten derartige Eingriffen nur in einem dafür spezialisierten Zentrum erfolgten. Auf eine Metallentfernung wird wegen des hohen OP-Risikos an der HWS verzichtet.
Die Crutchfield-Klammer ist eine vorübergehende präoperative Extensionsbehandlung bei HWS-Frakturen bei schwerverletzten, liegenden Patienten (z. B. Schädel-Hirn-Trauma, Polytrauma, ▶ Abb. 33.50).
Abb. 33.49 Plattenosteosynthese bei instabiler Halswirbelfraktur. Dreidimensionale CT-Rekonstruktion der Halswirbelsäule nach operativer Stabilisierung durch Plattenosteosynthese (blau).
Abb. 33.50 Crutchfield-Klammer. Extension bei HWS-Fraktur. Die beiden Metalldorne werden in Lokalanästhesie in der Schädelkapsel verankert.
Pflegepraxis
Pflege bei HWS-Frakturen.
▶ DMS-Kontrolle. Zur frühzeitigen Erkennung von neurologischen Ausfällen.
Schmerzmanagement. Nach Arztanordnung Analgetika verabreichen.
Flache Lagerung. Eine Beugung, Überstreckung oder Drehung im HWS-Bereich muss absolut vermieden werden.
Mobilisation. Patienten mit Zervikalstütze können ohne Weiteres mobilisiert werden. Sie sind entsprechend anzuleiten, wie beim Aufstehen eine Bewegung im HWS-Bereich vermieden wird (z. B. Bewegungen ausschließlich aus der Hüfte vornehmen).
Definition
Unter der traumatischen Querschnittlähmung versteht man durch ein Trauma bedingte, völlige oder teilweise Schädigung eines oder mehrerer Rückenmarksegmente mit neurologischen Ausfällen distal der Verletzungsstelle.
Ursache Eine traumatische Rückenmarkschädigung kommt meist durch eine Luxationsfraktur der Wirbelsäule zustande. Dislozierte Knochenfragmente oder ein Hämatom im Spinalkanal komprimieren das Mark.
Insgesamt ist die Komplikation einer Querschnittlähmung bei Wirbelfrakturen selten. Insbesondere die häufigen stabilen Wirbelfrakturen (Vorderkantenabbrüche, Kompressionsbrüche und Querfortsatzabrisse) gehen fast nie mit einer neurologischen Symptomatik einher.
Zusatzinfo
Nichttraumatische Ursachen einer Querschnittlähmung können sein: Tumor, Entzündung, Spina bifida, Durchblutungsstörungen.
Symptome Der Grad der Invalidität ist vom Schweregrad (kompletter bzw. inkompletter Querschnitt) und von der Höhe der Rückenmarkverletzung abhängig.
Kompletter Querschnitt Hier erfasst die Lähmung alle nervalen Funktionen unterhalb des betroffenen Rückenmarksegments. Dabei sind sämtliche motorischen, sensiblen und vegetativen Leitungsbahnen unterbrochen. Die Folgen hiervon sind:
Verlust der willkürlichen Muskelfunktion
Ausfall der Gefühlswahrnehmung (Berührungs-, Schmerz-, Temperatur-, Lage- und Bewegungsempfindung)
fehlende Kontrolle über Blasen- und Darmfunktion
Störung der Sexualfunktion
Störung der Wärmeregulation und Schweißsekretion
Partieller oder inkompletter Querschnitt Bei diesen Patienten sind die motorischen, sensiblen und vegetativen Ausfälle unterschiedlich stark ausgeprägt, da noch Teilfunktionen erhalten sind.
Zusatzinfo
Halbseitige Querschnittunterbrechungen des Rückenmarks werden (unabhängig von der Ursache) als Brown-Séquard-Syndrom (Pariser Physiologe, 1818–1894) bezeichnet.
Lokalisation Da die Wirbelsäule dem Rückenmark im Wachstum vorauseilt, stimmt die Segmenthöhe der Rückenmarkschädigung nicht mit der Höhe der Wirbelsäulenverletzung überein. Das Rückenmark endet in Höhe von LWK 1 (nicht LWK 5).
Merke
Je weiter höher (kranial) die Leitungsunterbrechung bei der Querschnittlähmung liegt, desto schwerer ist die körperliche Beeinträchtigung.
Je nach Lokalisation der Schädigung ergibt sich folgendes Bild:
Liegt die Rückenmarkschädigung oberhalb des 5. Halssegments (C 5), so fällt der C 4 entspringende Zwerchfellnerv aus. Wegen der sofortigen Atemlähmung versterben die Patienten meistens an der Unfallstelle.
Tiefer gelegene Läsionen des Halsmarks führen zwar nicht zum Tod, aber zur Lähmung aller 4 Extremitäten (Tetraplegie) sowie des Rumpfes, der Blase und des Darmes.
Bei thorakaler und hochlumbaler Verletzung des Rückenmarks sind nur Rumpf und Beine gelähmt (Paraplegie).
Das Rückenmark endet in Höhe des ersten Lendenwirbelkörpers. Darunter ziehen die Nervenwurzeln als Cauda equina („Pferdeschwanz“) durch den Spinalkanal.
Zusatzinfo
Cauda equina. Eine Lähmung in Höhe der Cauda equina führt zum sog. Kaudasyndrom: schlaffe Lähmung der Beine, Sensibilitätsausfälle in Form der Reithosenanästhesie, Blasen- und Mastdarmlähmung.
Symptome Unmittelbar nach der Verletzung sind sämtliche Rückenmarkfunktionen unterhalb des geschädigten Segments erloschen. Dieser Zustand wird als spinaler Schock bezeichnet.
Es bestehen eine schlaffe Tetra- oder Paraplegie mit Areflexie (fehlende Reflexe), Sensibilitätsausfall sowie eine Blasen- und Mastdarmlähmung. Wegen des Ausfalls der vasomotorischen Nerven (N. sympathicus) kommt es zur Gefäßdilatation, besonders des venösen Niederdrucksystems, mit der Gefahr des Kreislaufschocks.
Pathophysiologisch liegt die Ursache in einer Unterbrechung der motorischen und sensiblen Leitungsbahnen vom Gehirn in die Peripherie. Auch die „Umschaltung“ in den Rückenmarksegmenten ist blockiert. Deshalb sind Eigenreflexe wie der Patellarsehnenreflex (PSR) nicht auslösbar.
Pflegepraxis
Ausscheidung. Blase und Mastdarm sind bei den Betroffenen gelähmt. Das ist keine „Inkontinenz“ des Spinkterorgans. Der Harn wird in der Frühphase durch einen Blasenkatheter abgeleitet. Der Stuhlgang muss ggf. durch Einläufe regelmäßig herbeigeführt werden. Später erlernen die Patienten durch systematisches Training, Blase und Darm über bestimmte äußere Reize (z. B. „klopfen“) zu kontrollieren.
Anfänglich zeigt sich kaudal der Leitungsunterbrechung eine schlaffe Lähmung der Willkürmotorik. Später erholt sich die Eigentätigkeit des Rückenmarks auf segmentaler Ebene. Über rein spinale Reflexbögen tonisiert sich die Muskulatur und es entsteht eine spastische Lähmung.
Prognose Das Stadium des spinalen Schocks dauert mehrere Wochen. Entweder entwickelt sich nach diesem Zeitraum ein inkompletter oder kompletter Querschnitt oder es ist zur Rückbildung der neurologischen Symptomatik gekommen. Letzteres ist darauf zurückzuführen, dass nicht alle Leitungsbahnen irreversibel geschädigt sein müssen.
Der Rückbildungsprozess beginnt kranial und schreitet nach kaudal fort. Sensible Funktionen werden öfter wiedererlangt als motorische.
Komplikationen Die häufigsten Komplikationen einer Querschnittlähmung sind:
aszendierende Harnwegsinfekte
Pneumonie
Dekubitus
Thrombose
Gelenkkontrakturen
Therapie Die Behandlung querschnittgelähmter Patienten ist Spezialabteilungen vorbehalten, in die der Verletzte baldmöglichst per Hubschrauber verlegt werden sollte.
Grundsätzlich gilt:
Unvollständige, langsam sich ausbreitende Lähmungen stellen einen chirurgischen Notfall dar und müssen innerhalb von Stunden operiert werden.
Instabile Wirbelfrakturen, bei denen die Gefahr einer Rückenmarksschädigung droht, werden auch ohne neurologische Symptomatik operativ stabilisiert (z. B. durch Fixateur interne).
Pflegepraxis
Prophylaxen. Bei der Pflege von Patienten mit einer Querschnittsymptomatik müssen intensive prophylaktische Maßnahmen erfolgen (Kap. ▶ 33.9).
Die Nachbehandlung erfolgt im Teamverbund von diversen Berufsgruppen in einem Rehabilitationszentrum. Sie umfasst außerdem die psychosoziale Begleitung sowie alle Maßnahmen, die zur familiären und beruflichen Rehabilitation führen. Dazu gehört z. B. auch entsprechendes Selbsthilfetraining.
Patienten mit einem Bandscheibenvorfall kommen häufig erst dann stationär ins Krankenhaus, wenn konservative Maßnahmen nicht erfolgreich waren und nur eine Operation eine Schmerzlinderung verspricht.
Dem Patienten werden Informationen zum gesamten Krankenhausaufenthalt gegeben. Neben den allgemeinen präoperativen Maßnahmen (Kap. ▶ 9.3) sind folgende Besonderheiten bei Patienten mit einer Bandscheibenoperation zu beachten.
Mobilisation Vorab erlernen Patienten postoperative Fähigkeiten, damit diese schnell nach der Operation abgerufen werden können:
Umgang mit dem Steckbecken in Seitenlage
rückenschonendes Bewegen im Bett
En-bloc-Aufstehen ( ▶ Abb. 33.51)
Abb. 33.51 Wirbelsäulenschonendes Aufstehen. En-bloc-Aufstehen. Das wirbelsäulenschonende Aufstehen sollte der Patient, wenn möglich, schon präoperativ einüben.
Lagerung Zur Schmerzreduktion und besseren Lagerung können dem Patienten Lagerungskissen angeboten werden. Meist bringt der Patient eigene Kissen mit.
Rasur Die Rasur erfolgt kurz vor der OP und ist abhängig von der Operationstechnik. Viele HWS-Bandscheibenvorfälle werden mikrochirurgisch von vorn operiert.
Neben den allgemeinen postoperativen Maßnahmen (Kap. ▶ 9.5) gelten die folgenden Besonderheiten.
Überwachung Überwachungskriterien nach einer Bandscheiben-OP:
▶ DMS-Kontrolle der Arme bei einer HWS-OP bzw. der Beine bei einer LWS/BWS-OP.
Lage der Hilfsmittel zur externen Stabilisierung der Wirbelsäule, z. B. Zervikalstütze kontrollieren
Ausscheidung überwachen
OP-Wunden und Drainagen auf Nachblutung kontrollieren
Schmerzen durch Analgetika und Lagerung reduzieren
Pflegepraxis
Blasenkatheter. Die Blasenfunktion ist ein wichtiger postoperativer Parameter zur Früherkennung von Nachblutungen im OP-Gebiet. Unter anderem deswegen erhalten die Patienten prä- oder intraoperativ keinen transurethralen Dauerkatheter.
Lagerung Je nach Arztanordnung und durchgeführter OP kann der Frischoperierte postoperativ für einige Stunden auf den Rücken gelagert werden, um die Wunde zu komprimieren. Zur Entlastung des Rückens werden die Knie mit Lagerungskissen unterstützt. Gegen Abend kann eine Lageveränderung erfolgen, indem der Patient sich mittels erlernter En-bloc-Technik in die Seitenlage rollt. Die Pflegekraft unterstützt ihn dabei und stützt seinen Rücken und das oben liegende Bein mit einem Kissen ab. Bei zervikalen Vorfällen werden Kopf und Schultern in Zentralstellung auf einem großen Kissen gelagert.
Pflegepraxis
Zervikalstützen. Zervikalstützen, die zur Entlastung und Immobilisierung dienen, sollten spätestens nach 2 Wochen abtrainiert werden, weil sich die Muskulatur der HWS ansonsten daran gewöhnt.
Mobilisation Gemeinsam mit der Physiotherapie kann der Patient i. d. R. am 1. postoperativen Tag mobilisiert werden mithilfe der En-bloc-Methode, die bestenfalls schon präoperativ erlernt wurde ( ▶ Abb. 33.51). Die Bewegungen sollen beim Aufstehen, Hinlegen und Drehen immer gleichmäßig und in einem Zug erfolgen.
Der Patient sollte sich nicht überfordern und nur kurze Strecken zurückgelegen. Er sollte häufiger Ruhepausen im Bett einlegen. Je nach Allgemeinzustand wird die Anforderung gesteigert. Treppensteigen sollte in den ersten Tagen vermieden werden.
Da Liegen und Stehen für die operierte Bandscheibe besser sind als Sitzen, wird dem Patienten empfohlen, sofern möglich, alle Alltagstätigkeiten im Stehen zu verrichten (z.B. Essen, Körperpflege).
Die Physiotherapie spielt eine zentrale Rolle in der postoperativen Behandlung. Je nach Klinik gibt es unterschiedliche Angebote, z.B. Rücken- und Bauchmuskulaturtraining, Rückenschule, Entspannungsgruppen, Bewegungsbad, manuelle Therapie.
Die Körperpflege wird anfangs häufig im Bett in Rücken- bzw. Seitenlage durchgeführt. Der Patient wird individuell nach Allgemeinzustand und Ressourcen unterstützt.
Zusatzinfo
Bandscheibenbelastung. Der Druck, den die Bandscheiben aushalten müssen, ist sehr unterschiedlich. Je nach Körperhaltung und Tätigkeit lasten auf der Lendenwirbelsäule bei Normalgewichtigen 25 kg in Rückenlage, 85 kg beim Gehen, 100 kg beim Stehen, 140 kg im Sitzen und 175 kg im nach vorne gebeugten Sitzen auf den Bandscheiben der Lendenwirbelsäule.
Wundmanagement Zur Ableitung von Wundsekreten aus dem Operationsgebiet erhalten viele Patienten eine Redondrainage: Folgendes ist im Umgang mit ihr zu beachten:
Menge und Farbe des Sekrets, besonders in den ersten Stunden postoperativ, überwachen
Kontrolle es Sogs
Wechsel der Redonflasche bei Bedarf
Redon gut abpolstern zur Vermeidung eines Dekubitus
Der Arzt zieht die Drainagen üblicherweise nach 24 Stunden.
Pflegepraxis
Drainagen. Fließt Liquor (Liquor cerebrospinalis = Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit) in die Redondrainage, wird der Sog entfernt und die Redonflasche dauerhaft belüftet. Der Arzt muss informiert werden.
Ausscheidung Die Darmausscheidung wird medikamentös unterstützt, um ein übermäßiges Pressen zu verhindern.
Entlassungsmanagement Im Anschluss an den Krankenhausaufenthalt wird eine Anschlussheilbehandlung empfohlen, die auch ambulant durchgeführt werden kann. In manchen Fällen hat eine Bandscheibenerkrankung Konsequenzen auf die ausgeübte berufliche Tätigkeit. Der Sozialdienst im Krankenhaus oder eine weiterführende Rehabilitationseinrichtung berät zu den Themen:
Veränderungen am Arbeitsplatz
Berufsunfähigkeit/Umschulung
Erwerbsunfähigkeit
Alltagsbewältigung: Bewegung und Ernährung, rückenschonende Maßnahmen im Alltag, Selbsthilfe bei Lumbago (Hexenschuss)
Fallbeispiel
Bandscheibenvorfall. Herr Bertram ist 44 Jahre alt und steht mitten im Leben. Er ist Familienvater, berufstätig und geht vielen Hobbys nach. Aber seit 3 Jahren quälen ihn immer wieder Kreuzschmerzen und ziehende Schmerzen, die ins rechte Bein ausstrahlen. 2-mal war er in der Vergangenheit für mehrere Wochen krankgeschrieben. Beim ersten Mal wurde ein Bandscheibenvorfall L4/L5 diagnostiziert. Herr Bertram entschied sich zur konservativen Therapie mit Physiotherapie und Schmerzmittel. Dies linderte seine Beschwerden. Jedoch kam es immer wieder zu Rückfällen. Nun hat sich Herr Bertram zur Operation entschlossen, weil die Erkrankung sein Leben immer mehr veränderte. Herr Bertram ist leicht übergewichtig, raucht und trägt gern legere Kleidung, weil er durch enge Kleidung eher Rückenschmerzen bekommt. Er hat keine weiteren Erkrankungen und erhofft sich von der OP eine endgültige Heilung seiner Beschwerden.