10 Verdauungsvorgang und Assimilierungsfunktion unterstützende Kräuter

10.1 Grundsätzliches

In der chinesischen Materia medica heißt diese Gruppe „Arzneimittel, die Retention von Nahrung auflösen“ (Xiao Shí Yào 消食药). Die wenigen Kräuter bzw. Substanzen dieser Gruppe sollen Fehlfunktionen korrigieren, die ihre Ursachen in Blockaden oder Überlastungen der Mitte haben. Sie sind dann mit Kräutern zu kombinieren, die etwa das Qi von Milz und Magen stärken, Hitze kühlen, Feuchtigkeit oder Qi-Blockaden beseitigen helfen.

Die westliche Heilkräuter-Tradition hält dafür die Gruppe der „Amara“ (lat. amarus = bitter) bereit, deren Wirkbereich aber über die Beseitigung von Nahrungsretention hinausgeht. Bitterkräuter unterstützen den Verdauungsvorgang und damit die Assimilierungsfunktion der Mitte oder regen sie an. Kräuter dieser Gruppe liegen als „Digestiva“ zwischen den tonisierenden und regulierenden Kräutern.

10.1.1 Physiologie des Verdauungsprozesses

Die Milz (Pí 脾) extrahiert das Nahrungs-Qi (Gu Qì 穀氣) aus der aufgenommenen festen und flüssigen Nahrung und bildet so die Grundlage für die Bildung von Qi und Blut. Der Milz kommt zusammen mit dem Magen (Wei 胃) eine zentrale Stellung innerhalb der Physiologie und Pathologie zu. Beide Funktionskreise stellen ein Yin-Yang-Paar innerhalb der Wandlungsphase Erde dar. Der Magen ist der Ursprung der Flüssigkeiten und Säfte im Körper, während die Milz sie umwandelt (Hua 化) und transportiert (Yun 運).

So wie Brei in einem Topf gärt und reift, so gären (Fu 腐) und reifen (Shu 熟) die als ungeschiedenes Gemisch aufgenommenen Nahrungsmittel und Getränke im Magen. In einem Fermentationsprozess werden die klaren (Qing 清) von den unklaren (Zhuo 濁) Bestandteilen getrennt.

Das Klare steigt nach oben zu Lunge und Herz, das Unklare sinkt nach unten in den „weißen“ und „roten“ Darm. Für beide dynamische Vorgänge benötigen Milz und Magen gleichermaßen genügend Energie. Speisen, die bereits von sich aus über eine dynamische Natur verfügen und so der aktiven Entfaltung des Milz- und Magen-Qi dienen, unterstützen den Prozess.

„Aus den Lebensmitteln entsteht die vorzügliche Lebensenergie (Jing 精). Dieses Jing verteilt sich in den vier Meeren des Körpers und ernährt den ganzen Organismus.“ (SCC 36)

10.1.2 West-östliche Übereinstimmungen und Unterschiede

In der westlichen Heilkräuter-Tradition stehen, im Unterschied zur Chinesischen Arzneimittellehre, die bitteren Kräuter zur Tonisierung und Regulierung des Verdauungsprozesses an erster Stelle.

In der europäischen Tradition galt das Bittere als Signatur der Galle und entsprach dem Mars, der im Körper die Gallenblase regiert. Diese westliche Betrachtung bereichert das Verständnis für die Rolle der Gallenblasen-Funktion im Verdauungsprozess innerhalb der Chinesischen Medizin. Die Gallenblase speichert als Außerordentliches Hohlorgan Jing (Essenz 精) und nimmt damit eine Zwischenstellung zwischen Zang und Fu ein.

Der Gallensaft ist bitter. Der bittere Geschmack entspricht der Wandlungsphase Feuer, die im Hervorbringungs-Zyklus (Sheng) aus dem Holz hervorgeht. Der bittere Gallensaft mildert das Saure des Verdauungsbreis und erlaubt die Wandlungen der Feinstteile (Jing Wei) aus der Nahrung.

Jede Gärung beginnt mit dem Sauren (Yin im Holz) und stellt die erste Phase der Assimilation dar. Fehlt das Bittere (Gallensaft), dann bleibt der Speisebrei zu sauer. Ist genügend Bitteres in der Verdauung, dann kann die extrahierte Energie – im Sinne des Hervorbringungs-Zyklus (Sheng) der Fünf Wandlungsphasen – von Bitter zu Süß (Erde) und zu Scharf (Metall) gewandelt werden.

Überbordet das Saure in den Wandlungen jedoch, dann bewirkt es Magensäureüberschuss (Funktionskreis Magen), Pruritus der Haut (Funktionskreis Leber – Wind!), manchmal sogar Sinusitis, Darmreizungen u. a. m. Hua Tuo (2. Jh. n. Chr.) diskutiert die unterschiedliche Beteiligung der Zang Fu bei der Entstehung von Wasseransammlungen. So beginnen die von der Milz ausgehenden mit abdominellen Schwellungen, die von der Gallenblase ausgehenden Wasseransammlungen mit Schwellungen in Kopf und Gesicht und die vom Dünndarm ausgehenden zeigen sich (zunächst ohne Schwellung) in einem Spannungsgefühl im unteren Abdomen (vgl. HUA 134).

In diesem Zusammenhang kann die Funktion der neutralen bis warmen Bitterkräuter aus der westlichen Tradition für den Verdauungsprozess auch im Sinne der Chinesischen Medizin begründet werden.*

* Hier sind Überlegungen von Guido Fisch (s. FIM) aufgenommen, die verstreut in seinen Meridian-Büchern zu finden sind.

An dieser Stelle ist der Begriff „Übersäuerung“ aus der westlichen Naturheilkunde zu nennen. Darunter ist eine Ansammlung von Stoffwechselrückständen zu verstehen, bei denen es sich um Stoffwechselendprodukte handelt, die im Bindegewebe und im Zellzwischenraum zwischengelagert werden, weil die Ausscheidungsmechanismen über Darm, Leber, Nieren, Haut und Lunge überfordert sind. So lange wirken sie im Körper ähnlich wie Säuren, „übersäuern“ den Organismus und werden für viele Zivilisationskrankheiten mitverantwortlich gemacht.

Da der Milz-Funktion der Transport der extrahierten Feinstteile und die Kontrolle des „Fleisches“ und Bindegewebes obliegen, kann die interstitielle Flüssigkeit als Transportweg mit in die Beschreibung der Milz-Funktion einbezogen werden. Je nach „Pegelstand“ und Viskosität bleiben dann Rückstände, die nicht transportiert werden, liegen und lagern sich ab.

10.1.3 Das Verdauungs-Feuer

Für Galen von Pergamon (3. Jh. n. Chr.) bestand der Verdauungsprozess aus „vier Kochungen“ im Magen (griech. pepsis, lat. coctio = kochen). Darunter verstand er die Umwandlung und Assimilierung einer Substanz im Körper mit Hilfe der eingeborenen Wärme eines Organs. Störungen bezeichnete er als dispepsía (Fehlverdauung oder Fehlkochung).

Auch die TCM sieht die Notwendigkeit eines Verdauungsfeuers, das weder zu hoch lodern, noch zu schwach brennen darf und im Wesentlichen vom Nieren-Yang stammt. Je nach Konstitution brennt das Verdauungsfeuer bei einigen heißer und bei anderen weniger heiß. Ebenso hängt der Metabolismus von der jeweiligen Jahreszeit ab.

Paracelsus beschreibt den Verdauungsprozess als alchimistisches Labor. Ein gestörtes biologischchemisches Gleichgewicht kann Krankheiten hervorrufen, durch Zuführung von chemischen Substanzen aber ausgeglichen werden: „Alle Ding’ sind Gift und nichts ohn’ Gift; allein die Dosis macht, das ein Ding kein Gift ist“ (Paracelsus, 1589). „Nahrung war für ihn potentiell toxisch, da sie immer etwas Unvollkommenes (Materie) enthält, das von der Essenz (Geist), die wir zum Leben brauchen, abgespaltet werden muss.“ (RIP 2005). Schließlich geht es darum, Gift vom Guten zu scheiden und als Stoffwechselschlacken auszuscheiden. Die Chinesische Medizin bezeichnet diesen Vorgang als Trennung des Trüben vom Klaren.

10.1.4 Inhaltsstoffe

Die Naturwissenschaft bezeichnet Digestion oder Verdauung als den Aufschluss der Nahrung im Verdauungstrakt mit Hilfe von Verdauungsenzymen. Dabei entstehen durch chemische Spaltung aus hochmolekularen Kohlenhydraten, Fetten und Eiweißen niedermolekulare Verbindungen, die zum Teil in Energie umgewandelt bzw. ansonsten bei der Produktion von neuer Körpersubstanz eingesetzt werden, indem der Organismus sie nach einem chemischen Umbau in die verschiedensten Zellstrukturen einbaut. In diesem Prozess kommt den Bitterstoffen eine zentrale Bedeutung zu, weil sie die enzymatische Aktivität in der gesamten Magen-Darm-Passage verbessern. Diese Stoffe sind keine chemisch einheitliche Gruppe. Es handelt sich um sekundäre Pflanzenstoffe, die bitter schmecken. Chemisch betrachtet finden sich Bitterstoffe oft unter den Stoffgruppen Terpene, Glykoside, Alkaloide, Steroide und andere Bittersäuren.

Der bittere Geschmack ist allgemein eine Signatur für Pflanzen, die auf die „innere Alchimie“ günstig wirken. Deshalb sind Bitterdrogen seit jeher als „Tonika generale“ Bestandteile von Lebenselixieren. Daneben werden sie auch als Aperitif (vor der Mahlzeit) oder Digestif (als Verdauungsmittel nach der Mahlzeit) angewendet. Bitterstoffe optimieren den gesamten Verdauungsprozess, sie

Unter den unten dargestellten Kräutern sind je zwei Vertreter der

Bei den Korbblütlern kommen ätherische Öle oft nur in kleinen Mengen vor. Typisch sind dagegen die Terpenlactone bzw. „Sesquiterpene“, die Bitterstoffe.

Ebenfalls wichtig sind die Flavonoide, die vor allem eine positive Wirkung auf Kapillar- und Zellmembrane besitzen.

Die wichtigsten Heilpflanzen der Doldenblütler wirken vor allem als Carminativa auf den Darm (Kümmel, Fenchel, Anis, Koriander) und haben oft zusätzlich eine Lungenwirkung. In der westlichen Heilkunde hieß es dazu, „ins Stocken Geratenes“ (Saturn) wird durch das Merkur-Prinzip (Doldenblütler) in Gang gebracht. Die Hauptwirkstoffe dieser Pflanzenfamilie sind die ätherischen Öle, die sich vor allem in den Samen, aber auch in Sekretgängen der Wurzeln, Blätter und Stängel befinden. Daneben besitzen Doldenblütler Terpene und Furanocumarine, die entzündungshemmend, abschwellend und durchblutungsfördernd wirken und auch in Rautengewächsen wie Zitruspflanzen (darunter Zitrone, Limette, Grapefruit, Bitterorange u.a.) vorkommen. Zu beachten ist, dass viele Doldenblütler und Rautengewächse fotosensibilisierend und allergieauslösend wirken können.

Zu den Enziangewächsen zählen Gentiana und Centaurium, die sich vor allem durch ihre Bitterstoffe auszeichnen.

Traditionelle Amara-Gruppen

Die energetische Ausrichtung der Kräuter dieser Gruppe ist weitgehend vergleichbar mit der in der westlichen Heilkräutertradition üblichen Unterteilung der Amara, der Bitterstoffdrogen:

10.2 Kräuter

10.2.1 Gentiana lutea

Siehe  Tab. 10.1.

Tab. 10.1 Monografie Gentiana lutea.

Name (lat.) Name (dt.) Temperatur Geschmack Organbezug Tagesdosis
Gentiana lutea, rad. Gelber Enzian, Wurzel kühl (-neutral) bitter Mi, Ma, Le, Gb 2–4 g der getr. Wurzel, Tinktur 10–90 Tr.
Wirkbeschreibung Indikationen
Milz-, Magen- und Dünndarm-Qi tonisierend, Blutproduktion unterstützend Appetitschwäche, Verdauungsschwäche, Dyspepsie, Oberbauchbeschwerden, Malabsorptions-Syndrom, Völlegefühl und Blähungen, Gewichtsverlust, Erschöpfung, Anämie, postfebrile Erschöpfung, stark schwankender Blutzuckerspiegel
rebellierendes Magen-Qi beruhigend Übelkeit, Erbrechen (auch Schwangerschaftserbrechen)
Feuchte-Hitze ausleitend Magen-Darm-Entzündungen und Infektionen, Nahrungsmittelallergien, Nahrungsmittelunverträglichkeit
Leber-Qi bewegend Spannungsgefühle im Epigastrium, Ikterus, Nahrungsmittelunverträglichkeit, spastische Blähungen
ROS (2009), JÄN 133, MON 222, PAH 122, Positivmonografien Kommission E, ESCOP, WHO

10.2.2 Artemisia absinthium

Siehe  Abb. 10.1 und  Tab. 10.2.

Tab. 10.2 Monografie Artemisia absinthium.

Name (lat.) Name (dt.) Temperatur Geschmack Organbezug Tagesdosis
Artemisia absinthium, herb. Wermut neutral (warm bis kühl) aromatisch, stark anhaltend bitter Ma, Mi, Le, Ga, Lu, Di, Ni 4 g getr. Droge 10–90 Tr. Tinktur
Wirkbeschreibung Indikationen
Milz- und Magen-Qi stärkend Appetitlosigkeit, dyspeptische Beschwerden, Verdauungsschwäche, Achylie, Magenatonie, Anämie, Cholezystitis, Magenkrämpfe, Blähungen, subazide Gastritis
Leber-Qi bewegend, Gallenfluss regulierend Dyskinesien der Gallenwege, nervösbedingte Erschöpfung, prämenstruelle Reizbarkeit und Melancholie, Nahrungsmittel- und Medikamentenunverträglichkeit, abdominales Völlegefühl, Unverträglichkeit fetter Speisen
Feuchte-Hitze und Hitze ableitend verborgene pathogene Faktoren ausleitend wiederkehrendes mildes Fieber, langwierige Fieber, Infektanfälligkeit, postgrippale Schwächezustände
Uterus regulierend unregelmäßige Menstruation, besonders in Verbindung mit nervösen Spannungen, verzögerte Menstruation
Parasiten ausleitend Fadenwürmer- oder Rundwurmbefall
JÄN 568, KRA (2000) 119, GES 258, SCW 362, ROS (2009) 30, MCI 128, Positivmonografien Kommission E, ESCOP
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Abb. 10.1 Artemisia absinthium.

Einnahme

missing link Kontraindikationen

Schwangerschaft und Stillzeit, Übersäuerung des Magens

10.2.3 Centaurium

Siehe  Abb. 10.2 und  Tab. 10.3.

Tab. 10.3 Monografie Centaurium.

Name (lat.) Name (dt.) Temperatur Geschmack Organbezug Tagesdosis
Centaurium, herb. Tausendgüldenkraut neutral-kühl kräftig bitter, adstringierend Ma, Mi, Le, Gb, Darm 0,5–6 g getr. Droge, 2–4ml Tinktur
Wirkbeschreibung Indikationen
Magen-Hitze klärend, Feuchtigkeit trocknend Entzündungen im Gastrointestinaltrakt, Nahrungsmittelunverträglichkeiten/-allergien
Milz- und Magen-Qi tonisierend Appetitmangel, Verdauungsschwäche, dyspeptische Beschwerden, Malabsorbtionssyndrome, Gewichtsverlust, Achylie, Erschöpfung, Altersmagen, Blähungen
Leber- und Darm-Qi bewegend Spannungsgefühle im Epigastrium, Übelkeit, Anorexia nervosa, Nervosität mit Erschöpfung, Krampfzustände von Magen und Darm
Feuchte-Hitze ausleitend Ikterus, Durchfallerkrankungen, Leberschwellung, Cholelithiasis, Pankreatitis, Leberzirrhose
Hitze ableitend Fieber, intermittierende Fieber, chronische Hautleiden wie Exantheme, Lichen
JÄN 527, BÜH 154, MON 124, PAH 314, ROS (2006), Positivmonografien Kommission E, ESCOP
missing link

Abb. 10.2 Centaurium.

missing link Kontraindikationen

Magen- und Darmgeschwüre

10.2.4 Artemisia vulgaris

Siehe  Tab. 10.4.

Tab. 10.4 Monografie Artemisia vulgaris.

Name (lat.) Name (dt.) Temperatur Geschmack Organbezug Tagesdosis
Artemisia vulgaris, herb. (rad.) Beifuß, Kraut (Wurzel) neutralwarm bitter, aromatisch Le, Ga, Mi, Uterus, Ma, Ni, Bl 1–10 g getr. Kraut zum Infus; Dekokt/Mazerat: 4,5 g getr. Wurzel; Tinktur 1,5–7,5 ml
Wirkbeschreibung Indikationen
Leber-Qi bewegend; Leber und Milz harmonisierend Übelkeit mit Kopfschmerzen (auch zyklusbedingt), Koliken, Blähungen, Flatulenz, Sodbrennen, Fettverdauungsstörungen, Appetitlosigkeit, Gastritis, Neurasthenie
Qi und Blut im Uterus bewegend, Uterus wärmend und tonisierend PMS, Amenorrhöe, Dysmenorrhöe, Hypermenorrhöe, Genitalblutungen, „die tote Frucht austreibend“
Feuchtigkeit ausleitend und harntreibend Ödeme, Aszites, Ödeme, Dysurie, Fluor vaginalis, Mykosen, Zystitis
Parasiten eliminierend Würmer
Shen beruhigend, Essenz tonisierend (Wurzel) Neurosen, Depression, allgemeine Reizbarkeit und Unruhe, Schlaflosigkeit und Angstzustände
MON 64, PKA 95, PWH 107, HOL 315, PAH 72, BÜH 155, Nullmonografie Kommission E (Wirkung nicht belegt)

missing link Kontraindikationen

Schwangerschaft

10.2.5 Coriandrum sativum

Siehe  Abb. 10.3 und  Tab. 10.5.

Tab. 10.5 Monografie Coriandrum sativum.

Name (lat.) Name (dt.) Temperatur Geschmack Organbezug Tagesdosis
Coriandrum sativum, fruct. Koriander, Samen warm scharf, würzigaromatisch, leicht bitter Bl, Ma, Le 1–5 g getr. Droge, Tinktur 30–90 Tropfen
Wirkbeschreibung Indikationen
Magen-Qi tonisierend und regulierend Übelkeit, Aufstoßen, Magenschmerz durch Kälte, Blähungen, abdominelles Völlegefühl, Appetitlosigkeit
Nässe-Hitze/-Kälte aus der Blase ausleitend; Wasserwege öffnend Harnwegsinfekte, Harntraktschwäche, Zystitis
Wind-Kälte eliminierend leichte Erkältung
Leber-Qi regulierend und bewegend depressive Verstimmung
PAH 393, JÄN, SCW, MON, BÜH 183, Positivmonografie Kommission E
missing link

Abb. 10.3 Coriandrum sativum.

Zubereitung Korianderfrüchte vor Gebrauch zerstoßen.

10.2.6 Ferula asafoetida

Siehe  Tab. 10.6.

Tab. 10.6 Monografie Ferula asafoetida.

Name (lat.) Name (dt.) Temperatur Geschmack Organbezug Tagesdosis
Ferula asafoetida Stinkasant, Gummiharz heiß scharf, bitter, stechend knoblauchartig Le, Mi, Ma 0,1–1 g getr. Droge (Einzeldosis als Pulver); Tinktur 10–30 Tr.
Wirkbeschreibung Indikationen
Milz- und Magen-Qi tonisierend und regulierend Verdauungsschwäche, Appetitlosigkeit, Blähungen, Reizdarm, Blähkolik, Dyspepsie
Leber regulierend Nahrungsretention auflösend Magenbeschwerden mit Blähungen und nervöse Reizbarkeit, hysterische Attacken mit Blähungen und Ausdehnung des Bauches
Shen harmonisierend, Sinne klärend Schlafstörungen, vegetative Dystonie, Nervosität; Hysterie (Globus hystericus); nervöse Erregungszustände, Cor nervosum
Kälte-Schleim auflösend trüber Kopf, Candida albicans, Bronchitis (tiefer, würgender Husten), nervöser Husten
SCW, PAH 431, JÄN 51, COO, FEM 38, HHB 710

10.2.7 Pericarpium aurantii (Citrus reticulata)

Siehe  Abb. 10.4 und  Tab. 10.7.

Tab. 10.7 Monografie Pericarpium aurantii (Citrus reticulata).

Name (lat.) Name (dt.) Temperatur Geschmack Organbezug Tagesdosis
Pericarpium aurantii (Citrus reticulata) Pomeranze, Schale (chines. Chen Pi 陈皮) warm scharf, bitter, aromatisch Mi, Lu 3–6 g für Infus, 2–3 ml Tinktur
Wirkbeschreibung Indikationen
Qi regulierend Spannungsgefühl in Abdomen und Epigastrium, Trommelbauch
Qi absenkend und Erbrechen beendend Übelkeit, Erbrechen, Klumpengefühl im Magen, Aufstoßen, Verdauungsstillstand
Milz-Qi kräftigend, Nahrungsretention auflösend Nahrungsretention, Schwäche, Müdigkeit, saures Aufstoßen, Appetitlosigkeit, Verdauungsträgheit
Feuchtigkeit trocknend, Schleim umwandelnd Schleimblockaden in Thorax und Mitte: Husten mit viel Auswurf, Druck und Spannungsgefühle in Brust und Zwerchfell, dicker schmieriger Zungenbelag durch Feuchtigkeitsretention in der Mitte
POR (1978), BEN 332, LPH 256, PWH 137
missing link

Abb. 10.4 Pericarpium aurantii (Citrus reticulata).

10.2.8 Marsdenia cundurango

Siehe  Tab. 10.8.

Tab. 10.8 Monografie Marsdenia cundurango.

Name (lat.) Name (dt.) Temperatur Geschmack Organbezug Tagesdosis
Marsdenia cundurango, cort. Condurango, Rinde neutral bis kühl bitter Ma, Därme 2–4 g getr. Droge für Dekokt, 2–5ml Tinktur
Wirkbeschreibung Indikationen
Magen-Qi stärkend und regulierend Appetitlosigkeit, Atonie des Magens, Brechreiz, Speichel- und Magensaftmangel, Speisenaufnahmefähigkeit, Erschöpfung bei schwerer Erkrankung
Darm-Qi regulierend und harmonisierend spastische Zustände im Magen-Darm-Bereich, Übererregbarkeit der Darm-Motilität
KRA (2000), LPH 105, Positivmonografie Kommission E

10.2.9 Menyanthes trifoliata

Siehe  Abb. 10.5 und  Tab. 10.9.

Tab. 10.9 Monografie Menyanthes trifoliata.

Name (lat.) Name (dt.) Temperatur Geschmack Organbezug Tagesdosis
Menyanthes trifoliata, fol. Bitterklee kühl bis kalt sehr bitter Le, Ga, Ma 1,5–3 g getr. Droge für Infus, 0,5–2,5 ml Tinktur
Wirkbeschreibung Indikationen
Leber-Feuer klärend, emporsteigendes Leber-Yang absenkend Kopfschmerzen, Migräne, gerötete Augen, Trigeminusneuralgie, Oberbauchbeschwerden, Sodbrennen, Verstopfung
Magen-Qi anregend, Gallenfluss fördernd (in geringen Dosen) Appetitlosigkeit, dyspeptische Beschwerden, chronische Magenleiden, besonders Anorexie, Achylie und Atonie des Magens
Feuchte-Hitze ausleitend rheumatische Beschwerden, Arthritis Colitis, Morbus Crohn, Ikterus Skorbut, Hautausschläge, Ekzeme
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Abb. 10.5 Menyanthes trifoliata.

missing link Nebenwirkungen

kann in sehr hoher Dosis zu Durchfall, Übelkeit und Erbrechen führen

10.2.10 Weitere Kräuter, die Nahrungsstagnation auflösen

10.3 Rezepturen

10.3.1 Träge Verdauung mit Übelkeit, Müdigkeit und Schleim (Milz-Qi-Leere mit Feuchtigkeitsretention)

Siehe  Tab. 10.10.

Tab. 10.10 Rezeptur Träge Verdauung mit Übelkeit, Müdigkeit und Schleim.

Kräuter Tagesmenge Temperatur Geschmack Wirkung in der Rezeptur
Gentiana lut., rad. 3 g neutral-kühl bitter Milz-, Magen- und Dünndarm-Qi tonisierend, Magen- und Dünndarm-Hitze ableitend
Artemisia abs., herb. 2 g warm-kühl aromatisch, stark anhaltend bitter Milz- und Magen-Qi stärkend, Leber-Qi bewegend, Gallenfluss regulierend, Nahrungsmittelunverträglichkeit entgegenwirkend
Acorus cal., rhiz. 3 g warm aromatisch, scharf, bitter, leicht süß Feuchtigkeit ableitend, (kalten) Schleim zerteilend, Yun-Hua-Funktion unterstützend, klares Yang emporhebend
Coriandrum sat., fruct. 1 g warm scharf, aromatisch, leicht bitter Leber-Qi regulierend und bewegend, Stimmung hebend, Magen-Qi tonisierend und regulierend, so Aufstoßen behebend
Pericarpium aurantii 1 g warm scharf, bitter, aromatisch Qi regulierend, Feuchtigkeit trocknend, Schleim umwandelnd
Mentha pip., fol. 0,5 g warm-kühl scharf, aromatisch Magen-Qi absenkend und Magen-Qi beruhigend und absenkend, Milz und Magen regulierend, Blähungen entgegenwirkend, Stagnation lösend
Glycyrrhiza glab., rhiz. 1 g neutral-kühl süß Milz und Magen tonisierend, Qi vermehrend, Wirkung anderer Kräuter abpuffernd und Geschmack mildernd

Zubereitung und Dosierung Rezeptur für ca. 20 Tage, Tagesdosis 8g der Mischung für Infus mit ¾ Liter kochendem Wasser. 10 Min. bedeckt ziehen lassen, abseihen und in einer Thermoskanne warm halten. Den Tee in 3 Portionen über den Tag verteilt trinken, vorzugsweise schluckweise vor den Mahlzeiten.

Symptome und Befunde
Syndrome
Therapieprinzip

10.3.2 Traditionelle Rezeptur: Blähungen und Völlegefühl (Magen-Qi-Stagnation durch Nahrungsstagnation)

Siehe  Tab. 10.11.

Tab. 10.11 Traditionelle Rezeptur: Blähungen und Völlegefühl.

Kräuter Menge Temperatur Geschmack Wirkung in der Rezeptur
Carum carvi, fruct., zerstoßen 20 g warm aromatisch, etwas scharf Qi bewegend und Stagnationen lösend, die Mitte von Leber-Angriffen befreiend
Anisum fruct., zerstoßen 10 g warm süß, scharf Qi der Mitte regulierend, Magen und Milz wärmend
Foeniculum, fruct.., zerstoßen 10 g leicht warm aromatisch, leicht scharf Qi der Mitte regulierend; Milz und Magen wärmend, tonisierend; Kälte ableitend
Coriandrum sat., fruct., zerstoßen 10 g warm scharf, aromatisch, leicht bitter Leber-Qi regulierend und bewegend, Magen-Qi tonisierend und regulierend
PAH 394

Zubereitung und Dosierung 2 TL dieser Mischung mit ¼ Liter kochendem Wasser übergießen, zugedeckt 10 Min. ausziehen, danach abseihen. Bei Bedarf eine Tasse Tee gut warm trinken.

Symptome und Befunde

Syndrom Milz- und Magen-Qi-Mangel mit Kälte

Therapieprinzip

An dieser Stelle sei auf ein traditionelles Fertigpräparat hingewiesen, das sehr gut in die hier vorgestellte Kräuter-Gruppe der Digestiva passt:

Carminativum-Hetterich®, alkoholischer Auszug (1 : 3,26–3,40) aus