Kapitel 5
IN DIESEM KAPITEL
Als Lehrkraft sind Sie in einer Führungsposition, von Anfang an. Welche Führungskompetenzen für Sie in Ihrem schulischen Alltag und pädagogischen Handeln hilfreich sind, habe ich in Kapitel 3 beschrieben. All diese Kompetenzen greifen wirksam ineinander, wenn sie sich auf einer professionellen, verinnerlichten Grundhaltung abspielen.
Bestimmt bringen Sie ein breites Wissen über Führung bereits aus der Ausbildung mit. Doch wie sieht es mit Ihrem tieferen Verständnis von Haltung aus? Dieses Thema wird gegenüber den theoretischen Inhalten im Studium und Vorbereitungsdienst der Lehrerausbildung teilweise nachrangig behandelt. Es wird unausgesprochen vorausgesetzt oder direkt in Ihrer praktischen Tätigkeit an der Schule verortet und taucht dann (wieder) auf, wenn zum Beispiel schulische Regelkataloge oder Leitbilder belebt und umgesetzt werden sollen.
Die Haltung dient der Passung zwischen Ihrem reflektierten Denken und Ihrem professionellen Handeln. Wenn ich Seminare zum Umgang mit schwierigen Schülern gestalte, steht die Unterhaltung über Haltung an erster Stelle, also die Auseinandersetzung mit der inneren Einstellung. Besonders wenn Sie sich einem bestimmten Ansatz verschreiben, ist die entsprechende Geisteshaltung zentral. So können Sie nicht einfach systemische Fragen lernen, ohne sich mit der zugrunde liegenden Haltung zu befassen. Schnell ist die Rede von sogenannten Techniken. Doch Gesprächstechniken bleiben technisch ohne entsprechendes Fundament. Ihr Gegenüber wird das bemerken und (zu Recht) dementsprechend reagieren. (Mehr zu Gesprächsführung und systemischen Frageformen siehe Kapitel 17.)
Haltung gibt Ihnen somit sprichwörtlich Halt und lädt Sie gleichzeitig ein, innezuhalten. Dieses Wechselspiel ist ein konstanter Teil Ihrer Professionalisierung. Haltung konditioniert sich zunächst durch Prägungen und Vorbilder. Niemand ist ohne Haltung oder positiv formuliert: Wir alle haben Haltung. Jedoch ist Haltung keine eindeutig definierte Einstellung, die immer gleich ist. Haltung ist vielschichtigen Einflüssen und Erfahrungen ausgesetzt und ein individueller Prozess.
Stellen Sie sich eine Münze vor: Eine kleine Scheibe unterschiedlicher Legierungen mit diversen Prägungen auf der einen Seite und dem zugeordneten Wert auf der anderen Seite, umfasst von einem Rand. Das Bild der Münze dient als Symbol für die eigene Prägung und das Wertesystem. Eine bunte Mischung unterschiedlicher Erfahrungen und Situationen prägen die eigene Haltung: die persönliche Biografie, unsere Erziehung, das (kulturelle) Umfeld, Erfolge ebenso wie Enttäuschungen. Wie wir Beziehungen von Kind an erleben, beeinflusst bewusst oder unbewusst unsere innere Haltung und unser grundlegendes Wertesystem.
Haltung ist erlernbar und somit veränderbar und erweiterbar. Sie ist situativ und rollenbezogen, jedoch nicht rollenabhängig. Im schulischen Alltag wird sie Ihnen als Lehrperson in Unterricht und pädagogischem Handeln kontinuierlich abverlangt. Dadurch sind Sie immer wieder eingeladen, die eigene Haltung zu reflektieren und zu prüfen.
Mit Eintritt in Ihre Lehrerlaufbahn werden Sie mit Ihren Schülern bunte Erfahrungen sammeln. Ihre professionelle Haltung wird sich dabei schärfen. Je nach Klassenstufe, sozialem Hintergrund, Schulart, Schulort und anderem mehr kommen Sie in Kontakt mit den unterschiedlichen Prägungen und Haltungen Ihres Gegenübers. Bleiben Sie zuversichtlich und lassen Sie sich nicht vom Gedanken schwächen, dass die Kinder und die Jugend (oder die Eltern) heutzutage besonders schwierig seien. Jede Kindheit und Jugend bringt ihre Herausforderungen mit sich und Krisenzeiten können besser gemeistert werden, wenn Sie selbst positiv ausgerichtet sind. (Siehe Kapitel 7 Mindset und Glaubenssätze in der Pädagogik.)
Haltung ist nichts Fertiges, nach dem Motto »Einmal erworben, für immer verankert.« Sie sollte beides sein: sowohl dauerhaft als auch dynamisch. Dauerhaft meint die innere Ausrichtung auf ein Wertesystem oder einen bestimmten Ansatz (zum Beispiel humanistisch, systemisch, konstruktivistisch …). Dynamisch meint die Fähigkeit, auf der Basis dieser inneren Ausrichtung kontextabhängig und situativ unterschiedliche Denk- und Handlungsmöglichkeiten einzubringen.
Die innere Haltung wird beeinflusst und geformt durch
Die Frage nach der eigenen professionellen Haltung empfinden Lehrkräfte in meinen Seminaren zunächst als schwierig zu beantworten. Haltung trägt entscheidend dazu bei, wie Sie mit Schülern, Eltern, Kollegium und Vorgesetzten in Kontakt treten und interagieren. Die eigene Haltung zu kultivieren, bedeutet im übertragenen Sinne, diese bewusst zu reflektieren und zu pflegen. Überprüfen Sie daher regelmäßig, in welcher inneren Haltung Sie präsent sind, und reflektieren Sie mögliche Wechselwirkungen in der Interaktion. Glauben Sie grundsätzlich an die Fähigkeiten Ihrer Schüler? Oder ist Ihre Haltung geprägt von limitierenden Einstellungen gegenüber Lernenden und der Überzeugung, dass die volle Verantwortung für den Lern- und Entwicklungsprozess bei Ihnen liegt? Je nachdem werden Sie Ihren Schülerinnen und Schülern anders begegnen.
- Was treibt Sie an?
- Wofür stehen Sie (ein)?
- Woran erkennen andere Ihre Haltung?
- Wie würden Ihre Schüler (oder Eltern) Ihre Haltung beschreiben?
(Sofern Sie noch im Studium sind, können Sie diese Übung auch fiktiv beantworten im Sinne von: Was ist meine Vision bezüglich meiner professionellen Haltung?)
Als Lehrperson sind Sie in einem Beziehungsberuf. Ihr fachliches Wissen allein wird in der Regel nicht ausreichen, Ihre Schülerschaft für Ihr Fach und Ihren Unterricht zu begeistern. Ihre Schüler und deren Eltern wollen wissen, mit wem sie es zu tun haben. Eine reflektierte professionelle Haltung hilft zunächst Ihnen selbst. Sie steuert wie beschrieben Ihr Denken, Fühlen und dadurch dient sie Ihnen im Handeln, im Umgang mit Ihren Schülern, Kollegen, Eltern. Ihr Wirken wird sichtbar durch Ihr Handeln – Ihr Tun und Lassen.
Handeln folgt der Haltung. In der Begegnung mit Kindern, Schülern, Eltern, Kollegen gibt es zahlreiche Situationen, in denen Haltung trägt. Haltung ist also etwas, das sichtbar ist, spürbar ist und weitergegeben werden kann.
Menschen handeln ganz allgemein, um die eigenen Bedürfnisse zu befriedigen.
Klaus Grawe unterscheidet in der Psychologie vier psycho-soziale Grundbedürfnisse:
Diese vier Grundbedürfnisse sind gleichrangig und damit nicht hierarchisch aufeinander aufbauend. Der Mensch strebt nach einer Balance dieser Bedürfnisse. Sind diese Bedürfnisse dauerhaft im Ungleichgewicht, erhöht sich die Gefahr, krank zu werden.
Im Unterricht prallen regelmäßig unterschiedliche Bedürfnisse der Beteiligten (Lehrkräfte und Schüler) aufeinander. Schnell reagiert man als Lehrkraft auf die sichtbare Handlungsebene, also die Verhaltensweise, die Sie unmittelbar wahrnehmen. Aber wie erwähnt, dient Ihnen Ihre Haltung neben aller handlungsleitenden Orientierung auch zum Innehalten: Was spielt sich unter der Oberfläche ab? Welches Bedürfnis steht vermutlich hinter dem gezeigten Verhalten? Welches Bedürfnis ist bei Ihnen selbst aktiviert? Und was steht hinter dem jeweiligen Bedürfnis? Die psychologische Theorie von Klaus Grawe dient als hilfreiches Modell für Ihr pädagogisches Denken und Handeln im Umgang mit Ihren Schülern und im Umgang mit Störungen. (Mehr dazu in Kapitel 12 Bedürfnisse und Entwicklungsaufgaben und ihre Bedeutung für Führung.)
Gabriela von Witzleben hat die Theorie der Grundbedürfnisse adaptiert und spricht von drei Kernbedürfnissen:
Übertragen auf das Thema Haltung lassen sich drei Dimensionen von Haltung aufzeigen (siehe Abbildung 5.1).
Haltung schafft Gestaltung – Gestaltungsräume, Bedürfnisse, Instanzen (nach dem triadischen Prinzip von Gabriela v. Witzleben)
Abbildung 5.1: Dimensionen von Haltung
Die unterschiedlichen Kernbedürfnisse sind den drei Instanzen Kopf, Herz und Bauch zugeordnet, aus denen heraus die Bedürfnisse zugänglich sind. In Abbildung 5.1 sind diese Dimensionen der Haltung wiederum drei Gestaltungsebenen zugeordnet: Begegnung, Wirkung und Handlungs-Spiel-Raum.
Bespielen Sie diese unterschiedlichen Ebenen und gestalten Sie diese bewusst.
Sowohl Sie als Lehrperson als auch Ihre Schüler, Kollegen, die Eltern der Schüler agieren auf der Basis der eigenen Bedürfnisse. Dieses Wissen verschafft Ihnen einen Filter, um Ihr eigenes Handeln zu reflektieren. Halten Sie situativ inne und hinterfragen Sie, welches Bedürfnis in einer bestimmten Situation aktiviert ist und re-agieren Sie dementsprechend bewusst(er).
Konflikten liegen Bedürfnisdifferenzen zugrunde. In Konfliktsituationen können Sie die emotionale Ladung reduzieren, indem Sie zunächst filtern, wer gerade aus welchem Bedürfnis heraus handelt. Da Sie den Bezugspunkt verändern und auf diese Hilfsebene zugreifen, kann beispielsweise eine eigene persönliche Kränkung verhindert werden und Sie bleiben in Ihrer vollen Handlungskompetenz.
Bezogen auf Ihre Schüler im Unterricht oder auf Eltern im Elterngespräch dient dieses Modell als Kompass, Ihr Gegenüber besser zu verstehen und passgenauer zu intervenieren. (Siehe Kapitel 12 Bedürfnisse und Entwicklungsaufgaben und ihre Bedeutung für Führung.)
Als Lehrperson vereinen Sie viele Rollen, Aufgaben und müssen unterschiedlichen Erwartungen gerecht werden, nicht zuletzt Ihren eigenen. Ihr alltägliches Handeln ist komplex und erfordert von Ihnen, dass Sie unter anderem Kompetenzen vermitteln, lehren, beraten, unterstützen, begleiten, bewerten und auch erzieherisch tätig sind.
Das Fundament dieser Aufgaben bilden bestimmte Einstellungen, Fähigkeiten und Fertigkeiten, die Sie als Lehrperson zu Ihrem professionellen Selbstverständnis bündeln und herausbilden. Hierzu zählt die grundlegende Bereitschaft, sich auf Ihr Gegenüber einzustellen und einzulassen. Hinzu kommen Empathie, Wertschätzung, Akzeptanz, Toleranz, Offenheit und Glaubwürdigkeit. All dies sind gleichwohl Qualitäten und Kompetenzen. Qualitäten im Sinne eines Orientierungsrahmens, der Ihr Handeln leitet, und Kompetenzen deshalb, weil sie sich im eigentlichen Tun zeigen. Die Freude und das Interesse am menschlichen Miteinander stehen für mich persönlich im Zentrum. Wie ist das bei Ihnen?
In Kapitel 4 wird der systemische Ansatz in der Pädagogik beschrieben. Wie die systemischen Grundannahmen die pädagogische Grundhaltung ergänzen, soll Tabelle 5.1 veranschaulichen.
Pädagogische Grundhaltung (Auszug) |
Systemische Grundannahmen (Auszug) |
---|---|
Akzeptanz Empathie Glaubwürdigkeit Offenheit Toleranz Wertschätzung |
Verhalten ist kontextabhängig Jedes Verhalten ergibt Sinn in einem Kontext Probleme sind mögliche Lösungsversuche Kein Problem tritt immer auf Wer ein Problem »besitzt«, trägt auch die Fähigkeit zur Lösung in sich |
Verantwortung für Handeln und Veränderung liegt stärker bei der Lehrperson. |
Verantwortung für Handeln und Veränderung wird vom Vertrauen ins Gegenüber und dessen Ressourcen ergänzt und entlastet beide, die Lehrperson und den Schüler. |
Tabelle 5.1: Pädagogische und systemische Grundannahmen
Sie sind als Lehrkraft im Unterricht ständig unter Beobachtung. Und jede Beobachtung führt zu einer Bewertung. Im Idealfall nehmen Ihre Schüler Sie im Unterricht so wahr, wie dies Ihrem professionellen Selbst- und Rollenverständnis entspricht. Trauen Sie sich, hinzuhören, wie Sie wahrgenommen werden. Sie werden manchmal auch positiv überrascht sein, welche positiven Eigenschaften und Fähigkeiten Ihnen Schüler zuschreiben, die Sie selbst so gar nicht an sich wahrnehmen.
Das Ergebnis meiner anhaltenden Mühe wurde mir erst zeitversetzt auf Klassenfahrt mit dieser Klasse bewusst. Ich erhielt kaum Zugang in die Zimmer einzelner Schülergruppen. Dies sei zu meinem Schutz, da ich das Chaos nicht ertragen würde. Ich musste schmunzeln, denn es bedeutete, dass die Schüler mein Bedürfnis wahrnahmen, auch wenn sie weiterhin »im Chaos hausten«. Und einer der Schüler bemerkte gegenüber meiner Kollegin: »Die Frau Hofer-Warth ist immer tiefenentspannt.« So hätte ich mich niemals beschrieben, weil ich mich selbst auf die Person reduzierte, die ein ordentliches Klassenzimmer haben möchte, und dies eher angespannt einforderte! Übrigens: Welches Kernbedürfnis war bei mir wohl aktiviert? Genau – das Bedürfnis nach Sicherheit sowie nach Orientierung und Kontrolle. Bei meinen Schülern dagegen eher das Bedürfnis nach Lustgewinn und Unlustvermeidung …
Es lohnt sich, sich selbst immer wieder die Frage zu stellen, was die eigenen Schüler über einen aussprechen sollen. Sie sind die Ihnen Anvertrauten. Im Laufe Ihrer Dienstjahre werden Sie zunehmend eine Handlungsroutine etablieren, die Ihre Alltagsentscheidungen erleichtert. Diese entbindet jedoch nicht vor der kontinuierlichen Selbstreflexion. (Siehe auch Kapitel 16 Feedback und Feedforward.)
Was ist Ihnen wichtig:
»Haltung haben bedeutet, anderen Halt geben zu können.« (Helmut Glaßl)
Dieses Zitat zeigt die Wirkkraft von Haltung und richtet sich konkret aus auf Ihr Gegenüber. Damit es Ihnen gelingt, Ihren Schülern Halt zu geben, sollten Sie gut für sich selbst und Ihre eigene Stabilität sorgen. Einfach formuliert: Um wirksam zu sein, müssen Sie sich als selbstwirksam erleben!
Sie sind in Ihrem Beruf als Lehrperson vielfachen Belastungen ausgesetzt, neben all den planbaren auch den unvorhersehbaren, spontanen – und das durch alle Dienstjahre hindurch. Daher ist es für Ihre eigene Gesundheit absolut bedeutsam, sich als wirksam zu erleben.
Der Begriff der Selbstwirksamkeit findet in unterschiedlichen Disziplinen Beachtung. Die Theorie zur Selbstwirksamkeit wird in der sozial-kognitiven Psychologie (Bandura) verortet, aber auch im Konzept der Salutogenese (Antonovsky), der Lehre von der Entstehung (und Erhaltung) der Gesundheit aufgegriffen und ist in Modellen zur Resilienz einbezogen. (Mehr zum Thema Salutogenese und Resilienz siehe Teil III Wer andere führen will, braucht eine gute Selbstführung und hier besonders Kapitel 8 5 Aspekte resilienter Selbstführung.)
Im Hinblick auf die Lehrergesundheit findet das Thema in der Forschung in den letzten Jahren zunehmend Raum und Beachtung. Dadurch ist die Selbstwirksamkeit im Bereich der Pädagogik und im Feld professioneller Handlungskompetenz inzwischen fest verankert neben Professionswissen, Überzeugungen und Werthaltungen, motivationaler Orientierung und Selbstregulationsfähigkeit.
Sie schätzen sich als Lehrperson dann als selbstwirksam ein, wenn Sie Ihre eigenen Fähigkeiten und professionellen Kompetenzen so nutzen, dass Sie die komplexen Aufgaben und Anforderungen Ihres schulischen Alltags erfolgreich meistern. Diese Einschätzung unterliegt subjektiven Urteilen und Filtern, lässt sich jedoch auch objektiv »abtasten«.
Bereits in der Lehrerausbildung werden Instrumente eingeführt, anhand derer angehende Lehrpersonen ihre Kompetenzen rund um Klassenführung selbst einschätzen können. So gibt es zum Beispiel Fragebogen zur Erfassung der Lehrerselbstwirksamkeit oder den Linzer Diagnosebogen zur Klassenführung.
Die Erfassung befasst sich mit Themenschwerpunkten wie Instruktionsstrategien, Klassenmanagement und Motivierung von Schülern.
Im Vordergrund des Linzer Diagnosebogens (LDK) steht die Auseinandersetzung mit Strategien der Klassenführung (Lehrerhandeln, Kompetenzen und Haltungen) in drei Hauptkategorien:
Darüber hinaus werden drei weitere Aspekte erfasst:
Es gibt eine Version für die Lehrperson (mit 36 Items) und eine für die Schüler (mit 39 Items). Außerdem stehen unterschiedliche Versionen für die unterschiedlichen Schulstufen zur Verfügung (siehe https://ldk.aau.at
).
Wie Sie Ihre Selbstwirksamkeit erleben, ist eng an die eigene Erwartung gekoppelt. Das bedeutet, die Art und Weise, wie Sie über eine bestimmte Herausforderung, Situation oder Aufgabe denken, steuert Ihr Handeln und entscheidet, ob und wie Sie an diese herangehen.
Im Rahmen von Prävention und Gesundheitsförderung kommt der Selbstwirksamkeitserwartung ein hoher Stellenwert zu, weil sie nicht die tatsächlichen Fähigkeiten spiegelt. Ziel ist es, persönliche Ressourcen zugänglich und erlebbar zu machen.
Nach Bandura gibt es vier Möglichkeiten, positiv auf die eigene Selbstwirksamkeit einzuwirken:
Eigene Erfolgserfahrungen: Was ist mir gelungen? Was habe ich als wirksam erlebt? Wodurch?
Machen Sie sich persönliche Erfolgserlebnisse bewusst und das regelmäßig: Was ist Ihnen in dieser bestimmten Klasse (in diesem Fach, in dieser Stunde, in dieser Einheit, mit diesem Kind, in diesem Gespräch …) gelungen? Weiten Sie Ihren Blick auf Erfolgserlebnisse auch auf nicht-berufliche Lebensbereiche aus, dies stärkt Ihr Fähigkeitserleben nachhaltig.
Stellvertretende Erfolgserfahrungen: Wer sind meine Vorbilder? An wem orientiere ich mich?
Beobachten Sie Erfolgserfahrungen anderer, die Ihnen wichtig oder ähnlich sind: Wer ist Ihr Vorbild, an wem wollen Sie sich orientieren? Nutzen Sie die selbstmotivationale Kraft: »Wenn es diese Person kann, schaffe ich es auch!« Aktivieren Sie die »beste Version von sich selbst« und nutzen Sie diese als Hilfs-Ich für bestimmte Situationen: »Was würde die beste Version von mir selbst jetzt tun?«
Soziale und verbale Verstärkung: Mit wem umgebe ich mich? Wer sind meine Unterstützer?
Nutzen Sie die soziale Einbindung: Umgeben Sie sich mit Menschen, die Sie als kompetent ansehen und die Sie positiv bestärken und an Sie glauben. Sprechen Sie sich gegenseitig Zutrauen aus. Formulieren Sie dabei neben Affirmationen auch offene Fragen: »Wie kann ich das schaffen?«
Umdeuten und umlenken affektiver Zustände: Wie kann ich meine Emotionen regulieren? Wie gelingt Selbstregulierung?
Nehmen Sie Ihre Emotionen und körperlichen Empfindungen bewusst wahr: Stressreaktionen sind nicht per se negativ, die kognitive Bewertung löst einen Teil der Stressreaktion selbst aus. Nutzen Sie Methoden, Ihre Stressreaktionen positiv zu beeinflussen (zum Beispiel Meditation und achtsamkeitsbasierte Verfahren wie MBSR – Mindfulness Based Stress Reduction nach Jon Kabat-Zinn, Klopftechniken PEP – Prozess- und Embodimentfokussierte Psychologie nach Dr. Michael Bohne), und deuten Sie Ihre Gefühlszustände zieldienlich um. (Mehr dazu siehe Kapitel 11 Die Big Five: K.R.A.F.T.-Quellen wirksamer (Selbst-)Führung.)