7 Den Harnfluss fördernde und Feuchtigkeit ausleitende Kräuter

7.1 Grundsätzliches

Bei der Behandlung von Feuchtigkeit werden in der Chinesischen Medizin drei Strategien unterschieden (vgl. NWI 101):

  1. Huà Shi 化濕 = umwandeln = Feuchtigkeit aus dem Oberen Erwärmer (Lunge) eliminieren, z. B. Acorus cal. ( Kap. 6.2.1); Angelica arch. ( Kap. 14.2.1), Myrica ( Kap. 8.2.7)
  2. Zào Shi 燥濕 = trocknen = (kalte) Feuchtigkeit aus dem Mittleren Erwärmer (Milz und Magen) eliminieren, z. B. Elettaria, Citrus ( Kap. 6.2.3); Coriandrum ( Kap. 10.2.5), Alpinia ( Kap. 8.2.5)
  3. Lì Shi 利濕 = fließen lassen = aus dem Unteren Erwärmer (Blase) ableiten; z. B. Levisticum ( Kap. 6.2.4); Apium, Agropyron, Urtica ( Kap. 7.2.6); Juniperus ( Kap. 8.2.6); Taraxacum ( Kap. 3.7.7)

Der Vollständigkeit halber sei noch die in  Kap. 5 vorgestellte Strategie „Wind-Feuchtigkeit auflösen und ableiten“ genannt.

Der Schwerpunkt dieser Gruppe liegt auf dem „Fließen-Lassen“. Feuchtigkeit ausleitende Kräuter fördern die Urinproduktion bzw. Miktion, damit der Körper sich überschüssiger Feuchtigkeit entledigen kann und diese abfließt. Insofern finden sich in dieser Gruppe vor allem harntreibende Kräuter, die geeignet sind

7.1.1 Physiologie und Pathophysiologie

Der Wassermetabolismus steht in engem Zusammenhang mit der Funktion von Lunge, Milz und Nieren. Die Lunge als obere Quelle des Wassers verbreitet das Qi und regiert über die Wasserwege. Die Milz transformiert und transportiert die Flüssigkeiten. Die Niere ist die untere Quelle des Wassers und regiert den gesamten Flüssigkeitshaushalt im Körper. Sie gibt Qi an die Blase weiter, deren Hauptfunktion die Transformation und Ausscheidung von Flüssigkeiten ist. Der 3-Erwärmer verbindet die Wasserwege (Shui Dào 水道) und verteilt einerseits die Flüssigkeiten, andererseits das Yuan Qi 营气.

„Wenn das Qi im Dreifachen-Erwärmer blockiert ist, hat der Wassermetabolismus keine Kraft; wenn die Blase nicht richtig funktioniert und sich die Miktion schwierig gestaltet, ist der Dreifache-Erwärmer durch den Rückfluss betroffen.“ (BEN 1996: 187)

7.1.2 Aquaretika vs. Diuretika

Substanzen, die eine vermehrte Harnausscheidung bewirken, werden allgemein als Diuretika bezeichnet. Die Steigerung der ausgeschiedenen Wassermenge, des Nach-unten-fließen-Lassens, kann auf zwei Arten realisiert werden:

  1. Erhöhung der Wasserausscheidung, die mit einer gleichzeitigen Elektrolytausscheidung einhergeht mit Diuretika im engeren Sinne (Saluretika oder Natriuretika). Zu dieser Gruppe gehören alle synthetischen Diuretika (z. B. Thiazide, Furosemid, Triamteren). Ihr langfristiger Einsatz bei der Behandlung von Stauungsödemen, Hypertonie und Herzinsuffizienz ist wegen des Einflusses auf Elektrolythaushalt und Stoffwechsel nicht unkritisch, ihr Vorteil liegt in der schnellen Entstauung in Notfallsituationen (z. B. Lungenödem, hochgradige Herzschwäche).
  2. Förderung der Wasserausscheidung, ohne dass es zu einer Elektrolytverschiebung kommt. Diese Wirkung wird erreicht durch pflanzliche Aquaretika, die in dieser Gruppe vorgestellt werden. Man führt ihre Wirkung auf eine gesteigerte glomuläre Filtration in der Niere, verstärkte Nierendurchblutung und eine gesteigerte Osmose zurück. Die Ausschwemmung erfolgt lediglich durch Entfernung überschüssiger Flüssigkeit, die in der „Mineralstoffbilanz“ neutral ist. Natrium, Kalium und Magnesium bleiben dem Körper erhalten. Die meisten pflanzlichen Aquaretika sind für Langzeittherapien geeignet, also auch bei Patienten mit leichtem oder mittelschwerem Bluthochdruck, Herzschwäche Grad I bis II, Stauungsödemen, Übergewicht und Venenschwäche.

Tab. 7.1 Kräutervergleich.

Kräuter Temperatur Geschmack Wirkort Wirkschwerpunkt
Solidago virgaurea, herb. kühl bitter, saueradstringierend, etwas scharf Ni, Bl, Lu, Därme Infektionen des Urogenitaltraktes, Dysurie (Lin-Syndrom), Ödeme
Agropyron repens, rhiz. kühl fade, etwas süß Ni, Bl, Le, Mi Infektionen im Urogenitaltrakt, Miktionsstörungen, rheumatische Erkrankungen
Galium aparine, herb. kühl etwas bitter, sauer Bl, Le, Gb, Lu Infektionen im Urogenitaltrakt, Ikterus, Miktionsstörungen
Zea mays, stigmata neutral-kühl süß, fade Ni, Bl, Le, Gb Infektionen im Urogenitaltrakt, Ikterus, Dysurie (Lin-Syndrom)
Parietaria off., herb. neutral-kühl bitter, scharf Ni, Bl Harnwegsinfekte, Ödeme, schwierige Miktion
Urtica dioica, rad. neutral fade, adstringierend Bl, Ni benigne Prostatahyperplasie, Ödeme
Orthosiphon, fol. neutral aromatisch, etwas bitter, etwas salzig Ni, Le Harnwegsinfekte, Gallensteine, Ödeme
Phaseolus, fruct. sine semine (pericarp.) neutral süßlich, fade, leicht bitter, leicht salzig, leicht adstringierend Ni, Bl Ödeme, Blasen- und Niereninfektionen
Petroselinum crispum, rad. etwas warm aromatisch, süß, etwas scharf Ni, Bl, Mi, Ma, Le, Därme, Uterus Erkrankungen der ableitenden Harnwege, rheumatische Erkrankungen
Apium graveolens, rad. warm scharf, aromatisch, etwas bitter Ni, Bl, Lu, Mi, Ma, Uterus eingeschränkte Diurese, Ödeme, Erschöpfungszustände
Scilla maritima, bulb. warm scharf, etwas bitter, etwas süß He, Lu, Ni, Bl, Le, Uterus Ödeme, Herzinsuffizienz (milde), Niereninsuffizienz (milde), Husten mit viel Schleim

Pflanzliche Aquaretika steigern in der Regel den Harnfluss auf etwa das Doppelte der Ausgangsmenge, und damit weniger als synthetische Diuretika.

7.1.3 Strategien zur Ausleitung von Feuchtigkeit über den Harn

Ödeme ausleiten und den Flüssigkeits-Metabolismus fördern

Ödeme oberhalb der Taille sollten durch Diaphorese behandelt werden, Ödeme unterhalb der Taille durch Fördern des Harnflusses (vgl. FOL 1673).

Ödeme, die durch Diaphorese und Öffnen der Wasserwege behandelt werden, zählen zu den Yang-Ödemen, ebenso Ödeme infolge Toxischer oder Feuchte-Hitze. Die entsprechenden Kräuter werden in  Kap. 2 bzw.  Kap. 3 vorgestellt. Bei diesen Ödemen ist meist nur eine leichte Dellenbildung auf Druck hin zu beobachten.

Bei Ödemen aufgrund von Feuchte-Hitze benötigt man neben bitteren (aber auch faden) Diuretika zusätzlich Kräuter, die Feuchte-Hitze ableiten mit kühlendem Temperaturverhalten ( Kap. 3.7).

Feuchtigkeitsakkumulation zerstreuen und Wasserwege öffnen

Bei Ödemen handelt es sich generell um physiologische Feuchtigkeit, die sich unter der Haut sammelt (im Gegensatz zu pathologischer Feuchtigkeit und Schleim). Im Chinesischen wird dies als „Wasser-Schwellung“ (Shui Zhong 水腫) bezeichnet.

Yin-Ödeme sind chronische Ödeme, die auf einem Mangel-Zustand beruhen. Sie werden behandelt, indem die Wurzel (Ben 本) behandelt wird, meist Milz- und Nieren-Mangel, aber auch Herz-Yang-Mangel.

Bei Ödemen aufgrund von Nieren-Yang Mangel oder Kälte müssen wärmende Diuretika durch entsprechende Kräuter ergänzt werden ( Kap. 8,  Kap. 18.4).

Entstehen die Ödeme aufgrund einer länger bestehenden Schwäche der Milz, sei es aufgrund von Qi-Mangel, Diätfehlern oder exogener pathogener Feuchtigkeit, sind Diuretika mit neutralem Temperaturverhalten und fadem Geschmack mit trocknenden ( Kap. 6) und Qi stärkenden Kräutern ( Kap. 18.2, ggf. auch  Kap. 14.2) zu verbinden.

In der westlichen Naturheilkunde werden Ödeme, die mit Palpitationen (diese sind zuweilen nicht so prominent) einhergehen, mit herzglycosidhaltigen Kräutern therapiert. Entsprechend können Diuretika mit Kräutern wie Convallaria ( Kap. 18.2), Adonis ( Kap. 9), Scilla (siehe oben), Oleander, Strophantus (Cave!) oder Digitalis (Cave!) kombiniert werden.

Die Kräuter dieser Gruppe können unterstützend und mit Umsicht zur Behandlung von Nierenödemen (bei Nierenerkrankungen im westlichen (Cave!) Sinne) verordnet werden. Nierenödeme im westlichen Sinn erscheinen meist als Yang-Ödeme.

Die dritte Form von Ödemen sind Qi-Ödeme, die durch Leber-Qi-Stagnation entstehen, aber auf Druck keine Dellen bilden. Sie zeigen sich an den Extremitäten und gehen mit den üblichen Symptomen der Leber-Qi-Stagnation einher.

Bei Ödembildung aufgrund von Stagnation und Stase müssen die Diuretika mit bewegenden Kräutern aus  Kap. 9 (Qi) und  Kap. 13 (Blut) kombiniert werden.

Bei lokalen Ödemen oder Schwellungen ist der Einfluss von Diuretika wesentlich geringer als bei generalisierter Flüssigkeitsretention.

Obstruktion der Wasserwege beheben und Urin-Ausscheidung erhöhen

Die tägliche Harnproduktion ist abhängig von Flüssigkeitszufuhr, Transpirationsmenge, Ernährung usw. und schwankt zwischen durchschnittlich 1 bis 1,5 l pro 24 Stunden. Abweichungen lassen sich ablesen an der Harnmenge und Miktionsfrequenz sowie an Miktionsbeschwerden wie Brennen, Stechen oder einschnürenden Empfindungen beim Wasserlassen.

Die Chinesische Medizin unterscheidet bei Dysurie (Lín Zhèng 淋证):

Blutiger oder getrübter Urin gehört ebenfalls zu möglichen Symptomen des Lin-Musters.

Zu den Ursachen dieser Beschwerden zählt häufig ein Feuchtigkeit-Hitze-Zustand, der entstehen kann durch von außen eindringende Feuchte-Hitze oder durch Feuchtigkeit, die sich im Inneren in Hitze umwandelt. Die Vermischung von Hitze und Feuchtigkeit macht die Hitze „schwer“ und zieht nach unten, was ihre Klärung erschwert.

Symptome bei Feuchte-Hitze in der Blase

Therapieprinzip

Bei chronischen Harnwegsinfekten sind Heilkräuter sehr wirkungsvoll.

„Alleinige Gabe von pflanzlichen Drogen bei:

Adjuvant (bis zu einem Monat nach Absetzen der Antibiotika) bei:

Reizblase

Miktionsprobleme einschließlich Harninkontinenz haben im Verlauf ihres Lebens 20–30% aller Frauen, beschränken sich jedoch nicht auf diese. Statistiken zeigen an, dass rund fünf Millionen Männer und Frauen in Deutschland an Blasenbeschwerden leiden. Aus Sicht der westlichen Medizin handelt es sich um eine funktionelle Störung. Der Blasenmuskel meldet fälschlicherweise ein starkes Harndrangsignal, obwohl die Blase nur sehr wenig gefüllt ist. Die Reizblase führt oft zu einer dramatischen Einschränkung der Lebensqualität: Der überfallartige Harndrang schränkt den Aktionsradius erheblich ein.

Häufige Symptome

Eine Verschlechterung der Beschwerden tritt bei äußerer Kälte und feuchter Witterung ein, ein Zeichen dafür, dass die zur Kontrolle der Ausscheidungsfunktion notwendige Yang-Energie geschwächt ist. Dadurch kann sich immer wieder äußere Kälte festsetzen (Tai Yang) und zu Blockaden führen, die sich oft in Folge der entwickelnden Hitze als akute Zystitiden mit Brennen beim Wasserlassen und ins Rötliche gefärbtem Urin zeigen.

Bei älteren Patienten zeigt sich die Reizblase mehr als Harninkontinenz. Über das Yang wärmende Kräuter hinaus sind hier adstringierende Kräuter notwendig, die die Funktion der Blase kräftigen helfen.

7.1.4 Wirkeigenschaften der Kräuter

Aquaretika

7.1.5 Energetik der Kräuter

Vorwiegend sind die Kräuter dieser Kategorie von neutraler oder kühler Temperatur.

Der fade Geschmack (z. B. Zea, Agropyron) filtert die Feuchtigkeit und wirkt trocknend.

Süße Aspekte (z. B. Zea, Agropyron, Phaseolus) tragen dazu bei, die Reizung der Schleimhäute zu mildern, etwa bei Entzündungen im Urogenitaltrakt.

Bittere Aspekte (z. B. Galium, Parietaria) leiten Feuchtigkeit und Feuchte-Hitze nach unten.

Der salzige Geschmack (Orthosiphon, Phaseolus) hilft, Verhärtungen zu erweichen und zu befeuchten sowie Schleimretention zu lösen.

7.1.6 Inhaltsstoffe

Aus der Perspektive der Pflanzeninhaltsstoffe ergibt sich die Wirkung der Arzneikräuter dieser Kategorie durch folgende Wirkstoffe:

7.2 Kräuter

7.2.1 Solidago virgaurea

Siehe  Abb. 7.1 und  Tab. 7.2.

Tab. 7.2 Monografie Solidago virgaurea.

Name (lat.) Name (dt.) Temperatur Geschmack Organbezug Tagesdosis
Solidago virgaurea, herb. Goldrute, Kraut kühl bitter, saueradstringierend, etwas scharf Ni, Bl, Lu, Därme 1–12 g getr. Droge (Infus oder Dekokt); 20–90 Tr. Tinktur
Wirkbeschreibung Indikationen
Diurese fördernd, Feuchtigkeitsakkumulation zerstreuend Ödeme, geschwollene Augendeckel, entzündliche
Erkrankungen der ableitenden Harnwege
Qi der Blase regulierend und Obstruktion der Wasserwege beseitigend schwierige Miktion, Harnstau, Dysurie, Enuresis,
Harnsteine, Nierengrieß, Prostatahypertrophie
Feuchte-Hitze ausleitend Infektionen des Urogenitaltraktes mit Schmerzen und Brennen beim Urinieren, häufigem Harndrang und Inkontinenz
Entzündungen im Gastrointestinaltrakt (schleimige Durchfälle)
rheumatische Erkrankungen, Gicht, Hyperurikämie
Schleim und Feuchtigkeit klärend Rhinitis, verstopfte Nebenhöhlen, chron. wässriges Nasensekret
Zystitis mit Schleimabsonderung, Leukorrhöe harnsaure Diathese
HOL 140, MAD, ROS (2009), WEF, LEX, PAH 141, KRA (2000) 53, PRW 283, SCH, Positivmonografien Kommission E, ESCOP
missing link

Abb. 7.1 Solidago virgaurea.

7.2.2 Agropyron repens

Siehe  Tab. 7.3.

Tab. 7.3 Monografie Agropyron repens.

Name (lat.) Name (dt.) Temperatur Geschmack Organbezug Tagesdosis
Agropyron repens, rhiz. (Rhiz. Graminis) Quecke, Wurzel kühl fade, etwas süß Ni, Bl, Le, Mi 1–12 g getr. Droge (Dekokt); 20–120 Tr. Tinktur
Wirkbeschreibung Indikationen
Feuchte-Hitze klärend, Diurese fördernd Infektionen im Urogenitaltrakt, Harnsteine, Gallensteine
rheumatische Erkrankungen; Gicht
Hauterkrankungen
Lymphadenitis
Schwächezustände
benigne Prostatahyperplasie
Bronchialkatarrh
Ödeme
Blasen-Qi regulierend; Obstruktion der Wasserwege beseitigend Miktionsstörungen wie schwierige Miktion, imperativer
Harndrang, unterbrochene Miktion, Dysurie, ständiger
Harndrang
Yin schützend Brennen und Schmerzen beim Wasserlassen; entzündliche Reizung der Schleimhäute mildernd
Wundheilungsstörungen
JÄN 426, PRW 89, MAD, MTD (1992), ROS (2009), WEF, Positivmonografien Kommission E, ESCOP

Allgemeine Bemerkung Auch unter dem Namen Rhizoma Graminis geläufig.

7.2.3 Galium aparine

Siehe  Tab. 7.4.

Tab. 7.4 Monografie Galium aparine.

Name (lat.) Name (dt.) Temperatur Geschmack Organbezug Tagesdosis
Galium aparine, herb. Klettenlabkraut kühl etwas bitter, sauer Bl, Le, Gb, Lu (Haut) 1–5 g getr. Droge (Dekokt); 10–90 Tropfen Tinktur
Wirkbeschreibung Indikationen
Feuchte-Hitze und Toxische Hitze klärend Infektionen im Urogenitaltrakt
Harnsteine, Harngrieß
Ikterus, Hepatitis, Übelkeit, Druck unter dem rechten Rippenbogen
Hauterkrankungen, Drüseneiterungen
Erkrankungen mit Lymphbeteiligung
Gonorrhöe
Qi der Blase regulierend, Obstruktion der Wasserwege beseitigend Miktionsstörungen wie Brennen und Schmerzen beim Wasserlassen, Harnverhalt, Ödeme, Nierensteine
lokale Anwendung Hauterkrankungen, Drüsenschwellungen, Krebsgeschwüre, Tumore, Sonnenbrand, Wunden
HOL, MAD, ROS (2009), LON, MTD (1992), LEX, HOM

Allgemeine Bemerkung In der Volksmedizin bei Krebsleiden, Zungentumoren, Geschwüren und zur Entgiftung.

Wahrscheinlich seit dem Neolithikum zur Käsezubereitung verwendet.

Das frische Kraut und die daraus zubereitete Urtinktur wirken stärker oder tiefgreifender.

7.2.4 Zea mays

Siehe  Abb. 7.2 und  Tab. 7.5.

Tab. 7.5 Monografie Zea mays.

Name (lat.) Name (dt.) Temperatur Geschmack Organbezug Tagesdosis
Zea mays, stigmata Maisbart/Maisgriffel neutral-kühl süß, fad Ni, Bl, Le, Gb 1–8 g getr. Droge (Dekokt); 1–6 ml Tinktur
Wirkbeschreibung Indikationen
Feuchte-Hitze aus Blase, Leber und Gallenblase klärend und ableitend Infektionen im Urogenitaltrakt mit Schmerzen und Brennen beim Urinieren, Harntröpfeln; schleimige Ausflüsse; Harnsteine
Übelkeit, Ikterus, Gallensteine, Cholezystitis, Hepatitis, Druck und Schmerzen unter dem Rippenbogen
Hyperurikämie
Hypertonie
Qi der Blase regulierend und Obstruktion der Wasserwege beseitigend, Diurese fördernd Ödeme, schwierige Miktion, Harnverhalt, Dysurie, Nephritis, Hypertonie
Brennen und Schmerzen beim Wasserlassen; entzündliche Reizung der Schleimhäute mildernd
HOL 536, PAH 459, STA 298, MAD, ROS (2009), MTD (1992), WHO, CHE
missing link

Abb. 7.2 Zea mays.

7.2.5 Parietaria officinalis

Siehe  Tab. 7.6.

Tab. 7.6 Monografie Parietaria officinalis.

Name (lat.) Name (dt.) Temperatur Geschmack Organbezug Tagesdosis
Parietaria officinalis, herb. Glaskraut neutral-kühl bitter, scharf Ni, Bl 1–3 g getr. Droge (Infus); 10–40 Tr. Tinktur
Wirkbeschreibung Indikationen
Feuchtigkeit und Feuchte-Hitze klärend, diuretisch Ödeme, Harnwegsinfekte; Harngrieß, Harnsteine
Qi der Blase regulierend, Obstruktion der Wasserwege beseitigend, befeuchtend schwierige Miktion, Brennen und Schmerzen beim Urinieren, Harnverhalt
BÜH, HOL, MAD, MTD (1992), HUM, LEX

7.2.6 Urtica dioica

Siehe  Tab. 7.7.

Tab. 7.7 Monografie Urtica dioica.

Name (lat.) Name (dt.) Temperatur Geschmack Organbezug Tagesdosis
Urtica dioica, rad. Brennnessel, Wurzel neutral fad, adstringierend Bl, Ni 1–6 g getr. Droge (Dekokt); 1–4 ml Tinktur
Wirkbeschreibung Indikationen
Wasserwege öffnend, Feuchtigkeits- (Schleim-)
Obstruktion zerstreuend
benigne Prostatahyperplasie (Grad I+II) mit Miktionsbeschwerden wie häufiger Harndrang, unvollständige Harnentleerung, Harnverhalt, Restharnbildung
Ödeme, Prostatitis, Rheuma, Gicht
HOM, KAS, MIB, PAH, ROS (2009), LEX, SCH, HUM, Positivmonografien Kommission E, ESCOP, WHO

7.2.7 Orthosiphon stamineus

Siehe  Tab. 7.8.

Tab. 7.8 Monografie Orthosiphon stamineus.

Name (lat.) Name (dt.) Temperatur Geschmack Organbezug Tagesdosis
Orthosiphon stamineus, fol. Indischer Nierentee, Blätter; Katzenbart, Blätter neutral aromatisch, etwas bitter Ni, Le 6–10 g getr. Droge (Dekokt); 1–5 ml TInktur
Wirkbeschreibung Indikationen
Feuchtigkeit- und Feuchte-Hitze klärend Harnwegsinfekte, Harngrieß, Harnsteine, Hämaturie, Albuminurie; Gallensteine; Rheuma, Gicht
Wasserwege freimachend Ödeme, leichte Spasmen
MAD, KOE, WEF, BÜH 254, LPH 237, Positivmonografie Kommission E, ESCOP

Allgemeine Bemerkung In der modernen Phytotherapie zur Durchspülungstherapie bei entzündlichen Erkrankungen der ableitenden Harnwege.

7.2.8 Phaseolus nanus

Siehe  Tab. 7.9.

Tab. 7.9 Monografie Phaseolus nanus.

Name (lat.) Name (dt.) Temperatur Geschmack Organbezug Tagesdosis
Phaseolus nanus, pericarp. Gartenbohnen, Schalen neutral süßlich, fade, leicht bitter, leicht salzig, leicht adstringierend Ni, Bl 5–20 g Dekokt
Wirkbeschreibung Indikationen
Stagnationen lösend, erweichend, Feuchtigkeit ausleitend, harntreibend Ödeme
kardiale Ödeme
Steine
Blasen- und Niereninfektionen
Gicht
Herzerkrankungen und Hypertonie (begleitend)
Schwangerschaftsödeme
Blutzuckerspiegel regulierend Diabetes mellitus
MON 330, ITA 430, GES 397, JÄN 68, PAH 90, SCW 140, TAZ, Positivmonografie Kommission E

7.2.9 Petroselinum crispum

Siehe  Tab. 7.10.

Tab. 7.10 Monografie Petroselinum crispum.

Name (lat.) Name (dt.) Temperatur Geschmack Organbezug Tagesdosis
Petroselinum crispum, rad. Petersilienwurzel etwas warm aromatisch, süß, etwas scharf Ni, Bl, Mi, Ma, Le, Därme, Uterus 1–6 g getr. Droge (Dekokt); 2–5 ml Tinktur
Wirkbeschreibung Indikationen
Feuchtigkeitsakkumulation zerstreuend, Wasserwege öffnend, diuretisch Ödeme, Erkrankungen der ableitenden Harnwege, Harngrieß, Dysurie, Harnverhalt; rheumatische Erkrankungen, Gicht
Qi der Mitte regulierend, Leber-Qi bewegend Verdauungsstörungen mit abdomineller Völle, Blähungen, Druck unter dem rechten Rippenbogen, Übelkeit
Leber-Yin und -Xue nährend Blutmangelsymptome wie allgemeine Blässe, brüchige Nägel, Haarausfall, Amenorrhöe
Uterus regulierend Amenorrhöe, Dysmenorrhöe
HOL, MAD, ROS (2009), MTD (1992), WEF, LEX, MON, Positivmonografie Kommission E

Cave

Schwangerschaft und Stillzeit; Petroselinum kann den Milchfluss verringern und steht im Verdacht abortiv zu wirken (bislang keine Beweise).

missing link Nebenwirkungen

selten allergische Haut-/Schleimhautreaktionen; fototoxische Reaktionen möglich

missing link Kontraindikationen

Schwangerschaft, entzündliche Nierenerkrankungen

7.2.10 Apium graveolens

Siehe  Tab. 7.11.

Tab. 7.11 Monografie Apium graveolens.

Name (lat.) Name (dt.) Temperatur Geschmack Organbezug Tagesdosis
Apium graveolens, rad. Sellerie, Wurzel warm scharf, aromatisch, etwas bitter Ni, Bl, Lu, Mi, Ma, Uterus 1–3 g getr. Droge; Dekokt 15–60 Tr. Tinktur
Wirkbeschreibung Indikationen
Feuchtigkeitsakkumulation und Schleim beseitigend eingeschränkte Diurese, Ödeme, Harngrieß, Nephrolithiasis; Lungenkatarrh; Rheuma, Gicht, Arthritis
Nieren-Qi und -Yang unterstützend, wärmend Impotenz, Frigidität; Erschöpfungszustände; Ödeme, schwierige Miktion
Qi des Uterus bewegend Amenorrhöe, verspätete Menstruation
Qi der Mitte regulierend, Feuchtigkeit transformierend Blähungen, Übelkeit, abdominelle Völle, Nahrungsstagnation
HUM, MAD, MTD (1992), ROS (2009), LEX, Negativmonografie Kommission E

Hinweis Apium kann größere Mengen fototoxischer Furanocumarine enthalten.

7.2.11 Scilla maritima

Siehe  Tab. 7.12.

Tab. 7.12 Monografie Scilla maritima.

Name (lat.) Name (dt.) Temperatur Geschmack Organbezug Tagesdosis
Scilla maritima, bulb. Meerzwiebel warm scharf, etwas bitter, etwas süß He, Lu, Ni, Bl, Le, Uterus 0,1–0,5 g getrocknete pulverisierte Droge zum Infus; 15 Tr. Tinktur (als Fertigarzneimittel verschreibungspflichtig)
Wirkbeschreibung Indikationen
Feuchtigkeitsakkumulation (überfließendes Wasser) zerstreuend und ausleitend; Wasserwege öffnend Ödeme, Bein- und Knöchelödeme; Keuchen, Zyanose, Brustenge, Palpitationen; Aszites, Anasarka; Harnverhalt
Herz- und Nieren-Qi /-Yang tonisierend Herzinsuffizienz (milde), Niereninsuffizienz (milde), Herzhypertrophie, Herzklappenfehler, Angina pectoris, Palpitationen, Kurzatmigkeit, Ödeme infolge Herz-Schwäche
zähen Schleim in der Lunge lösend, purgierend Asthma, Husten mit viel Schleim, chronische Bronchitis, Reizhusten, schwierige Expektoration mit zähem Schleim
Leber-Qi bewegend Feuchtigkeitsakkumulation infolge Leber-Qi Stagnation; abdominelle Völle; Dysmenorrhöe, Amenorrhöe
HIL, HOL, MAD, WEF, HUM, LEX, Positivmonografie Kommission E

missing link Nebenwirkungen

Übelkeit, Erbrechen, Magenbeschwerden, Durchfälle, unregelmäßiger Puls

missing link Kontraindikationen

Schwangerschaft, Kaliummangel, gleichzeitige Einnahme von Medikamenten mit Digitalisglykosiden

missing link Wechselwirkungen

Wirkungs- und Nebenwirkungsverstärkung bei gleichzeitiger Gabe von Chinidin, Saluretika, Kalzium, Laxantien und bei Langzeittherapie mit Glukocortikoiden

missing link Beachte: Dieses Kraut sollte nur von Therapeuten verwendet werden, die Erfahrung im Umgang mit Herzglykosiden haben!

7.2.12 Weitere Kräuter, die den Harnfluss fördern und Feuchtigkeit ausleiten

7.3 Rezepturen

7.3.1 Zystitis (Feuchte-Hitze in der Blase)

Siehe  Tab. 7.13

Tab. 7.13 Rezeptur Zystitis.

Kräuter Menge Temperatur Geschmack Wirkung in der Rezeptur
Echinacea ang., rad. 25 g kühl bitter, scharf, etwas süß Feuchte-Hitze aus der Blase beseitigend; Hitze-Toxine beseitigend
Arctostaphylos, fol. 25 g kühl bitter, sauer Feuchte-Hitze von der Blase beseitigend; zusammen mit Echinacea antimikrobiell wirksam
Agropyron rep., rhiz. 25 g kühl etwas süß, fad Feuchte-Hitze beseitigend; diuretisch; reguliert das Qi der Blase und schützt das Yin, wirkt so Dysurie entgegen
Zea, stig. 25 g neutral-kühl süß, fad Feuchte-Hitze diuretisch beseitigend; Qi der Blase regulierend und Yin schützend, so Dysurie entgegenwirkend
Althea off., rad. ca. 100 g separat kühl süß, bitter Yin bewahrend, gereizte Schleimhäute mildernd; Hitze klärend; sekundär auch Feuchte-Hitze von der Blase ableitend
Zubereitung und Dosierung

Cave

Symptome und Befunde
Syndrome

Westlicher Befund Zystitis

Therapieprinzip

7.3.2 Prostatahypertrophie (Feuchtigkeit und Kälte im Unteren Erwärmer)

Siehe  Tab. 7.14.

Tab. 7.14 Rezeptur Prostatahypertrophie.

Kräuter Menge Temperatur Geschmack Wirkung in der Rezeptur
Urtica ur., rad. 40 g neutral fad, adstringierend Wasserwege öffnend, Feuchtigkeitsobstruktion zerstreuend, diuretisch, spezifische Arznei für die Prostata
Sabal serr., fruct., cont. 40 g neutral süß, etwas sauer Qi- und Yang der Nieren supplementierend; spezifische Arznei für die Prostata
Cinnamomum ceylon., cort. 40 g warm-heiß süß, scharf, aromatisch Nieren-Yang wärmend, Kälte aus dem Unteren 3-Erwärmer vertreibend; Qi- und Xue dynamisierend
Juniperus, fruct., cont. 40 g warm aromatisch, etwas scharf, etwas sauer hilft das Nieren-Yang zu wärmen; unterstützt die Yun-Hua-Funktion, wandelt Nässe um
Agropyron repens, rhiz 35 g kühl fad, süß Blasen-Qi regulierend; Obstruktion der Wasserwege beseitigend, diuretisch
Galium apar., herb. 25 g kühl etwas bitter, sauer Qi der Blase regulierend; Nässeobstruktion der Wasserwege beseitigend
Mischung 1: Urtica ur., rad.; Sabal, fruct.; Agropyron, rhiz.; Galium, herb.; 140 g
Mischung 2: Juniperus, fruct. cont.; Cinnamomum ceylon., cort.; 80 g

Zubereitung und Dosierung Rezeptur für ca. 20 Tage, 11 g/Tag: 7g aus Mischung 1 20 Min. köcheln, danach 4 g aus Mischung 2 hinzugeben, Deckel sofort schließen, noch 1 Min. köcheln lassen und weitere 20 Min. ziehen lassen.

Symptome und Befunde
Syndrome

Westlicher Befund benigne Prostatavergrößerung

Therapieprinzip