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Thomas Barton, Christian Müller und Christian Seel (Hrsg.)Digitalisierung in UnternehmenAngewandte Wirtschaftsinformatikhttps://doi.org/10.1007/978-3-658-22773-9_1

1. Digitalisierung – eine Einführung

Thomas Barton1  , Christian Müller2   und Christian Seel3  
(1)
Hochschule Worms, Worms, Deutschland
(2)
Technische Hochschule Wildau, Wildau, Deutschland
(3)
Hochschule für Angewandte Wissenschaften Landshut, Landshut, Deutschland
 
 
Thomas Barton (Korrespondenzautor)
 
Christian Müller
 
Christian Seel

Zusammenfassung

Nach einer kurzen Einführung in die Thematik wird eine Definition für Digitalisierung vorgestellt. Auf die Bedeutung der Digitalisierung für die angewandte Wirtschaftsinformatik wird anhand von sechs Themenfeldern hingewiesen. Ausgehend von dem Themenfeld Einfluss auf Arbeitswelt und Wertschöpfung wird ein Blick auf sich wandelnde Geschäftsmodelle geworfen. Es folgt ein Verweis auf neue Ansätze für das Management von Prozessen und Projekten auf der einen und für das Innovationsmanagement von Produktentstehung und Produktion auf der anderen Seite. Die Interaktion mit Kunden wird in den Kontext der Digitalisierung gesetzt. Ein Verweis auf Chancen und Risiken bei der Umsetzung rundet Teil I ab.

Schlüsselwörter

DigitalisierungDefinitionKonzepteAnwendungenEinsatzszenarien

Nach dem Wirtschaftslexikon von Gabler kann der Begriff der Digitalisierung als „digitale Revolution“ oder „digitale Wende“ verstanden werden [2]. Als ein Beispiel für diese Wende oder Revolution wird die Ablösung der SMS durch Messenger-Dienste wie WhatsApp angesehen [3]. Denn in einer stark vernetzten, globalen und schnelllebigen Welt wird die direkte Interaktion immer wichtiger. Selbst die Bedeutung von Daten ist längst bei Spitzenpolitkern wie unserer Bundeskanzlerin Frau Dr. Merkel angekommen, die Daten als Rohstoffe des 21. Jahrhunderts bezeichnet [4]. Die Digitalisierung ist in vollem Gange und verändert unser Leben.

Die folgende Definition für Digitalisierung spiegelt die im Rahmen dieses Bandes dargelegten Konzepte, Anwendungen und Einsatzszenarien wider:

Digitalisierung ermöglicht den Austausch von Leistungen zwischen Marktteilnehmern zur Erbringung einer Wertschöpfung und zur Organisation einer Gesellschaft, indem Geschäftsmodelle, Prozesse, Produkte, Projekte und Dienstleistungen implementiert werden, die auf Software-Lösungen basieren. Die Software-Lösungen interpretieren hierbei die Semantik der ausgetauschten Daten. Damit übernimmt Software auch Aufgaben, die zuvor der Mensch bearbeitet hat. Bei der Digitalisierung spielen die Daten von und die Interaktion mit Marktteilnehmern eine herausragende Rolle. Die Gestaltung von Gesellschaft und Arbeitswelt sowie der Schutz von Privatheit und die Sicherheit von Anwendungen sind die Herausforderungen der Digitalisierung.

Die Bedeutung dieser Definition lässt sich gut an der evolutionären Weiterentwicklung des Begriffes E-Business verdeutlichen, wobei dem Begriff E-Business folgende Bedeutung zukommt: E-Business (Electronic Business) bezeichnet den Leistungsaustausch zwischen Marktteilnehmern zur Erzielung einer Wertschöpfung oder zur Organisation einer Gesellschaft mit Hilfe von Informations- und Kommunikationssystemen, die Internettechnologien einsetzen [5]. Während sich das E-Business in seinen Urformen auf den elektronischen Austausch von Geschäftsdokumenten beschränkte, umfasst es schon heute auf der einen Seite sprachgesteuerte User-Interfaces und auf der anderen Seite eine vollautomatische Geschäftsabwicklung und Lagerverwaltung.

Welche Bedeutung die Digitalisierung hat, wird im Rahmen des vorliegenden dritten Bandes der Reihe Angewandte Wirtschaftsinformatik herausgearbeitet. Konzepte, Anwendung en und Einsatzszenarien der Digitalisierung werden von 25 Autoren in 15 Beiträgen aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet. Die ausgewählten Beiträge sollen gewährleisten, dass das Phänomen der Digitalisierung möglichst umfassend veranschaulicht werden kann. Das Buch ist in Abschnitte zu Einfluss auf Arbeitswelt und Wertschöpfung, Geschäftsmodelle im Wandel, neue Ansätze im Prozess- und Projektmanagement, Innovation in Produktentstehung und Produktion, Analyse des Verhaltens und Optimierung der Interaktion mit Kunden sowie Chancen und Risiken bei der Umsetzung gegliedert.

Unsere Gesellschaft und unsere Arbeitswelt sind von der Digitalisierung betroffen. In dem Teil II zu Einfluss auf Arbeitswelt und Wertschöpfung befasst sich Ute Klotz mit dem Thema in Kap. 2. Ausgehend von zwei Szenarien, welche die Strategien der Digitalisierung beleuchten, betrachtet sie den Wandel, denen Berufe und Berufsbilder auf der einen und Unternehmen auf der anderen Seite unterworfen sind. Die Autorin stellt neue Beschäftigungsformen vor und zeigt die daraus abzuleitenden Herausforderungen für Gewerkschaften auf. Zum Abschluss ihrer Ausführungen führt sie Untersuchungen auf, die Bücher aus dem Bereich Science Fiction heranziehen, um Aussagen über die Arbeit der Zukunft abzuleiten.

In ihrem Beitrag in Kap. 3 beleuchten Kathrin Kirchner, Claudia Lemke und Walter Brenner die herausragende Bedeutung von Daten und Algorithmen. Sie erläutern die möglichen Chancen und erheblichen Veränderungen für die unternehmerische Wertschöpfung, die sich durch den gezielten Einsatz von Daten und Algorithmen ergeben. Exemplarisch werden in ihrem Beitrag Disruptionen in der unternehmerischen Wertschöpfungskette aufgezeigt.

Der Themenbereich Geschäftsmodelle im Wandel in Teil III wird anhand dreier Beiträge von drei verschiedenen Autorenteams beleuchtet.

Unter dem Beitrag in Kap. 4 erläutern Sebastian Meißner und Martina Romer ihre Untersuchungen, wie anhand von Dienstleistungen in einer cloud-basierten Umsetzung neue Geschäftsmodelle für die Ladungsträgerbranche ermöglicht werden. Sie zeigen, wie durch eine Digitalisierung von Produkten mit Hilfe von intelligenten Sensoren nicht nur Transparenz geschaffen wird, sondern auch Prozesse insbesondere durch ein unternehmensübergreifendes Betreibermodell optimiert werden können.

Der Beitrag in Kap. 5 von Dominik Schneider, Frank Wisselink und Christian Czarnecki beleuchtet, wie das Internet der Dinge als technologischer Treiber für informationsgetriebene Geschäftsmodelle fungiert. Zu diesem Zweck wird ein Szenario vorgestellt, wie Parkplätze mithilfe von Sensoren vernetzt und Autofahrer in Echtzeit über verfügbare Parkplätze informiert werden. Das Konzept informationsgetriebener Geschäftsmodelle wird anhand dieses konkreten Anwendungsfalls verdeutlicht.

Gabriele Roth-Dietrich und Michael Gröschel führen in ihrem Beitrag in Kap. 6 eine Bewertung der IT als Enabler für innovative Geschäftsmodelle durch. Sie stellen eine Methodik für die Neugestaltung eines Geschäftsmodells auf Basis von Geschäftsmodellmustern vor, die sich in der Praxis bewährt hat. Je nach Kombination der Geschäftsmodellmuster ergeben sich unterschiedliche Anforderungen an die Informationstechnologien und die Auswahl und Entwicklung eines passenden IT-Fundaments.

Teil IV zu Neue Ansätze im Prozess- und Projektmanagement beleuchtet die Themen Prozessmanagement und Projektmanagement unter dem Einfluss der Digitalisierung.

Christian Czarnecki und Gunnar Auth stellen in ihrem Beitrag in Kap. 7 mit Robotic Process Automation (RPA) einen neuartigen Ansatz zur Prozessautomatisierung vor. Sogenannte Softwareroboter übernehmen Tätigkeiten, die bisher von Sachbearbeitern ausgeführt wurden. Dabei erlernen sie manuelle Tätigkeiten und führen diese automatisiert aus. Der Beitrag diskutiert Robotic Process Automation als innovativen Ansatz zur Prozessdigitalisierung und stellt ihre Nutzung anhand von drei konkreten Anwendungsbeispielen dar.

Die Autoren Stefan Unterbuchberger, Lucas Hubinger und Thomas Rodewis gehen in ihrem Beitrag in Kap. 8 der Frage nach, wie die Transformation des Outputmanagements in der Versicherungswirtschaft gelingen kann. Sie stellen ein erfolgreiches Projekt von der Analyse der bestehenden Architektur über die Formulierung von Anforderungen bis hin zur Entwicklung und Inbetriebnahme der Applikationen vor.

Der Beitrag in Kap. 9 von Holger Timinger und Christian Seel zeigt auf, wie durch Digitalisierung Tätigkeiten in Projekten automatisiert und Entscheidungen unterstützt werden können. Der Weg in ein digitalisiertes Projektmanagement wird anhand eines Reifegradmodells vorgestellt. Anhand des Reifegradmodells soll eine Standortbestimmung erfolgen und ein Entwicklungspfad abgeleitet werden.

Teil V betrachtet den Themenbereich Innovation in Produktentstehung und Produktion.

In ihrem Beitrag in Kap. 10 beschreibt Martina Blust die Hürden auf dem Weg zu einem Produktentstehungsprozess in der Welt der Digitalisierung und der Industrie 4.0. Problemstellungen werden in dem Beitrag dargestellt und mit Hilfe von Systemdenken in einer pragmatischen Art und Weise bearbeitet. Hierbei gehen Erfahrungen aus der Beraterpraxis in Produktentwicklungsabteilungen deutscher KMUs ein.

In Kap. 11 rückt Norbert Ketterer die Fertigung in den Fokus. Die Funktionalität von ME-Systemen wird dargestellt und zu den Funktionalitäten von umliegenden Systemen abgegrenzt. Als konkretes Beispiel werden insbesondere Prozesse innerhalb der „SAP Industrie 4.0“ Landschaft betrachtet.

Ein Beitrag in Teil VI zu Analyse des Verhaltens und Optimierung der Interaktion mit Kunden erläutert einerseits, wie eine Vielzahl von unstrukturierten Daten verwendet werden kann, um das Verhalten von Konsumenten zu untersuchen. Auf der anderen Seite wird in Teil VI anhand eines Szenarios aus dem Online-Weinhandel aufgezeigt, welche Möglichkeiten mobile Anwendungen in Form von Apps bieten, um die Interaktion mit Kunden zu intensivieren.

Marco Graf und Thomas Barton untersuchen in dem Kap. 12, wie es möglich ist, anhand einer größeren Anzahl von Reiseblogs über Neuseeland informative und standortbezogene Informationen zu erhalten. Die Autoren zeigen, dass die Analyse und Visualisierung von Reiseblogs dazu dienen kann, Erfahrungen von Reisenden sichtbar zu machen.

Karsten Würth und Thomas Barton beschreiben in ihrem Kap. 13, wie die die Nutzung eines Online-Shops durch eine mobile App nicht nur vereinfacht, sondern gleichzeitig auch optimiert werden kann. Die Entwicklung der App erfolgt als Minimum Viable Product (MVP) für das Betriebssystem iOS. Eine Steigerung der Interaktionshäufigkeit wird durch den Einsatz von sogenannten Push-Notifications erzielt.

Teil VII zu Chancen und Risiken bei der Umsetzung beleuchtet die Themen Sicherheit und Risiken im Umfeld der Digitalisierung.

Claudia Lemke, Kathrin Kirchner und Walter Brenner stellen in Kap. 14 Managementinstrumente für einen erfolgreichen unternehmerischen Wandel vor. Im Mittelpunkt des Beitrags stehen veränderte Prinzipien einer digitalen Führung und die damit verbundenen Auswirkungen auf das Management von Organisationen.

Der Beitrag in Kap. 15 von Sachar Paulus erläutert, warum Digitalisierung ohne Sicherheit nicht ernsthaft einsetzbar ist. Der Autor legt anhand der gesetzlichen Vorgaben und dem aktuellen Stand der Technik dar, warum der Einsatz eines Informationssicherheits-Managementsystems erforderlich wird. Er führt aus, dass Software-Architekturen für die Digitalisierung zudem bestimmte Entwurfsmuster und Vorgehensweisen berücksichtigen müssen.

Der Beitrag in Kap. 16 der Autoren Steffen Wendzel und Detlef Olschewski befasst sich mit den Sicherheitsaspekten der Themenfelder Internet of Things und Smart Contracts. Nach einer Einführung in diese Themenfelder werden selektierte Risiken beleuchtet. Hierbei greifen die Autoren auf eigene Erfahrungen aus Projekten zurück und setzen diese in den Kontext von Unternehmen.