Vaudeville leitet sich von »vaux de ville« (veraltet für »voix de ville«) her, bedeutet also ursprünglich nicht den Ort der Unterhaltung, sondern soviel wie Gassenhauer. In England, speziell aber in den USA galt Vaudeville später als vornehmer Ausdruck für Music Hall; umgekehrt wurde der gesellschaftsfähige Begriff in Frankreich die Music Hall: Music-Hall de variétés, Music-Hall à grand spectacle u.ä.m.
So unglaublich es klingen mag, aber es gibt eine ganze Literatur, die alles, was komisch ist, in einen Topf wirft. Da werden z.B. komische Figuren im Kult von Steinzeitgesellschaften mit dem modernen Clown in einem Atemzug genannt, bloß weil beide dieselbe anthropologische Voraussetzung haben, nämlich daß der Mensch aufgrund seiner intellektuellen Distanz lachen kann (so C.v.Barloewen: Clown. Königstein/Ts. 1981). Wie sehr sich die phallusartigen Rasseln komischer Figuren im Steinzeit-Kultus schon allein von den priapischen Beuteln der komischen Figuren in der griechischen und römischen Antike unterscheiden, kann man schon daran sehen, daß dies im letzteren Fall Geldbeutel sind! Platon (»Philebos«) sieht den Gegenstand des Komischen als Disproportion auf drei Gebieten: in der Rechtschaffenheit, im Körperlichen und – wohlgemerkt – in Gelddingen. Während die Figuren der antiken Tragödie Verkörperungen von Prinzipien sind und keine Individuen wie im neuzeitlichen Drama, herrscht in der attischen Komödie die formale Subjektivität vor, in deren Gestalt das sozial Lächerliche einherschreitet: »Die Komödie ist, wie wir gesagt haben, die Nachahmung von Gemeinerem, aber nicht in bezug auf jede Art von Schlechtigkeit, sondern nur des Lächerlichen, das ein Teil des Häßlichen ist. Das Lächerliche ist nämlich ein Fehler und eine Schande, aber eine solche, die nicht schmerzt und nicht ins Verderben bringt, so wie etwa ein lächerliches Gesicht häßlich ist und verzerrt, aber ohne Schmerz« (Aristoteles: Poetik). Die antike Komödie kennt Herr-Knecht-Paare (Menander oder Plautus/Terenz!), aber nicht als Subjekte, die willentlich einen Kontrakt schließen über bestimmte Dienste (oder deren Pflichten in einem eindeutigen Rechtsverhältnis beschränkt wären); die ganze dramatische Dichtung der Antike kennt keine Freiheit der Wahl, die Dialektik ist nur ideell, hat keine konkrete Verhandlungsbasis. (Man vergleiche auch die Figur von Herr und Knecht in Platons »Timaios« mit der bei Hegel!) Willentlich handelnde Subjekte, die einander gegenübertreten, soziale Charaktere als Individuen, kennt erst die Neuzeit. Während für die Alten »daimon«, »moira« und »tyche« zu verschiedenen Entwicklungsstufen der Antike die menschliche Existenz bestimmten, tritt im spätmittelalterlichen Minnesang und bei Petrarca plötzlich ein selbstbewußteres Ich in die Welt. Während in der alten Tragödie »mythos« und »drama« von unabdingbarer Wichtigkeit sind (Aristoteles vermerkt in der »Poetik«, daß für eine Tragödie die Handlung nötig ist, aber keine Charaktere), ahmt man in der französischen Klassik die Tragödie nach mit Stücken ohne Handlung; bei Corneille, Racine ist alles schon passiert, wenn das Stück beginnt, nur die Personen sind wichtig, die reden und reden. Inzwischen kennen wir das reine Personenstück, mit Charakteren, aber ohne »Handlung«. Nein, aus dem Bucco der Attalanenkomödie wird nicht ohne weiteres der Brighella der commedia, ebensowenig wie aus einem Sklaven ein Diener! Die differenzierte Kunst des modernen Clowns ist untrennbar verknüpft mit unserer jahrhundertelangen Entwicklung des Individualismus. Henry Miller geht in der Interpretation des Clowns sogar so weit, daß er ihn als den handelnden Dichter betrachtet, der die Geschichte selbst verkörpert, die er spielt.
Der Mazeppa-Stoff erfreute sich ungewöhnlicher Beliebtheit; am bekanntesten dürfte das Versepos von Byron sein. Die wilddramatische Geschichte von dem heldenhaften Offizier erfuhr die abgeschmacktesten melodramatischen Ausschmückungen, wobei u.a. aus der Titelfigur eine Frauenrolle wurde. In der Titelpartie von »Mazeppa, or the Wild Horse of Tartary« traten in den Saloon-Theatern des amerikanischen Westens u.a. Adah Isaacs Menken und Agnes Lake Thatcher, die spätere Frau von Wild Bill Hickok auf; sie waren es gewohnt nach den Aufführungen mit Goldstaub und Nuggets überschüttet zu werden. Überhaupt waren Damen zu Pferd im Westen sehr beliebt. Mary Ann Whittaker als »First Female Equestrian Artist in America« wurde 1883 von Buffalo Bill zu dessen Western-Show geholt.
Dies ist der älteste Titel dieser Art, der mir bekannt ist; nach welchem Verfahren des primitiven Kinos vor Skladanowsky, Edison und Lumière dieser Streifen auch immer funktionierte. Ähnlich wie wir es heute mit dem Video erleben, wurden Film und Fotographie vor allem aus voyeuristischen Bedürfnissen erfunden. Die Geschichtsschreibung der Medien setzt immer erst später, bei den seriöseren Produkten ein. Eine solche Tendenz der optischen Erfindungen läßt sich fast beliebig rückwärts verfolgen. So war ein beliebtes Motiv der plastisch wirkenden chemischen Laterna Magica der Striptease.
Die Abscheu der deutschen Literatur vor dem Grotesken und Obszönen ist selten so deutlich sichtbar wie an der Tatsache, daß es in der deutschen Literatur kaum ein Echo jener beispiellosen Karriere gibt, die die Nase in der neuzeitlichen Literatur Europas gemacht hat (von Rabelais über Swift und Sterne bis Gogol und Rostand), ganz zu schweigen von den Masken der commedia, deren Gebrauch bis zu Molières Zeiten selbstverständlich war. Sogar Lessing sieht sich 1759 zu einer, freilich folgenlosen, Gottsched-Kritik veranlaßt: »… er (Gottsched) ließ den Harlekin feierlich vom Theater vertreiben, welches selbst die größte Harlekinade war, die jemals gespielt worden …«
Das Tingeltangel stammt entweder aus Berlin, wo im »Triangel« (ca. 1890) ein Komiker namens Tangel auftrat, oder aus Hannover, wo der Volkskomiker Tangel vom Tingeln, vom Abkassieren mit einer Mütze, sein Salär verdiente. Welche Ethymologie auch stimmen mag, in beiden Fällen bezieht sich die Herkunft auf die unterste Stufe des Amüsierbetriebs; diese gering geachteten Lokalitäten stehen de facto der Music Hall bzw. dem Vaudeville am nächsten.
Die japanische Erziehung kennt Formen einer nichtverbal verkürzten Zurechtweisung wie das Stoßen mit dem Finger oder der Hand. Wenn Kinder dagegen ausnahmsweise verprügelt werden, haben die Erwachsenen nicht ihre Autorität demonstriert, sondern diese verloren, weil sie ihre Dominanz durch Selbstkontrolle und Gefaßtheit verloren haben. Und weil sie die Kontrolle über die Situation und damit ihr Gesicht verloren haben, weil sie zu weit gegangen sind, leitet dies ein Einlenken, ein Nachgeben gegenüber dem Kind ein.
Welche Mißverständnisse sich bei der Rezeption japanischer Kultur im Westen einschleichen, kann man sehr schön an der Ozu-Nummer der Cahiers du Cinéma (No. 311) ablesen, wo der Film TAGE DER JUGEND/1929 (WAKAKI HI), der eindeutig Harold Lloyd nachempfunden ist, beharrlich gegen den Kontext des Films auf Keaton interpretiert wird.
Dies ist natürlich eine Projektion aktueller Tendenzen, aber kann unmöglich die Beschreibung einer emanzipierten Gesellschaft sein. Bergson meint sehr treffend, daß eine Gesellschaft von Verstandesmenschen vielleicht nicht mehr weint, aber sehr wohl lacht.
Wie vieles bei Chaplin hat sich auch das berühmte Trampkostüm erst langsam herausgebildet. Seine Verbindung zum Dandy wurde bereits im Max-Linder-Kapitel abgehandelt. In einem Artikel schreibt Chaplin, sein Dandytypus sei in seiner Ausprägung stark von seiner englischen Herkunft bestimmt, »eine Synthese von allen Engländern«. Die Zusammenstellung der einzelnen Kleidungsstücke entspricht selbst nochmals der Chaplinschen Anpassungspsychologie. Als Chaplin 1914 bei Mack Sennett begann, war er bei seinen Kollegen sehr unbeliebt. Für das Trampkostüm lieh er sich die Kleidungsstücke buchstäblich vom Leib seiner Kollegen, die Hose von Arbuckle, die Schuhe von Ford Sterling, die Jacke von Harry McCoy und so fort.
M.M. Warburg, Direktor des »American Ballet« sagte zu Chaplins Technik: »After all, the greatest ballet dancer this country has produced – one of the world’s greatest – is Charlie Chaplin.«
Chaplin, der sich durch seine Vorliebe für minderjährige Kindfrauen viele ruinöse Prozesse einhandelte, wurde von den Dadaisten und Surrealisten verherrlicht als Opfer der modernen Mannequin-Frau, deren alleiniger erotischer Zweck die Ausbeutung des Mannes ist. Ein Schlüsseltext dieser Chaplin-Rezeption dürfte der Aufsatz von Richard Huelsenbeck sein, »Chaplin und die Amerikanerin«.
Wenn hier der ewige Tramp als eine Entsprechung des ewigen Juden diskutiert wird, hat dies nichts zu tun mit einer Chaplin-Rezeption, die ihn als Juden begreift, wofür es sowohl von philosemitischer wie von antisemitischer Seite eine Fülle kurioser Beispiele gibt. Hannah Arendt sieht in Chaplin »die jahrhundertealte jüdische Angst vor dem Polizisten«. Die Nazipresse meldete 1934: »Hollywood atmet auf. Upton Sinclair von Merrian (als Gouverneurskandidat) geschlagen. Charlie Chaplin sollte Filmdiktator werden.« Und 1938, als die Arbeiten zu dem Film THE GREAT DICTATOR in Schwierigkeiten kamen: »Minderwertig, wie der Jude ist, kann er sich mit wirklichen Größen nicht einmal äußerlich messen.« – Tatsächlich ist Chaplin nur sehr entfernt jüdischer Abstammung, also auch nicht mehr Jude als wir alle, die wir einer christlichjüdischen kulturellen Tradition entstammen.
Chaplin bedient sich hier einer zweckdienlichen Inszenierung. Keaton, in einem vergleichbaren Kontext (in THE GENERAL/1926) entwickelt eine Irisblende dadurch, daß ein General mit dem Zigarillo ein Loch in eine Landkarte brennt, unter der Buster Keaton verborgen ist. Keaton entwickelt das ästhetiche Mittel aus der Handlung selbst. Wo Chaplin betont Regie führt, arbeitet Keaton mit dem Zauberstab der Vollendung.
Chaplin 1929 zur Presse: »Tonfilm? Schreiben Sie, daß ich ihn verachte! Er kommt und vernichtet der Welt älteste Kunst, die Kunst der Pantomime. Er zerreißt böse das große, schöne Schweigen.«
Es gibt drei größere, nie ausgeführte Filmprojekte Chaplins, einen Napoleon-Film, einen Hamlet-Film und – einen Christus-Film. Chaplin wollte in diesem Film den Tod Christi als Bühnenereignis inszenieren: alle applaudieren, während Christus unerkannt stirbt. Eine durchaus blasphemische Idee, die später Pasolini in LA RICOTTA (1962) verwirklichen sollte. Auch das Hamletprojekt wäre – in Hinblick auf Chaplins ambiguen sexuellen Charakter – interessant gewesen, da er Shakespeares Werke als Homosexuellendramen auffaßte.
Karl Kraus schrieb z.B. 1935 in der »Fackel«: »Chaplin, dem die Menschheit wie keinem Napoleon oder Reinhardt gehuldigt hatte und dessen Zauber entrückt zu bleiben wohl keinem Irdischen außer mir gelungen war (schon die Maske stört mich …).«
Busters versteinertes Gesicht geht zurück auf die krude Vaudeville-Nummer »Die Drei Keatons«, die seine Eltern mit ihm als kleinem Kind aufführten. Als »menschlicher Putzlappen« wurde er über die Bühne gefegt und von einer Ecke in die andere geworfen. Bei alledem hatte er keine Miene zu verziehen. Den Namen Buster verdankt er Houdini; nach einem besonders schlimmen Sturz, den er katzenartig unverletzt überstand, taufte ihn Houdini so. Natürlich war Buster später auch sein eigener stuntman. Er verletzte sich wiederholt bei Dreharbeiten, teilweise sogar lebensgefährlich. – Busters Kindheit scheint wirklich nicht sehr glücklich gewesen zu sein. In THE BOAT kommt eine Keaton-Familie vor, die Kinder ganz wie Buster, die umittelbar an »Die Drei Keatons« erinnert. Dies ist sein grausamster und pessimistischster Film: Zum Schluß hat die Familie Keaton nur noch ihr nacktes Leben.
Keaton seinerseits hat die Schule, die er als Partner Fatty Arbuckles durchlaufen hat, stets zu schätzen gewußt. »I learned it all from him« und »Arbuckle at that time was considered, next to Chaplin, to be the best comedy director in pictures. He directed all his own films«, sind Äußerungen von Keaton über Arbuckles Regiearbeit.
Allerdings gibt es schon vor der eigentlichen wissenschaftlichen Geburt dieses abstrakten Menschen literarische Zeugnisse, die sich wie eine Prophezeiung Keatons ausnehmen. Hugh Kenner ist dies aufgefallen; er verweist u.a. auf Babbage und die Schrift »Man of Sense« von 1840: der Mensch, der in der Zwiesprache mit den stummen Dingen lebt.
Karsten Witte meint, das Transportsicherungsfähnchen sei nicht als rot, sondern als schwarz zu betrachten, da die Spruchbänder der Arbeiterdemonstration in MODERN TIMES Anarchistenparolen zeigen; dies ändert aber nichts daran, daß Charlie ganz gegen seinen Willen zum Führer einer Arbeiterdemonstration wird. Die Fahne ist übrigens grau.
Eine andere, direkte Travestie des Bildes – aber auf einen invertierten Inhalt bezogen – ist King Kong, der ebenfalls einen Wolkenkratzer erklimmt, auf dessen Gipfel er, ungleich Harold, seine Geliebte endgültig verliert – an einen tapferen American boy; und während Harold als Ehrgeizling den Wolkenkratzer erklimmt, tut es King Kong auf der Flucht vor einem ehrgeizigen businessman. Die Travestie ist also die vom freiwilligen Opfer/Helden des Geschäftsgeistes zum unfreiwilligen und umstandslosen Opfer, dessen christologisch inspiriertes Sacrificium (das stählerne Kreuz in New York von dem sich Kong losreißt) sich zum Schluß als brutales Massaker entlarvt (wie überhaupt Sakrales und Massakrales zusammengehören).
Harold Lloyd schien als ausgesprochener Story-Komiker einen unstillbaren Appetit nach Gags zu haben. »Er hatte den besten Stab von Gagmen in Hollywood und beschäftigte bis zu sechs gleichzeitig« (J. Agee). Einer seiner Gagmen war Frank Capra. Aber auch sein Freund und zeitweiliger Produzent Hal Roach und sein bevorzugter Regisseur Fred Newmeyer gehören zu seinen Gaglieferanten. »Egal, was für eine Szene ich ausdenke, Lloyd hat den gewissen Dreh, es genau so auf die Leinwand zu bringen, wie ich es mir in meinem geistigen Auge vorgestellt habe« (Roach). Überhaupt betrieb Lloyd die Komödienproduktion geradezu großtechnisch und produzierte bei weitem mehr Filme als jeder seiner großen Kollegen.
Wie die meisten Comedy-Stars konnte Harry Langdon die Resultate einer buntbewegten Vergangenheit ins Kino einbringen; LUCKY STARS z.B. ist von tatsächlichen Jugenderlebnissen als Begleiter eines Wunderheilers inspiriert.
Denselben Schlußgag, Harry als sein eigenes Baby, finden wir in HIS FIRST FLAME / 1927. Als Idee ist es ein Rückgriff auf Chaplins A DOG’S LIFE / 1918, wo zum Schluß des Films in der Wiege ein Hushpuppy liegt. Die direkte Rückkehr in den Mutterleib gibt es einmal bei Keaton, in SHERLOCK JUNIOR / 1924. Dort verschwindet Keaton in einem unlösbaren Verfolgungskonflikt (im Film im Film) im Schoß einer alten Frau. Indem er in den Schoß einer Frau, die nicht mehr fruchtbar ist, eingeht, kehrt er nicht im psychologischen Sinn in den mütterlichen Schoß zurück, sondern negiert seine Existenz überhaupt, katapultiert sich heraus aus Zeit und Raum: Das Bild ist eine Kontraktion ins Nichts oder – was auf dasselbe herauskommt – eine Expansion ins Unendliche. In einem unlösbaren Konflikt schickt sich Keaton an, die Welt neu zu konzipieren!
Harry Langdon begann bei Mack Sennett, und Langdons Entscheidung, entgegen dem Sennett-Schema für seinen Typus langsame tempi zu wählen, war sicher richtig. Ab TRAMP TRAMP TRAMP/1926 trennt er sich von Mack Sennetts Produktion; für seine »Harry Langdon Corporation« nahm er aber wichtige Mitarbeiter wie Harry Edwards, Frank Ripley und vor allem Frank Capra mit. Bei LONG PANTS/1927 verkrachte er sich allerdings mit Frank Capra und versuchte schließlich, ganz auf eigene Faust zu arbeiten; einerseits wurden die Filme zu trübsinnig, andererseits hatte Capra eine sehr schädliche Presseerklärung abgegeben. Jedenfalls endete Langdons steile Karriere kaum daß sie begonnen hatte.
Es ist ein bemerkenswerter Umstand, daß die Komiker Langdon, Fields, Tati und Valentin Fahrräder benützen (Valentin zwar nicht im Film, aber, wie wir wissen, sehr extensiv auf der Bühne). Ihnen allen ist gemein, daß sie mit Automaten nichts anfangen können. Das Fahrrad als technisches Ding ist ein Widerspruch in sich selbst, da alle Technik zum Ideal des Automaten strebt, das Fahrrad aber als Hilfsmittel sich begrifflich unter die unvollständigen frühtechnischen Erfindungen einreiht: Es bedarf der menschlichen Kraftanstrengung und individuellen Geschicks im Gebrauch (nicht zufällig ist das Fahrrad heute zu einem leider ideologisch befrachteten Symbol alternativer Technikfeindlichkeit geworden). »Betrachte den Radfahrer, wie er dahinfährt, den erhabensten Könner, wie er die Fortbewegung verklärt, die selbst des empfindenden Körpers erhabenstes Können ist« (Hugh Kenner). Natürlich kommen auch andere Komiker, auf die dies nicht zutrifft, gelegentlich mit einem Fahrrad in Berührung, aber es gewinnt für ihre Komik keine charakteristische Bedeutung. Indem das Fahrrad kein Automat ist, sondern eine Maschinerie, die den menschlichen Körper involviert, ist es auch eine sexuell besetzte Wunschmaschine (nach Deleuze und Guattari) bzw. eine Junggesellenmaschine (nach Clair und Szeemann); vgl. auch das Fahrrad bei Jarry, Duchamp, Picasso und Tinguely. Eine Sonderstellung nimmt Buster Keaton ein, der die Maschinen zu Automaten perfektionieren will, welche aber in ihrer individualistischen Form verraten, daß sie den Übergang zum selbständigen Maschinensubjekt darstellen (THE ELECTRIC HOUSE!). Totò wird selbst zum Roboter (die Revue »Totò robot«!); Chaplin, jedem nützlichen Ding abhold, wird zum Todfeind des Automaten (MODERN TIMES!).
Ausnahmen von dem knallharten Sozial- und Milieurealismus der Laurel-und-Hardy-Filme gibt es in den operettenhaften Filmen wie SWISS MISS und THE DEVIL’S BROTHER/1933. Speziell THE DEVIL’S BROTHER ist ein köstlicher Ausflug in die italienische Operette, eine Rinaldini-Pistole mit den Strauchdieben Laurel und Hardy.
Stan Laurel, der in oberflächlichen Betrachtungen gern unterschätzt wird, ist in Wirklichkeit der tragende Schauspieler des Paars. Stan bringt nicht nur das Kunststück fertig, Ollie, den Superlativ der Beschränktheit, nochmals auszustechen, sondern tritt daneben oft auch gedoppelt auf, als seriös gekonnter Stierkämpfer, als gelehrt vertrottelter Oxford-Professor oder eben als Schreckschraube in Frauenrollen. Von keinem geringeren als Marcel Marceau stammt folgende Laudatio: »Alle Mimen der Welt schulden Stan Laurel unendlich viel. Für sie ist Stan Laurel ein Meister … Stan kommt aus derselben Schule wie Charlie, aus den Music Halls. Viele große Künstler kamen dorther. Sie alle sprechen die universelle Sprache der Körperbewegung. Sie können sowohl tragisch als auch komisch sein, manchmal beides zugleich.« Tatsächlich war Stan Laurel bei Fred Karnos Varietétruppe zeitweise Chaplins understudy.
Der Verdacht läßt sich in solchen und ähnlichen Szenen nicht von der Hand weisen, daß Stan Laurel sich wiederholt von Harpo Marx hat inspirieren lassen. In THE FLYING DEUCES/1939 spielt er mit einem Sprungrahmen Harfe. Das Sprichwort »You can’t burn the candle on both ends!« beantwortet Harpo, indem er aus dem Mantel eine Kerze zieht, die an beiden Enden brennt. Stan Laurel reagiert auf dasselbe Sprichwort mit: »We don’t burn candles, we have electricity.«
Zwischen Fields und Mae West gibt es so manchen Bezug. Bei Mae West kommt Mildtätigkeit als Thema durchaus vor; in KLONDIKE ANNIE/1936 tritt sie sogar einmal, auf der Flucht vor der Polizei, als verkleidete Heilsarmistin auf. Ihre Kollektenergebnisse sind umwerfend, und einige bekehren sich sogar. Natürlich macht sie sich dabei andauernd lustig über die Sache.
Der Stuhl des Dentisten bzw. Baders wird ganz ähnlich bei Valentin eingesetzt. In den MYSTERIEN EINES FRISIERSALONS (ca. 1922) entfernt er mit der Beißzange ein Furunkel, eine Kundin wird von der Frisiermamsell perfide verunstaltet. Im NEUEN SCHREIBTISCH (ca. 1914) bricht Valentin durch die Decke eines Friseurladens auf einen wehrlosen Kunden. Ebenso die Marx Brothers, die Margaret Dumont in A DAY AT THE RACES / 1937 auf dem Chirurgenstuhl mißhandeln und in MONKEY BUSINESS / 1931 einen Schiffsoffizier im Friseurstuhl seiner Männlichkeit berauben. Der Stuhl des Dentisten ist im Kino ein Ort sexueller Gewaltfantasien, von Stroheims GREED / 1923 bis zu Cormans LITTLE SHOP OF HORRORS / 1960. Und wie wir aus zahlreichen Western und Krimis wissen: wenn jemand auf einem Friseurstuhl Platz nimmt, stehen Mord und Totschlag ins Haus.
Hitchcock hat Mae West wiederholt eine Hommage erwiesen. 1936, in SABOTAGE, kommt ein Ausschnitt aus einem Disney-Cartoon vor mit der von Mae West inspirierten Disney-Figur »Jenny Wren«. In NORTH BY NORTHWEST/1959 hat Eva Marie Saint einen Auftritt, der durchgehend bei Mae West abgekupfert ist. Cary Grant, dem von Mae West entdeckten Star, erklärt sie u.a.: »Luck had nothing to do with it … I paid the steward five dollars to set you on my table.«
In ihren späteren screwball-Rollen sind Cary Grant und Randolph Scott wieder smarte Jungs, die wissen, wo’s langgeht; die Komik entzündet sich daran, daß ihre Männlichkeit vorübergehend angeschlagen ist, sich sozusagen im Ausnahmezustand befindet. Sie sind typologisch die Verlängerung von Harold Lloyd. Einmal treten sie sogar zusammen auf, in MY FAVOURITE WIFE/1940.
Bemerkenswert ist, daß im faschistischen Deutschland Mae-West-Filme selbstredend nicht zu sehen waren, dafür aber beständig unter dem Vorwand der Entrüstung mit unterschwelliger Geilheit über die Filme berichtet wurde. Filmfans und Filmleute fuhren in den 30er Jahren extra nach Wien, um sich Mae-West-Filme anzusehen. Die dortige Presse erging sich in nicht minder heuchlerischen Tiraden: »… nichts als an die niedrigsten Instinkte appellierende, derbe und platte Erotik«, schrieb z.B. die Wiener »Reichspost«. Werner Hochbaum hingegen läßt in seinem 1934 in Wien gedrehten Film VORSTADTVARIETÉ eine auf Mae West getrimmte Dame auftreten.
»Mae West« hieß sinnigerweise der Rettungsring bei den amerikanischen Marinefliegern im Zweiten Weltkrieg.
Sie besitzen durch die Austauschbarkeit von Wortfetzen so etwas wie eine eigene Sprache mit extremer Varianz. Der Vergleich mit der Sprache autistischer Zwillinge wie der bekanntere Fall der kalifornischen Zwillinge Grace und Ginney (»Cabengo« und »Poto«) drängt sich dabei auf.
Der utopische Harpo ist ein sehr abstrakter Clown (wie auf ihre Weise Keaton, Chaplin, Mae West). Wie die Auguste Chaplin und West hat er etwas Puppenhaftes. Einmal, in MONKEY BUSINESS, tritt er sogar im Puppentheater auf. Gegen den utopischen August kann der weiße Clown »Wirklichkeit« nichts ausrichten; er ist immun: »Pierrot geht an einer Frau vorbei, die ihre Türfenster putzt. Nachdem er ihre Taschen ausgeplündert hat, will er noch den Schwamm, den Besen und den Zuber, ja obendrein noch das Wasser in die seinigen verschwinden lassen« (Baudelaire: De l’essence du rire). Und: »Ortega erzählt in einem Essay von dem Clown, der auf dem Manegenrand die Flöte spielt. Der Zirkusdirektor kommt hinzu und will ihn daran hindern; er nimmt ihm schließlich die Flöte ab, doch vergebens: denn der Clown zieht aus unerschöpflicher Rocktasche Flöte um Flöte und spielt fort, so oft ihm auch das jeweilige Instrument abgenommen wird. Hier triumphiert das Spiel …« (Karl August Horst in: Materialien zu Samuel Becketts Romanen »Molloy«, »Malone stirbt«, »Der Namenlose«. Frankfurt/Main 1976).
In MONKEY BUSINESS nimmt Groucho wiederholt Bogeys toughness aus TO HAVE AND NOT TO HAVE / 1944 aufs Korn. Es macht ihm ganz offenbar Spaß, Starmythen zu karikieren, z.B. in GO WEST / 1940 Gary Cooper oder seine berühmten Valentino-Tangos, Wange an Wange mit seiner Partnerin, auf feuriger Südländer getrimmt. Die komische Konkurrenz mit Bogey führte im Fall von A NIGHT IN CASABLANCA zu einem Beinahe-Rechtsstreit mit den Warner Brothers wegen Titel- und Storyklau (CASABLANCA / 1942). Groucho entgegnete den »lieben Warner Brothers« darauf, sie sollten sich einmal überlegen, mit welchem Recht sie sich Warner Brothers nennen, man denke nur an die Marx Brothers … Die Rechtsabteilung der Warner Brothers war nach einigen infam spitzfindigen Briefen Grouchos so eingeschüchtert, daß sie die Finger von der Sache ließ.
Carmelo Bene hat in einer Theateradaption des Pinocchio-Stoffs die Menschwerdung als Konformistwerdung gestaltet. Die Vermutung, daß Totòs von der Idee her ganz ähnliche Pinocchio-Rolle hier Pate gestanden hat, ist nicht von der Hand zu weisen.
»Sind wir Menschen oder Korporäle?« – das italienische Wort ›caporale‹, Gefreiter, Korporal, hat auch den Beigeschmack des italienischen Bourgeois. 1955 entstand sogar ein Totò-Film mit dem Titel SIAMO UOMINI O CAPORALI.
Die populärste Figur d’Annunzios, den Maciste, zieht Totò in TOTO CONTRO MACISTE/1962 durch den Kakao. Ein empörter Maciste-Fan aus Kalabrien soll die Kinoleinwand mit dem Revolver durchsiebt haben.
Moser selbst wurde immer wieder verdächtigt, Jude zu sein. In der Deutschen Filmzeitung 8/1934 wird Moser von einem als »Filmteufel« zeichnenden Autor bereits als Reinhardt-Schauspieler pauschal beschimpft, Jude zu sein: »Da präsentiert uns Reinhardt-Goldmann, dessen Nationalität stets ein Rätsel war, dessen Rasse sich aber niemals verleugnete … einen Hans Moser, einen Max Pallenberg und alle die anderen, die er aus allen Weltteilen – Galizien stellte einen großen Prozentsatz – nach Berlin an seine Theater holte.«
Die Preußen und die Bayern (oder auch: die Norddeutschen und die Süddeutschen) streiten sich dauernd und beweisen damit, daß sie sich viel zu sagen haben – das deutsche Kino sei mein Zeuge!
Was für ein staatserhaltendes Wesen hinter der »Wir-Komik« steckt, die nur über den Umweg des Einverständnisses mit den dargebotenen Sauereien lustig wird, entlarvt Weiß Ferdls leutseliger Auftritt in dem Film WUNSCHKONZERT/1942, dem absolut ekelhaftesten Propagandafilm des Dritten Reichs, den ich kenne.
Valentins Spiel mit bayerischen Sprachbesonderheiten, in diesem Fall mit der doppelten Verneinung, wird häufig als Beleg seines Volkssängertums mißbraucht; das ist genauso, als wollte man die Hegelsche Philosophie aus den von ihm so geliebten schwäbischen Idiomen erklären. Diese Beweisführung, die sich für besonders scharfsinnig hält, verwechselt den Sprachgebrauch mit dem, was einer damit macht. Die beiläufige Verwendung von Bavarica bei Valentin sieht etwa so aus: »I war« (ich war/ich wäre) als Mittel, um Vorstellung und Wirklichkeit zu konfrontieren (»Ententraum«), oder Sprachfloskeln, die ihre besondere Bedeutung durch den Bezug auf Dinge erhalten, die den ihnen zukommenden Zweck nicht erfüllen: »Da feit (fehlt) si nix«, »Besser ist’s doch wie gar nix«… bis zur Abstraktion von jeder Gegenständlichkeit: »Sei duad’s da was« (Seien tut es dir etwas/Das Sein tut dir etwas), nur noch fatalistisch-pessimistisches Prinzip. Alltägliche Umgangssprache enthält durchaus die kompliziertesten Abstraktionen: »Die Marktfrau schimpft abstrakt« (Hegel).
Auch politische Witze – solche stammten sicherlich von ihm – ließ er 1934 pauschal in den großen Tageszeitungen dementieren. Dies allerdings mit dem hinterfotzigen Nachsatz: »So ist auch das letzte Gerücht von drei Tagen Spielverbot für Karl Valentin und Lisl Karlstadt wieder gänzlich aus der Luft gegriffen.«
Es wird des öfteren die Vermutung geäußert, Raimund habe sogar für den Namen »Valentin« Pate gestanden. Sein Schreiner Valentin mit dem Hobel ist immerhin kein schlechter Entwurf für den gelernten Schreiner Karl Valentin, der sein Leben lang Hobby-Schreiner blieb und sich in den letzten Lebensjahren u.a. als Sargschreiner notdürftig ernährte. Es gab allerdings noch einen anderen dürren Valentin, der Anfang des Jahrhunderts in Varietékreisen berühmt war: La Goulues Partner. So bestechend all diese Spekulationen auch sein mögen, von Karl Valentin selbst ist nur eine anderslautende Version bekannt. Der Geburtsname lautet: Valentin Ludwig Fey. Das Pseudonym ist aus dem Vornamen Valentin abgeleitet. Der Namenszusatz Karl ist eine Hommage an den berühmten Volkssänger Karl Maxstadt.
In dem Stück kommt ein geiziger alter Müller vor, der glaubt zwei Schätze zu besitzen: seine ersparten Säcke mit Goldstücken und seine Tochter, die er reich verheiraten will. Aber die Tochter liebt den armen Knecht, der für drei arbeitet. Der Müller sieht nur den toten Reichtum, aber nicht die lebendige Arbeitskraft, die Reichtum schafft. Bevor es zur melodramatischen Wende kommt, wird der Rest des Stücks in einer nächtlichen Friedhofsszene antizipiert, so daß das Stück jetzt wie ein Uhrwerk abrollen kann, wo es nur noch um die Belehrung geht. Es sollen nämlich binnen Jahresfrist der Alte und seine Tochter sterben, so daß er nicht nur nichts hat von seinen Schätzen, sondern obendrein alles verliert. Dieses Schundstück stellt sich dumm gegenüber der Klassengesellschaft (der edle Knecht, der geizige Herr), um sie in jeder Wendung überdeutlich hereinzubringen.
Andernorts ist von einer »Riesendame« und dem Ohrenfettwunder »Tafit« die Rede.
Der Film NOSFERATU stammt aus demselben Jahr, und man kann schon ahnen, was Max Schreck unter dem frischen Eindruck dieser Rolle für Abnormalitäten zu bieten hatte, insbesondere bei Brecht, der tagein, tagaus ins Kino rannte.
Wie wir heute wissen, hat Brecht den Film in den Grundzügen von einer amerikanischen Groteske abgekupfert. Valentin, in Plagiatsachen ebenso überempfindlich wie Brecht unterempfindlich, hat, als er davon erfuhr, per notarieller Verfügung die Verbreitung des Films untersagt, weshalb lang Zweifel bestanden, ob der Film überhaupt existiert. 1974 wurde er per Zufall in Ost-Berlin aufgefunden.
Dazu ertönte dann das Vorspiel zu einem Richard-Tauber-Lied mit dem infamen Refrain »Gute Nacht, du mein herziges Kind, gut Nacht, gut Nacht, du mein herziges Kind«. Das Lied erschien noch 1934 auf Platte (der Jude Tauber emigrierte 1934); den Hinweis verdanke ich Herrn Peter Tiefel, der mir freundlicherweise eine Überspielung zukommen ließ.
DIE ERBSCHAFT bedeutete für Valentins Filmarbeit das Aus. Er hat zwar danach noch vereinzelte Filme gedreht, aber das Regime machte ihm solche Schwierigkeiten, daß keiner dieser Filme mehr zur Aufführung gelangte.
Jerry Lewis’ Karriere begann mit »lipsynch«-Nummern beim Varieté (lippensynchrone Imitationen). Es folgten dann parodistische Shownummern mit Dean Martin, die später direkt fürs Kino adaptiert wurden.
Frank Tashlin, der wichtigste Regisseur von Jerry Lewis, war früher selbst als Cartoonist und gagman beschäftigt und hat hier sicher einen stilbildenden Einfluß gehabt.
1963 hat Kubrick in DR. STRANGELOVE diesen Colaautomaten variiert.
In SAILOR BEWARE treten in einer kurzen Sequenz sogar James Dean und Jerry Lewis gemeinsam auf. James Dean spielt einen Boxringhelfer bei Jerry Lewis’ Boxkampf.
In dem Lewis/Martin-Film SCARED STIFF treten Crosby/Hope als Gäste auf. Lewis/Martin traten als Gegenleistung in deren Film ROAD TO BALI/1952 auf.
Auch bei diesen Parodien dürfte ein ziemlicher Einfluß des Regisseurs Frank Tashlin vorliegen, der u.a. die Filme THE GIRL CAN’T HELP IT und WILL SUCCESS SPOIL ROCK HUNTER?, beide 1957, gedreht hat, zwei Meisterwerke in der Karikatur der Massenmedien.
Einmal, auf dem Jahrmarkt, wo Tati verschaukelt wird, fährt er auf einem aufgebockten Fahrrad, ganz wie Quijote auf seinem Holzpferd reitet. Fellini mit seinem scharfen Sinn für Clowneskes wollte unbedingt mit Tati den »Don Quijote« verfilmen.
Tati hat sogar einen Videofilm, PARADE/1974, gemacht, der eine einzige Hommage an die Music Hall ist.
Alle diese Filme aus den 30er Jahren waren hierzulande nie zu sehen, so daß ich mich auf französische Quellen beziehen muß. Die Filme knüpfen an Bühnenpantomimen Tatis an, vor allem Sportpantomimen des begeisterten Allroundsportlers Tati, die karikaturhaft vereinfacht und zeichentrickhaft mechanisch gewesen sein sollen (entdeckt wurde Tati bei der Revue du Racing Club 1931 als Amateurpantomime!). In den 40er Jahren tritt Tati in kleinen Rollen bei Claude Autant-Lara auf. Sein eigentliches Filmdebüt erfolgt erst mit JOUR DE FETE/1947.
JOUR DE FETE sollte ursprünglich in Farbe sein, das Farbnegativ ging jedoch verloren, so daß Tati einen Teil seiner Farbeffekte durch partielle Kolorierung des Schwarz-Weiß-Films rettete. Eine integrale, der ursprünglichen Konzeption entsprechende Kinofassung seiner Filme gibt es auch von seinen anderen Filmen nicht. Tati mußte in allen Fällen Schnittauflagen und kleine Veränderungen hinnehmen.
Der besagte Satz bei Vischer lautet: »Von Tagesanbruch bis in die späte Nacht, solang irgendein Mensch um den Weg ist, denkt das Objekt auf Unarten, auf Tücke. Man muß mit ihm umgehen wie der Tierbändiger mit der Bestie, wenn er sich in ihren Käfig gewagt hat …« A.E., die Hauptfigur des Romans, verhängt folgerichtig das Todesurteil über eine verlorene Brille. In der Figur des A.E. porträtiert Vischer die resignative, introvertierte Bürgerlichkeit des Nachmärz. In seinem späteren »Zusatz über die Dichtung A.E.« heißt es sehr deutlich: »Zu lachen ist an sich darüber nichts … wir Alle denken und sagen tausendmal bei sehr lästigen Zufällen: es ist doch, als ob Dämonen gegen mich verschworen wären! Man mache aus diesem ›Als ob‹: halb Ernst, wie die alte Mythologie ganz Ernst aus Ähnlichem machte, – nun, so hat man ja den A.E.! Ich habe die Empfindlichkeit, um die es sich handelt, eine tiefberechtigte genannt; dies Recht erleidet nun eine Karikierung, muß aber durch diese Trübung erkennbar durchschimmern. Der Mann erscheint dann schwebend an der Grenze des Wahnsinns: schwebend nur, denn gar so fürchterlich ernst ist es ihm doch nicht, wiewohl doch so ernst, daß er sich durch die Selbstvollziehung des komischen Auffassungsaktes nicht ganz befreit … und recht unglücklich ist und bleibt.«
Das auffälligste Merkmal ist eine regelrechte Faszination des Todes in den Filmkomödien der 70er Jahre: »Es ist schon bemerkenswert, daß in den beiden erfolgreichsten Filmkomödien des Jahres 1975, LOVE AND DEATH und YOUNG FRANKENSTEIN, so verliebte Oden an den Knochenmann gesungen werden, die beide in einer heiteren und freundschaftlichen Vereinigung mit einem bereitwillig angenommenen Tod enden« (Robert Benayoun).