34.8.2.2 Bei der Körperpflege unterstützen

Bei ausgeprägter Immobilität kann die teilweise oder vollständige Übernahme der Körperpflege erforderlich sein. Dabei sind notwendige Prophylaxen zu integrieren. Die atrophische Haut (Pergamenthaut) wird mit W/O-Lotion oder Calendula-Salbe eingecremt, um Verletzungen und Juckreiz vorzubeugen. Zur Mund- und Zahnpflege werden weiche Zahnbürsten verwendet, um das Blutungsrisiko gering zu halten. Die Rasur erfolgt möglichst mit einem Trockenrasierer.

Merke

Achten Sie bei Patienten mit Aszites auf passende, nicht beengende oder einschnürende Kleidung.

34.8.2.3 Bei der Ernährung unterstützen

Der Patient erhält leichte Vollkost oder eine Basisdiät, wenn keine Symptome einer hepatischen Enzephalopathie oder Aszites vorliegen. Nahrungsmittel, die häufig Unverträglichkeit hervorrufen (z. B. saure, blähende, stark gewürzte und fettige Speisen), sollten gemieden werden. Zur Verbesserung der Verträglichkeit verteilt man sie auf mehrere kleine Mahlzeiten am Tag.

Ernährung bei hepatischer Enzephalopathie

Eine Reduktion der Eiweißzufuhr wird in der Regel nicht mehr empfohlen, da diese bei den ohnehin geschwächten Patienten zu einem weiteren Abbau von Muskulatur und Körpersubstanz führt (Katabolismus!). Die notwendige Tageskalorienmenge sollte in erster Linie durch die Zufuhr von Kohlenhydraten gedeckt werden. In schweren Fällen kann die parenterale Zufuhr von Aminosäuren erforderlich werden. Zur sog. „Darmsterilisation“ erhält der Patient das Darmantibiotikum Rifaximin oral. Durch die Gabe von Laktulose (z.B. 10 ml dreimal täglich) sinkt der pH-Wert im Darm und die Ammoniakabsorption aus dem Kolon kann reduziert werden. Eine Steigerung dieses Effekts erzielt man mit hohen Einläufen. Durch den Einsatz von L-Orithin-Aspartat (Hepa-Merz) kann der Ammoniakabbau gefördert werden.

Pflege und Ernährung bei Aszites

Durch Flüssigkeitsbeschränkung (1 l/Tag) und kochsalzarme Diät (1 – 2 g NaCl/Tag) wird mit einer schonenden Aszitesausschwemmung begonnen. Dabei müssen täglich Körpergewicht, Flüssigkeitsbilanz und evtl. ZVD kontrolliert werden. Unterstützend werden Saluretika (z. B. Furosemid) oder Aldosteron-Antagonisten (z. B. Spironolacton) verabreicht. Zeigt diese Therapie nicht den gewünschten Erfolg oder verursacht der Aszites sehr große Einschränkungen, ist eine ▶ Aszitespunktion indiziert. Dabei können täglich bis zu 5 l Flüssigkeit entleert werden. Es entsteht allerdings ein großer Eiweißverlust, der mit Humanalbuminlösung ausgeglichen werden sollte. In Ausnahmefällen kann der Aszites über einen transjugulären intrahepatischen portosystemischen Shunt (TIPS) abgeleitet werden. Dabei besteht jedoch ein erhöhtes Risiko einer Enzephalopathie. Zur Beobachtung des Aszites sollte täglich der Bauchumfang an derselben Stelle und in gleicher Position ( ▶ Abb. 34.44) gemessen werden. Bedingt durch den Zwerchfellhochstand und die Dyspnoe sind Patienten mit Aszites pneumoniegefährdet. Zur Atemerleichterung wird eine Positionierung in Oberkörperhochlage empfohlen.

Aszites.

Abb. 34.44 Der Bauchumfang bei Aszites kann nur durch eine dauerhafte Markierung ober- und unterhalb des Maßbands sicher gemessen werden.

Aszites.

Merke

Liegt eine erhöhte Blutungsgefahr vor, ist der Patient vor Verletzungen und Stößen zu schützen. Haut und Schleimhäute sowie Ausscheidungen sind auf Anzeichen von Blutungen zu beobachten.

Prävention und Gesundheitsförderung

Die Leberzirrhose ist eine fortschreitende, nicht heilbare Krankheit. Nimmt der Betroffene weiter leberschädigende Substanzen zu sich, beeinflusst das den Krankheitsverlauf ungünstig. Raten Sie dem Patienten daher, auf keinen Fall eigenmächtig Arzneimittel einzunehmen, die die Leber belasten. Dazu gehören einige freiverkäufliche Arzneimittel, z. B. Paracetamol.

34.8.3 Medizinischer Überblick Gallensteine

34.8.3.1 Definition

Beim Gallensteinleiden sind Konkremente (= feste Masse, die sich durch Ausfällung vorher in Körperflüssigkeit gelöster Stoffe in Hohlräumen des Organismus bildet) im Gallengangsystem (Cholelithiasis) oder in der Gallenblase (Cholezystolithiasis). 15 – 20 % der Bevölkerung haben Gallensteine. Sie sind damit eine sehr häufige Krankheit in den westlichen Industrieländern.

34.8.3.2 Ursachen

In 80 % der Fälle entstehen Gallensteine aus Cholesterin oder Mischformen aus Bilirubin und Cholesterin. Für die Bildung von Gallensteinen ist ein Lösungsungleichgewicht der Galle verantwortlich, es kommt zu einem „Niederschlag“ von Cholesterin, Bilirubin und Kalzium. Zunächst bilden sich Kristalle, die im Laufe der Zeit zu Steinen heranwachsen. Unterschieden werden 3 verschiedene Steinarten: Cholesterinsteine, die zu 50 % aus Cholesterin bestehen, Pigmentsteine und gemischte Steine.

34.8.3.3 Risikofaktoren

Dazu gehören:

Fallbeispiel

Frau Heinrich ist 52 Jahre alt und Mutter von 4 Kindern. Seit gestern Mittag hat sie anfallsartig auftretende Schmerzen im rechten Oberbauch. Die Schmerzen strahlen in die rechte Schulter aus. Ihr ist übel, sie hat bereits zweimal erbrochen, sie kann sich kaum noch auf den Beinen halten. Ihre 3 Jahre ältere Schwester, die jedoch erheblich übergewichtiger ist als sie selbst, hatte vor einem Jahr ähnliche Beschwerden. Sie musste damals notfallmäßig „an der Galle“ operiert werden.

Merke

Die 6-F-Regel beschreibt die Risikofaktoren für das Gallensteinleiden: female (weiblich), fair (hellhäutig/blond), fat (übergewichtig), forty (vierzig), fertile (fruchtbar), family (familiäre Häufung).

34.8.3.4 Symptome

Ca. 70 – 80 % der Patienten sind Träger sog. „stummer“ Steine, die keine Beschwerden verursachen. Die Steine werden oft zufällig im Rahmen einer Sonografie entdeckt. Gallensteinbeschwerden äußern sich durch

Diese unspezifischen Beschwerden können sich bis zu heftigen Gallenkoliken steigern.

Gallenkoliken

Durch Druckerhöhung im Gallenwegsystem bewegen sich die Steine im Ductus cysticus oder werden in der Papilla Vateri eingeklemmt ( ▶ Abb. 34.45). Dies führt zu anfallsartigen, heftigen Schmerzen im rechten Oberbauch, die in die rechte Schulter und zwischen die Schulterblätter ausstrahlen können. Begleitet werden die Schmerzen von Übelkeit und Erbrechen sowie Schweißausbrüchen und Kreislaufregulationsstörungen. Blockiert der Stein den Ductus choledochus, tritt ein Verschlussikterus mit ▶ acholischen Stühlen und ▶ bierbraunem Urin auf.

Gallensteine lagern sich in verschiedenen Bereichen an.

Abb. 34.45 

Gallensteine lagern sich in verschiedenen Bereichen an.

34.8.3.5 Diagnostik

Folgende diagnostische Maßnahmen bestätigen den Verdacht:

Merke

Differenzialdiagnostisch sind Nierenkoliken, Herzinfarkt, Lungenembolie, Pleuritis, akute Pankreatitis oder Magenperforation auszuschließen.

34.8.3.6 Komplikationen

Folgende Komplikationen können auftreten:

34.8.3.7 Therapie

Bei „stummen“, also symptomlosen Gallensteinen muss nicht therapiert werden – außer es liegt eine Porzellangallenblase vor; dann ist aufgrund des Entartungsrisikos eine operative Entfernung der Gallenblase (Cholezystektomie) indiziert. Ferner erfordern alle symptomatischen Gallensteine eine Therapie.

Konservative Behandlung Zu den konservativen Behandlungsverfahren gehören die medikamentöse Steinauflösung (nur bei reinen Cholesterinsteinen möglich!) und die ▶ extrakorporale Stoßwellenlithotripsie, ESWL,, die nur bei kleinen Steinen möglich ist. Diese Behandlungsverfahren kommen nur bei einem geringen Teil der Patienten infrage, da sie eine hohe Rezidivrate nach sich ziehen und die Ursache nicht beseitigt wird.

Medikamentöse Behandlung Akute Gallenkoliken werden medikamentös mit Spasmolytika (z. B. Buscopan) und Analgetika (z. B. Novalgin) intravenös behandelt. Der Patient wird ausschließlich parenteral ernährt.

Operative Behandlung Häufig wird nach Abklingen der Symptome eine Cholezystektomie durchgeführt. Sind die Gallensteine im Ductus choledochus eingeklemmt, muss sofort operiert werden, um Komplikationen zu verhindern. Bei ca. 90 % der Patienten lassen sich die Steine mit einer ERCP (endoskopische retrograde Cholangio-Pankreatikografie = röntgenologische Gallenblasen- und Gallengangsdarstellung) und Papillotomie (Schlitzung der Papilla Vateri) entfernen. Sie werden dann mit einem Fangkorb oder einem Ballonkatheter in den Dünndarm gezogen, von dort aus können sie den Körper des Patienten mit dem Stuhlgang verlassen. Ist der Stein zu groß, um die Papille zu passieren, wird er mit Stoßwellen (Stoßwellenlithotripsie) oder endoskopisch zerkleinert. Im beschwerdefreien Intervall erfolgt, heute üblicherweise laparoskopisch, die Entfernung der Gallenblase. Liegen starke Verwachsungen vor, z.B. nach Voroperationen, ist meist eine konventionelle Cholezystektomie erforderlich. Dabei wird die Gallenblase über einen Transrektalschnitt im rechten Oberbauch oder einen Rippenbogenrandschnitt entfernt.

Pflege- und Behandlungsplan Viele Menschen haben Gallensteine, ohne es zu merken. Bereiten die Gallensteine allerdings Beschwerden, können diese so heftig sein, dass die Lebensqualität erheblich eingeschränkt ist.

34.8.3.8 Pflege bei Gallenkoliken

Die Krankenbeobachtung richtet sich auf Überwachung von Vitalzeichen und Allgemeinbefinden. Komplikationen können frühzeitig erkannt werden, wenn Schmerzverlauf und -qualität beobachtet werden.

Während des akuten Geschehens hält der Patient Nahrungskarenz und Bettruhe ein. Gegen die Schmerzen werden Analgetika und Spasmolytika auf Arztanordnung verabreicht. Lindernd wirken auch feuchtwarme Umschläge (nicht bei Entzündungen!) auf den Oberbauch und eine bauchdeckenentspannende Lagerung. Mit dem Kostaufbau wird am 2.– 3. Tag nach der Kolik begonnen. Dieser reicht von Tee, Haferschleim, Zwieback bis zur leichten, fettarmen Kost. Ist die akute Gallenkolik abgeklungen und haben die Beschwerden nachgelassen, wird die operative Entfernung der Gallenblase durchgeführt.

Prävention und Gesundheitsförderung

Um keine erneute Kolik zu provozieren, sollte der Patient auch später fettarme und kleine Mahlzeiten bevorzugen.

34.8.3.9 Pflege bei Cholezystektomie

Die meisten Cholezystektomien (mehr als 93 %) erfolgen heute laparoskopisch ( ▶ Abb. 34.46).

Laparoskopische Cholezystektomie.

Abb. 34.46 a Blick auf den Bauch und den mit Farbpunkten markierten rechten Rippenbogen. 4 Arbeitsinstrumente sind in die Bauchhöhle eingeführt, darunter die Extraktionshülse mit weißem Ansatz im Bauchnabel. b Blick durch das Videoendoskop in die Bauchhöhle: 2 Fasszangen halten die Gallenblase (G); dahinter die Leber (L) und die Bauchdecke (B).

Laparoskopische Cholezystektomie.

Präoperative Pflege

Da in 4 – 7 % der Fälle die Operation ausgedehnt werden muss, erfolgt die Vorbereitung wie für eine konventionelle Bauchoperation:

Postoperative Pflege bei laparoskopischer Cholezystektomie

Es werden lediglich 4 kleine Bauchschnitte gesetzt und keine Drainagen eingelegt. So ist der Wundschmerz gering, der Patient insgesamt weniger beeinträchtigt und kann i. d. R. 4 Tage nach dem Eingriff das Krankenhaus verlassen. Folgende pflegerische Maßnahmen werden durchgeführt:

Praxistipp

Viele Patienten klagen nach einem laparoskopischen Eingriff über Nacken- und Schulterschmerzen, was auf das Einbringen von Gas in Form von CO2 (Kohlendioxid) in die Bauchhöhle zurückzuführen ist. Lindernd wirken Nacken- und Schultermassagen (Physiotherapie).

Postoperative Pflege bei konventioneller Cholezystektomie

Die Gallenblase wird im Rahmen einer Laparotomie entfernt. Befinden sich Steine im Gallengang, erfolgt anschließend eine Choledochusrevision mit Anlage einer T-Drainage ( ▶ Abb. 34.47). Neben den allgemein üblichen postoperativen Pflege- und Überwachungsmaßnahmen sind einige Besonderheiten zu beachten:

Schematischer Längsschnitt durch den Gallengang beim liegenden Patienten.

Abb. 34.47 

(Abb. aus: Paetz B. Chirurgie für Pflegeberufe. Thieme; 2017)

Schematischer Längsschnitt durch den Gallengang beim liegenden Patienten.

T-Drainage Sie hat die Aufgabe, den Abfluss der Galle bei postoperativen Schwellungen bzw. Spastik im Bereich der Papilla Vateri zu gewährleisten. Um einen ungehinderten Abfluss erzielen zu können, wird der Sekretbeutel unterhalb des Patienten am Bett befestigt. Die Sekretmenge liegt an den ersten 1 – 3 Tagen bei ca. 1000 ml täglich. Je mehr der Papillenbereich abschwillt, desto weniger Sekret wird gefördert (ca. 300 ml/24 Stunden). Dann kann am 4.– 5. Tag der Sekretbeutel schrittweise höhergehängt oder abgeklemmt werden, um den physiologischen Galleabfluss in das Duodenum zu steigern.

Verträgt der Patient diese Maßnahme gut und bleibt beschwerdefrei, wird mittels Cholangiografie der freie Galleabfluss kontrolliert. Anschließend entfernt der Arzt die Drainage, i. d. R. nachdem der Sekretbeutel nochmals für kurze Zeit unter Patientenniveau befestigt wurde, um ein Austreten von Galle nach dem Ziehen zu verhindern. Der anschließend aufgebrachte Verband wird auf Austritt von Galle und Nachblutungen kontrolliert.

Zieldrainage Sie liegt im Wundgebiet. Erfolgte keine Choledochusrevision, wird sie am 3.– 4. postoperativen Tag gezogen, sonst meist erst 1 – 2 Tage nach dem Entfernen des T-Drains. So ist gewährleistet, dass die austretende Galle nach Entfernung der T-Drainage über die Zieldrainage abfließen kann.

Praxistipp

Hinweise auf eine dislozierte oder verstopfte T-Drainage:

  • unverhältnismäßig geringe Sekretmengen im Auffangbeutel oder plötzlich fehlender Sekretfluss

  • Juckreiz, Ikterus, Druckgefühl im Oberbauch

Prävention und Gesundheitsförderung

Gegen einige Risikofaktoren (6-F-Regel) ist keine Vorbeugung möglich, doch die ernährungsbedingten Faktoren lassen sich gut beeinflussen.

34.9 Pflege von Patienten mit Lebertransplantation

34.9.1 Medizinischer Überblick

34.9.1.1 Definition

Bei der Lebertransplantation (= LTX) wird eine funktionstüchtige Spenderleber auf einen Patienten übertragen, um dessen erkrankte Leber zu ersetzen. Dieser recht komplizierte und komplikationsreiche Eingriff wird nur in spezialisierten Zentren durchgeführt.

34.9.1.2 Indikation

Die Indikation zur Lebertransplantation ist für eine Vielzahl von Lebererkrankungen, die mit einem akuten Leberversagen einhergehen (z.B. akute Virushepatitis, Leberruptur oder medikamentös-toxische Ursachen) die einzige kurative Behandlungsmöglichkeit und auch im Endstadium einer Leberzirrhose gegeben. Eine weitere Indikation ist unter bestimmten Bedingungen das hepatozelluläre Karzinom.

34.9.1.3 Kontraindikationen

Als absolute Kontraindikationen gelten fortgeschrittene Leberzellkarzinome (> 5 cm), ausgedehnte Pfortaderthrombosen, schwere kardiale oder pulmonale Funktionseinschränkungen, aktiver Alkohol- oder Drogenkonsum, schwere psychiatrische Erkrankungen sowie schwere Infektionserkrankungen.

34.9.1.4 Vermittlung von Spenderorganen

Die ▶ Zuteilung eines Organs durch das Transplantationszentrum erfolgt nach bestimmten Richtlinien. Dazu gehören neben der Blutgruppenverträglichkeit und immunologischen Werten auch sog. Dringlichkeitsstufen, die auf international erstellten medizinisch fundierten Scores (Punktesystem) beruhen.

34.9.1.5 Organspende

Standardverfahren (Orthotoper Ersatz) Bei diesem Verfahren wird das Organ postmortal vom Spender entnommen und an gleicher Stelle (orthotop) beim Empfänger ersetzt.

Da auch bei Lebertransplantationen ein Mangel an Spenderorganen besteht, wird nach Alternativen gesucht.

Split-Leber-Transplantation Hierbei wird die Spenderleber eines Verstorbenen für zwei Empfänger zweigeteilt.

Leberlebendspende-Verfahren Hierbei spendet ein gesunder Erwachsener, der in einer engen emotionalen Bindung zum Empfänger stehen muss, freiwillig einen Teil seiner Leber. Die im Spender verbliebenen Lebersegmente und die transplantierten Organteile können die gesamte Leberfunktion sofort übernehmen. Außerdem wachsen beide Teile innerhalb einiger Wochen bis zu ihrer ursprünglichen Größe nach.

Anatomie und Physiologie im Fokus

(nach Schwegler u. Lucius 2016)

Die Leberlebendspende ist möglich, da der rechte und linke Leberlappen jeweils einen eigenen arteriellen und portalvenösen Zufluss bzw. venösen Abfluss und einen unabhängigen Gallengangsabfluss besitzen ( ▶ Abb. 34.3). Für eine Leberlebendspende werden bei Kindern Lebersegmente oder für sehr kleine Erwachsene auch der linke Leberlappen entnommen. Für einen normalgewichtigen Erwachsenen ist i. d. R. die Entnahme des rechten Leberlappens notwendig.

34.9.1.6 Komplikationen

Als Frühkomplikationen sind Nachblutungen, Pfortader- oder A.-hepatica-Thrombose sowie Fistelbildung oder Stenose der Anastomose im Bereich des Gallengangs zu nennen. Zu den Spätkomplikationen zählt das Wiederauftreten der Grunderkrankung (z. B. Virushepatitis, Alkoholabusus). Die am stärksten gefürchtete Komplikation ist die akute oder chronische Abstoßung der transplantierten Leber.

34.9.2 Pflege- und Behandlungsplan

Zu den pflegerischen Maßnahmen gehören präoperative und postoperative Pflege, Unterstützung bei der immunsuppressiven Therapie, Gesundheitsberatung und Entlassungsvorbereitung.

34.9.2.1 Präoperative Pflege

Vor der Transplantation stehen nochmals eine umfangreiche Labordiagnostik und ggf. technische Untersuchungen, wie Gastroskopie und Oberbauchsonografie mit Gefäßdoppler, an. Die psychische Situation eines Patienten vor einer Transplantation ist im Abschnitt ▶ „Situation des Patienten“ beschrieben. Neben allgemeinen Operationsvorbereitungen wie Nahrungsabbau und Darmvorbereitung muss der Patient großflächig von den Mamillen bis zu den Leisten einschließlich der Schambehaarung rasiert werden.

34.9.2.2 Postoperative Pflege

Nach der Operation, die 5 bis 10 Stunden dauern kann, werden die Patienten zunächst für mindestens 2 – 3 Tage auf der Intensivstation betreut, bei komplikationslosem Verlauf werden sie anschließend auf die allgemeinchirurgische- oder Transplantationsstation verlegt. Neben der Überwachung und Aufrechterhaltung der Herz-Kreislauf-Funktion stehen hier die Immunsuppression und Infektionsprophylaxe im Vordergrund. Hier gelten die gleichen ▶ Grundsätze und Maßnahmen wie bei der Nierentransplantation, ebenso bei der psychosozialen Betreuung.

Wundversorgung/Drainagen Die Gefahr einer Wundinfektion ist hoch. Der Verbandwechsel erfolgt 1 × täglich unter sterilen Bedingungen. Die Klammern werden am 12.– 14. Tag entfernt, die T-Drainage meist erst nach 4 – 5 Wochen.

Lagerung/Mobilisation Der Patient wird in eine bauchdeckenentspannende Lagerung gebracht. Je nach Zustand kann ab dem 2.– 3. postoperativen Tag stufenweise mit der Mobilisation begonnen werden.

Ernährung Zunächst wird der Patient parenteral ernährt. Kommt die Darmtätigkeit in Gang (meist am 4.– 5. postoperativen Tag), wird die Kost langsam aufgebaut. Hier sollten Gewohnheiten und Wünsche des Patienten berücksichtigt werden.

34.9.2.3 Gesundheitsberatung

Während des gesamten Krankenhausaufenthaltes, der i. d. R. 4 Wochen dauert, wird der Patient durch gezielte Beratung und Anleitung zu Themen wie der Immunsuppressionstherapie, Selbstbeobachtung hinsichtlich einer Transplantatabstoßung und bzgl. des Verhaltens im Alltag auf die Entlassung vorbereitet.

Prognose Lebertransplantierte haben gute Chancen, dieses neue Leben über lange Zeit zu genießen. Durch ständige Verbesserung der Technik und Forschung auf dem Gebiet der Immuntherapie (Immunsuppression) steigt die Überlebensrate stetig an. Gegenwärtig werden 1-Jahres-Überlebensraten von über 90%, 5-Jahres-Überlebensraten von über 80% und 10-Jahres-Überlebensraten von über 70% erreicht. Die Überlebensquoten sind jedoch stark abhängig von der Grunderkrankung sowie dem Allgemeinzustand und von Folge- und Begleiterkrankungen des Patienten (Klinikum Universität München).

Rehabilitation im Fokus

Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus müssen sich die Patienten insbesondere im 1. Jahr engmaschig zu Nachuntersuchungen vorstellen. Die Einnahme der Immunsuppressiva sowie die Nachkontrollen sind i. d. R. lebenslang notwendig. Ein Wiedereinstieg in den Beruf ist bei den meisten Patienten ca. 6 – 12 Monate nach der Transplantation möglich.

34.10 Pflege von Patienten mit Hepatitis

34.10.1 Medizinischer Überblick

34.10.1.1 Definition

Die Hepatitis ist eine Entzündung des Leberparenchyms. Sie kann akut oder chronisch verlaufen. Weltweit verbreitet ist die Virushepatitis. Sie gehört auch in Deutschland zu den häufigsten meldepflichtigen Erkrankungen.

34.10.1.2 Ursachen

Eine Hepatitis wird primär durch Viren (A-, B-, C-, D-, E- und G- bzw. GB-Viren) hervorgerufen. Auch der Epstein-Barr-Virus und das Cytomegalie-Virus können eine Hepatitis auslösen.

Ferner kann eine Hepatitis durch Autoimmunprozesse (Autoimmunhepatitis) ausgelöst werden oder Folge einer Störung des Kupferstoffwechsels in der Leber (Morbus Wilson) oder einer Hämochromatose sein.

Ebenso kommen Bakterien (z. B. Leptospiren, Salmonellen), Protozoen (z. B. Toxoplasmen, Plasmoiden) oder toxische Einflüsse (z. B. Alkohol oder Medikamente) als Ursachen für eine Hepatitis in Frage.

Merke

Nach der aktuellen Fassung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG § 6) sind der Krankheitsverdacht, die Erkrankung an und der Tod durch akute Virushepatitis dem Gesundheitsamt namentlich zu melden.

Fallbeispiel

Herr Marquardt arbeitet als Exportmanager für eine große deutsche Medizinprodukte-Firma und ist häufig im Ausland unterwegs. Seine letzte Geschäftsreise führte ihn nach China. Herr Marquardt hat es sich zur Gewohnheit gemacht, dort zu speisen, wo auch die Einheimischen anzutreffen sind. Er konnte in China einige Geschäfte erfolgreich zum Abschluss bringen und ist vor gut 3 Wochen zufrieden zurückgekehrt. Vor 2 Wochen bemerkte er plötzlich Gelenk- und Muskelschmerzen, Müdigkeit und vor allem Appetitmangel. Herr Marquardt führte sein Unwohlsein auf einen grippalen Infekt zurück. Vor 2 Tagen morgens beim Blick in den Spiegel bemerkte er plötzlich seine gelb verfärbten Augen, sein Morgenurin war dunkelbraun. Statt zur Firma fuhr er sofort zu seinem Hausarzt.

34.10.1.3 Verschiedene Formen der Virushepatitis

Verschiedene Formen der Hepatitis und deren Krankheitsverläufe bzw. -prognosen sind ▶ Tab. 34.8  zu entnehmen.

Merke

Hepatitis C kann bei Angehörigen von Gesundheitsberufen als Berufserkrankung anerkannt werden. Darauf, wie sich Mitarbeiter im Gesundheitswesen vor einer Infektionsübertragung schützen können, wird ausführlich im Kapitel „ ▶ Grundlagen der Hygiene“ eingegangen.

Tab. 34.8 Differenzierung der Virushepatitiden (nach Renz-Polster u. Krautzig 2013)

Hepatitis A („Reisehepatitis“)

Hepatitis B

Hepatitis C

Hepatitis D

Hepatitis E

Hepatitis G

Erreger

Hepatitis-A-Virus (HAV)

Hepatitis-B-Virus (HBV)

Hepatitis-C-Virus (HCV)

Hepatitis-D-Virus (HDV)

Hepatitis-E-Virus (HEV)

Hepatitis-G-Virus (HGV)

bevorzugte Jahreszeit

Herbst/Winter

keine

keine

keine

„Regenzeit“

keine

Inkubationszeit (Wochen)

2–6

4–24

2–10

4–7

2–8

unklar

Übertragungsweg

fäkal/oral

  • sexuell

  • perinatal

  • parenteral

  • sexuell

  • perinatal

  • parenteral

  • sexuell

  • perinatal

  • parenteral

fäkal/oral

  • parenteral

  • sexuell

serologische Routinediagnostik

Anti-HAV-IgM

  • HBsAg

  • HBeAg

  • Anti-HBc-IgM

  • (HBV-DNA)

  • Anti-HCV (erst nach 3 – 6 Monaten positiv)

  • HCV-RNA

Anti-HDV-IgM

Antigennachweis mittels ELISA

HGV-RNA-Nachweis mittels PCR

chronischer Verlauf

keiner

  • Erwachsene: 5 – 10 %

  • perinatal: 90 %

ca. 55%

bis 70%

nein

unklar

fulminanter Verlauf

0,2 %

1 %

< 1%

2 – 10 %

  • unbekannt

  • Ausnahme bei Infektion Schwangerer: Letalität 20 %

unklar

Prognose

Kindesalter: gut

zunehmendes Alter: schlechter

mit zunehmenden Alter schlechter

mäßig

oft schlecht

gut (Ausnahme Infektion Schwangerer)

unklar

Immunisierung

  • aktiv (z. B. mit Havrix) Schutz 5 – 10 Jahre

  • passiv (Immunglobulin, z. B. Beriglobin) Schutz 3 – 6 Monate

  • Kombinationsimpfstoff gegen Hep. A und Hep. B (z. B. Twinrix)

  • Aktiv (z. B. Gen-H-B-VAX oder HBVAXPRO, nach Schema und Titerkontrolle)

  • passiv: simultan zur aktiven Immunisierung (z. B. Hepatect i. v.)

  • Kombinationsimpfstoff gegen Hep. A und Hep. B (z. B. Twinrix)

nicht möglich

Schutz durch Impfung gegen Hep. B

nicht möglich

nicht möglich

34.10.1.4 Symptome und Prognose

Die verschiedenen Arten der Virushepatitis lassen sich klinisch nicht unterscheiden, eine Differenzierung erfolgt serologisch. Unterschiede lassen sich hinsichtlich der Prognose stellen. 3 Phasen werden unterschieden, wobei ca. 2/3 aller Virushepatitiden symptomlos verlaufen.

Vorläuferstadium

Das Vorläuferstadium (Prodromalstadium/Präikterische Phase) dauert einige Tage oder auch Wochen.

In dieser Zeit kommt es in unterschiedlicher Ausprägung zu folgenden Symptomen:

Stadium der hepatischen Manifestation

Es kann 2 bis 8 Wochen dauern. Dabei gibt es anikterische und ikterische Verlaufsformen. 50 % der Hepatitiden verlaufen anikterisch. Die ikterische Form geht mit folgenden Symptomen einher:

Merke

Beginnt die Gelbfärbung der Skleren und der Haut (Ikterus), fühlen die Patienten häufig eine Verbesserung ihres Allgemeinbefindens.

Postikterisches Stadium

In der Phase der Rekonvaleszenz bilden sich Beschwerden und Symptome langsam zurück. Der Ikterus ist rückläufig, die pathologischen Laborwerte normalisieren sich. Allerdings können allgemeines Krankheitsgefühl, Müdigkeit und Abgeschlagenheit noch andauern.

34.10.1.5 Diagnostik

Klinisches Bild und Anamnese (Beruf, Urlaub, Sexualpartnerwechsel, Medikamenteneinnahme) sind wichtige Faktoren bei der Diagnosestellung. Eine Erhöhung der Transaminasen (S-GOT, S-GPT), häufig auf mehr als das 15-Fache des oberen Normbereichs und des direkten und indirekten Bilirubins sind als Leitbefunde anzusehen. Gesichert wird die Diagnose der Virushepatitis durch den Nachweis von Antikörpern gegen Hepatitis-Viren bzw. deren Bestandteile in der Serologie. Mit Hilfe der PCR (Polymerase Chain Reaction) kann heute der Direktnachweis der Viren im Blut erfolgen. So besteht die Möglichkeit der Frühdiagnostik noch vor der Antikörperbildung. Die Diagnose der Autoimmunhepatitis (AIH) ist eine Ausschlussdiagnose und wird durch klinische, serologische (Nachweis von Autoantikörpern), laborchemische und histologische Befunde und das Ansprechen auf eine immunsuppressive Therapie bestätigt.

34.10.1.6 Komplikationen

Aus der Virushepatitis können sich mit unterschiedlicher Häufigkeit folgende Komplikationen entwickeln:

Fulminante Hepatitis Sie geht einher mit einer Leberinsuffizienz aufgrund einer nekrotisierenden Leberentzündung. Die Letalität beträgt 60 – 80 %, deshalb besteht häufig die Indikation zur Lebertransplantation.

Cholestatische Hepatitis Entwicklung eines massiven Ikterus aufgrund einer Gallestauung und starken Anstiegs des Bilirubins.

Chronische Hepatitis Ist die Hepatitis nach 6 Monaten nicht ausgeheilt, liegt eine Chronifizierung vor. Diese kann sich vor allem aus der akuten B-, C-, oder D-Hepatitis entwickeln. Die Entstehung einer Leberzirrhose oder eines Leberzellkarzinoms wird dadurch begünstigt.

34.10.1.7 Therapie

Bei fulminantem Verlauf mit Leberversagen ist eine Lebertransplantation indiziert. Die sonstige Therapie ist symptomatisch. Eine stationäre Aufnahme des Patienten ist nur bei starkem Krankheitsgefühl und Erbrechen sowie bei erheblichen Leberfunktionsstörungen erforderlich. Patienten mit einem fulminanten Verlauf werden intensivmedizinisch behandelt.

Es gelten folgende Therapieprinzipien:

Therapie der Hepatitis C

Mit der Entwicklung eines neuen Wirkstoffs namens Sofosbuvir (Polymerasehemmer) ist ein entscheidender Durchbruch bei der Behandlung der Hepatitis C gelungen. Der Wirkstoff ist seit Januar 2014 auch in der EU verfügbar. Mit diesem können schneller bessere Heilungsraten als mit der konventionellen Interferon-Therapie erzielt werden. Die Therapie dauert 12 Wochen und hat geringere Nebenwirkungen als die Interferon-Therapie. Bei fast allen Patienten sind 3 Monate nach Beendigung der Therapie keine Hepatitis-C-Viren mehr nachzuweisen, sie gelten als geheilt. Die Wirkung von Sofosbuvir beruht auf der Hemmung eines viralen Enzyms (RNA-Polymerase), das die Hepatitis-C-Viren zu ihrer Vermehrung benötigen. Die Therapie mit Sofosbuvir erfolgt als Monotherapie oder in Kombination mit Interferon-alpha. Als Nachteil der Sofosbuvir-Therapie sind die derzeit extrem hohen Kosten (ca. 45 000 € für die 12-wöchige Therapie, Stand 2015) anzusehen.

Therapie der Hepatitis B

Bei schweren Verläufen einer Hepatitis B wird Lamivudin (z. B. Epivir, Zeffix) gegeben. Bei Leberversagen ist der Patient in ein hepatologisches Zentrum zu verlegen, wo die Möglichkeit einer Lebertransplantation besteht.

34.10.2 Pflege- und Behandlungsplan

Eine wichtige Voraussetzung für den Behandlungserfolg ist eine umfassende medizinische und pflegerische Aufklärung. Ängste können abgebaut werden und der Patient kann aktiv am Genesungsprozess mitarbeiten. Sicherheit bei hygienischen Maßnahmen erleichtert ihm den Kontakt zu seinen Angehörigen. Patienten mit einer Hepatitis werden nur bei stark reduziertem Allgemeinzustand oder bei ausgeprägten Funktionsstörungen der Leber stationär aufgenommen. Eine Behandlung im häuslichen Umfeld unter Einhaltung von Hygieneregeln ist möglich.

Aufgaben der Pflege Der Umfang der Pflege und Unterstützung richtet sich nach der Schwere der Erkrankung und dem Zustand des Patienten. Pflegerische Maßnahmen sind:

34.10.2.1 Patientenbeobachtung

Neben der Beobachtung des Allgemeinbefindens werden folgende Parameter regelmäßig überwacht und in der Patientendokumentation vermerkt:

34.10.2.2 Unterstützung des Patienten

Bei schwerem Verlauf ist eine umfangreiche Unterstützung des Patienten durch die Pflegekraft erforderlich.

Ruhe

Wegen der körperlichen Erschöpfung wird dem Patienten geraten, sich körperlich zu schonen und möglichst viel zu ruhen.

Essen und Trinken

Leiden die Patienten unter Appetitlosigkeit, wird individuell darauf eingegangen. Es kann z. B. eine leichte Vollkost angeboten werden. Die Nahrung sollte auf 5 kleine Mahlzeiten pro Tag verteilt werden. Auf den Genuss von Alkohol muss ganz verzichtet werden, da dieser lebertoxisch wirkt.

Verliert der Patient durch Erbrechen oder anhaltende Durchfälle Flüssigkeit, werden Flüssigkeit und Elektrolyte parenteral substituiert.

Lindern von Juckreiz

Oft leidet der an Hepatitis Erkrankte unter starkem Juckreiz und Oberbauchbeschwerden.

Folgende Maßnahmen können durchgeführt werden:

Praxistipp

Um Verletzungen der Haut durch Kratzen zu vermeiden, ist dafür Sorge zu tragen, dass der Patient saubere, kurz geschnittene Fingernägel hat. Zur Nacht können dem Patienten dünne Baumwollhandschuhe empfohlen werden. Sie verhindern Hautverletzungen durch unkontrolliertes Kratzen im Schlaf.

Lindern von Oberbauchbeschwerden

Bei Oberbauchbeschwerden können dem Patienten warme ▶ Auflagen oder Bauchwickel aufgelegt werden. Sie lindern die Schmerzen und fördern das Wohlbefinden.

Ein Nachteil der Auflagen und Bauchwickel ist allerdings, dass sie den Juckreiz fördern, sodass abgewogen werden muss, welche pflegerischen Maßnahmen Vorrang haben.

34.10.2.3 Informieren über Hygienemaßnahmen

Der Patient und seine nächsten Angehörigen werden über Infektionswege, Dauer der Kontagiosität und Maßnahmen der Hygiene informiert.

In manchen Fällen müssen die Patienten isoliert werden.

Isolierung Patienten mit einer Hepatitis A oder E, die fäkal-oral übertragen werden, sollten im Krankenhaus nach Möglichkeit in einem Einzelzimmer betreut werden. Bei einer Hepatitis B, C oder D ist eine Isolierung nur bei schweren Blutungen, großflächigen Wunden, massiven Durchfällen, mangelnder Kooperation oder bei Kindern notwendig. Eine eigene Toilette oder ein Toilettenstuhl ist bei Blutungen aus dem Darm oder Genitalbereich zur Verfügung zu stellen. Die Isolierung stellt eine große psychische Belastung dar. Kommunikationsmangel und Behinderung der Mobilität verursachen häufig eine Verstärkung des Krankheitsgefühls. Deshalb benötigen diese Patienten besondere Zuwendung.

34.10.2.4 Infektionsprophylaxe

Zur Infektionsprophylaxe dienen Schutzmaßnahmen, die den Kontakt mit dem infektiösen Material verhindern. Die wichtigsten Maßnahmen sind:

34.10.2.5 Prävention und Gesundheitsförderung

Neben der Möglichkeit einer Impfung sind folgende Hygienemaßnahmen bei Reisen in Länder mit einer hohen Hepatitis-A-Prävalenz zur Vorbeugung einer Hepatitis A und E einzuhalten (Greten 2010):

Merke

Beim Essen in fremden Ländern gilt der Grundsatz: „Cook it, peel it or forget it!“

34.11 Pflege von Patienten mit Erkrankungen des Pankreas

34.11.1 Medizinischer Überblick „Akute Pankreatitis“

34.11.1.1 Definition

Die akute Pankreatitis ist eine plötzlich einsetzende Entzündung der Bauchspeicheldrüse. Sie geht mit einer Selbstandauung (Autodigestion) des Organs durch aktivierte Pankreasenzyme einher.

34.11.1.2 Ursachen

Verschiedene Mechanismen bewirken eine vorzeitige Aktivierung der Pankreasenzyme (z. B. Trypsin) in der Bauchspeicheldrüse und nicht erst im Duodenum. Diese Substanzen verursachen lokale Pankreasparenchymnekrosen und systemische Veränderungen. Hierfür gibt es verschiedene Ursachen:

Weitere, eher seltenere Ursachen sind:

Fallbeispiel

Herr Müller ist 54 Jahre alt. Sein Hobby, das er mit seiner Frau teilt, ist das Speisen in guten Lokalen. Am liebsten isst er deftig und fettig, dazu bevorzugt er schweren Rotwein. In diesem Sommer haben sich die Müllers zu einer kulinarischen Reise durch Bayern aufgemacht. Jeden Abend sucht Herr Müller ein im aktuellen Feinschmecker-Reiseführer empfohlenes Lokal aus. Dort wird dann so richtig geschlemmt. Meistens besteht die Abendmahlzeit aus 3 bis 4 Gängen. Nach einem kleinen Verdauungsspaziergang begibt sich das Ehepaar Müller dann ins Hotel zur Nachtruhe. Heute Nacht wacht Herr Müller mit stärksten Oberbauchschmerzen auf. Er schafft es gerade noch ins Badezimmer, wo er erbricht. Zunächst führt Frau Müller die Beschwerden auf einen Magen-Darm-Infekt zurück, doch als ihr Mann zum zweiten Mal erbricht und dabei kollabiert, lässt sie über die Hotelrezeption den Rettungsdienst rufen.

34.11.1.3 Symptome

Die akute Pankreatitis äußert sich durch einen plötzlich einsetzenden, bohrenden Schmerz im linken Oberbauch, der gürtelförmig in den Rücken ausstrahlen kann. Übelkeit, Erbrechen, Meteorismus, Obstipation und Fieber bis 38,5 °C sind weitere Symptome. Bei schwerem Verlauf können Aszites, Pleuraergüsse und Schockzeichen hinzukommen. Im Rahmen einer diffusen Peritonitis kann sich ein paralytischer Ileus entwickeln. Typisch ist der sog. „Gummibauch“, der durch eine Bauchdeckenspannung und gleichzeitig bestehendem Meteorismus entsteht.

Verlauf

Bei der akuten Pankreatitis werden nach der Atlanta-Klassifikation 2 Verlaufsformen unterschieden.

Leichte Pankreatitis Sie tritt am häufigsten auf (zu 90 %) und verläuft meist komplikationslos. Hierbei treten ödematöse Schwellungen der Bauchspeicheldrüse, mäßige Schmerzen und meist nur geringe Parenchymschäden auf. Die Letalität liegt bei 1%.

Schwere Pankreatitis Es kommt zu lokalen Komplikationen wie Nekrosen, Abszess und Pseudozysten. Organkomplikationen an extrapankreatischen Organen, wie z.B. akutes Nierenversagen, können zusätzlich auftreten ( ▶ Abb. 34.48).

Abgestorbenes Pankreasgewebe in der Tiefe (P), rechts im Bild das große Netz.

Abb. 34.48 

Abgestorbenes Pankreasgewebe in der Tiefe (P), rechts im Bild das große Netz.

34.11.1.4 Diagnostik

Die Diagnose der akuten Pankreatitis ergibt sich aus der Anamnese, dem Untersuchungsbefund und der Bestimmung der Pankreasenzyme. Bei Laboruntersuchungen sind bei einer akuten Pankreatitis folgende Werte verändert:

Zur Sicherung der Diagnose werden folgende Untersuchungen ergänzt:

34.11.1.5 Komplikationen

Viele der möglichen Komplikationen einer akuten Pankreatitis sind lebensbedrohlich, z. B.:

34.11.1.6 Therapie

Der Patient mit einer schweren Pankreatitis muss aufgrund seines lebensbedrohlichen Krankheitsbildes (Sterblichkeit 10 – 15 %) intensivmedizinisch überwacht und behandelt werden. Zur Entlastung des Magen-Darm-Traktes bekommt er eine Magenablaufsonde.

Medikamentöse Behandlung H2-Blocker und Protonenpumpenhemmer bewirken eine verminderte Magensaftsekretion. Zur Bekämpfung leichter Schmerzen bekommt der Patient Lokalanästhetika i. v. (z. B. Novocain). Sind die Schmerzen für den Patienten unerträglich, erhält er Morphinderivate (Buprenorphin), die eine geringe spasmenerzeugende Wirkung an der Papilla vateri haben (z. B. Temgesic). Führen die Schmerzmittel nicht zum gewünschten Erfolg, ist ein Periduralkatheter sinnvoll. Entwickelt der Patient Fieber über 38 °C und Zeichen einer Nekrotisierung des Pankreasgewebes, muss ein Breitbandantibiotikum verabreicht werden. Zur Prophylaxe gegen Thrombose und Verbrauchskoagulopathie erhält der Patient Heparin.

Schockprophylaxe bzw. -therapie Eine sorgfältige und engmaschige Überwachung der Vitalzeichen dient der Schockprophylaxe. Die parenterale Ernährung beinhaltet Aminosäuren, Glukose und auch Fettemulsionen sowie eine Substitution von Elektrolyten. Die Volumengabe erfolgt unter ZVD-Kontrolle (1,5 – 9 mmHg) mit bis zu 5 l/24 Stunden. Kommt es infolge des Schocks zu einer Ateminsuffizienz und zum Nierenversagen, können maschinelle Beatmung und Dialyse notwendig werden.

Operative Therapie Sie wird notwendig, wenn bei schweren Pankreasnekrosen oder Abszessbildungen die konservativen Maßnahmen nicht ausreichen. Dabei wird nekrotisches Pankreasgewebe ausgeräumt (Nekrosektomie) und anschließend die Bauchhöhle gespült (Lavage). Eine sonografisch gesteuerte Abszesspunktion dient der Beseitigung der Infektionsquelle und der Keimgewinnung zur Resistenzprüfung vor einer systemischen Antibiotikatherapie. Bei Verdacht auf eine biliäre Obstruktion ist innerhalb von 24 Stunden eine ERCP mit Papillotomie und Steinentfernung indiziert.

34.11.2 Pflege- und Behandlungsplan

Die akute Pankreatitis trifft den Patienten meist völlig unvorbereitet. Angst, Unsicherheit und Schmerzen prägen das Erleben des Patienten. Zur Krankheitsbewältigung und Ermutigung benötigt er professionelle Unterstützung.

Die Schwere der Erkrankung und der meist sehr schlechte Zustand des Patienten erfordern ein zügiges, koordiniertes und einfühlsames Vorgehen. Die Versorgung des Patienten erfolgt auf der Intensivstation. Behandlungsschwerpunkte in der Akutphase liegen in der Schmerzbekämpfung, der Schockprophylaxe (Kreislaufüberwachung) bzw. -therapie, im Ergreifen von Maßnahmen zur Verminderung der Pankreasaktivität sowie der Unterstützung des Patienten bei der Durchführung eingeschränkter ATL.

Praxistipp

Ist die akute Pankreatitis im Zusammenhang mit einem chronischen Alkoholabusus aufgetreten, ist der Patient auch auf Zeichen eines Delirium tremens zu beobachten (Desorientierung, Unruhe, optische und akustische Halluzinationen)!

34.11.2.1 Schmerzbehandlung

Neben der Sicherstellung der ärztlich angeordneten medikamentösen Schmerztherapie können eine bauchdeckenentspannende Lagerung und/oder ein Kühlelement auf dem Oberbauch (auf ärztliche Anordnung!) schmerzlindernd wirken. Zur Beurteilung der Wirksamkeit der Schmerztherapie und des Schmerzverlaufes sollte ein Schmerzprotokoll angelegt werden.

Merke

Morphium ist kontraindiziert, da es einen Spasmus an der Papilla vateri hervorrufen kann!

34.11.2.2 Prophylaxen

Da der Patient aufgrund möglicher Komplikationen und des reduzierten Allgemeinzustandes i. d. R. Bettruhe einhält, ist das Risiko für die Entstehung eines Dekubitus und einer Thrombose zu bedenken, entsprechende prophylaktische Maßnahmen sind zu planen. Pneumoniegefahr besteht aufgrund flacher und beschleunigter Atmung (Fieber, Bettruhe, Schmerzen, Magensonde). Aufgrund von Übelkeit und Erbrechen und bei einer nasogastralen Sonde ist eine Soor- und Parotitisprophylaxe sowie spezielle Nasenpflege durchzuführen. Dabei sollte auf die Verwendung von stark säurehaltigen Substanzen verzichtet werden, da diese eine verstärkte Speichelsekretion bewirken.

34.11.2.3 Körperpflege

Wegen des reduzierten Allgemeinzustandes ist der Patient bei der Körperpflege zu unterstützen, ggf. muss diese im Bett erfolgen. Fieber schwächt den Patienten zusätzlich und starkes Schwitzen kann häufigere Wäschewechsel und Maßnahmen zur Mazerationsprophylaxe erfordern.

34.11.2.4 Ernährung

Früher hat man die Bauchspeicheldrüse bei einer akuten Entzündung ruhiggestellt, um den Prozess der Autodigestion zu blockieren. Im letzten Jahrzehnt wurde in mehreren Studien belegt, dass nur initial orale Flüssigkeits- und Nahrungskarenz sinnvoll ist und eine frühe enterale Ernährung eine geeignete Ernährungsform ist, die zur Reduktion infektiöser Komplikationen beitragen kann. Ansonsten ist eine frühzeitige enterale Ernährung über eine nasojejunale Sonde zur Vermeidung einer Darmatonie mit komplizierter Sepsis zu empfehlen (DGEM 2014). Bei einer Unverträglichkeit der enteralen künstlichen Ernährung oder bei Komplikationen wie Pseudozysten, Fisteln oder Abszessbildung wird eine totale parenterale Ernährung notwendig.

Ausscheidungen Der Patient leidet an Meteorismus und Obstipation, als Komplikation der Pankreatitis kann sich ein paralytischer Ileus entwickeln. Deshalb ist er auf Ileuszeichen zu beobachten (Stuhlverhalt, fehlende Darmgeräusche, Erbrechen). Ist aufgrund der Pankreatitis die Pankreasfunktion zu über 90 % ausgefallen, kann es zur Steatorrhö (Fettstuhl) kommen. Wurde zur exakten Flüssigkeitsbilanzierung ein transurethraler Dauerkatheter gelegt, ist eine Zystitisprophylaxe durchzuführen.

Merke

Bei hohen Dosen Analgetika können Nebenwirkungen wie Schwindel, Benommenheit, Übelkeit und Blutdruckabfall sowie Atemdepression auftreten. Diese Zeichen können allerdings auch auf Komplikationen der akuten Pankreatitis hinweisen, weshalb eine Abklärung der Ursache unbedingt erforderlich ist.

34.11.2.5 Mobilisation

Die Mobilisation wird dem Befinden des Patienten angepasst und erfolgt stufenweise unter Berücksichtigung der Kreislaufsituation. Begonnen wird mit dem Sitzen auf der Bettkante, die Anforderungen werden dann schrittweise gesteigert.

34.11.3 Medizinischer Überblick „Chronische Pankreatitis“

34.11.3.1 Definition

Bei der chronischen Pankreatitis liegt eine fortschreitende Entzündung der Bauchspeicheldrüse mit irreversiblen Schäden vor. Dabei kommt es zur bindegewebigen Umwandlung und Zerstörung von Pankreasgewebe, die zunächst exokrine und später auch endokrine Funktionseinschränkungen nach sich zieht.

34.11.3.2 Ursachen

Die häufigste Ursache ist der chronische Alkoholabusus (60 – 90 %). In 20 % der Fälle ist die Ursache unbekannt. Hyperparathyreoidismus, Hyperkalzämie und Hyperlipidämie sind seltene Ursachen der chronischen Pankreatitis.

34.11.3.3 Symptome

Das Leitsymptom ist ein von der Nahrungsaufnahme abhängiger, in Intervallen auftretender Schmerz, der gürtelförmig in den Rücken und auch in die Schultern ausstrahlen kann. Dieser ist i. d. R. sehr heftig und kann tagelang anhalten, sodass oft über Tage keine Nahrung aufgenommen wird. Oft beginnt eine erste Schmerzattacke im Alter von 30 – 40 Jahren, nachdem bei chronischem Alkoholabusus ein Alkoholexzess vorausgegangen ist (Greten 2010). Folge der Nahrungskarenz und der Verdauungsstörungen (Maldigestion) ist ein Gewichtsverlust. Weitere, durch Maldigestion bedingte Symptome sind

Im Spätstadium der Erkrankung lassen die Schmerzen nach oder fehlen ganz. Im Gegensatz dazu nehmen die durch die exokrine und endokrine Pankreasinsuffizienz bedingten Beschwerden (Abmagerung und Diabetes mellitus) immer mehr zu.

34.11.3.4 Diagnostik

Neben einer ausführlichen Anamnese führen Laboruntersuchungen und bildgebende Verfahren zur Diagnosestellung. Im akuten Schub einer chronischen Pankreatitis zeigt sich ein Anstieg von Lipase im Serum und Amylase im Serum und Urin. Bei fortgeschrittener Organschädigung kann ein Anstieg der Pankreasenzyme auch ausbleiben. Mithilfe verschiedener Pankreasfunktionstests und Stuhluntersuchungen kann die Diagnose gesichert werden. CT, Sonografie und Röntgen-Leeraufnahme dienen dem Nachweis von Pankreasverkalkungen. Mithilfe einer ERCP können Veränderungen im Bereich des Pankreasganges (z. B. Stenosen) entdeckt werden.

34.11.3.5 Komplikationen

Komplikationen der chronischen Pankreatitis können sein:

34.11.3.6 Therapie

Eine kurative Therapiemöglichkeit für die chronische Pankreatitis existiert zurzeit nicht. Während der Akutphase wird der Patient wie bei einer akuten Pankreatitis behandelt. Im weiteren Verlauf der Erkrankung werden mit der konservativen Therapie im Wesentlichen folgende Ziele verfolgt:

Operative Behandlung

Eine Indikation zur Operation liegt vor, wenn Komplikationen auftreten, die endoskopisch oder konservativ nicht behandelt werden können (z. B. Fisteln, Stenosen, Pseudozysten). Unstillbare Schmerzen stellen ebenfalls eine Operationsindikation dar. Dazu wird eine Drainage gelegt, die zu einer Druckreduzierung in der Bauchspeicheldrüse und damit zur Schmerzlinderung führt. Ist eine Drainageoperation nicht möglich, wird eine Pankreasresektion erforderlich.

34.11.4 Pflege- und Behandlungsplan

Patienten mit einer chronischen Pankreatitis sind einer großen psychischen Belastung ausgesetzt, da das Fortschreiten der Erkrankung mit einer zunehmenden Einschränkung der Lebensqualität einhergeht. Zu 60 – 90 % handelt es sich dabei um Patienten, die zusätzlich Alkoholprobleme haben.

Prävention und Gesundheitsförderung

Mit Unterstützung und Beratung durch den Sozialdienst muss versucht werden, größtmögliche Selbstständigkeit zu erreichen und evtl. eine anschließende Suchttherapie vorzubereiten.

Die Pflegemaßnahmen richten sich nach dem Allgemeinzustand des Patienten und der Krankheitsphase.

34.11.4.1 Pflege im akuten Schub

Die ▶ Pflege ist wie bei einer akuten Pankreatitis durchzuführen. Der absolute Alkoholverzicht, die Schmerztherapie sowie die Vermeidung von Sekundärerkrankungen, die sich aus der Immobilität ergeben können, stehen im Vordergrund.

34.11.4.2 Gesundheitsberatung

Um die genannten Therapieziele zu erreichen, sind folgende Empfehlungen zu geben:

Praxistipp

Häufig wissen die Patienten, welche Speisen sie nicht vertragen. Unterstützend sollte eine Diätassistentin zur Beratung hinzugezogen werden. Diese kann Hinweise für die Zubereitung der Mahlzeiten zu Hause geben, für die möglicherweise auch die Angehörigen dankbar sind.

Insulintherapie Sie ist dann erforderlich, wenn sich ein sekundärer Diabetes mellitus entwickelt hat.

Stuhlbeobachtung Die Beobachtung der Stuhlausscheidung gibt Aufschluss über die Pankreasfunktion. Der Patient sollte angeleitet werden, auch selbst auf seine Stuhlausscheidung zu achten. Das Absetzen voluminöser, übelriechender Fettstühle deutet auf eine Zunahme der Maldigestion hin. Der Krankheitsverlauf kann sich über Jahre erstrecken. Dabei ist entscheidend, ob der Patient in der Lage ist, Ernährungsempfehlungen und Alkoholabstinenz einzuhalten. Liegt eine Alkoholkrankheit vor, kann die Unterstützung durch Angehörige und Selbsthilfegruppen zu einer langfristigen Verhaltensänderung beitragen.

Prävention und Gesundheitsförderung

Die Vorbereitung auf eine Rehabilitationsmaßnahme bzw. Entgiftungs- und Langzeittherapie sollte bereits im Krankenhaus unter Einbeziehung des Sozialdienstes getroffen werden.

34.12 Pflege von Patienten mit Hernien

34.12.1 Medizinischer Überblick

34.12.1.1 Definition

Hernien (Bauchwandbrüche) sind sackartige, pathologische Ausstülpungen des Peritoneums. Dabei treten Eingeweide oder Weichteile an die Oberfläche. Eine Hernie besteht aus der Bruchpforte (Lücke in der Muskel-Faszie), dem Bruchsack (Peritoneum) und dem Bruchinhalt (Weichteile, Organe bzw. Organteile).

Einteilung

Die Einteilung der Hernien ( ▶ Abb. 34.49) erfolgt nach

Hernien.

Abb. 34.49 Lokalisation der wichtigsten Weichteilbrüche.

Hernien.

34.12.1.2 Ursachen

Angeborene Hernien entstehen durch einen nicht vollständigen Schluss der Bauchdecke. Die Ursache für erworbene Hernien liegt in einer anlagebedingten Bindegewebsschwäche. Sie kann auch Folge einer Operation oder eines chronisch erhöhten intraabdominellen Drucks sein, z. B. bei Adipositas, schwerer körperlicher Arbeit oder in der Schwangerschaft ( ▶ Tab. 34.9 ).

Tab. 34.9 Ursache und Therapie verschiedener Hernien (nach Paetz 2013).

Lokalisation der Hernie

Ursache

Therapie

indirekte Leistenhernie (Hernia inguinalis)

meist angeboren, sie kann bis ins Skrotum reichen (Skrotalhernie)

  • Operation: Verschluss durch Naht oder Implantation eines Kunststoffnetzes

  • endoskopisches Vorgehen (MIC): Verschluss durch Netzverfahren

direkte Leistenhernie (Hernia inguinalis)

erworben (Bindegewebsschwäche)

  • Operation: Verschluss durch Naht oder Implantation eines Kunststoffnetzes

  • endoskopisches Vorgehen (MIC): Verschluss durch Netzverfahren

Narbenhernie

erworben (Wundheilungsstörungen, Übergewicht, Diabetes mellitus)

  • operativer Verschluss der Fasziennaht

Nabelhernie (Hernia umbilicalis)

angeboren oder erworben (Schwangerschaft, schwere körperliche Belastung, Übergewicht)

  • beim Säugling: Spontanrückbildung innerhalb des 1. Lebensjahres, Reposition mit Pflaster

  • ältere Patienten: operativer Verschluss

Schenkelhernie (Hernia femoralis)

erworben (Vielgebärende mit Bindegewebsschwäche, erhöhter intraabdomineller Druck)

  • operativer Verschluss, Zugang über die Leiste oder unterhalb des Leistenbandes

epigastrische Hernie

Hernie in der Linea alba, erworbener Bruch in der senkrecht verlaufenden Mittellinie zwischen Schwertfortsatz und Nabel

  • operativer Verschluss der Bruchpforte

Hiatushernie

erworben, Zwerchfellbruch: Magenanteile sind durch die Zwerchfelllücke (Hiatus) in den Thorax verlagert

  • minimal-invasiver lap. Eingriff

  • offene Operation mit Magenreposition und Fundoplikatio

Fallbeispiel

Herr Baier ist 60 Jahre alt. Bei einer Körpergröße von 1,69 m wiegt er 110 kg. Bis zu seiner Berentung vor 1 Jahr war Herr Baier auf dem Bau tätig. Seit Jahren leidet er unter Verstopfung. Nun bemerkt er zunehmend Schmerzen bei der Stuhlausscheidung, und zwar in der rechten Leiste. Herr Baier tastet seine Leiste ab und stellt dort eine Schwellung fest, die sich wegdrücken lässt. Er ahnt, dass sich bei ihm nun auch, wie bei einigen seiner ehemaligen Kollegen, eine Leistenhernie entwickelt hat.

34.12.1.3 Symptome

Unkomplizierte Hernien bestehen häufig schon unbemerkt über längere Zeit und sind oft ein Zufallsbefund im Rahmen einer allgemeinen körperlichen Untersuchung. Bei einer äußeren Hernie zeigen die Patienten folgende Symptomatik:

34.12.1.4 Diagnostik

Äußere Hernien können durch eine klinische Untersuchung diagnostiziert werden. Während der Untersuchung wird der Patient zum Husten oder zur Ausübung der Bauchpresse aufgefordert, damit die Hernie besser vom Arzt getastet werden kann. Innere Hernien hingegen sind nur mittels Computertomografie, MRT, Röntgenaufnahmen oder Laparoskopie zu erkennen.

34.12.1.5 Komplikationen

Eine gefürchtete Komplikation ist die Inkarzeration (= Einklemmung). Dabei wird der Bruchinhalt in der Bruchpforte so eingeklemmt, dass es zu Durchblutungsstörungen der im Bruchsack enthaltenen Organe oder Organteile kommt. Wird dabei der Darm eingeklemmt, liegt eine besonders schwerwiegende Inkarzeration vor. Es entwickelt sich ein mechanischer Ileus und als Folge der Ischämie eine Darmgangrän mit nachfolgender Durchwanderungsperitonitis. Im Bereich der inkarzerierten Schlinge wird die Darmwand durchlässig für die Darmbakterien, die so in die freie Bauchhöhle gelangen und eine Peritonitis verursachen. Die Inkarzeration zeigt sich durch:

34.12.1.6 Therapie

Die Therapie der Wahl ist die Operation; auch reponible Hernien werden wegen der Gefahr der Inkarzeration operiert. Der Bruchsack wird eröffnet (Herniotomie), danach wird der Bruchinhalt zurückverlagert und die Bruchpforte verschlossen (Hernioplastik). Einen Überblick über die Therapieverfahren bei den wichtigsten Hernien gibt ▶ Tab. 34.9 . Inzwischen sind minimal invasive Hernienoperationen mit Einsatz eines Kunststoffnetzes etabliert. Häufig kann dieser Eingriff auch ambulant durchgeführt werden. Bei der endoskopischen Vorgehensweise kommen zwei Methoden infrage:

Lebensphase alter Mensch

Hernie

Allein die chirurgische Therapie von Hernien ist als effektive Behandlungsmethode anzusehen. Die Operationsmethode wählt der Chirurg unter Berücksichtigung der individuellen Gegebenheiten des Patienten (Alter, Risikofaktoren, körperliche Aktivität und Begleiterkrankungen). Beim älteren Patienten mit schwachem Bindegewebe wird ein Kunststoffnetz zur Verstärkung der Bauchwand und zur Rezidivprophylaxe eingesetzt (Willkomm 2013).

Merke

Inkarzerierte Hernien werden sofort operiert. Möglicherweise kann sich so der aus der Bruchpforte befreite Darmabschnitt wieder erholen und erhalten werden. Ist der inkarzerierte Darmabschnitt bereits nekrotisch, muss er reseziert werden.

34.12.2 Pflege- und Behandlungsplan

Die Hernien können verschiedene Größen haben. So schränken kleinere Hernien den Patienten kaum ein, haben sie „Kindskopfgröße“, sind die Patienten stark in ihrer Selbstständigkeit beeinträchtigt. Bei einer inkarzerierten Hernie muss sofort operiert werden.

34.12.2.1 Präoperative Pflege

Exemplarisch wird hier die Vorgehensweise bei einer Leisten- und Schenkelhernie beschrieben:

34.12.2.2 Postoperative Pflege

Grundsätzlich besteht nach einer operativen Versorgung ein hohes Rezidivrisiko. Pflegerelevante Maßnahmen sind Lagerung/Positionierung, Wundversorgung, Kostaufbau, Mobilisation und Rezidivprophylaxe.

Lagerung/Positionierung

Sowohl zur Schmerzreduktion als auch zur Entlastung der Bauchdecke wird der Patient mit leicht erhöhtem Oberkörper und Unterstützung der Beine bauchdeckenentlastend gelagert. Ein auf ärztliche Anordnung im Wundbereich aufgelegter Sandsack kann einem Hämatom entgegenwirken. Zur Verhinderung einer häufig auftretenden Skrotalschwellung wird das ▶ Skrotum auf ein Hodenbänkchen gelagert oder ein Suspensorium (lat. „Trage-/Bruchband) angelegt.

Merke

Liegt bereits eine Schwellung vor, ist der Arzt zu informieren. Eine zu enge Bruchpforte kann zu Durchblutungsstörungen der Hoden und damit zur Hodenatrophie führen. Sie muss operativ erweitert werden.

Wundversorgung

Eine eingelegte Redondrainage wird meist am 2. postoperativen Tag gezogen. Die Fäden oder Klammern werden am 6.– 8. Tag entfernt. Da der Patient schon früher entlassen wird, erfolgt dies häufig durch den Hausarzt.

Kostaufbau

Der Patient bekommt i. d. R. am 1. postoperativen Tag leichte Kost. Wurde aufgrund einer Inkarzeration ein Darmteil reseziert, wird mit dem Kostaufbau bis zum Einsetzen der Darmperistaltik gewartet.

Mobilisation

Am Abend des Operationstages bzw. 6–8 Stunden nach der Operation kann der Patient meist schon mobilisiert werden. Bei hohem Rezidivrisiko wird mit der Mobilisation länger gewartet (je nach ärztlicher Anordnung).

Prävention und Gesundheitsförderung

Bewegungen, die den intraabdominellen Druck erhöhen, erhöhen auch das Rezidivrisiko. Leiten Sie daher den Patienten an, beim Husten oder Niesen mit der Hand Gegendruck auf die Wunde auszuüben. Leiten Sie eine Obstipationsprophylaxe ein, um ein Pressen beim Stuhlgang zu reduzieren.

Entlassungsberatung

Der Patient ist darüber zu informieren, dass er sich in den ersten Wochen körperlich nicht schwer belasten sollte. Grundsätzlich hängt der Zeitpunkt der Vollbelastung des Patienten von der Art der Hernie und der Operationstechnik ab. Als Faustregel gilt: Nach ca. 2 Wochen sind leichte körperliche Anstrengungen wie gelegentliches Heben und Tragen von Gewichten unter 10 kg, Schwimmen und Wandern erlaubt. Je nach beruflicher Tätigkeit ist auch die Aufnahme der Arbeit erst nach Ablauf dieser Frist wieder möglich. Sportarten, die mit einer mittleren bis schweren körperlichen Belastung einhergehen (Joggen, Fahrradfahren), sollten erst nach 2 – 3 Wochen wiederaufgenommen werden.

34.13 Lern- und Leseservice

34.13.1 Literatur

[1797] Dieterich HJ, Eberhart T, Schwenk W, Standl Th, Ullrich L. Algorithmus Fast-track Rehabilitation. Unterschleißheim: Baxter; 2006

[1798] Esch M. Stomatherapie. Beratung, Anleitung, Pflege. Stuttgart: Kohlhammer; 2005

[1799] Feil-Peter H. Stomapflege: Enterostomatherapie, Stoma- und Wundversorgung. Hannover: Schlütersche Verlag; 2002

[1800] Gerlach U, Wagner H, Wirth W. Innere Medizin für Gesundheits- und Krankenpflege. 8. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2015

[1801] Greten HG. Innere Medizin. 13. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2010

[1802] Hoehl M, Kullick P. Gesundheits- und Kinderkrankenpflege. 4. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2012

[1803] Kraus U. Informationen der Selbsthilfe Lebertransplantierter Deutschland e.V. 5. Auflage; 2006 Lang H. Leberlebendspende und Lebertransplantation Lebenslinien. Ausgabe 1/2001

[1804] Möllhoff T, Kress, HJ, Tsompanidis K, Wolf C, Ploum P. Fast-Track-Rehabilitation am Beispiel der Kolonchirurgie. Der Anästhesist 2007; 7: 713–728

[1805] Netter FH. Innere Medizin. Stuttgart: Thieme; 2013

[1806] Paetz B. Benzinger-König B. Chirurgie für Pflegeberufe, 22. Aufl. Stuttgart: Thieme: 2013

[1807] Renz-Polster H, Krautzig St. Basislehrbuch Innere Medizin, 5. Aufl. München: Urban & Fischer; 2013

[1808] Reuter KH. Chirurgie, 5. Auflage Stuttgart: Thieme; 2004

[1809] Staib L. Stomaanlage beim Kind – Indikationen und Anlagetechniken. Im Internet: http://www.fgskw.org/files/2011-kindliches-stoma.pdf; Stand: 18.12.2016

[1810] Stein E. Proktologie. 4. Aufl. Berlin: Springer-Verlag; 2003

[1811] Stoll-Salzer E, Weisinger G. Stomatherapie. Grundlagen & Praxis. Stuttgart: Thieme; 2005

[1812] Valentin-Gamazo C, Hrsg. Lebertransplantation. Eine Patienteninformation. Essen: Universitätsklinikum. Im Internet: http://www.lieberleben.info/docs/broschuere_lebertrans.pdf; Stand: 10.03.2017

[1813] Willkomm, M. Praktische Geriatrie. Klinik-Diagnostik-Interdisziplinäre Therapie; Stuttgart: Thieme 2013

34.13.2 Weiterführende Literatur

[1814] Boelker Th, Webelhuth W. Durch dick und dünn. Das Buch für Stomapflege und Harnableitung. 2. Aufl. Frankfurt a.M.: Mabuse; 2003

[1815] Feil-Peter H. Stomapflege. Enterostomatherapie. Stoma- und Wundversorgung. Mit Sonderheft für Stomaversorgungsartikel. 7. Aufl. Hannover: Schlütersche; 2002

[1816] Schumpelick V. Hernien. 5. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2015

[1817] von Uexküll T. Psychosomatische Medizin: Theoretische Modelle und klinische Praxis – Mit Zugang zur Medizinwelt. 8. Aufl. München: Urban und Schwarzenberg; 2016

[1818] Webelhuth W. Uro care. Göttingen: Edition Leander; 2003

34.13.3 Internetadressen

[1819] http://www.awmf-online.de; Stand: 18.12.2016

[1820] http://www.dccv.de; Stand: 18.12.2016

[1821] http://www.dgem.de; Stand: 18.12.2016

[1822] http://www.ecet-stomacare.eu; Stand: 18.12.2016

[1823] http://www.fgskw.org; Stand: 18.12.2016

[1824] http://www.gastro-liga.de; Stand: 18.12.2016

[1825] https://www.ilco.de/leben-mit-stoma-und-darmkrebs.html; Stand: 18.12.2016

[1826] www.kompetenznetz-ced.de; Stand: 18.12.2016

[1827] http://www.lebertransplantation.de; Stand: 18.12.2016

[1828] http://www.m-ww.de; Stand: 18.12.2016

[1829] http://www.onko-direkt.de; Stand: 18.12.2016

[1830] http://www.patienten-information.de; Stand: 18.12.2016

[1831] http://www.rki.de; Stand: 18.12.2016

[1832] http://www.stoma-welt.de; Stand: 18.12.2016